Exodus 32,7–14

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Exodus 32,7–14

Nicht konsequent | Rogate | 5. Mai 2024 | Ex 32,7–14 | Friedrich Schmidt-Roscher |

Liebe Schwestern und Brüder,

sind Sie konsequent?

Sind Sie eine Frau oder ein Mann, der bei sich selbst oder in der Erziehung der Kinder oder Enkel klar und konsequent ist?

Die Geschichte aus dem 2. Buch Mose in Kapitel 32 zeigt uns Gott und seine Konsequenz. Es ist eine Geschichte über das Beten und sie zeigt mir: Gott ist nicht konsequent. Und das ist gut so, denn es hilft uns beim Beten.

Hören wir den Text aus 2. Mose 32,7–14

Ihr Lieben,

Beten kommt in dieser Geschichte zwei Mal vor. Einmal die Bitte durch Mose und vorher das Beten durch das Volk Israel.

Beginnen wir mit dem Volk, denn damit beginnt auch diese Geschichte.

Das Volk Israel wurde aus der Sklaverei befreit und hat Ägypten hinter sich gelassen. Das Joch ist abgeschüttelt. Sie sind auf dem Weg in die Freiheit. Aber noch sind sie unterwegs. Noch sind sie in der Wüste mit all den Unsicherheiten und Gefahren.

Sie lagern am Berg Sinai. Mose hat sich aufgemacht, um Gott auf dem Berg zu begegnen. Er kommt nicht zurück. Die Menschen sind unruhig. Was ist mit Mose? Wer wird sie führen?

In dieser Situation bitten die Menschen Aaron, ihnen ein Gottesbild anzufertigen. Sie geben ihren Schmuck, und Aaron macht aus den Ringen ein goldenes Kalb. Der Stier ist ein Symbol der Stärke.

Doch die Israeliten haben nicht genug Schmuck für ein großes Standbild. Es reicht nur für einen kleinen Stier, für ein Kalb. Darin liegt biblischer Humor: ein Kälbchen als Symbol der Stärke. Dieses Kalb ist unser Gott, der uns aus Ägypten befreit hat, sagen die Israeliten. Sie werfen sich nieder, sie beten dieses Gottesbild an.

Die Geschichte vom goldenen Kalb zeigt: Menschen sehnen sich nach Nähe, nach Erfahrbarkeit Gottes. Die Anbetung des Kalbes ist keine Abwendung von Gott, sondern der menschliche Versuch, Gott zu finden.  Die Israeliten lassen sich ein Gottesbild machen, weil sie unter seiner Abwesenheit, unter der Nichterfahrbarkeit Gottes leiden. Sie brauchen die Nähe Gottes.

Wenn Gott aus dem Leben der Menschen verschwunden ist, dann suchen sie sich einen neuen Gott.

So seltsam es klingen mag: Die Menschen machen sich einen falschen Gott, weil sie die Nähe Gottes suchen. Wenn wir nicht mehr an Gott glauben und zu ihm beten, dann treten andere Dinge an die Stelle Gottes.

Das ist das Verkehrte: Wir machen Menschliches und Vergängliches zu unserem Gott. Wir stellen Irdisches auf ein Podest und beten es an.

Das passiert nicht nur damals am Sinai. Das passiert auch heute. Es kann mit allen Dingen geschehen. Das erlebe ich als große Gefahr in unserer Zeit, wo Menschen sich manchmal mit Gott und dem Glauben schwertun. Wenn Gott fehlt, bleibt sein Platz nicht leer, sondern wird von anderen Dingen gefüllt.

Dem Einkaufen zum Beispiel. Ist es ein Zufall, dass wir von „Konsumtempeln“ sprechen. Auch der Fußball oder Sport kann so ein Ersatzgott werden. Oder die Nation oder ein bestimmter Lebensstil.

Menschen machen Vergängliches zu Gott, weil Menschen etwas brauchen, an dem sie sich festhalten können. Aber selbst gemachten Götter können nicht helfen. Sie haben keine eigene Macht. Sie haben nur so viel Macht, wie wir ihnen geben.

Was können wir gegen diese falschen Götter tun?

Wir stehen als Christen vor einer doppelten Aufgabe, liebe Schwestern und Brüder:

Wir können mit unseren Worten und mit unserem Leben auf den lebendigen Gott hinweisen. Obwohl wir schwach sind und manchmal nur halbherzige Christinnen und Christen. Sie und ich können an Gott erinnern, ihn ins Gespräch bringen.

