Matthäus 14,22-33

Matthäus 14,22-33

Letzter Sonntag nach Epiphanias | Matthäus 14,22-33 (dänische Perikopenordnung) | Von Mikkel Tode Raahauge |

So bitten wir dich, unser Gott,

beug du unseren steifen und stolzen Sinn

wie der Wind das Schilf beugt,

so dass wir dir überall folgen,

dorthin wo dein Wort uns schickt. Amen.

Ich weiß es natürlich nicht, was euch angeht, aber wenn ich in irgendeiner Weise jemandem signalisiert habe, dass ich an Gott glaube (die meisten – nicht alle, aber die meisten! – erlauben sich noch, dies anzunehmen, wenn ich ihnen erzähle, dass ich Pfarrer bin), dann kann das schnell sehr weit führen.

Das können Gespräche sein z.B. über Leben und Tod, über all das, was dazwischenkommt und das was einmal danach kommt.  Diese Gespräche können fruchtbar sein oder auch belanglos., aber das was ihnen immer gemeinsam ist, ist dies: da wird in irgendeiner Weise immer betont, dass wir keineswegs damit fertig sind, vom Gott und dem Teufel zu reden, auch wenn einige das vielleicht gerne so hätten. Und das ist ja immerhin Wasser auf die Mühlen des Pfarrers.

Etwas anderes, was sich aus der Begegnung zwischen zwei Menschen ergibt, wo der Glaube an Gott fremd ist für den einen und nicht für den anderen, das sind Fragen unterschiedlicher Art. Sehr oft beginnen sie mit einer Formulierung wie dieser: „Was meinst du denn dann dazu…? Und dann geht es gerne um Homosexualität, Frauen, den Islam oder um durchaus sehr spezielle Passagen aus dem Alten Testament, mit dessen Theologie der Frager mehr oder weniger vertraut sein kann. Aber die Fragen können auch davon handeln, wie mein Leben als Christ im Grunde anders ist als ihres, wie meine Welt aussieht, und wie ich durch das Leben gehe und was mir der Glaube bringt, den sie nicht haben.

Hin und wieder geschieht es dann nach diesen einleitenden Runden um den heißen Brei, dass die Leute fast zusammenfassend rufen: „Wie herrlich muss das sein, glauben zu können!“ – gefolgt von einer kurzen Bemerkung, dass sie das aber aus irgendeinem Grund nicht können – in der Regel ist das etwas mit der Naturwissenschaft … Und selbst wenn sie ja tatsächlich Recht haben, die Christen haben herrliche Zeiten, wie es ein einem Lied heißt, so trifft mich dennoch immer der Gedanke, dass da etwas ist, was ich nicht ordentlich erklärt habe. Dass der Glaube anders ist als viele Nicht-Gläubige (um nun der Einfachheit halber diesen unschönen und missverständlichen Ausdruck zu verwenden) sich das unmittelbar vorstellen.

Erstens ist der Glaube an Gott ja nicht als irgendeine Fähigkeit oder Qualität zu betrachten, die einige wenige Erwählte gleichsam besitzen, während das bei anderen nicht der Fall ist, so dass man sich selbst dafür loben kann oder den Glauben dazu benutzen kann, sich über andere zu erheben. Man kann nicht einfach proklamieren: „Jetzt hab‘ Ichs!“ – und dann ansonsten auf die einschlagen, die man selbst für ungläubig hält. Es gibt gewiss Leute, die das so sehen, aber dann hat man also etwas missverstanden, würde ich sagen.

