Lukas 2,14

Lukas 2,14

„ … seines Wohlgefallens … “ – für uns und mit uns | Christvesper | 24.12.2022 | Lk 2, 14 | Thomas Schlag |

1Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. 3Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. 4Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, 5auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. 6Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge.

8Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. 9Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr. 10Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: 14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.

15Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat. 16Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. 19Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.“

Die Geburtsgeschichte Jesu erfüllt auch dieses Jahr – jetzt wieder – den weihnachtlichen Raum. Die Worte des Evangelisten Lukas zur Heiligen Nacht sind vertraut. Vielleicht haben Sie sie vorher leise mitgesprochen. Schon im Anfang „Es begab sich aber zu der Zeit“ kristallisiert sich die Szene einer sterndurchfluteten, ganz besonderen Nacht heraus. In dem einem Moment der Geburt, fängt alles an – und erscheint in glänzendem, neuem, klarem Licht.

Jede weitere Zeile versetzt mich hörend immer tiefer in eine besondere Atmosphäre hinein: Der Engel, die staunenden Hirten, die himmlischen Heerscharen, das Kind in der Krippe, das von Herzen dankbare Elternpaar (natürlich beide!). Man sollte sich dieses bewegte Ensemble keineswegs zuckersüß vorstellen, selbst wenn sich dies gabentischorientiert nahelegen mag. Aber ein energiereicher, gabenreicher Moment ist es in jedem Fall.

Der wärmenden Szenerie und dem geradezu magischen Moment vermag ich mich jedenfalls nicht zu entziehen. Den Geschehnissen – irgendwo im Raum zwischen Erde und Himmel – folge ich ganz und gar, ruhig atmend, lauschend, zustimmend, einstimmend. Mein innerer Blick richtet sich hinaus auf den Engel, der aller Welt zuspricht: „Fürchtet euch nicht. Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird.“

Zugleich stockt mir aber jedes Jahr wieder an derselben Stelle der Geschichte der Atem: Bei jeder wiederkehrenden Textlesung am Heiligen Abend ahne ich im Voraus, dass in einem gewissen Moment meine inneren ruhigen Bilder hart auf dem Boden der Realität aufschlagen werden. So als ob die helle Sternenflut zum rasch verlöschenden Funkenflug wird. Ein einziger Satz ist es, der meine Stimmung auch dieses Jahr wieder erden- und gedankenschwer auflädt: Wie wenn mich jemand jäh aus einem allzu luftigen Traum herausreißt. Dieser Satz ist den himmlischen Heerscharen in den Mund gelegt:

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“ (Lk 2,14)

Dieser eine Vers stellt für mich diesen heiligen Moment auf geradezu unheimliche Weise in Frage. Der klare Ausblick auf das, was mit Jesu Geburt kommen soll, trübt sich ein. Die Weihnachtshoffnung nimmt auf ziemlich unangenehme Weise prekäre Gestalt an.

Dabei kann ich den ersten Versteil „Ehre sei Gott in der Höhe“ noch ganz gut und angenehm in mir weiterklingen lassen. Denn ja, dies ist die Nacht, in der allerbester Grund dafür entsteht und besteht, um zu staunen, sich freudig die Augen zu reiben, Gott zu danken. Singend, „in dulci jubilo“, einzustimmen in das, was wir gehört haben, ist nach menschlichem Maßstab in dieser Heiligen Nacht mehr als berechtigt.

Aber schon die nächsten Worte vom „Frieden auf Erden“ lösen zumindest bei mir sofort zweifel-hafte Assoziationen aus: Soll Frieden werden? Hoffentlich. Aber ist schon Frieden? Letzteres ist realistischerweise nicht der Fall. Im Gegenteil: Dieser Teil der himmlischen Botschaft ist auf denkbar dramatischste Weise unerledigt. Und aller schlimmen Voraussicht nach wird dies auch beim nächsten Weihnachtsfest noch ein genauso uneingelöstes Versprechen sein wie am heutigen Heiligen Abend. Für jenen allzu fromm-blauäugigen Wunsch auf dem Weihnachtszettel wird sich leider auch dieses Jahr wieder niemand finden, der sich für die Einlösung dieses Geschenk verantwortlich fühlt.

Dieser eine Vers, der mich in die eigenen Gedanken hinunterreißt, ist noch nicht an sein Ende gekommen:

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“

Auf wen richtet sich dieses „Wohlgefallen“? Wer soll damit angesprochen und gemeint sein? Darf nur ein bestimmter Teil überhaupt vom Frieden träumen – nämlich der Teil, der Gottes Wohlgefallen gefunden hat? Noch genauer ist zu fragen: Gilt dieser Satz aus dem Mund der himmlischen Heerscharen eigentlich vorbehaltlos allen, die ihn hören?

