Gesandt als Boten der Versöhnung!

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Gesandt als Boten der Versöhnung!

Predigt zu Johannes 20, 19-23 (Mk 16,14-18; Lk 24,36-49) | verfasst von Winfried Klotz |

 

19 Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!

20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.   1.Joh 1,1

21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch.   Kap 17,18

22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist!

23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.   Mt 18,18

Liebe Gemeinde!

Durch verschlossene Türen tritt Jesus als der Auferstandene zu seinen Jüngern! – Hier gibt es nichts zu erklären, zu vermitteln, aufzudecken; keine Bedeutung, die wir in diesem Geschehen erkennen mögen, kann es uns wirklich verständlich machen. Nein, die Jüngergemeinde damals hat eine Erfahrungen mit Jesus gemacht, eine unerklärliche, überraschende Erfahrungen. Keine Glaubenserfahrung, haben sie denn darauf gehofft und gewartet, dass Jesus zu ihnen komme? Da blieben nur Staunen und Furcht und auch Zweifel! (Lk 24, 11. 37f/ Mt 28, 17), die schließlich einer großen Freude Platz machten! Jesus lebt in Gottes Weise, ferngerückt durch sein Sterben ist er doch ganz nahe. ER lebt, aber nicht als unsterbliche Seele oder göttliche Idee, sondern als der, der begegnet, der zu seinen Leuten tritt – der auch zu uns treten kann und sagen: „Friede sei mit euch!“

Eine Geschichte aus Indien:

„In Kaschmir in Nordindien, hatte ein frommer Muslim mit Namen Jalaluddin einen bemerkenswerten Besuch.

Jahrelang hatte Jala den Koran in großer Gewissenhaftigkeit studiert. Doch im Laufe der Zeit fühlte er sich zunehmend unbefriedigt von der islamischen Botschaft. Kein Christ hatte Jala jemals angesprochen, und er hatte vom Evangelium noch nie etwas gehört. Doch er wusste, dass ihm irgendetwas fehlte. Jeder Versuch, den wahren Frieden zu finden, scheiterte.

Eines Nachts, als er in tiefem Schlafe lag, hatte Jala einen Traum. Vor ihm erschien ein Mann in einem weißen Gewand und fragte ihn: »Willst du wahren Frieden finden?«

»Ja«, antwortete Jala. »Ich suche den Frieden, aber ich kann ihn nicht finden.«

»Lies die Heilige Schrift.« »Was ist das, die Heilige Schrift, und wo kann ich sie bekommen?«

»Die Heilige Schrift ist die heilige Bibel und du kannst sie von dem Office, 3 Bishop Rockey Street, Paizabad Road in Lucknow bekommen.«

So lebendig war die Botschaft gewesen, dass Jala sich im Bett aufrecht setzte. Die Adresse war in seinem Geist wie eingeätzt. Er griff nach einem Stück Papier und schrieb sie auf.

Ein paar Tage später erhielt die indische AJH -Zentrale (Aktion in jedes Haus) in Lucknow Jalas Brief. Darin hieß es unter anderem:

»Ich habe keine Ahnung, wer Ihr seid und ob die Anschrift korrekt ist Aber ich schreibe genau das, was mir in einem Traum gesagt worden ist. Wenn Sie diesen Brief erhalten, würden Sie mir bitte umgehend etwas zuschicken, das man eine heilige Bibel nennt«“

(Dick Eastman, Wunder sind mir kein Problem, S. 217-18, Neuhausen-Stuttgart, 1998 Hänsler)

Jesus begegnet Menschen, damals wie heute, seine „Sache“ geht weiter, indem er selbst wirkt. Ohne sein Wirken stehen wir als Gemeinde Jesu auf verlorenem Posten. Ohne sein Wirken sind wir vielleicht eine stabile Institution, aber nicht eine lebendige Gemeinde, die zuversichtlich vorangeht unter seiner Leitung.

Durch verschlossene Türen tritt Jesus zu seinen Jüngern und spricht ihnen Gottes Frieden zu! Was er seinen Schülern selbst aufgetragen hat, als er sie aussandte „zu den verlorenen Schafen aus dem Haus Israel“ (Mt. 10, 5f. 12f), Gottes Frieden den Menschen zu bringen, diesen Frieden bringt Jesus jetzt der Haus-Gemeinde seiner NachfolgerInnen. Jesus kommt zu ihnen mit dem Frieden Gottes, zeigt ihnen seine Hände und seine Seite. „Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.“

Es geht den biblischen Berichten offensichtlich nicht darum, einen Übergang zu schaffen von der Zeit mit dem irdischen Jesus zur Zeit der Gemeinde, die sich der Lehre dieses irdischen Jesus verpflichtet fühlt, sondern offensichtlich ist der auferstandene Jesus identisch mit dem irdischen und führt seine Sache weiter. Er ist, wie es später in unserem Kapitel Thomas als Bekenntnis der ganzen Gemeinde ausspricht, „mein Herr und mein Gott“.

