Markus 16,1-8

Markus 16,1-8

Wäre Christus nicht auferstanden… | Ostersonntag | 17.04.2022 | Mk 16,1-8 | Barbara Pfister |

43 Josef von Arimatäa, ein angesehener Ratsherr, der selbst auch auf das Reich Gottes wartete, wagte es, ging zu Pilatus hinein und bat um den Leichnam Jesu. […]

46 [Er] kaufte ein Leinentuch, nahm ihn herab, wickelte ihn in das Tuch und legte ihn in ein Grab, das aus einem Felsen gehauen war, und wälzte einen Stein vor den Eingang des Grabes.

47 Maria aus Magdala aber und Maria, die Mutter des Jose, sahen, wohin er gelegt worden war.

1 Als der Sabbat vorüber war, kauften Maria aus Magdala und Maria, die Mutter des Jakobus und Salome wohlriechende Öle, um hinzugehen und ihn zu salben.

2 Und sehr früh am ersten Tag der Woche kommen sie zum Grab, eben als die Sonne aufging.

3 Und sie sagten zueinander: Wer wird uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?

4 Doch wie sie hinschauen, sehen sie, dass der Stein weggewälzt ist. Er war sehr gross.

5 Und sie gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem langen, weissen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr.

6 Er aber sagt zu ihnen: Erschreckt nicht! Jesus sucht ihr, den Nazarener, den Gekreuzigten. 
Er ist auferweckt worden, er ist nicht hier. Das ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt haben.

7 Doch geht, sagt seinen Jüngern und dem Petrus, dass er euch vorausgeht nach Galiläa. 
Dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.

8 Da gingen sie hinaus und flohen weg vom Grab, denn sie waren starr vor Angst und Entsetzen. Und sie sagten niemandem etwas, denn sie fürchteten sich.

(Markus 15,43+46f sowie 16,1-7; ZB)

ein herzzerreissendes Passahfest

Ein furchtbarer Abend musste es gewesen sein, als Josef von Arimatäa und die beiden Maria’s das Felsengrab verliessen. Die Markuspassion, welche wir am Karfreitag hörten, schloss mit dem Lied:
O Traurigkeit, o Herzeleid, ist das nicht zu beklagen: 
Gott, des Vaters einzig Kind, wird ins Grab getragen.
 
O selig ist zu dieser Frist, der dieses recht bedenket,
wie der Herr der Herrlichkeit, wird ins Grab gesenket.
(Schlussgesang Nr. 49+50 aus der Markus Passion von Reinhard Keiser, 1717)

Trostlos, voll Trauer und Angst, war dieser Sabbat. Keine Feststimmung wollte aufkommen, obwohl doch Passah war. Das Fest, an dem die die ganze jüdische Community in Jerusalem, der Errettung und Befreiung aus Ägypten gedachte. Das Fest der Freiheit von jeglicher Sklaverei wurde fröhlich gefeiert – rund herum. Jedoch nicht bei denen, welche die letzten Wochen, Monate oder gar drei Jahre ihres Lebens zusammen mit Jesus von Nazareth unterwegs waren. Von den beiden erwähnten Maria’s und von Salome steht, dass sie bereits Jüngerinnen der ersten Stunde waren (Mk 15,41). Vielleicht waren sie schon bei Jesu Antrittsrede dabei, als er verkündete: «Die Zeit ist erfüllt, und nahe gekommen ist das Reich Gottes. Kehrt um und glaubt an das Evangelium!» (Mk 1,15) 

Als die Ersten ihn als Messias erkannten, waren ihre Erwartungen gross: Er wird die Welt heilen, alles Böse und Leid abschaffen, die Gläubigen zu einem Leben der Fülle führen, seine Macht ausspielen und alle Feinde vernichten. Bald wird die jetzige Zeit, die von Sünde, Gewalt, der Macht des Bösen und des Todes geprägt ist der Vergangenheit angehören – so wie damals die Jahre der Sklaverei in Ägypten. Wenn der Messias kommt, wird all das spurlos verschwinden. Eine neue Zeit wird anbrechen: Die Königherrschaft Gottes, der Himmel auf Erden.