Genauso wichtig ist es, die falschen Götzen zu entlarven und aufzudecken. Ein Stück Religionskritik gehört also auch dazu.

Diese Geschichte erzählt den wahren Gott. Sie weist auf die Kraft und die Ansprechbarkeit des lebendigen Gottes hin.

Gott ist von seinem Volk enttäuscht. Er hat sie durch das Meer geführt und vor den Elitetruppen des Pharaos gerettet. Doch kaum ist er einmal nicht erfahrbar, schon wendet sich das Volk ab.

Gott ist enttäuscht von diesen Leuten und will noch einmal neu beginnen. Er schlägt Mose vor: Mit dir will ich noch einmal beginnen. Das Volk taugt nicht.  Ich kann doch aus dir ein neues Volk machen…

Die meisten von uns hätten wohl gesagt: Gute Idee. Ich bin dabei.

Und was macht Mose?

Er besänftigt Gott. Er spricht mit dem Ewigen und sucht nach Argumenten, wie Gott umgestimmt werden könnte.

Mose verhandelt mit Gott. Wie ein guter Händler auf dem Bazar sucht er nach Gründen, den Ewigen umzustimmen. Ich könnte auch sagen, wie ein Kind, das unbedingt bei den Eltern etwas erreichen will, bringt Mose Gründe vor?

Was sollen die Ägypter von dir denken, wenn du das Volk preisgibst?

Dann erinnert er Gott an die Versprechen, die er einmal den Erzvätern und Erzmüttern gegeben hat.

Und das Eigentümliche geschieht: Gott lässt sich umstimmen. Er hört auf Mose und seine Worte. Er bleibt nicht taub. Gott reute es sogar, dass er seinem Volk Unheil angedroht hat.

Kann Gott sein Handeln und seine Entscheidungen reuen?

Aus dieser Geschichte erfahren wir viel über Gott und warum wir zu ihm beten können. Denn Mose kann mit seiner Fürbitte für das Volk Gott umstimmen und verändern. Er erinnert Gott an seine Versprechungen und erinnert ihn an seine Zusagen.

Natürlich können wir Gott nicht sehen. Der Ewige ist ganz anders, wie wir ihn uns vorstellen oder wie wir ihn manchmal gerne hätten. Denn Gott ist kein Produkt unserer Sehnsucht oder Phantasie.

Aber Gott ist einer, der sich ansprechen lässt. Er ist einer, der sich von uns berühren lässt. Meine Tränen, meine Bitten, das kümmert ihn. Mein Dank, meine Klagen, meine Bitten berühren ihn. Das müssen wir unseren Kindern erzählen und selbst immer wieder ausprobieren. Deshalb können wir zu der Ewigen beten.

Unser Gebet und vor allem unsere Fürbitte für andere Menschen muss nicht zaghaft sein. Auch Mose traut sich was. Er verhandelt mit Gott. Er gibt nicht sofort auf, sondern bleibt hartnäckig.

Denken Sie daran, wie Kinder manchmal hartnäckig und klug mit Mutter oder Vater verhandeln können, wenn sie einen Wunsch haben. Da können wir uns das Vertrauen und die Hartnäckigkeit der Kinder auch beim Beten zum Vorbild nehmen.

Viele Menschen stellen sich Gott so vor, als ob er irgendwo da oben sitzt und alles weiß und alles lenkt. Er scheint ewig und unveränderlich.

Der Gott der Bibel lässt sich ansprechen. Das ist eine, mit der ich reden kann. Sie lässt sich umstimmen. Gott ist nicht konsequent. Und nicht taub. Gott hört auf unsere Gebete. Weil sie treu ist, ist sie bereit sich zu verändern und sich umstimmen zu lassen. Weil sie uns liebt hat, ist sie manchmal nicht konsequent. Sie bleibt an unserer Seite, obwohl wir so sind wie wir manchmal sind.

Mein Beten, mein Reden mit ihm, bringt etwas. Denn er hat uns lieb, wie Eltern ihre Kinder liebhaben. Amen.

Pfr. Dr. Friedrich Schmidt-Roscher

Haßloch/Pfalz
fr.schmidt-roscher@gmx.de

Dr. Friedrich Schmidt-Roscher, geb. 1962, seit 2007 Pfarrer in Haßloch in der Prot. Kirche der Pfalz

Am Sonntag Rogate werde ich drei Kinder taufen.

Literatur: Annette Miryam Boeckler, Gott ändere dich! In: GPM 2008, 234-240

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