Epheser 5,15-20

Epheser 5,15-20

Qui cantat orat | 18. So. n. Trinitatis | 16.10.2022 | Epheser 5,15-20 | Udo Schmitt |

Epheser 5,15-20

15 Achtet nun sorgfältig darauf, wie ihr euer Leben führt: nicht als Toren, sondern als Weise!
16 Kauft die Zeit aus, denn die Tage sind böse.
17 Seid also nicht unverständig, sondern begreift, was der Wille des Herrn ist.
18 Und berauscht euch nicht mit Wein – das bringt nur Unheil -, sondern lasst euch erfüllen vom Geist:
19 Lasst in eurer Mitte Psalmen ertönen, Hymnen und geistliche Lieder, singt und musiziert dem Herrn aus vollem Herzen,
20 und dankt unserem Gott und Vater allezeit für alle Dinge im Namen unseres Herrn Jesus Christus.

  1. Singen schützt den Körper und streichelt die Seele

Der Oktober ist halb rum, ein paar schöne Tage noch, dann kommt der Herbst, dann kommt der Nebel und bald die dunkle Jahreszeit. Die Depressionen stehen schon in den Startlöchern und warten nur loszulegen, – uns lahmzulegen. Da tut es gut, heute miteinander zu singen. Ja, wirklich – kein Witz! Singen tut gut – an Leib und Seele. Es ist ein Fitnessprogramm für den ganzen Menschen. Längst ist es nachgewiesen, wissenschaftlich und medizinisch erwiesen, dass Singen, besonders das Singen in Gemeinschaft, die Abwehrkräfte stärkt. So sagte kürzlich ein Professor von der Charité in Berlin: Wer singt lebt gesünder. Er schützt sich vor Erkältungen und stärkt sein Immunsystem. Schwedische Wissenschaftler haben außerdem nachgewiesen, dass Chorsänger eine signifikant höhere Lebenserwartung haben als Menschen, die nicht singen. Singen tut also dem Körper gut. Und nicht nur das. Die moderne Forschung hat auch noch die gemütsaufhellende Wirkung des Singens in mehreren Untersuchungen nachgewiesen. Schon nach dreißig Minuten Singen produziert unser Gehirn erhöhte Anteile von Beta-Endorphinen, Serotonin und Noradrenalin. Hingegen werden Stresshormone wie zum Beispiel Cortisol praktischerweise gleich mitabgebaut. Wer schon mal im Chor gesungen hat, kennt das Phänomen: Man geht gestresst und müde hin, und kommt erfrischt und leicht beschwingt zurück. Als wäre man gebadet und geduscht. Singen schützt also nicht nur den Körper, es streichelt auch die Seele. Singen ist Wellness von innen.

  1. Singen muss nicht perfekt sein

Ist es da nicht schade, dass es so viele Menschen gibt, die sich scheuen zu singen? Vielleicht haben sie in ihrer Kindheit beschämende Erfahrungen gemacht, wurden ausgelacht, oder man hat ihnen bloß eingeredet, sie könnten gar nicht singen. Oder sie sagen es von sich selbst mit feierlicher Miene und Grabesstimme: „Herr Doktor: Ich kann nicht singen.“ Komisch, denke ich dann immer, ob die gleichen Leute mit der gleichen selbst–gewissen Miene zugeben würden, dass sie nicht Rad fahren oder nicht schwimmen können? Warum haben wir gerade da so viel Angst uns zu blamieren?

Dabei ist gar nicht schwer. Es ist – hier wie dort – eigentlich nur eine Sache der Übung. Wer Hände hat, kann klatschen, wer Beine hat, kann laufen, wer Stimmbänder hat – … muss nicht stummbleiben und dumm danebensitzen; er kann sie benutzen, um Gutes zu tun. Kann sie benutzen, um Gott zu loben. Denn darum geht es letztlich: nicht, dass ich immer den richtigen Ton treffe, dass ich perfekt bin, vollkommen – dass ich womöglich ins Fernsehen komme, damit man sich später mich als Klingelton herunterladen kann. Nein – darum geht es nicht, sondern ganz einfach und ganz schlicht, sich mit der eigenen Stimme auszudrücken, mit der eigenen Stimme einzustimmen, – mit den anderen Stimmen mitzuschwingen, mit den Schwingungen, den „good vibrations“, den Raum und mich selbst zu durchdringen, und mich selber einzustimmen, – einzustimmen auf das Danken und Loben.

