Lukas 12,16-21

Lukas 12,16-21

Volle Scheunen und reich bei Gott | Erntedankfest | 01.10.23 | Lk 12, 16-21 | Ralf Reuter |

Reich bei Gott und volle Scheunen – Erntedank ist ein Fest des Herzens mit der Ernte dieses Sommers. Vor dem Altar die eingesammelten Gaben, wir feiern mit Kindern und Senioren, häufigen und seltenen Gästen in den Kirchen oder auf Höfen. Selbst Städter entdecken ja das Gärtnern in Hochbeeten oder auf Balkonen, kühlen so die heißer werdende Luft, und bringen ihre Früchte mit. ein schönes Fest.

Der Reiche Kornbauer allerdings ist erst einmal eine harte Geschichte. Sie führt mitten in die Landwirtschaft, in das Säen und Ernten, und spricht gleichzeitig von der Seele und der Besinnung des Herzens. Hier ist Glaube und Wirtschaft zusammen gedacht, es geht um Gott und Geld, um Kirche und Höfe. Da hatte sein Feld gut getragen und er überlegt, was nun zu tun sei.

Schon oft gab es mit dieser Geschichte an Erntedank Ärger. Was haben sich Kirche und Landwirtschaft gestritten! Wie wurde gegen das Bauen von Scheunen angepredigt! Als ob etwas gegen eine sinnvolle Erweiterung des Betriebes zu sagen wäre, oder gegen einen vorsorgenden Vorrat. Hat nicht dadurch Josef in Ägypten seine Familie gerettet? Lernen wir nicht gerade neue Energie zu speichern für kalte Tage? Stehen nicht die Landwirtsfamilien vor großen Transformationen in die Zukunft?

Und umgekehrt: Wie ist die Kirche immer wieder links liegengelassen worden, also ob der Glaube nichts wert sei. Natürlich muss in der Ernte durchgearbeitet werden, aber jeden Sonntag, auch an Erntedank? Wie kannst du voll und ganz Mensch sein, wenn du die Besinnung nicht mehr vorsiehst, fragt Bernhard von Clairvaux. Man muss nicht gleich ins Kloster gehen, obwohl, so zwei, drei Tage können heilsam sein. Danken lernen, geistliche Vorräte anlegen, was sind die Kirchen anderes als Scheunen des Glaubens in gottarmer Zeit?

Ja, Erntedank, innehalten, die Ernte des Sommers anschauen, singen, beten, loben den Herrn, so wunderbar dies ist, so erschreckend ehrlich hinterfragt uns diese Geschichte:  Der Kornbauer „dachte bei sich selbst und … sprach: Das will ich tun: ich will die Scheunen abbrechen und größere bauen und will darin sammeln all mein Korn und meine Güter und will sagen zu meiner Seele: Liebe Seele, du hast einen großen Vorrat für viele Jahre; habe nun Ruhe, iss, trink und habe guten Mut. Aber Gott sprach zu ihm: „Du Narr! Diese Nacht wird man deine Seele von dir fordern. Und wem wird dann gehören, was du bereitet hast?“

Da sitzen wir heute auf unserem schönen Fest und haben einen Burnout, einen Abbruch an Leben! Noch lassen sich Etliche in Gottes großes Schöpfungshandeln einbinden, in ein lebendiges Schaffen und Tun, in ein ständiges Säen und Ernten. Doch ohne Wachsen und Gedeihen verwelken die Kräfte, schwinden die Möglichkeiten, wird es einsam um uns. Wie könnte es da so etwas wie Ruhe geben? Wir, die Älteren, werden einst, auch heute schon, gefragt von den Nachkommenden, habt ihr euch auch für uns eingesetzt, eure Zeit sinnvoll genutzt?

Der Reiche Kornbauer, eine erschreckende Geschichte, die Jesus da bei Lukas erzählt. Sie macht uns tatsächlich Angst vor der Ruhe und dem Nichtstun. Da hilft alles Schätze sammeln nichts, wenn man sie nur für sich einbunkert, das „ist nicht reich bei Gott.“ Mit dem Rückzug auf uns selber kegeln wir uns aus dem Leben heraus. So hängen wir nicht mehr am Weinstock Christi, es versiegen die lebendigen Kräfte des Himmels. Wir bringen uns nicht mehr ein, arbeiten nicht mehr mit an der Zukunft dieser Erde, unseres Dorfes oder Stadtteils.