Davon waren sie überzeugt, die ersten Nachfolgerinnen und Nachfolger Jesu. Sie erlebten Gottes machtvolles Eingreifen hautnah durch Jesus Taten. Sie waren dabei als er Kranke heilte, den Sturm stillte, Tausenden zu essen gab und Maria von Magdala erlebte am eigenen Leib was es heisst aus der Macht des Bösen befreit zu werden (Vgl. Mk 16,9). Alles, was zum Reich Gottes gehört, hat mit Jesu Kommen in diese Welt begonnen sich zu verwirklichen. Doch Jesus sagte von Anfang an deutlich: «Das Reich Gottes ist nahegekommen.» D.h. Es kommt. Es ist schon angebrochen – aber es ist noch nicht in seiner ganzen Fülle da! Es kommt – aber anders als ihr es erwartet!

enttäuschte Erwartungen

Dieses «ganz anders als erwartet» irritierte, ja schockierte die Jüngerinnen und Jünger. Sie konnten es nicht einordnen, als auf einmal alles umgekehrt kam. Erst vor einer Woche war ihre Welt noch in Ordnung und ihre Erwartungen erfüllt. Erinnern sie sich an die Lesung vom vergangenen Palmsonntag? Königlich wird der Messias in Jerusalem empfangen, mit Jubelruf, tosendem Applaus und rotem Teppich (Vgl. Mk 11,7-10). Doch nur wenige Tage später, wird er von Feinden verfolgt und von Freunden verlassen. Am Kreuz verlässt ihn selbst sein himmlischer Vater (Vgl. Mk 15,34). 
Ein Messias der am Kreuz endet. Das scheint der klare Beweis zu sein, dass er es nicht sein konnte – denn verflucht ist wer am Holz hängt (Gal 3,13) – offensichtlich ist er nicht der von Gott Gesalbte.

Es war ein furchtbarer Passah Sabbat für diese Frauen: Jesus war tot und mit ihm sind all ihre Erwartungen und Hoffnungen gestorben. Kennen sie dieses Gefühl auch: bitter enttäuscht, hoffnungslos, endlos traurig, verzweifelt und vielleicht auch wütend auf Menschen und Gott! Rastlos und Getrieben von der Frage: Warum habt ihr Menschen das getan? Warum hast du, Gott, das zugelassen?

Das Einzige was sie noch tun konnten war, ihm mindestens ein königliches Begräbnis zu ermöglichen und ihm die letzte Ehre zu erweisen. Das taten die drei Frauen dann auch, kaum war der Feiertag vorbei, sobald man wieder Salben und Öle kaufen konnte. Früh, vor Sonnenaufgang machen sie sich auf zum Grab. 

Unterwegs plagt sie eine weitere Sorge: «Wer wird uns den Stein vom Eingang des Grabes wegwälzen?» Vielleicht hoffen sie insgeheim, dass da irgendwo jemand Stärkeres gegenwärtig ist, der ihnen hilft. Sie hatten den Blick gesenkt, sahen nur noch schwere Steine, verschlossene Türen und unüberwindbare Hindernisse vor sich. Wie schnell passiert dies auch uns, wenn wir in einer hoffnungslosen Lage sind, die Tränen unsere Sicht trüben und die Verzweiflung uns den Blick nach oben verstellt. 

Doch dann überschlagen sich die Ereignisse – ein Schreck folgt auf den Nächsten. «Wie sie hinschauen, sehen sie, dass der Stein weggewälzt ist. Er war sehr gross.» (Mk 16,4) 

das leere Grab

Im Matthäusevangelium könnten wir lesen, dass Pilatus höchst persönlich den Grabstein versiegeln liess und Wachsoldaten dazu stellte. Denn die jüdischen Führer fürchteten sich, dass die Jünger den Leichnam Jesu stehlen könnten, um zu behaupten, Jesus lebe. Sie erinnerten sich an das, was die Jüngerinnen angeblich ganz vergessen hatten, nämlich das Versprechen Jesu, dass er am 3. Tage auferstehen werde (Vgl. Mk 8,31; 9,31). 
Interessant, da scheinen die Feinde Jesus seinen Worten mehr Glaube zu schenken als seine Freunde. Denn mehrmals hatte Jesus seine Nachfolger darauf vorbereitet, dass er leiden, sterben und am dritten Tag auferstehen werde. Doch weil seinen Jüngerinnern und Jüngern das Konzept «von den Toten auferstehen» (Vgl. Mk 9,9+10) so völlig fremd war, massen sie diesen Worten wohl keine wesentliche Bedeutung bei.

Viel zu überheblich meinen wir heutigen, aufgeklärten Menschen oft: «Kein Wunder, rechneten die Leute damals mit solch magischen Phänomenen. Die hatten ja noch nicht unsere wissenschaftliche Kenntnis der Welt und nur einen naiven Glauben zur Verfügung, der mit Wunder rechnete.»

