By the Rivers of Babylon

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By the Rivers of Babylon

Predigt zu Hesekiel 2,1-3;3, verfasst von Marion Werner |

Gnade sei mit euch und Frieden, von Gott unserm Vater und dem Herrn Jesus Christus.

«By the Rivers of Babylon” Boney M – wird angespielt….

Liebe Gemeinde,

Sie alle kennen dieses Lied. 1978 brachten Boney M diesen Song raus und stürmten damit die Charts. Bis heute wird das Lied gern gehört und gesungen. Was nicht alle wissen, der Hintergrund des Liedes ist der 137. Psalm. Es ist die Zeit der Deportation nach Babylon im 6. Jahrhundert v.Chr.

Nebukatnezar II hatte nach seinem Sieg im Jahr 598 v. Chr. die Oberschicht Jerusalems nach Babylon verschleppt und in Mesopotamien, am Fluss Kadar angesiedelt.

Hier entstehen die Worte des Psalms, die Boney M singen:

An den Strömen Babels, da saßen wir.
Und  wir weinten, wenn wir an Zion dachten.
Als die Gottlosen uns in die Gefangenschaft verschleppten,
Forderten sie von uns die Worte eines Liedes.
Wie nun sollten wir des Herrn Lied singen
Auf fremder Erde?

Diese Worte bringen die Tragik der Verschleppten zum Ausdruck. Deportiert und fern der Heimat, fühlen sie sich im wahrsten Sinne von Gott verlassen. Für sie war klar, Gott wohnte mit seiner Herrlichkeit im Tempel von Jerusalem. Dort war er anzubeten. Dort erhörte er Gebete. Dort konnte man ihm singen und Opfer bringen. In Babylon, waren sie nun sehr sehr weit weg von Gott uns seiner Herrlichkeit. Jetzt, wo sie ihn und seine Hilfe am dringendsten brauchten, war er so weit weg, konnte sie weder hören, noch ihnen helfen. Sie fühlten sich verlassen. Im wahrsten Sinne, von Gott verlassen. Und so sitzen sie an den Strömen Babylons, denken an Zion und weinen.

Es sind fünf Jahre her seit der Deportation, als der dreissigjährige Priestersohn Hesekiel, der auch mit verschleppt worden war, plötzlich Visionen hat und von Gott zum Propheten für die Israeliten im Exil berufen wird. In beeindruckenden Bildern schildert Hesekiel am Anfang seines Buches den Thronwagen der Gott und seine Herrlichkeit aus dem Tempel von Jerusalem nach Babylon fährt. Das Unfassbare geschieht hier: Gott verlässt Jerusalem und begibt sich in das fremde Land zu seinem verschleppten Volk. Gott kommt zu denen, die sich von ihm verlassen gefühlt haben. Und er beruft und beauftragt Hesekiel seine Worte an die Exulanten weiter zu geben.

Hesekiel 2,1-3,3.

Hesekiel wird in ein schweres Amt berufen. So schön auch die Vorstellung ist, dass Gott zu dein Seinen ins fremde Land Babylon kommt, so ernüchternd sind seine Worte. Er kommt nicht als der liebende und tröstende Gott, sondern als derjenige, der ihnen die «Leviten liest». Als Sprachrohr Gottes soll Hesekiel nun seinem Volk, einem widerspenstigen Volk, die Wahrheit sagen und ihnen ihre Schuld aufzeigen. Er muss ihnen aufzeigen, wo sie nicht nach Gottes Willen gelebt und geglaubt haben. Hesekiel bekommt eine Schriftrolle, die beidseitig beschrieben ist. Eine Anklageschrift mit so vielen Punkten, mit so viel «Klage, Ach und Weh», dass kein unbeschriebener Fleck auf der Rolle übrig ist.

Es ist ein unglaublich schwerer Auftrag, den Hesekiel erhält. Als Teil der Gruppe von Deportierten Israeliten, die hier in der Fremde zusammenhalten muss, soll Hesekiel nun Ankläger im Namen Gottes sein und sich gegen sie stellen.

Ob Hesekiel den Auftrag lieber abgelehnt hätte, wissen wir nicht. Er wird nämlich einer besonderen Prozedur unterzogen. «Du Menschenkind, nimm und iss, was du vor dir hast!», wird ihm gesagt, «Du musst diese Schriftrolle in dich hinein esse und deinen Leib damit füllen». Hesekiel isst die Rolle und verinnerlicht dadurch mit jeder Zelle seines Körpers Botschaft und Auftrag. Er wird dadurch auf die Seite Gottes gezogen und zu seinem Amt befähigt. Sonderbarer Weise schmeckt die Botschaft nicht wie erwartet bitter, sondern süss wie Honig.

Die Israeliten damals haben die Anklage Gottes nicht gern gehört. Auch uns heute, als Kinder der Reformation, ist es viel angenehmer zu hören: «Wir sind von Gott geliebt und angenommen». Kritik hört niemand gerne, schon gar nicht aus Gottes Mund. Dennoch war es für die Israeliten damals wichtig, und ebenso wichtig ist es für uns heute, zu erkennen, dass Gott nicht nur ein liebender, sondern auch ein fordernder Gott ist. Unser Glaube wäre ein billiger und harmloser Glaube, wenn Gott nur der Liebende wäre, der all unsere Wünsche zu erfüllen hätte. Es ist Bestandteil der Liebe, ja Ausdruck der Liebe, Distanz zu nehmen zu Dingen, die man nicht mag und Kritik zu üben. Liebe und Kritik sind wie zwei Seiten einer Münze. Der Wahre Gegensatz zur Liebe ist die Gleichgültigkeit.

Bei Gott werden durch Kritik und Gericht Beziehungen geheilt. Es geht Gott nicht um die Bestrafung für Einzeltaten, sondern es geht um Veränderung. Indem er den Israeliten die Wahrheit über ihr Leben und auch ihren Glauben aufzeigt, sollen sie verändert werden. Die Gerichtsrede des Hesekiel ist sozusagen ein therapeutischer Prozess. Gott hat sich nicht zu ihnen auf den Weg gemacht, um sie fertig zu machen, sondern um sie zu verändern und um die Beziehung zwischen ihm und seinem Volk zu heilen. «Ich will ihnen ein anderes Herz geben und einen neuen Geist in sie geben und will das steinerne Herz wegnehmen aus ihrem Leibe und ihnen ein fleischernes Herz geben.» sagt Gott. Weil das Ziel die Heilung der Beziehung ist kann die Gerichtsrolle, die Hesekiel isst, auch süss wie Honig schmecken.

Liebe Gemeinde es ist für uns als Christen wichtig durch Propheten wie Hesekiel daran erinnert zu werden, dass wir als Kinder Gottes in dieser Welt eine Aufgabe haben. Frieden, Gerechtigkeit und Bewahrung der Schöpfung – dafür haben wir uns in dieser Welt einzusetzen. Gott will durch uns in dieser Welt wirken. Er meint es gut mit der Welt und ihren Menschen, aber er will unsere Mitwirkung.

So schliesst auch das Lied von Boney M mit einem Gebet:

«Lass das Reden unserer Münder

Und das Singen unserer Herzen

Wohlgefällig sein vor Dir».

Amen

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle Vernunft, bewahre unsere Herzen in Christus Jesus unserm Herrn. Amen

Pfrn. Dr. Marion Werner
Zürich, Schweiz
E-Mail: pfarrerin@luther-zuerich.ch
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