Was den griechischen Ursprungstext angeht, liegen die Dinge keineswegs klar:

Einer gewissen Auslegungs- und konsequenterweise auch Übersetzungstradition zufolge, ist das Wohlgefallen Gottes im wahrsten Sinn des Wortes voraussetzungsreich: Man musste sich dieses erkämpfen, durch intensive Glaubensleistung,[1] im schlimmsten Fall durch Kampf und Krieg und mit dem anhaftenden Siegel des „Gott mit uns“. Durch die menschheitsgeschichtlichen Zeiten hindurch entstand so immer wieder eine höchst unheilige Verbindung von „Gottes Wohlgefallen“ und der Erwählung eines besonderen Volkes, einer besonderen Gruppe oder der eigenen Person – natürlich bei gleichzeitigem systematischem Ausschluss aller anderen.[2]

Läuten die Worte der himmlischen Heerscharen – übrigens nicht weit vom militärischen Bild geschlossener Reihen entfernt[3] – also vielmehr einen unheiligen Abend ein? Wird von Beginn an eine hohe „Hürde auf dem Feld“ göttlichen Wohlgefallens aufgezogen, um damit eine massive Unterscheidung zwischen den „wahren“ und den „lauen“ Christenmenschen stark zu machen?

Wird in der Weihnachtsbotschaft sogleich zwischen Spreu und Weizen, Schwarz und Weiß unterschieden? Werden nur einige, gar nur ganz wenige guten Grund für ihr persönliches gottgefälliges Weihnachten haben? Und werden dann nur sie in Frieden leben können? So lässt sich leicht Gott aus ganzer Seele singend loben?

Möglicherweise kommt dieses unfriedliche Unterscheidungsbild der Realität sogar nahe. Blickt man auf die gegenwärtige Welt- und Seelenlage, so muss man den Eindruck gewinnen, dass Gottes Wohlgefallen massiv für einige wenige reserviert ist – während andere tatsächlich kaum noch mit einer lebbaren Zukunft rechnen dürfen. Man muss am Ende dieses Jahres kaum darauf hinweisen, wo weltweit und bis in unsere eigenen engeren Lebenszusammenhänge hinein solche massiven Unterschiede zwischen Privilegierten und Ausgeschlossenen an der Tagesordnung sind. Tatsächlich sind wohl an keinem Tag des Jahres diese Unterschiede so augenfällig und schmerzhaft wie heute:

Sind also Gotteslob, Friedenshoffnung und Gottes Wohlgefallen am Ende doch nur eine Exklusivbotschaft für die ohnehin schon Privilegierten? Während man sich im Kreis der Ausgeschlossenen mit den Überresten der Wohlstandsgesellschaft begnügen „darf“.

„Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“[4]

Welchen Klang kann aber dieser eine Vers dann sinnvollerweise annehmen und was macht Hoffnung?

In einer sehr viel weiter reichenden Auslegungstradition wird die Zusage von Gottes Wohlgefallen gerade nicht mit eigenen notwendigen Leistungen verbunden oder gar auf einen bestimmten Kreis begrenzt.[5]

Mit der Geburt Jesu ist Gottes Wohlgefallen bedingungs- und grenzenlos. Gottes Frieden gilt allen, unabhängig von Volks- oder Gruppenzugehörigkeit – und jenseits aller Exklusivität.[6] Die weihnachtliche Hoffnung auf eine neue, friedliche Zeit erfolgt gerade nicht nach den Standards menschlicher Erfahrung, Vernunft und Ausgrenzungsabsichten. Die Weihnachtsgeschichte erfüllt also nicht nur auch dieses Jahr wieder – erneut und erneuernd – den Raum, sondern weist auch weit über alle menschlichen Erfahrungsräume hinaus. Ihre Versprechen und ihre mögliche Erfüllung geht weit über alle menschlichen Möglichkeiten hinaus. Dies ist am Heiligen Abend sehr wohl hörbar – vorausgesetzt, man kommt diesen Worten der himmlischen Heerscharen auf hörende Weise etwas entgegen.