Doch Vorsicht! Von welchen Scheunen ist die Rede? In die Scheune der Kirche einlagern und konservieren, damit nur selber feiern, das kann es auch nicht sein. Wir werden zu Narren, wenn wir nur einsammeln und damit nicht zu den Menschen gehen. Wie damals der Herr über Land ging und vom Reichen Kornbauern erzählte. Es gilt doch das lebendige Feuer des Glaubens weiterzutragen, hinein in die Sinnfragen, in die Gestaltung von Zukunft. Sind wir nicht inzwischen selber zum Bodenpersonal Gottes geworden? Also bringen wir uns mit anderen ein in das Leben, in Stadt und Land.

Die gleiche Anfrage trifft auch alles wirtschaftliche Handeln. Nur für sich selber sorgen?  Ich habe solche Menschen kennengelernt. Bis 50 wie verrückt arbeiten und dann vom angesparten Geld sorgenfrei leben! Ein Boot kaufen und die restlichen Jahre zu zweit über die Meere fahren. Solche Gedanken haben nicht nur Manager. Selbst Rentner, die sich im scheinbaren Paradies des Ruhestandes sonnen, überall nur urlauben und die angesammelten Ressourcen verpulvern. Das gilt auch für Betriebe und Unternehmen, die nicht normal Steuern zahlen, sich nicht in der Region engagieren.

Innerlich verkümmern und äußerlich verkommen, so läuft das nicht mit der Zukunft. Gottes Wort meint etwas anderes. Reich sein an Kraft und Einsatz, an Mut und Ausdauer, wo Gott mit uns seine Furche zieht. Natürlich in den Kirchen dieser Zeit, trotz aller Abbrüchen und Schwierigkeiten, und ebenso auf den Höfen und Betrieben, in allen Anfeindungen und Herausforderungen. Da lasst uns auf der aktiven Seite des Lebens stehen! Nicht auf der Seite des Rückzugs, der Resignation, gar des Schlechtredens und der Ausgrenzung.

Also, Herzblut ist gefragt, reich bei Gott, damit das Herz voll werde wie eine Scheune, aus der wir austeilen können. Erntedank feiern, damit ein echtes Sorgen um unsere Betriebe, um ein sinnvolles Arbeiten, um ausreichenden Verdienst möglich wird. Wo Kirchen wie Höfe zu Treffpunkten des Lebens werden. Erzählen, singen, beten wir, richten Fahrdienste für Ältere ein, betreuen Kinder, helfen in der Nachbarschaft, was immer uns wichtig ist. Immer eingebunden in die Fragen der Zukunft, der Veränderung des Klimas, den Tieren und Pflanzen, die zu uns gehören wie Kinder und Familien, Alleinstehende und Ältere, Einheimische und Fremde.

Alles beginnt mit dem Dank, dem Feiern der Ernte, den Gaben aus den vielfältigen Gärten und Feldern des Lebens. Hier läuft das Herz voll wie eine Scheune, wird reich an Glauben und Liebe. Hier bekommen wir Mut und einen langen Atem, bleiben aktiv in jedem Alter. Lebendige Kirchen sind wie gute Unternehmen und Höfe immer auch Werke des Heiligen Geistes, mit denen Gott uns und seine Schöpfung lebendig erhält und in die Zukunft führt. Volle Scheuen und reich bei Gott, wir gehören zusammen, nicht nur an Erntedank.

Pastor Ralf Reuter

Göttingen

E-Mail: Ralf.Reuter@evlka.de;

Die Predigt schöpft aus meinen Erfahrungen in der Begleitung von Wirtschaftsunternehmen wie von landwirtschaftlichen Höfen, und ist für eine Stadtgemeinde und eine Landgemeinde bestimmt, letztere feiert Erntedank auf einem Hof.

Ralf Reuter, Pastor der Ev.-luth. Weststadt-Kirchengemeinde Göttingen, mit Vakanz in Elliehausen / Esebeck und Holtensen und zusätzlich tätig in der Durchführung von Retraiten und Klausuren für Führungskräfte der Wirtschaft im Kloster Loccum

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