Doch wer den historisch-kulturellen Kontext der Lebzeit Jesu studiert und die Evangelien aufmerksam liest, wird merken: Auch für damalige Menschen war die Vorstellung einer leiblichen Auferstehung mitten in dieser Welt eine Zumutung, ja völlig undenkbar. Wenn überhaupt so etwas wie eine Auferstehung der Toten im jüdischen Glauben denkbar war, dann wird sich diese am Ende der Zeit ereignen, wenn die Welt neu gemacht wird (Vgl. Joh 11,24). Aber sicher nicht hier und jetzt. Deshalb gibt es kein Grund anzunehmen, den Frauen wäre es leichter gefallen als uns, das einzuordnen und zu glauben, was sie an diesem Morgen zu hören bekommen.

Die Frauen gingen in das Grab hinein und sahen auf der rechten Seite einen jungen Mann sitzen, der mit einem langen, weissen Gewand bekleidet war; da erschraken sie sehr.
Er aber sagt zu ihnen: Erschreckt nicht! Jesus sucht ihr, den Nazarener, den Gekreuzigten. Er ist auferweckt worden, er ist nicht hier. Das ist die Stelle, wo sie ihn hingelegt haben. 
(Mk 16,5+6)

Angst und Schrecken, ja Entsetzen – dieses Wort taucht gleich viermal innerhalb von vier Versen auf. Das Markusevangelium verwendet diese Wortgruppe immer dann, wenn Gott unerwartet eingreift und den menschlichen Erfahrungshorizont sprengt. Kein Wunder, dass dieser Schrecken hier so betont wird. Werden die drei Frauen doch sogleich Zeuginnen des grössten je geschehenen Einbruchs Gottes in die Geschichte.

Keiner der Evangelien berichtet, wie genau die Auferstehung sich vollzogen hatte. Wir wissen nicht, wie Jesus von den Toten auferstanden ist. Das ist und bleibt ein Geheimnis. Doch alle Evangelien berichten über das leere Grab. Wäre der Leichnam Jesu im Grab gefunden worden, hätte man die Botschaft von Jesu Auferstehung problemlos widerlegen können. Doch ein leeres Grab beweist noch nicht die Tatsache, dass Jesus von den Toten auferstanden ist.

die Augenzeugen

Darum braucht es zum leeren Grab hinzu den zweiten Hinweis, den alle Evangelien und ebenso die Apostel in ihren Briefen liefern: die Augenzeugen, die dem auferstandenen Jesus begegnet sind.
Der Auferstandene Jesus soll in Judäa (Mt 28,9; Lk 24,31.36) und Galiläa (Mt 28,16-20), in Städten, Häusern (Lk 24,36), auf dem Land draussen (Mt 28,9.16; Lk 24,15), morgens (Joh 21,1-23) und abends (Lk 24,29.36; Joh 20,19), mit Ankündigung (Mt 28,16) und ohne (Mt 28,9; Lk 24,15.34.36; Joh 21,1-23), auf einem Hügel (Mt 28,16) und an einem See (Joh 21,4), Gruppen von Männern (Joh 21,2; 1Kor 15,5.7) und Frauen (Mt 28,9), Einzelpersonen (Lk 24,34; 1Kor 15,5-8) und Gruppen mit bis zu 500 Leuten (1Kor 15,6), stehend (Joh 21,4), gehend (Lk 24,15; Joh 21,20-22), essend (Lk 24,43; Joh 21,15) und immer sprechend (Mt 28,9-10.18-20; Lk 24,17-30.36-49; Joh 20,15-17.19-29; Joh 21,6-22) erschienen sein.[1]

Auch das sind keine Beweise, denn historisches Wissen lässt sich nicht beweisen wie ein Laborversuch. Darum fragen wir uns besser: was für Gründe gibt es diesen Berichten Glauben zu schenken?

Eine Begründungs-Theorie lautet, dass die Verfasser des neuen Testamentes diese Begegnungen mit dem Auferstandenen schlicht und einfach erfunden hätten. Nicht selten wird auch heute argumentiert: Die Begegnungen mit Jesus seien visionäre, innere Erlebnisse der Jünger gewesen, die als seelische Verarbeitung des Scheiterns ihres Messias-Glauben, den Osterglauben entwickelt hätten.

