Johannes 14,15-21

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Johannes 14,15-21

Pfingstsonntag | 05.06.2022 | Joh 14,15-21 | Elof Westergaard |

Du höchster Tröster in aller Not,

Hilf dass wir nicht fürchten Schand‘ noch Tod,

Dass in und die Sinne doch nicht verzagen,

wenn der Feind wird das Leben anklagen.

Luther

Der kanadische Historiker Michael Ignatieff hat in seinem letzten Buch mit dem Titel On Consolation, Finding Solace in Dark Times ein schönes und denkwürdiges Buch über Trost geschrieben, darüber, dass es wichtig ist, Aufmunterung und Trost zu finden, um trotz aller Leiden in der Welt und all dem, was uns in dieser Zeit bedroht, leben zu können.

Ignatieff schreibt von einem säkularen Ausgangspunkt her, mit dem Blick eines Nicht-Gläubigen, zugleich aber mit großer Neugier und einem neuen Verständnis dessen, was Religion und nicht zuletzt religiöse Texte zu sagen haben.

Ignatieff bemerkt, dass wir im Westen eine religiöse Praxis verloren haben. Und er stellt zugleich fest, dass die westliche Konzentration auf eigene Leistung und die Jagd nach Erfolg kaum Raum lässt für ein Reden und ein Denken, dass die Niederlagen und Verluste des Menschen umfassen und sich zur Tatsache des Todes verhalten kann. Ignatieff greift deshalb zurück auf die alten Texte, religiöse wie auch philosophische und literarische Texte, und er findet in ihnen Trost.

Ignatieff geht aus vom Buch Hiob, wendet sich dann den Psalmen und dann Paulus zu. Von da aus bewegt er sich weiter in der Geschichte und findet relevante Texte.

Bei Hiob und im Buch der Psalmen im Alten Testament sowie bei Paulus hören wir von Verzweiflung, Verletzlichkeit, Leiden und Tod. Da wird all das nicht verdrängt, mit dem wir es im heutigen Leben schwer haben. Die Finsternis, das Verletzliche, das Verwundbare, die auch Wirklichkeit sind, haben hier einen Platz, und wir werden wirklich getröstet – zugleich erhalten wir hei Hiob, im Buch der Psalmen und bei Paulus Mut zu leben und einem neuen Tag entgegenzugehen.

Vielleicht ist der Mensch, so Ignatieff, entfremdet von dem Heil, das die alten Texte anbieten, aber nicht von dem Trost, die diese Worte uns in unserer Verzweiflung anbieten.

Während der globalen Covid-19 Epidemie im letzten Jahr und jetzt mit dem Krieg in der Ukraine und den Folgen dieses Krieges für die ganze Welt ist es wichtig, z.B. im Buch der Psalmen zu lesen, wo sowohl die stärkste Verzweiflung  als auch der größte Dank ihren Ausdruck finden. Das sind Worte, die uns unmittelbar angehen, die die Anfechtung und Verzweiflung des Menschen über den Gang der Welt ansprechen, Worte, die zugleich auf er Hoffnung bestehen.

In diesen alten Worten sind Geist und Leben.

Das Kommen dieses Geistes des Trostes, des Geistes der Liebe und des Lichts feiern wir heute am Pfingsttag. Der Mensch ist nun nicht mehr nur seiner eigenen Finsternis überlassen. Der Trost existiert, und den finden wir in den Lesungen von heute, er begegnet uns aber nicht nur in den alten Texten, sondern auch im Leben selbst.

Der Heilige Geist kam mit Feuer und Wind und gab den Aposteln Mut, ihre Türen und ihren Mund zu öffnen, so dass andere und mehr Menschen denselben Trost und die Hoffnung noch immer finden können.

Pfingsten ist die Zusage von Trost und Hoffnung im Leben. Wir Menschen werden stets nach Erfolg streben und gegeneinander kämpfen. Es werden auch neue Krankheiten und mehr Kriege kommen. Menschen werden weiter verzweifeln, und die inneren Dämonen werden weiter bei uns auftauchen und an uns zerren und reißen. Aber jetzt, wo der Geist Gottes gekommen ist, wo es Pfingsten geworden ist, da wissen wir, dass da Licht und Trost sind, ja dass der Geist der Liebe wirklich weht und dass Gott will, das wir einander suchen, trösten und lieben. Frohe Pfingsten. Amen.

Bischof Elof Westergaard

Korsbrødregade 7

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