Ich wüsste nicht wie ich anders Christ sein sollte als in dieser persönlichen Bindung an den auferstandenen Jesus, der auch durch meine verschlossenen Türen treten kann.

Annette von Droste-Hülshoff hat gedichtet:

Evang.: Jesus geht durch verschlossene Türen und spricht: „Der Friede sei mit Euch!“

Und hast du deinen Frieden denn gegeben

An Alle, die sich sehnen um dein Heil,

So will ich meine Stimme auch erheben:

Hier bin ich, Vater, gib mir auch mein Teil!

Warum sollt‘ ich, ein ausgeschlossnes Kind,

Allein verschmachtend um mein Erbe weinen?

Warum nicht sollte deine Sonne scheinen,

Wo doch im Boden gute Keime sind?

Du, der verschlossne Türen kann durch dringen,

Sieh, meine Brust ist ein verschlossnes Tor,

Zu matt bin ich, den Riegel zu bezwingen;

Doch siehst du, wie ich angstvoll steh davor.

Brich ein! brich ein! O komm mit deiner Macht,

Lass Liebe gelten, da gering der Glaube,

O lass mich schauen deine Friedenstaube,

Lass fallen deinen Strahl in meine Nacht!

(Gesammelte Werke, Das geistliche Jahr, S. 77f in: Herbert Vinçon, Spuren des Wortes 2, Stuttgart 1989

Verzweiflung, aber auch Vertrauen sprechen aus diesen Zeilen; Sehnsucht nach Gottes Frieden und ein Wissen um die Unfähigkeit, aus eigener Kraft zum Frieden zu gelangen, oder besser, die eigne Verschlossenheit zu durchdringen, damit der Frieden in Herz und Leben einziehen kann. Bei aller Dunkelheit ist doch das DU, die Bitte, gerichtet an den Auferstandenen, stark in den Worten der Dichterin. Damit weist sie all denen den Weg, die in ihren Blockaden den Frieden Gottes suchen. Er ist nicht zu erzwingen, er braucht Bitte und Geduld. „Du auferstandener Jesus sprich auch mir, uns, deinen Frieden zu.“

Jesus spricht seinen Nachfolgern Gottes Frieden zu und rüstet sie damit aus für ihr Leben und ihren Dienst: „Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. … Nehmt hin den heiligen Geist!“

Gesandt wie Jesus, ausgerüstet mit dem heiligen Geist, der Gottes Frieden in Herz und Leben bringt und darin ganz gewiss macht. Martin Luther sagt vom Geist in seiner Schrift vom unfreien Willen: „Der Heilige Geist ist kein Skeptiker, nicht Zweifel oder subjektive Ansichten hat er in unsere Herzen geschrieben, sondern verbindliche Aussagen, die gewisser und unerschütterlicher sind als das Leben selbst und alle Erfahrung.“ (Martin Luther, Dass der freie Wille nichts sei, München 1975) Mit diesem Geist rüstet Jesus seine Nachfolger aus; der Geist lehrt sie, wer Jesus ist; er lehrt sie, sein Wort und Werk zu verstehen; die „Ich-bin Worte“ Jesu im Johannesevangelium bringen das auf den Punkt. „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich, sagt Jesus nach Johannes 14, 6. Jesus ist der Weg zu Gott, weil durch ihn weggenommen wird, was uns von Gott trennt.

Es gibt einen Unterschied zur Lehrzeit mit Jesus, als er seine Schüler auch schon ausgesandt hat: Durch Jesu Tod und Auferstehung ist Gottes Frieden in umfassenderer Weise wirksam: es ist der Frieden, der aus der Versöhnung mit Gott kommt. Es ist der Frieden der Vergebung; Sündenerlass geschieht. Das ist Auftrag derer, die Jesus sendet: „Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“

Wie geschieht das? Nicht autoritär von oben nach unten, sondern indem die Gesandten Jesu predigen, was Gott durch Jesus getan hat. Indem also das Wort von Jesus weitergegeben wird. Ich habe am Anfang der Predigt von Jalaluddin berichtet, der sich nach innerem Frieden sehnte und dem im Traum aufgetragen worden war: „Lies die Heilige Schrift!“ Und dem auch eine Adresse genannt wurde, wo er sie bestellen könne. Die Geschichte geht so weiter:

„Etwa zehn Tage später erhielt Jala die erste Lektion eines Bibel-Fernkurses, zusammen mit einer Bibel, um die er gebeten hatte. Sehr schnell hatte er alle vier Lektionen durchgearbeitet und das ganze Neue Testament durchgelesen.    Nach wenigen Wochen besuchte Jala eine christliche Kirche und bezeugte gegenüber andern Muslimen freimütig seinen neugefundenen Glauben.“

