Unsere Sandburgen – und…

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Unsere Sandburgen – und…

Unsere Sandburgen – und die Ewigkeit Gottes | 6. Sonntag nach Trinitatis | Matthäus 19,16-26 (dänische Perikopenordnung) | verfasst von Lasse Rødsgaard Lauesen | aus dem Dänischen übersetzt von Eberhard Harbsmeier |

Eine Woche vor den Sommerferien hatte er zusammen mit seinem großen Bruder die Planzeichnung für eine Sandburg gemacht. Sobald die Ferien begannen, sollten sie ins Ferienhaus fahren und an den Strand gehen. Nach der Ankunft liefen sie an den Strand und fanden den perfekten Ort für die Sandburg. Sie machten sich sogleich an die Arbeit mit Schaufel und Spaten, Mauern und Hecken entstanden, Türme und Dachreiter. Darum gruben sie einen Wallgraben aus, und sie fanden Treibholz, das für eine Zugbrücke verwandt wurde. Die anderen Strandgäste machten einen großen Bogen um das Werk, denn sie konnten sehr wohl sehen, dass das eine große Ingenieurkunst war, die da entstand. Eine ältere Dame, die mit ihrem Hund unterwegs war, gab ihnen Geld für ein Eis, sie fand, dass sie eine tolle Sandburg geschaffen hatten, aber sagte auch, man solle aufpassen, dass man nicht darüber stolpert.

Diese Sandburg sollte ihnen stets als Kindheitserinnerung im Gedächtnis bleiben. Die Mauern waren mit Hölzern und Steinen abgesichert, der große Bruder sagte, sie wäre 1000 Kronen wert, garantiert. Am Abend dachten sie darüber nach, was sie am nächsten Tag tun sollten. Mehr Türme und Dachreiter, mehr Soldaten und Gebäude, die zu sichern waren, so dass kein Feind einbrechen konnte und nichts die Mauern untergraben könnte. Am Morgen liefen sie hinaus bei Sonnenaufgang., mit einer Schaufel in der Hand und mit tausend neuen Ideen. Da war nur noch ein kleines Loch im Sand übrig. Als sie dastanden, kam die Dame mit dem Hund und bat sie darum, den Rest zuzuschaufeln. Als sie damit begannen, fanden sie Treibholz und einige von den Muschelschalen, die die Sandburg bedeckt hatten. Am Mittag hatten sie schon wieder eine neue Sandburg gebaut.

Wie viele Sandburgen hat es nicht in der Welt gegeben? Selbst heute, in diesem Augenblick, werden Sandburgen in der ganzen Welt gebaut. Du hast vielleicht auch eine Sandburg in dir und hast wie die beiden Brüder deine Sandburgen auf den Strand gebaut. Die Kinder machen das immer wieder mit derselben Begeisterung. Jahr für Jahr bauen sie Sandburgen, während wir Erwachsene wissen, dass keine von Ihnen der Flut standhält. Ob der junge Mann im Evangelium auch Sandburgen gebaut hat, wissen wir nicht. Ich glaube, dass er das getan hat, denn auch er hat das Gefühl, dass die Dinge leicht verschwinden.

Sandburgen sind ja nicht das einzige, was mit der Zeit verschwindet, die Liste ist lang. Vielleicht sind auch wir dabei zu verschwinden und nur ein Loch im Sand zu hinterlassen – oder vielleicht noch weniger. Das Billigste, was du kaufen kannst, ja der Euro in deiner Tasche ist mehr ewig als du. Selbst der Sand hält länger als du. Trotzdem sieht es für uns so aus, als würde alles andere verschwinden. Denn wir tragen auch jeder unsere Ewigkeit in uns – die Sandburg vom Sommer, wo wir uns dem Spiel hingaben und dem Traum davon, dass wir nun die ultimative Sandburg gebaut haben, die garantiert jedem Angriff widerstehen kann.