Andere schliessen sich dem ältesten Erklärungsversuch des leeren Grabes an. Im Matthäusevangelium wird uns berichtet, wie der Hohepriester den römischen Wachsoldaten viel Geld versprach, wenn sie überall erzählten, sie seien eingeschlafen und während dessen hätten Jesu Jünger den Leichnam gestohlen (Vgl. 28,11-15) Für mich ist diese Erklärung nicht logisch. Denn woher können schlafende Soldaten wissen, wer die Täter waren? Und nehmen wir an, die Jünger hätten Jesu Leiche geklaut und hätten danach die Geschichte mit der Auferstehung erfunden, dann erstaunt es mich umso mehr, dass zehn von diesen elf Jüngern kurz darauf bereit waren, für diese selber erfundene Lüge, ihr Leben zu lassen. Sie starben lieber den Märtyrertod, statt aufzuhören das Evangelium des gekreuzigten und auferstandenen Christus zu verkünden.

Paulus, einer der selbst bereit war sein Leben für diesen historischen Auferstehungsglauben zu lassen, weist nur wenig Jahre nach Jesu Tod darauf hin, dass seine Kritiker gerne die Augenzeugen der Auferstehung befragen dürfen, da die meisten von ihnen noch leben.

Und genau zu diesem Zeugnis fordert der Engel im Grab die 3 Frauen auf:
«Geht, sagt seinen Jüngern und dem Petrus, dass Jesus euch vorausgeht nach Galiläa. Dort werdet ihr ihn sehen, wie er euch gesagt hat.» (Mk 16,7)

In der patriarchalen Kultur damals, waren Frauen vor Gericht nicht als Zeuginnen zugelassen. Wer also eine plausible Legende über die Auferstehung verfassen will, wird sicherlich keine Frauen als Zeuginnen dieser unerhörten Tatsache wählen. Der einzige für mich plausible Grund, warum Markus uns die Story der 3 Frauen erzählt, ist der, dass sie wirklich die ersten Zeuginnen waren.
«Sie kehrten vom Grab zurück und berichteten alles den Elfen und allen andern», so berichtet uns Lukas. «… Denen aber erschienen diese Worte wie leeres Geschwätz und sie glaubten ihnen nicht.» (Lk 24,11) 

Alles dummes Zeugs, Nonsens, was die da erzählen. So war die erste Reaktion der Jünger.
Wie reagierst du? 

alles sinnlos und leeres Geschwätz?

Paulus fordert uns heraus: «Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsere Verkündigung leer[es Geschwätz] und ebenso leer auch euer Glaube.» (1Kor 15,14; ZB) Oder wie es die neue Genfer Übersetzung sagt:«Wenn Christus nicht auferstanden ist, ist es sinnlos, dass wir das Evangelium verkünden, und sinnlos dass ihr daran glaubt.» (1Kor 15,14; NGÜ)

Sinnlos und kraftlos ist alles, was ich euch da erzähle, was ihr glaubt und weshalb ihr manchmal oder immer am Sonntag hierher in die Kirche kommt, wenn es nicht wahr ist, dass Jesus von den Toten auferstanden ist.

«Wir stehen dann als falsche Zeugen da, weil wir etwas über Gott ausgesagt haben, was nicht zutrifft. Wenn Christus nicht auferstanden ist, ist euer Glaube eine Illusion; die Schuld, die ihr durch eure Sünden auf euch geladen habt, liegt dann immer noch auf euch. Und auch die, die im Glauben an Christus gestorben sind, sind dann verloren. Wenn die Hoffnung, die Christus uns gegeben hat, nicht über das Leben in der jetzigen Welt hinausreicht, sind wir bedauernswerter als alle anderen Menschen.


Doch es verhält sich ja ganz anders: Christus ist von den Toten auferstanden!» (1.Kor 15,16-20)

Dies ist die elektrisierende, ursprüngliche Botschaft des Ostermorgens: Jesus ist auferstanden! Er ist wahrhaftig auferstanden! Gottes Kraft ist von ausserhalb der Geschichte mitten in unsere Welt eingebrochen.
Hier kehrt nicht einfach ein Toter ins irdische Leben zurück, wie wir es von Lazarus (Joh 11) oder der Tochter von Jairus (Mk 5,22-43) lesen. Denn diese Personen blieben, auch wenn sie ein Wunder erlebt hatten, der Vergänglichkeit des Lebens unterworfen. 

Doch das, was mit Jesus am Ostermorgen geschah ist anders, hier steht einer auf zu einem Leben in einer völlig neuen Qualität. Er kehrt nicht ins irdische Leben zurück, sondern bringt das ewige Leben. Diese Art von Leben übersteigt unsere Erfahrungen und unser Denken kann sie nicht fassen.