Wer ist Jesus nach dem Zeugnis der Schrift? Der, der sich seinen Nachfolgern/Innen als der Lebendige zeigt, sie darüber froh macht, ihnen seinen Frieden zuspricht; dann aber der, der sie sendet und mit dem Geist ausrüstet. Der Bote gilt soviel wie der, der ihn gesandt hat! Aber wodurch wird der Bote Jesu beglaubigt? Durch einen Universitätsabschluss, eine kirchliche Urkunde? Gut, wenn es eine solche Bestätigung gibt. Der französische Hugenotten- Prediger Antoine Court (1695-1760) predigte, taufte, traute, tröste die wegen ihres Glaubens Gefangenen und das alles unter Lebensgefahr und ohne geregelten Unterhalt. So schweißte er die verstreuten Grüppchen der Evangelischen, der „Gemeinden in der Wüste“ zusammen. (Menschen vor Gott, Bd. 2, Stuttgart 1963) Antoine Court war Diener Jesu in einer Untergrundkirche. Sein Ausweis? Die Bereitschaft Jesus zu dienen unter den Bedingungen seiner Zeit und Welt. Darin zeigt sich der Geist Jesu. Erst als Antoine Court durchs Sumpffieber am Ende seiner Kräfte war ging er nach Lausanne und wirkte dort am Predigerseminar.

„Nehmt hin Heiligen Geist!“ Der Heilige Geist bläst uns nicht auf zu christlichen Superfrauen- und Männern, aber macht uns zu verbindlichen, zu treuen, zu mutigen Botinnen und Boten Jesu, die die Botschaft von der Versöhnung durch Jesus bekanntmachen. Und das ohne Scheu auch Ablehnung zu erfahren.

„Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“ Es hat Folgen, wenn wir jemand die Sünden behalten, wenn also unsere Predigt von Jesus Menschen in die Entscheidung führt: Durch den Glauben an Jesus versöhnt mit Gott, durch die Ablehnung von Jesus im Unfrieden mit Gott. (Joh 3, 36) Gebe Gott, dass wir als Botinnen und Boten Jesu betend um die ringen, zu denen er uns sendet. Amen.

 

Liedvorschläge:

EG 134, 1-3+6 Komm, o komm, du Geist des Lebens

EG 136, 1-4 O komm, du Geist der Wahrheit

EG+ 135 Wie ein Fest nach langer Trauer

EG+ 93 Anker in der Zeit (Es gibt bedingungslose Liebe)

EG+84 We are one in the spirit

EG 124, 1-4 Nun bitten wir den Heiligen Geist

Herr, füll mich neu (Jesus Bruderschaft, Gnadenthal, Lebenslieder 253)

Kommt und empfangt den Geist des Sohnes (John Wimber/ Lothar Pöll)

 

Dank- und Fürbittengebet – Vaterunser (Zwischen den Bitten füge ich kurze Phasen der Stille ein; die Stille kann mit einer Antwort der Gemeinde enden.)

Vater im Himmel, Du hast uns zusammengerufen, uns angeredet in deinem Wort, uns mit dem einen Brot gespeist und durch den einen Kelch verbunden zur Gemeinschaft deines Sohnes. Wir beten Dich an! Lasst uns Gott in der Stille loben!   – Stille –

Wir Menschen sind aus uns heraus nicht fähig, die Not der Welt zu überwinden. Auch unsere eigene Not wird uns oft zu schwer. Darum beten wir zu Dir:

– Wir bitten Dich für alle Christen, die Zeugnis ablegen für den Glauben an Jesus, den Herrn: um Ausdauer und Mut in allem, was sie dafür erleiden.

– Wir bitten für die Menschen, die täglich ums Überleben kämpfen: da, wo Krieg herrscht, in den Armenvierteln großer Städte und dort, wo Naturkatastrophen die Lebengrundlagen zerstört haben. Wir bitten besonders für alle, die in Lagern und Gefängnissen eingesperrt sind, obwohl sie kein Unrecht getan haben. Begegne ihnen, aber auch den Wärtern, als der lebendige und mächtige Retter. Wir bitten für die vielen Flüchtlinge, die heimat- und schutzlos leben. Lasst uns in der Stille diese Anliegen vor Gott bringen!    -Stille –

– Wir bitten für Menschen in unserer Umgebung, die nicht mehr wissen, wo sie Halt finden, weil eine Krankheit, das Zerbrechen einer Beziehung, der Tod eines lieben Menschen ihnen alle Sicherheit genommen haben.

– Wir bitten für Israel und die Völker im Nahen Osten, vor allem für Syrien, den Irak, für den dunklen Kontinent Afrika, um ein Ende der Gewalt, um Gerechtigkeit und Frieden. Lasst uns in der Stille beten!   – Stille –

Barmherziger Gott, dein Heiliger Geist kann alles verändern. Durch Jesus gießt Du ihn aus auch heute. Gehe mit jedem von uns und verändere uns nach Deinem Willen. Dafür danken wir dir, heute, alle Tage unseres Lebens und in Ewigkeit.

Wir bringen unsere persönlichen Anliegen vor Gott in der Stille!

Vater unser

 

Winfried Klotz, Pfr. i. R. Bad König/Odenwald

winfried.klotz@web.de

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