Aber zweitens sind ja mein Dasein und meine Welt nicht so ganz anders als die aller möglichen anderen Leute, bloß weil ich an Gott glaube. Das zu behaupten wäre nichts anderes als ein Wahn oder eine Flucht vor der Wirklichkeit, ja ein Selbstbetrug allerschlimmster und unsympathischen Art. Denn mein Glaube ist kein Tor zu irgendeiner Parallelwelt oder alternativen Wirklichkeit – eher ganz im Gegenteil! Denn ich erfahre fast täglich – jedenfalls sehr oft! – wie mein Leben mir ganz absurd und zeitweise fast sinnlos vorkommt.  Ich erlebe eine sehr tiefe Differenz zwischen dem, was ich mir wünschen könnte für mein Leben und dem, wie es tatsächlich aussieht. Ich kenne sehr wohl das unangenehme Gefühl, dass meine bangen Ahnungen, meine Unsicherheiten und meine Schwächen sich mir in den Weg stellen, mir die Aussicht versperren und mir den Lebensmut nehmen. Und dann weiß ich, dass mein ganzes Leben, das ich doch über alles auf Erden liebe, unter dem Vorzeichen des Todes steht und dass mir diese furchterregende Realität ganz unerträglich vorkommt.

Mein Glaube kann mich vor all dem nicht verschonen. Und er kann auch nicht einen solchen leckeren rosenroten Filter über mein Dasein werfen, so dass es glanzvoll, ewig froh und harmlos erscheint, wenn es darauf ankommt. Es geht nicht um eine blauäugige und naive Einstellung zum Leben, es ist nicht die Rede von einem großen roten Alarmknopf, auf den ich bloß drücken kann, wenn der Laden brennt und es schief läuft im Leben. Nein, ganz im Gegenteil, dann gebietet mir der Glaube, dass ich gerade dieses unsichere Leben ernst nehmen soll. Es geht nicht um einen Frieden von dieser Wirklichkeit und all dem, was sie in Wirklichkeit bietet, sondern um Frieden zu dieser Wirklichkeit.

Denn der Glaube kommt aus dem Hören; das ist gewiss und wahr.  Und ich habe von einem allmächtigen und ewigen Gott gehört, der seinen Sohn hier mitten in meine Wirklichkeit gesandt hat, um Leben und Schicksal mit mir zu teilen in allen Lebenslagen. Ich habe gehört, dass er die Kranken heilte und sich der Hilflosen erbarmte. Ich habe gehört, dass er mit Zöllnern und Sündern und denen, die keiner ausstehen konnte, zu Tische saß. Ich habe gehört, dass er am dritten Tage auferstand, um meinen Tod zu überwinden und mir eine Zukunft zu eröffnen, und dass er gen Himmel fuhr, um mir einen Platz zu bereiten in seinem Reich, von wo er einst kommen wird, um mich heimzuholen zu ewigem Leben und Seligkeit.  In ihm, in Jesus Christus, dem Sohn des lebendigen Gottes, in dem mir Gott sein ewiges Wort verkündet hat, in ihm habe ich gehört, dass Gott Liebe ist. Und das macht den ganzen Unterschied aus! Denn wenn ich höre,, dass ich so einen Gott habe, dann habe ich auch wie Petrus mehr Mut, dem Befehl Gottes zu folgen, den ersten Schritt zu tun hinaus auf  unsicheren Boden, in festem Vertrauen darauf: Wenn mein Glaube versagt und der Boden unter meinen Füßen verschwindet – im Leben wie im Tode, dann ist unser Erlöser bereit, mich an die Hand zu nehmen und auf dem Abgrund zu reißen.

Und damit bin ich ja ein freier Mensch! Denn dann kann ich, mit freier Sicht auf den Himmel, meinem Leben und meiner Welt treu sein und mich all der Dinge annehmen, die ich tun soll, und all der Menschen, die mich brauchen, ohne die Furcht davor, was aus all dem werden soll. Und muss ich auch erfahren, dass Gott mich nicht von der Wirklichkeit erlösen will, so hat er mir doch verheißen, mit mir zu gehen – den ganzen Weg, in der Wirklichkeit, die die meine ist. Amen.

Pastor Mikkel Tode Raahauge

Skovshoved, DK 2930 Klampenborg

Email: mitr(at) km.dk

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