Oder doch eine lebensverändernde, neue Wirklichkeit?

Wenn es stimmt, dass Jesus Christus von den Toten auferstanden ist, dann gibt es seit diesem ersten Ostermorgen eine neue Form der Wirklichkeit, eine neue Dimension von Leben – ein Leben ohne Tod, eine Welt, in der andre Gesetze gelten – die Welt Gottes. Dieses Reich Gottes ist an Ostern in unsere bekannte Lebenswelt eingebrochen. Das neue Zeitalter hat mitten im Alten begonnen.

So kam es, dass sich die Botschaft der Auferstehung innert kürzester Zeit vom sinnlosen Geschwätz zum grundlegenden Bekenntnis der Christenheit gewendet hat und einen gewaltigen Fussabdruck in der Geschichte hinterlassen hat. Sie vermag es auch unser Leben auf den Kopf zu stellen. Aber zu dieser Veränderung wird es nur kommen, wenn wir es als Wahr akzeptieren, dass sich dieser unglaubliche Tag in der Geschichte der Welt ereignet hat.

Ich möchte bloss drei Auswirkungen aufgreifen, was uns der Glaube an den auferstandenen Jesus Christus schenken will:

  1. Die Auferstehung von Jesus ist ein mächtiges Zeichen für unser Gewissen, wenn es uns anklagt. Weil Jesus lebt, sind wir von unserer Schuld befreit.

Wir haben es von Paulus gehört: «Wenn Christus nicht auferstanden ist, ist euer Glaube eine Illusion; die Schuld, die ihr durch eure Sünden auf euch geladen habt, liegt dann immer noch auf euch.» (1Kor 15,17) Doch weil Christus auferstanden ist, sind wir frei von aller Schuld. 

Wir können dies mit einer Quittung vergleichen. Gehst du in ein grosses Geschäft wie z.B. den Oberland-Märt, bezahlst du Sport- oder Haushaltsartikel womöglich im oberen Stockwerk. Wenn du danach unten, am Haupteingang, von einem Ladendetektiv angehalten wirst und der wissen will, was du da in deiner Tasche hast, ziehst du die Quittung hervor und sagst: «Bitte sehr, hier ist der Beweis, dass bereits bezahlt wurde!» 

Durch die Auferstehung Jesu hat Gott der Vergangenheit deines Lebens den Stempel «bezahlt» aufgedrückt. Die Auferstehung ist die Quittung, die Zusicherung dafür, dass Jesus deine Schuld durch sein Sterben am Kreuz bezahlt hat. Wenn Jesus auferstanden ist und du mit ihm lebst, dann kannst du den Schuld- und Schamgefühlen, die dich überfallen Paulus Worte, wie eine Quittung, entgegenhalten: «Gott, auf den ich mein ganzes Vertrauen setze, hat Jesus, meinen Herrn, von den Toten auferweckt – ihn, der wegen meiner Verfehlungen dem Tod preisgegeben wurde und dessen Auferstehung mir den Freispruch bringt.»  (Rö 4,24+25; NGÜ, Plural zu Singular geändert)

  • Die Auferstehung lässt dem Tod nicht das letzte Wort. Weil Jesus lebt, können wir befreit werden vor der Angst vor dem Tod.

Wir alle haben eine tödliche Krankheit, genannt «Leben». Deren Sterblichkeitsrate beträgt 100%. Deprimierend ist die Tatsache, dass unser Leben bald vorbei ist, egal wie blühend es gewesen sein mag. Und noch beängstigender ist der Gedanke, dass durch die unwiderstehliche Macht des Todes Menschen, die wir lieben, aus unserer Mitte gerissen werden. Jesus musste selbst diesen Weg gehen, wie es im Hebärerbrief heisst: «Weil auch er ein Mensch von Fleisch und Blut geworden ist, konnte er durch den Tod den entmachten, der mit Hilfe des Todes seine Macht ausübt, nämlich den Teufel, und konnte die, deren ganzes Leben von der Angst vor dem Tod beherrscht war, aus ihrer Sklaverei befreien.» (Hebräer 4,14+15)

Aus der Sklaverei der Angst vor dem Tod befreit zu werden heisst nicht, dass wir nicht mehr sterben müssten. Aber es heisst, dass der Tod, als Ende aller Beziehungen, uns nicht mehr trennen kann von Gotts Liebe (Vgl. Rö 8,38), weil Jesus uns zusagt: «Ich bin die Auferstehung und das Leben, wer an mich glaubt, wird leben, auch wenn er stirbt.» (Joh 11,25) Weil Jesus auferstanden ist, darfst du, wenn du mit ihm lebst, in das prophetische Spottlied einstimmen: «Das Leben hat den Tod überwunden! Tod, wo ist dein Sieg? Tod, wo bleibt nun dein Schrecken?» (1Kor 15,54f; zitiert Jes 25,8 und Hos 13,14)

  • Die Auferstehung zeigt, was auch uns erwartete. Weil Jesus lebt, sind wir zur Hoffnung befreit.