Der junge Mann, dem wir im Evangelium begegnen, kann nicht mehr ganz jung sein, denn er hat das Gefühl, dass alles verschwindet. Deshalb fragt er Jesus, was er Gutes tun soll, um das ewige Leben zu erlangen. Ewiges Leben bedeutet, dass die Dinge Bestand haben, dass wir darauf morgen aufbauen können. Ewig, das bedeutet, dass wir uns nicht immer vor dem Unvorhersagbaren schützen müssen. Das war der Traum des jungen Mannes. Sicherheit bekommen für ewiges Leben und natürlich den Preis kennen. Deshalb fragt er Jesus, der Zugang hat zum ewigen Gott, was er tun soll, um ewiges Leben zu erlangen. Denn während unser Leben wie Sandburgen am Strand zu verschwinden scheint, ist Gott ewig.

Die Antwort an den jungen Mann ist, dass er die Gebote halten soll. Das tut er schon. Deshalb fragt er nun danach, was ihm noch fehlt. Ich glaube, dass er das tut, weil er nicht richtig merken kann, dass er das ewige Leben besitzt. Er hat nicht die Sicherheit, die für uns alles bedeuten würde, wenn wir sie hätten. Jesus antwortet ihm, wenn er völlig sicher sein will, dann soll er alles verkaufen, was er hat, und dann kommen und ihm folgen. Darin, kann sich jeder denken, ist nicht viel Garantie. Jesus ist weg in einem Jahr. Und nach ihm verschwinden allmählich auch die Jünger. Der junge Mann entscheidet sich dafür fortzugehen und auf das zu vertrauen, was er hat und kann. Auf diese Weise wird er ein Kamel, das seine Sicherheit mit sich auf dem Rücken durch das Leben trägt. Alles aufgeben und Jesus folgen würde trotz allem bedeuten, das Leben zu verlieren, das ein junger Mann gerne in alle Ewigkeit fortsetzen will. Das Unvollkommene ist tatsächlich für die meisten von uns das eigentliche Leben, da wo wir uns in unserem Haus oder einer guten Sandburg geborgen fühlen. Da besteht keine Sicherheit, dass es andauert, aber wir haben gelernt, dass wir nur überleben, wenn wir uns bewegen. Deshalb gelang es Jesus nicht an diesem Tag, das ewige Leben und das Leben des jungen Mannes zusammenzubringen. Der junge Mann bleibt bei seinem Leben und seiner Sandburg, die meisten hätten wohl auch nicht den Preis dafür bezahlt, vollkommen zu sein und das, was das Leben ist, gegen ein Leben in der Nachfolge Jesu  getauscht.

Das ewige Leben lässt sich nicht begreifen oder gedanklich fassen, weil wir Menschen eine Bewegung in Veränderung sind. Es ist nicht möglich, das ewige Leben oder das Heil durch harte Arbeit zu erlangen, wie wir das aus unserem eigenen Leben kennen. Es ist in der Tat unmöglich, es zu erlangen, indem man nach ihm greift. Wir können es nicht begreifen, und vielleicht ist es eben deshalb nur möglich für Gott.  Das ist es jedenfalls, was Jesus seinen Jüngern sagt, die am Verzweifeln sind: „Für Menschen ist es unmöglich, aber für Gott ist alles möglich“. Dieser Satz ersetzt die Verzweiflung durch eine Hoffnung auf die Möglichkeit, die wir Menschen nicht haben. Denn die Möglichkeit Gottes ist die Ewigkeit, wo alles früher oder später möglich wird – auch dass sich das Leben des jungen Mannes und das ewige Leben zusammenfinden. Dieser Satz gibt auch den beiden Jungen eine Hoffnung, die dort stehen, wo vorher eine Sandburg war. Für uns ist es unmöglich zu bewirken, dass etwas andauert, für Gott aber ist es möglich.

Wir Menschen bewegen uns stets in der unvollkommenen Welt und errichten unsere Sandburgen. Die meisten von uns beginnen wie die Jungen wieder vor vorne, wenn die Flut kommt und alles verschwinden lässt. Es verschwindet nicht ins Nichts, denn der Glaube glaubt nicht an ein Nichts, sondern daran, dass Gott ein Ziel und einen Sinn mit all dem hat. Die Antwort an den jungen Mann, die Jungen am Strand und uns heute in der Kirche ist die, dass Gott das Ewige ist unter uns, das garantiert, dass die Welt so ist, wie sie sein soll, auch wenn das Leben wie die Sandburg morgen weg  ist. Amen.

 

 

Pastor Lasse Rødsgaard Lauesen

DK-5000 Odense

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