Aber ich will doch noch weiterfragen: Was ist mit „den anderen“, die nicht hören oder nicht hören wollen oder nicht hören können? Hat Gott für einen Teil der Menschen – und mir würden da schon einige einfallen – vielleicht zu Recht kein Wohlgefallen vorgesehen, weil sie es aufgrund eigener Grausamkeiten schlichtweg nicht verdient haben?

Steckt in dieser Botschaft also doch das ganz eindeutige Signal, dass Friede jedenfalls für diejenigen nicht sein wird, die unserer Ansicht nach Gottes Willen nicht entsprechen. Wäre nicht der Gedanke gerechtfertigt, dass nur einem Teil der Hörenden die weihnachtliche Botschaft nahekommen kann?

Aber wer will darüber eigentlich entscheiden – und kann das wirklich an Weihnachten so gemeint sein? Einfach gesagt: Dieser eine Satz des hoffnungsvollen, friedlichen Ausblicks richtet sich an alle, die diese Worte hören.[7] Weil wir hören können, kann sich Gottes Wohlgefallen in der Heiligen Nacht ausbreiten – als kristallisierte Gabe weit über alle profane, tauschorientierte Geschenklogik hinaus. Und zugleich als besondere „Weihnachtspolitik“[8] im „Glanz und Gloria des geöffneten Himmels“[9].

Schön spricht der Soziologe Hartmut Rosa in die aktuellen gesellschaftlichen Verhältnisse hinein – in einem jüngst erschienenen kleinen Essay: „Demokratie bedarf eines hörenden Herzens, sonst funktioniert sie nicht. Ein solches hörendes Herz fällt aber nicht vom Himmel, überhaupt ist diese Haltung in einer Aggressionsgesellschaft besonders schwer einzunehmen.“ Und er fährt fort: Meine … These lautet, dass es insbesondere die Kirchen sind, die über Narrationen, über ein kognitives Reservoir verfügen, über Riten und Praktiken, über Räume, in denen ein hörendes Herz eingeübt und vielleicht auch erfahren werden kann.“[10]

Die weihnachtliche Friedensbotschaft ist uns verkündet und zugesprochen, weil wir alle bereits längst Gottes Wohlgefallen gefunden haben. Die Botschaft ergeht an alle ­– und sie trifft auch diejenigen, die sie nach unseren Maßstäben nicht „verdient“ haben. Gott hat an Weihnachten das erste, neugeborene Wort. Er bestimmt darüber, was seinem Wohlgefallen entspricht. Gerade deshalb ist aber auch zu betonen, dass nicht wir über die Botschaft der Engel verfügen.

Wir bleiben im Zwischenraum zwischen Himmel und Erde. Uns bleibt nicht mehr, als heute zu hören und auf Frieden zu hoffen – und in all dem ein wenig Vertrauen in den offenen Raum zwischen Himmel und Erde hineinzuwerfen.

Das mag nun zynisch klingen für diejenigen, die wenig Grund haben, Weihnachten zu feiern. Einen solchen drohenden Zynismus ist nur zu entgehen, wenn wir fragen, wo wir selbst sofort und unbedingt zur Veränderung der gegenwärtigen Zustände aufgerufen sind. Damit Not-leidende Menschen eben nicht systematisch aus unserem Bewusstsein und damit aus der Gesellschaft ausgeschlossen bleiben.

Die Botschaft von Gottes Wohlgefallen allen gegenüber mag auch zynisch und geradezu absurd klingen, wenn sie auch für diejenigen gelten soll, die auf dunkelste Weise Leben bedrohen und zerstören. Tatsächlich ist zu sagen: Weihnachten liefert keine Legitimation für irgendwelche nationalistischen, rassistischen, grausamen Exzesse auf dem Hintergrund absurder Überlegenheits- und Erwählungsvorstellungen. Man kann sich nicht für jeden nur denkbaren Unsinn und erst recht nicht für jegliche Form von Gewalt darauf berufen, dass diese im Namen Gottes geschehe. Dies ist nur denen möglich, die ihre Ohren und Sinne bewusst verschließen und für die menschliche Verletzlichkeit grundsätzlich außerhalb des eigenen Wahrnehmungsvermögens liegt.

Dieser Absurdität entgehen wir aber nur, wenn wir immer wieder daran erinnern, was mit diesem souveränen göttlichen[11] Wohlgefallen für alle gemeint ist. Auch wenn ein solcher gnädiger Blick realitätsblind erscheinen mag.