Die Auferstehung Jesu bedeutet nicht nur, dass wir eine Hoffnung für die Zukunft haben, sondern dass unsere Hoffnung aus der Zukunft kommt. «Christus ist von den Toten auferstanden! Er ist der Ersten, den Gott auferweckt hat, und seine Auferstehung gibt uns die Gewähr, dass auch die, die im Glauben an ihn gestorben sind, auferstehen werden.» (1Kor 15,20)

Jesus Auferstehung ist die Garantie unserer Auferstehung. Was sich am Ersten ereignet hat, wird sich in Zukunft an allen Folgenden ereignen: Wir werden einen neuen Leib erhalten, der an unseren irdischen Leib erinnert und doch gleichzeitig irgendwie verwandelt ist. Wir werden in eine verwandelte Welt auferstehen – in das vollendete Reich Gottes, in dem die Natur geheilt sein wird, Gewalt und Blutvergiessen der Vergangenheit angehören, und es den Alterungsprozess, Krankheit und selbst den Tod nicht mehr geben wird. Gott wird den Tod verschlingen auf ewig und alle Tränen abwischen (Vgl. Jes 25,8; Offb 21,4). Das sind die Hoffnung und der Trost der Auferstehung, von denen Paulus sagt, dass sie weit über unser jetziges Leben hinausreichen (1. Kor 15,19).

Auferstehung als Hoffnung und Zuversicht

Einer der Gründe, warum sich der christliche Auferstehungsglaube in den ersten Jahrhunderten so rasant ausbreitete und das gesamte römische Reich auf den Kopf zu stellen vermochte war, dass er Hoffnung bot inmitten der schweren Zeiten. 
Hoffnung ist in der Bibel kein vages Wunschdenken. Sie meint eine tiefe, absolut gewisse Zuversicht, die sich um ein einziges, welterschütterndes Ereignis dreht – den Tod und die Auferstehung Jesus.

Diese Hoffnung ist weder abhängig von der weltpolitischen Lage, noch der wirtschaftlichen Entwicklung, oder der allgemeinen Meinung in der Gesellschaft. Sie ist allein abhängig von Gott, weil Gott sie in unsere Herzen pflanzt, wie es Petrus sagt: «In seinem grossen Erbarmen hat Gott uns durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten ein neues Leben geschenkt. Wir sind von neuem geboren und haben jetzt eine sichere Hoffnung. … Deshalb ruhen jetzt unser Vertrauen und unsere Hoffnung auf Gott» (1.Pet 1,3.21)

Diese Hoffnung bewirkt, dass wir mit ihr alles, was uns begegnet bewältigen können. Die überwältigend grosse Kraft, mit der Gott Jesus von den Toten auferweckt hat, wirkt hier und jetzt auch in uns (Eph 1,19-20). So können wir heute schon im Licht der kommenden, neuen Schöpfung leben und mit den Liedworten von Christian Fürchtegott Gellert singen: «Jesus lebt, mit ihm auch ich – dies ist meine Zuversicht.» Amen.

VDM Barbara Pfister
Bubikon
E-Mail: barbara_pfister@gmx.ch

Barbara Pfister, geb. 1977, Pfarrerin Stellvertreterin in der ev. ref. Kirche Wetzikon (Zürich) seit September 2020. Diese Predigt wird im Ostergottesdienst vom 17. April 2022 gehalten werden. Eine Inspiration zu dieser Predigt war mir das Buch von Timothy Keller, «Hoffnung in Zeiten der Angst – wie die Auferstehung die Welt verändert», Brunnen Verlag, Giessen, 2022

Liedvorschlag:

Jesus lebt, mit ihm auch ich (reformiertes Gesangbuch der Schweiz 482) 


[1] Die Liste ist entnommen aus Peter K. Williams, glaubwürdig. Können wir den Evangelien vertrauen? Neuried: cvmd, 2020; S. 140

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