1. Korinther 15,50–58

1. Korinther 15,50–58

Leibliche Auferstehung?| 01.04.2024 | Ostermontag | 1. Kor 15,50–58  | Thomas-M. Robscheit |

Friede sei mit Euch!

Liebe Gemeinde, liebe Schwestern & Brüder!

Manche biblischen Texte wirken aus unserer heutigen Sicht manchmal etwas hilflos-putzig. Der Predigttext gehört für mich dazu. Er erinnert mich an meine Jugend und die hilflos-naiven Versuche unseres Jugendwarts, Glauben und Glaubenswahrheiten zu begründen, zu beweisen. Eine Wortwahl wie Paulus -vielleicht hat er sie sich bei ihm abgeschaut?- hätte er auch verwendet: „Ich verrate Euch ein Geheimnis…“; das ist natürlich ähnlich „geheim“ wie die Insider-Tipps eines Reiseführers, der 500.000 gedruckt wurde und ähnlich attraktiv. Abgesehen davon, hat ein „Geheimwissen“ heute keinerlei Wahrheitsbonusmehr; eher im Gegenteil! Für uns rutschen solche Argumente in die verschwörungstheoretische Ecke und werden dadurch unglaubwürdiger. Warum macht Paulus, solche Verrenkungen? Seine Botschaft, seine theologische Vorstellung ist doch klar: Erstens: Wir werden dieses irdische Leben hinter uns lassen und zweitens dieses neue, unvergängliche Leben werden wir nicht in unseren vergänglichen Körpern erleben. Ob nun das Vergängliche etwas Unvergängliches überzieht, oder ob damit eine völlig neue Identität gemeint ist (was ich nicht glaube), ist alles eine Glaubensaussage und kein Wissen in unserem naturwissenschaftlichen Verständnis. Daher wirken „Beweise“ dieser Art zumindest für uns heute, irgendwie konstruiert;  hilflos-putzig eben.

Allerdings, wenn man sich auf den Kern der Botschaft Paulus´ konzentriert, ist die Aussage für viele gar nicht so leicht verdaulich. Sie entspricht nicht unserer gängigen Volksfrömmigkeit. Die liebe Oma sitzt eben nicht hinter einer Wolke und passt auf das Enkelkind auf; sie ist auch nicht im Himmel beim Opa. Beider vergängliche Körper vermodern oder die Asche vermischt sich mit dem umgebenden Erdreich. Für beider Seelen hat die Zeit aufgehört. Oft wird das Tot-sein mit Schlaf verglichen. Man schläft ein und dann bemerkt man Zeit nicht mehr. Bis zum Aufwachen. Für Paulus ist ganz klar, dass das erst am zeitlichen Ende der uns bekannten Welt sein wird. Die Signaltrompete verkündet eine neue Zeit -nein Zeit ist eigentlich das falsche Wort. Sie verkündet den Anfang von etwas neuem: die Verstorbenen werden auferweckt und zwar in einem neuen, anderen Leib. Und auch die noch Lebenden verlieren schlagartig ihren bisherigen Körper und haben ebenfalls diesen neuen Leib.

Das alles sprengt unsere Vorstellungen, weil wir schnell anfangen nach scheinbar wichtigen Details zu fragen, die aber doch letztlich alle nur unsere geistige Begrenztheit offenbaren: Dieser neue Körper, wie alt werden wir sein? Alle 20? Alle gesund – ja sicherlich. Alle perfekt und schön? – wäre das nicht schrecklich langweilig? Apropos schön: nach welchem Schönheitsideal eigentlich?

Komplizierter wird es dann bei der Frage nach „Leben“ in dieser zukünftigen Wirklichkeit: Bedeutet Leben nicht per definitionem Veränderung, Wachsen und Vergehen? Das paßt doch nicht!

Und gibt es dann in der Ewigkeit eigentlich Zeit? Und wenn nicht (es ist ja die Ewigkeit), wie können die Engel dann singen? Dafür braucht es doch Zeit, Takt, Rhythmus?

Und wie ist das eigentlich, wenn besagte Oma zweimal (glücklich) verheiratet war? Das hatte ja schon die Zeitgenossen Jesu interessiert und die Antwort ist wenig romantisch gewesen. Und muss man sich dann auch mit Leuten abgeben, die einem zu Lebzeiten unsympathisch waren? Oder mag man plötzlich den bösartigen Nachbarn, der einem das Leben schwer gemacht hat?

Merken Sie etwas, liebe Schwestern, liebe Brüder?

Wir haben uns -zwar anders als Paulus, aber mindestens ebenso heftig- im irdischen Gestrüpp himmlischer Spekulation verfangen. Manches können wir uns vorstellen, verwenden Bilder, die aus unserer irdischen Erfahrungssicht tröstlich sein können. Doch hüten müssen wir uns davor, Auferstehung erklären oder gar begründen zu wollen. Wir sind wie die Jünger auf dem Weg nach Emmaus: gefangen in unserer irdischen Welt, ihren Gesetzen und unseren Erfahrungen.

Nur hin und wieder schenkt uns Gott Momente im Leben, in denen uns die Augen, Ohren und Herzen aufgetan werden für das, was diesen Rahmen sprengt: Momente der Ewigkeit. Manchmal nur Sekunden und doch können diese Lichtstrahlen uns in unserem irdischen Leben tragen, trösten und die Gewissheit des ewigen in uns wach halten. Und wenn wir in unserer Vorstellung gewiss sind, dass ein geliebter Mensch auf uns dort warten wird und wir dann endlich wieder in glückseliger Zweisamkeit schweben werden, ist das genauso richtig wie der Gedanke, an ein berauschendes Fest, eine sonnige Wiese oder schwebende friedliche Leichtigkeit, nach der wir uns so sehr gesehnt haben.

Ostern, liebe Gemeinde, Ostern ist ein versprechen, ein Wunder, Hoffnung und Zuversicht nach allem Leid, Trübsal und Banalität kommt Leben. Amen.

verfasst von Thomas-M. Robscheit | EKM, Apolda| thm@robscheit.de

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