Matthäus 1, 1-17

Matthäus 1, 1-17

Ostereier an Weihnachten | Christfest II | 26.12.2022 | Mt 1, 1-17 |Sarah Bach |

Diese Predigt kann einfach auf eine Familien-taugliche Version angepasst werden, indem spielerisch ein Suchen nach den aufgeführten Personen eingebaut wird. Dies kann bspw. mithilfe einer «Ostereier-Suche» gemacht werden und die Kinder können so in die Predigt integriert werden.

Heute Morgen, an einem Weihnachtsmorgen, machen wir etwas Ungewöhnliches. Wir gehen auf Ostereier-Suche! Wir tun dies nicht, um bereits jetzt den Kommerz für den nächsten grossen Feiertag anzutreiben (die Osterhasen werden noch früh genug wieder in den Supermärkten angepriesen werden), sondern um etwas mehr über die Hauptperson der Weihnachtsgeschichte herauszufinden. Heute schauen wir auf Jesus, genauer gesagt, wir schauen auf den Stammbaum von Jesus. Und in diesem Stammbaum sind einige Ostereier versteckt. Vielleicht nicht unbedingt solche Ostereier, wie wir sie aus dem Supermarkt kennen. Ostereier, oder bekannter: «Easter Eggs», ist nämlich auch eine Bezeichnung aus der Medienwelt.[1] Dort kommt es manchmal vor, dass ein Entwicklerteam, eine Musikerin, ein Filmemacher,… eine versteckte Botschaft in ein Computerspiel, ein Musikvideo oder einen Film hineinlegt. Das kann der Namen eines Teams oder einer Person sein, ein Hinweis auf das nächste Projekt, das ansteht, ein verstecktes Level. Es gibt ganz unterschiedliche Gründe, solche «Easter Eggs» zu platzieren: es soll Wertschätzung für ein Team, das am Endprodukt gearbeitet hat, ausgedrückt werden; es soll weitere Informationen zum Produkt geben; es soll die Fangemeinde dazu animieren, genauer hinzusehen,…

Heute werden wir gemeinsam einige solcher «Easter Eggs» im Stammbaum von Jesus entdecken. Denn auch hier sind Namen von Personen (mehr oder weniger gut) versteckt, die uns helfen können, genauer zu verstehen, warum Jesus auf diese Welt gekommen ist, warum er so gekommen ist, wie er kam und was dies für unsere Lebensrealität heute bedeutet.

Man könnte über fast jeden der Namen, die hier aufgeschrieben sind, einige Worts sagen (oder ganze Predigtreihen halten), ich will mich also auf fünf solcher «Easter Eggs» beschränken.

Matthäus 1, 1-5a lesen

Hier lesen wir von Rahab, eine Frau, die in Jericho wohnte, als Jericho dem israelischen Volk zwar bereits versprochen war, aber sie noch nicht dort wohnten. Die Israeliten schicken also zwei Kundschafter nach Jericho und sie übernachten bei Rahab, die in der Bibel als eine Prostituierte beschrieben wird. Sie ist also eine Frau, die gesellschaftlich nicht ein grosses Ansehen geniesst und trotzdem wird sie zu einer zentralen Figur für die Israeliten und das, obwohl Rahab an diesem Punkt keinen Bezug zum israelischen Volk hat. Denn sie versteckt die Kundschafter vor den Wachmännern, die sie suchen und hilft den Kundschaftern zu entkommen und nimmt ihnen das Versprechen ab, dass sie und ihre Familie verschont bleiben soll, wenn die Israeliten schliesslich Jericho einnehmen.