Aber – gegen alle nächtliche Furcht (nicht nur der Hirten!) – kommt mit der Geburt Jesu eine neue Urerfahrung in den Blick: die alles überwölbende Liebe Gottes leuchtet in den Raum der erdenschweren Gedanken und beginnt diesen zu verändern. Der – in dieser Woche verstorbene – Philosoph Dieter Henrich hat es so formuliert: „Die vollkommene Liebe, welche der Furcht jeden Ansatz entzieht, wird dann also nur die Liebe sein können, in der Gottes Wesen besteht und zu begreifen ist: Sie allein bürgt für den letztlich richtigen und guten Sinn oder doch Ausweg in allem bedrohlichen Geschehen.“[12]

Jetzt ist die Zeit des wachen Hörens und des Beschenktwerdens und Weiterschenkens. Ein energiereicher, gabenreicher, liebe-voller Moment in jedem Fall und für jede einzelne Kreatur. So dass sich unser Sinn in die Richtung wenden möge, die Gott gefällt. Und dies im Anfang ganz ohne unser eigenes Zutun. Jetzt dürfen wir darauf verzichten, allem nur den einen eigenen Sinn einzuschreiben.[13]

Wie beginnt doch die geschriebene Geschichte des heiligen Geschehens, indem sie erneut und erneuernd den weihnachtlichen Raum erfüllt: „Es begab sich aber zu der Zeit…“ Ja, dies ist von Geburtsbeginn an ein Geschehen, dass sich unserer Verfügbarkeit entzieht. Und das zugleich doch alles von uns fordert, was menschenmöglich ist – und zugleich alles Weitere und Wesentliche Gott selbst überlässt.

Und so mag man es auch anfänglich-weihnachtlich mit C.G. Jung fassen: „Selbst der erleuchtete Mensch bleibt der, der er ist, und ist nie mehr als sein beschränktes Ich gegenüber dem, der ihm einwohnt, und dessen Gestalt keine erkennbaren Grenzen hat, der ihn allseits umfaßt, tief wie die Gründe der Erde und weiträumig wie der Himmel.“[14]

Dies ist der Richtungssinn dieses weihnachtlichen Geburtsgeschenks: Gottes Wohlgefallen beginnt in der heutigen Heiligen Nacht für uns alle. Er führt uns von dort aus überall dorthin, wo in allem bedrohlichen Geschehen Friede in uns und über uns hinaus dringlicher und möglicher ist als je zuvor.

Jetzt darf jeder erdenschwere Gedanke weichen und sich der eigene Blick neu ausrichten: „Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens.“[15]

Amen.


[1] Absurd erscheint in mehrfacher Hinsicht die „Übersetzung“ von Lk 2,14 in einer Ausgabe der Volx-Bibel, wenn es dort heißt: „Der Gott, der im Himmel wohnt, soll groß rauskommen! Er hat all den Menschen ein Friedensangebot gemacht, die bereit sind, dieses Angebot auch anzunehmen!“, München 2012.

Da gefällt mir doch, auch wenn dies in eigener Weise etwas „creepy“ ist, die Antwort des gegenwärtig in aller Munde seienden GPT3-OpenAI (https://beta.openai.com/playground) deutlich besser:

Diese(n?) habe ich am 19.12.2022 gefragt: Was bedeutet der biblische Vers: Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden den Menschen seines Wohlgefallens?“ Die Antwort lautete: „Dieser Vers aus dem Lukasevangelium (2:14) drückt den Dank und die Anerkennung Gottes, der die Menschen seines Wohlgefallens segnet, aus. Es erinnert uns daran, dass Gott uns mit seiner unendlichen Liebe und Gnade beschenkt, und dass wir uns dieser Liebe und des Friedens bewusst sein sollten, die sie uns schenkt. Der Vers ermutigt uns, Gottes Liebe zu erkennen und uns dem Frieden auf Erden zu widmen.

Meine Rückfrage „Heisst dies, dass nur ein bestimmter Teil der Menschen Gottes Wohlgefallen finden wird?“ wurde wie folgt beantwortet: „Nein, das bedeutet nicht, dass nur ein bestimmter Teil der Menschen Gottes Wohlgefallen finden wird. Der Vers sagt aus, dass Gott seine Liebe und Gnade für alle Menschen ausstrahlt, nicht nur für eine bestimmte Gruppe. Jeder kann seine Liebe und seinen Frieden erfahren, egal welche Hintergründe oder kulturellen Unterschiede er hat.“ Schon sehr erstaunlich…

[2] Vgl. etwa: „Gott wird euch nicht verlassen um seines großen Namens willen; denn es hat ihm wohlgefallen, sich euch zum Volk zu erschaffen!“ (1Sam 12, 22).

