Grußwort zum Osterfest

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Grußwort zum Osterfest

 


Grußwort zum Osterfest,
31. März 2002
von Georg Kretschmar


Osterbotschaft 2002

Christus
ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! So grüßen
sich die Christen seit ältester Zeit am Osterfest. So grüße
auch ich Euch, liebe Schwestern und Brüder in unseren Gemeinden.
Wir wollen uns miteinander unter das Wort des Apostels Paulus an die Gemeinde
in Korinth stellen:
„Christus ist darum für alle gestorben, damit, die da leben,
hinfort nicht sich selbst leben, sondern dem, der für sie gestorben
und auferstanden ist“ (2.Kor.5,15).

Das neue, das wahre Leben gibt es nicht ohne den Tod. Das gilt für
Jesus Christus und das gilt für uns. Für uns gilt, was der Apostel
Paulus an die Römer geschrieben hat: „Der Tod ist der Sünde
Sold“ (Röm.6,23). Mit dem Sterben Jesu Christi am Kreuz hat
es eine andere Bewandtnis. Er starb nicht für Seine, sondern für
unsere Sünden.

Ein Sterben für einen anderen, das gibt es auch in unserer Welt
heute. Wir alle kennen Geschichten davon, daß etwa ein Mensch in
einem überfüllten Rettungsboot noch Platz für einen anderen
machte, dadurch, daß er selbst in die Fluten sprang, ohne Aussicht
zu überleben. Erst jüngst ging durch die Zeitungen der Bericht
von einem Vater, der zuerst seine Kinder aus einem brennenden Haus holte,
und dann umkam, als er auch noch seine Frau retten wollte. Diesen Kindern
wird das Bild ihrer Eltern, besonders des Vaters, ihr Leben hindurch vor
Augen stehen. Daß Jesus Christus für uns starb, daß wir
leben können, ist allein Grund, Sein Bild immer im Herzen zu tragen.

Aber Er ist eben nicht nur für uns, sondern für alle gestorben,
ans Kreuz gegangen. Doch die Brücke zwischen Seinem Sterben und Auferstehen
und unserem Leben ist das Evangelium und unser Glaube. Für alle ist
Jesus Christus gestorben, das neue Leben ist uns geschenkt im Glauben,
durch die heilige Taufe, in der Gemeinschaft der Heiligen, der Kirche,
auf die Vollendung im Reiche Gottes hin.

Aber darüber denkt der Apostel Paulus in diesem Satz aus dem Brief
an die Korinther nicht ausdrücklich nach. Er zeigt nicht auf den
Himmel, sondern auf die Erde. Es geht um unser Leben heute, nicht darum,
was am Ende auf uns wartet. Wie Er für uns gestorben und auferstanden
ist, so sollen wir, die durch Ihn leben können, nun für Ihn
leben.

Liebe Brüder und Schwestern, wir Christen sind immer zwei Versuchungen
ausgesetzt. Entweder wir schauen nur in den Himmel und vergessen darüber
unsere Aufgaben in unserer Zeit und Welt, oder wir vergessen, daß
wir unseren Alltag nur bestehen können, weil der Himmel über
uns offen ist, weil wir vom Kreuz und der Auferstehung Jesu Christi und
damit im Heiligen Geiste leben dürfen. Es ist jetzt über ein
Jahrzehnt vergangen, daß ich mit einem Kreis älterer, tapferer
Brüder in der Stadt zusammensaß, die heute Astana heißt.
Wir sprachen über die neuen Möglichkeiten und Aufgaben für
unsere Gemeinden. Und nach meiner Erinnerung endete jeder Gesprächsgang
mit einem Satz, der etwa lautete: Darüber brauchen wir uns eigentlich
keine Sorgen zu machen, der Herr wird ja ganz bald wiederkommen, dann
erübrigen sich alle Fragen. Heute sind diese Brüder alle seit
Jahren ausgewandert. Gott wird ihnen auch in Deutschland Aufgaben gegeben
haben. Aber wenn der Apostel Paulus schreibt, daß wir hinfort, also
als Gläubige und Getaufte, nicht mehr uns selbst, sondern für
Christus, unseren Erlöser, zu leben haben, dann sieht der Apostel
uns doch im Dienst Jesu Christi hier, für unsere Welt, in die Er
uns gestellt hat. Letztlich geht es dabei um alle Menschen, für die
eben unser Herr ans Kreuz ging. Ihnen sind wir das Evangelium schuldig.
Dabei geht es natürlich nicht darum, Christen anderer Kirchen in
unsere Gemeinschaft hineinzuziehen. Aber unsere Mitmenschen, unsere Nachbarn
und Freunde sollten uns abspüren, daß wir in der Osterfreude
leben, daß wir Jesus Christus gehören und nicht immer zuerst
an uns selbst denken.