Hier entdecken wir also eine Frau im Stammbaum von Jesus, die von aussen betrachtet viel Beurteilungen über sich ergehen lassen musste, die wohl viele nicht freiwillig in ihrem Stammbaum aufführen würden. Doch im Stammbaum von Jesus wird sie namentlich erwähnt. Sie und ihr Hintergrund werden nicht verschleiert oder schön geredet, ihr Beruf, die Art wie sie sich in Jericho als alleinstehende Frau durchgeschlagen hat und wie sie sich und ihre Familie gerettet hat, gehört zur Geschichte von Jesus dazu, denn Jesus kam nicht nur für die Perfekte. Jesus kam nicht nur für jene, die von aussen glänzen und schienen und ihr Leben im Griff haben. Jesus kam ganz besonders auch für die Ausgestossenen, die Stigmatisierten, die Unperfekten

Matthäus 1,5 lesen

Die Geschichte von Rut wird in einem eigenen biblischen Buch beschreiben, das nur von der Geschichte von der Moabiterin Rut handelt. Rut war eine Schwiegertochter der Jüdin Noomi und als ihr Mann, der Sohn von Noomi, starb, kehrte sie zusammen mit Noomi zurück nach Bethlehem, der Heimat von Noomi. Sie ist als Moabiterin dort allerdings eine Fremde. Sie trifft im Verlauf ihrer Geschichte auf Boas, den jüdischen Besitzer des Feldes, auf dem Rut arbeitet, um sich und Noomi zu ernähren. Sie kann ihn schliesslich heiraten und wird durch die Nachkommen, die sie und Boas haben, zu einer Vorfahrin von Jesus.

Mit Rut haben wir eine weitere nicht-jüdische Person, die im Stammbaum von Jesus aufgeführt wird. Sie war eine Fremde in Bethlehem, sie ist mit Noomi mitgegangen, weil sie sie als Familie erachtet hat und sie hat auch den Gott von Noomi respektiert und gesagt, er soll ihr wie ihr eigener Gott sein (Rut 1, 16). Dadurch, dass sie im Stammbaum von Jesus mit Name aufgeführt wird, haben wir einen Hinweis darauf, dass Jesus nicht nur für die Juden gekommen ist. Jesus will nicht nur dem jüdischen Volk dienen, sondern eben auch Menschen wie Rut, die bereit sind, den Gott der Juden als ihren eigenen anzuerkennen. Ihnen gilt die Gute Nachricht von Jesu, auch für sie ist Jesus damals zur Welt gekommen.

 Matthäus 1, 5b-6 lesen

Nun lesen wir hier von einem besonders bekannten Paar: David und Bathseba. Vielleicht eines der bekanntesten Paare aus der Weihnachtsgeschichte, aber nicht unbedingt wegen ihrer romantisch-kitschigen Geschichte, sondern wegen dem Drama, das ihre Geschichte umgibt. David sieht Bathseba beim Baden und holt sie zu sich. Sie wird von ihm schwanger, obwohl sie eigentlich mit Uria, einem Soldaten in der Armee von David, der gerade im Krieg dient, verheiratet ist. David versucht dies noch auf verschiedene Weisen zu vertuschen, doch schliesslich sieht er keinen anderen Ausweg und er lässt Uria absichtlich auf dem Schlachtfeld sterben. Dann heiratet er Bathseba und schliesslich wird eines ihrer Kinder, Salomo, König von Israel und die Linie geht weiter bis zu Jesus.

Keine sehr schöne, keine sehr gott-gefällige Geschichte, die hier im Stammbaum von Jesus auftaucht. Aber sie kann uns erinnern, dass Jesus eben nicht nur für die sünd-freien Menschen kam. Er kam auch für die Personen, die Fehler machen. Dass David und Bathseba zu den Vorfahren von Jesus gehören erinnert uns daran, dass wir nicht an unseren schlimmsten Fehlern beurteilt werden. Jesus kam nicht für die schuldfreien, für diejenigen, die nie sündigen in ihrem Leben. Er kam, damit diese Fehler nicht das letzte Wort in unserem Leben haben, dass wir trotz ihnen in Gemeinschaft mit Gott sein dürfen.