[3] „πλῆθος στρατιᾶς οὐρανίου.“

[4] Auf der Grundlage des griechischen Textes von Lk 2,14: „δόξα ἐν ὑψίστοις θεῷ καὶ ἐπὶ γῆς εἰρήνη ἐν ἀνθρώποις εὐδοκίας.“

[5] Dies wird auch der Grundidee dessen, wofür die himmlischen Heerscharen stehen, sehr viel gerechter, vgl. „Der Himmel ist durch das Wort des Herrn gemacht und all sein Heer durch den Hauch seines Mundes.“ (Ps 33,6), aber auch etwa Dtn 4,19; 1Kön 22,19; Jer 8,2.

[6] In einer exegetischen Studie zu Lk 2,14 aus den friedensbewegten Zeiten des Jahres 1983 heißt es frappierend: „In einer Welt des vielfachen Overkills hat der Ruf der Engel bis auf diesen Tag seine

dringliche Realität, und es wird auch kaum militärischen Frieden oder Sicherheit geben,

wenn die Friedenswirker nicht von den Gottesboten lernen, ihre militante Selbstwiderlegung

aufzugeben. Die besseren Möglichkeiten sind vorgegeben! Insofern erweist sich der Genitiv ευδοκίας in Lk 2 14 als gewichtiger und unaufgebbarer Bestandteil des Engelsrufes“, P. R. Berger, Lk 2 14: άνθρωποι ευδοκίας

Die auf Gottes Weisung mit Wohlgefallen beschenkten Menschen, in: ZNW 74 (1983),144.

[7] Schön bringt diese präsentische Botschaft an alle die ökumenische Übersetzung der Neuen Jerusalemer Bibel zum Vorschein, wenn es heißt: „Verherrlicht ist Gott in der Höhe und auf Erden ist Friede bei den Menschen seiner Gnade.“ und ebenso deutlich mit allumfassendem und zudem in schönem, ausrufezeichenstarken Klanggewand formuliert die BasisBibel: „Gottes Herrlichkeit erfüllt die Himmelshöhe! Sein Frieden kommt auf die Erde zu den Menschen, denen er sich in Liebe zuwendet!“, Stuttgart 2021.

vgl. auch die Übersetzung Luthers in der Version von 1545 / 1912 „und den Menschen ein Wohlgefallen“ von der Grundlage δόξα ἐν ὑψίστοις θεῷ καὶ ἐπὶ γῆς εἰρήνη ἐν ἀνθρώποις εὐδοκία aus.

[8] S. Schreiber, Weihnachtspolitik. Lukas 1–2 und das Goldene Zeitalter, Göttingen 2009.

[9] H. Schroeter-Wittke, Lk 2, 1-20. Fürchtet euch nicht! Vom Gloria zum Susaninne, Predigtstudien für das Kirchenjahr 2022/2023. Perikopenreihe V – Erster Halbband, Freiburg i. Br. 2022, 44.

[10] H. Rosa, Demokratie braucht Religion. Über ein eigentümliches Resonanzverhältnis, München 2022, 55fs; aus jüngerer Zeit lesenswert zu diesem Zusammenhang auch O. Höffe, Ist Gott demokratisch? Zum Verhältnis von Demokratie und Religion, Stuttgart 2022 sowie I.U. Dalferth, Die Krise der öffentlichen Vernunft. Über Demokratie, Urteilskraft und Gott, Leipzig 2022.

[11] Vgl. zur Deutung der Calvin’schen Auslegung etwa https://www.apologia.info/bedingungslose-erwaehlung-lapsarianismus-teil-ii-prof-dr-laurence-m-vance/

[12] D. Henrich, Furcht ist nicht in der Liebe. Philosophische Betrachtungen zu einem Satz des Evangelisten Johannes, Frankfurt a.M. 2022, 19.

[13] Erinnert sei hier an Phl 2,13: „Denn Gott ist’s, der in euch wirkt beides, das Wollen und das Vollbringen, nach seinem Wohlgefallen.“

[14] C.G. Jung, Antwort auf Hiob, München 2001, 114.

[15] Auf der Grundlage des griechischen Textes von Lk 2,14: „δόξα ἐν ὑψίστοις θεῷ καὶ ἐπὶ γῆς εἰρήνη ἐν ἀνθρώποις εὐδοκίας.“


Prof. Dr. Thomas Schlag

thomas.schlag@theol.uzh.ch

Theologisches Seminar
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