Liebe Brüder, liebe Schwestern, versuchen wir es doch einmal, die
Menschen um uns, die Menschen, in deren Kreis uns Gott gestellt hat, immer
als Geschöpfe Gottes zu sehen, für die Jesus Christus gestorben
und auferstanden ist – wie für uns. Natürlich gibt es auch ganz
schwierige Mitmenschen – der 1. Petrusbrief schreibt von „wunderlichen
Herren“ (1.Petr.2,18). Wir sind keine Sklaven mehr, vielleicht könnten
wir an „Vorgesetzte“ denken. Wenn wir nicht uns selbst leben,
sondern Jesus Christus gehören, werden wir unbefangener und zuversichtlicher
mit allen Menschen umgehen können.

Wenn wir nicht uns selber leben, sondern unserem Retter Jesus Christus,
dann erhalten wir auch Augen, die Nöte und Probleme unserer Mitmenschen
sehen. Es gibt bei uns schon viele Gemeinden, in denen Kranke besucht
werden und Menschen in Not nach Kräften geholfen wird. Wenn dieser
Dienst stärker organisiert ist, sprechen wir von „Diakonie“.
Sicher steht dabei die eigene Gemeinde im Vordergrund; aber Jesus Christus
starb für alle Menschen und deshalb sind wir es ihnen allen schuldig,
Seine Liebe auszustrahlen und weiterzugeben. Daß wir nicht uns selbst
leben, sondern Dem, Der uns gerettet hat, darf bei einem jungen Menschen
bis in die Berufswahl hineinwirken. Wir brauchen viel mehr ausgebildete
Prediger und Predigerinnen, Pastoren und Pastorinnen. Vielleicht will
dein Herr gerade Dich für einen solchen Dienst! Es gab Zeiten und
die Gegenden, in denen jede Gemeinde es sich zur Ehre gerechnet hat, aus
ihrer Mitte einen jungen Menschen für den kirchlichen Dienst gewinnen
zu können. Das würde bei uns gar nicht gehen, so viele Ausbildungsplätze
hätten wir in den Regionalen Kirchen und der Gesamtkiche gar nicht
anzubieten. Aber daß wir Christus gehören, kann, ja muß
sich in jedem Beruf und auch im Leben einer Familie zeigen.

Daß wir uns nicht selber zu leben brauchen, schenkt Zuversicht
und Freude. Weil Christus auferstanden ist und wir zu Ihm gehören,
ja mehr: Sein Eigentum sind, können wir mit Dankbarkeit, Freude und
Zuversicht unser Leben führen.

Der auferstandene Herr segne Euch alle und stärke Euren Glauben!
In diesem Glauben und im Dienst verbunden,
Euer Erzbischof
D. Georg Kretschmar

ELKRAS (Ev.-luth. Kirche in Rußland, der Ukraine, in Kasachstan
und Mittelasien)
St. Petersburg
E-Mail: kanzlei@elkras.org

 

 

 

 

 

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