  1. Singen heißt Gott loben

Denn darum geht es. Eigentlich. Singen tut mehr als nur gut. Wer singt der lobt Gott. Oder wie Luther sagte: „qui cantat orat“. – Wer singt, der betet. Sogar doppelt. Und er gibt etwas wieder. Er gibt Gott etwas von dem, was Gott gebührt und gibt wieder etwas zurück, von dem was er von ihm empfangen hat. Wie das Einatmen – so das Ausatmen. Eine einzige fließende Bewegung. So auch das Empfangen und das Wiedergeben des Guten – es ist eins – im Singen.

Was die Medizin und die Forschung bewiesen haben, (wer singt, der lebt einfach besser), das steht so auch schon hier im Brief an die Epheser. Lasst euch nicht volllaufen, sondern lasst euch begeistern. Lebt als Kinder des Lichts, geisterfüllt, positiv. Und nicht zugedröhnt, mit Lärm und Drogen, zugemüllt, bis obenhin voll mit Stress und Sorgen, verdruckste Seelen, unfrei und ohne Ventil, bis irgendwann dann alles zuviel…

Nein, befreit euch, entlastet euch, indem ihr singt, – seid so frei! –, ich bitte euch – und macht euch bereit – zum Guten und zur Dankbarkeit. Seid bereit Gott zu loben, übt euch darin ein, – tut es einfach! – immer wieder, und ihr werdet sehen, es ändert euch, ihr werdet besser, nicht nur im Singen, ihr lebt auch gesünder, lebt länger und euer Leben gefällt euch einfach besser.

  1. Singen und die Welt verändern

Die Welt – allein – sie bleibt die alte. Sie ändert sich so schnell nicht. Noch herrschen Ungerechtigkeit und Krieg, Angst und Neid und Streit. Aber, wer singt, bewegt sie doch, und sei es nur, dass er selber die Welt mit anderen Augen sieht. Diese Welt, so schrecklich sie auch ist, – und bleibt – kann mich nicht mehr so erschüttern, dass ich irgendwann daran verzweifele und ohne Hoffnung bin. Und das ist ja schon etwas. Also nur Mut:

Wohlauf, mein Herze, sing und spring und habe guten Mut!
Dein Gott, der Ursprung aller Ding, ist selbst und bleibt dein Gut.
         EG 324,13

Die Sonne, die uns sinkt, bringt drüben den Menschen überm Meer das Licht:
und immer wird ein Mund sich üben, der Dank für deine Taten spricht.
EG 266,4

Und selbst wenn es einmal schlimm aussieht, so schlimm wie etwa kurz nach dem schrecklichsten Krieg, den Deutschland bis dahin gesehen hatte, nämlich dem 30jährigen Krieg, so können auch wir einstimmen und mitsingen: „Tobe, Welt, und springe; ich steh hier und singe in gar sichrer Ruh.“                  EG 396,3

Also ermuntert einander mit Psalmen und Lobgesängen und geistlichen Liedern, singt und spielt dem Herrn in eurem Herzen und sagt dadurch Dank Gott, dem Vater, allezeit für alles, im Namen unseres Herrn Jesus Christus.


Liedvorschläge:

         Du meine Seele, singe (EG 302)

         Ich singe dir mit Herz und Mund (EG 324)

         Jesu, meine Freude (EG 396)

         Ich sing dir mein Lied (HuE 1)


Udo Schmitt, geb. 1968, Pfarrer der Evangelischen Kirche im Rheinland, von 2005-2017 am Niederrhein, seit 2017 im Bergischen Land.


Dorfstr. 19 – 42489 Wülfrath (Düssel)

udo.schmitt@ekir.de

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