Matthäus 1, 6-11 lesen

Hier lesen wir im Stammbaum nun von Josia (oder: Joschija), einem Jungen, der bereits im Alter von 8 Jahren König von Juda wurde. Er wird als ein unglaublicher guter und vor allem gerechter König angesehen. Er hat sich anscheinend sehr genau an die Gesetze gehalten und er hat einige Reformen durchgeführt, nicht nur auf staatlicher, sondern auch auf kultischer Ebene. Zudem ist man heute der Überzeugung, dass unter seiner Herrschaft wohl die Arbeit an der jüdischen Bibel begonnen hat.

Wir haben hier also einen König im Stammbaum von Jesus, der als gerecht und gottesfürchtig beschrieben wird. Er hält sich an die Gesetze, er setzt sie nicht aus, wenn es ihm zum Vorteil dient. Auch Jesus wird später als gerecht und gottesfürchtig beschrieben, er hält sich an die Gesetze, wenn auch vielleicht in radikalerer Weise als Josia: Jesus führt die Gesetze ihrer Wurzel zu, der Gottes- und Nächstenliebe. Und auch Jesus wird den Kult, so wie er bis anhin bekannt war, grundlegend verändern.

Matthäus 1, 11-17 lesen

Hier möchte ich euch auf ein Osterei, ein «Easter Egg» hinweisen, das diesmal kein Namen ist, sondern eine Zahl: vierzehn.

Es ist von drei mal vierzehn Generationen die Rede, die zum Zeitpunkt der Geburt Jesu erreicht sind. Es sind Vierzehn Generationen von Abraham bis David, dann wiederum vierzehn Generationen bis zum Exil und schliesslich vierzehn Generationen bis zur Geburt von Jesus. Zahlen haben oft eine besondere, eine symbolische Bedeutung in der jüdischen Bibel.

Die Vierzehn hat vor allem eine solche Bedeutung, da sie 2x eine Sieben ist. Die Sieben steht für die vollkommene göttliche Ordnung: es gibt 7 Schöpfungstage, es werden 7 Gaben vom heiligen Geist beschrieben, die Menora hat sieben Arme,… Bei einer Vierzehn, bzw. bei mehrmaligen Vierzehn Generationen, ist die Siebner Zahl vorhanden, es soll also ausgedrückt werden, dass Jesus nicht zufällig geboren wurde, sondern, dass dies von Gott, in Gottes vollkommener göttlichen Ordnung so vorgesehen war. Jesus ist Teil des Planes von Gott und keine Zufallserscheinung.

Und dann haben wir es hier auch noch mit 3×14 zu tun. Dies Zahl «Drei» steht in der Bibel häufig für Vollständigkeit: Paulus sagt es gibt drei Haupttugenden mit Glaube, Hoffnung Liebe; Jesus aufersteht nach 3 Tagen; Gott ist ein dreieiniger Gott. Dadurch, dass die Zahl 14 dreimal vorkommt, wird gezeigt, dass nun etwas vollständig wurde, nun ist es vollendet, es ist vollbracht.

Mit Jesus wurde das Ziel erreicht, dass nun allen Menschen, egal mit welchem Hintergrund, egal ob Jüdin oder nicht, egal ob sündig oder nicht, die Gute Nachricht verkündet wird. Der Stammbaum von Jesus weist uns schon vor seinen ersten Worten, den ersten Reisen, den ersten Wundern, den ersten Gleichnissen, vor seinem Sterben und seinem Auferstehen darauf hin, dass Jesus an Weihnachten für uns alle geboren ist.

Hallelujah!

Amen.

Sarah Bach

EMK Schwarzenburg

sarah.bach@methodisten.ch

Sarah B. Bach, Jahrgang 1992, ist ordinierte Pfarrerin der Evangelisch-methodistischen Kirche Schweiz und arbeitet in Schwarzenburg. Zudem schreibt sie an der Universität Zürich ihre Doktorarbeit im Bereich der Theologischen Ethik.

[1] Für weitere Informationen: https://de.wikipedia.org/wiki/Easter_Egg

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