Matthäus 7,15-21

Matthäus 7,15-21

8. Sonntag nach Trinitatis | 30. Juli 2023 | Mt 7,15-21 (dänische Perikopenordnung) | Lasse Rødsgaard Lauesen |

15 Seht euch vor vor den falschen Propheten, die in Schafskleidern zu euch kommen, inwendig aber sind sie reißende Wölfe. 16 An ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. Kann man denn Trauben lesen von den Dornen oder Feigen von den Disteln? 17 So bringt jeder gute Baum gute Früchte; aber ein fauler Baum bringt schlechte Früchte. 18 Ein guter Baum kann nicht schlechte Früchte bringen und ein fauler Baum kann nicht gute Früchte bringen. 19 Jeder Baum, der nicht gute Früchte bringt, wird abgehauen und ins Feuer geworfen. 20 Darum, an ihren Früchten sollt ihr sie erkennen. 21 Es werden nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr!, in das Himmelreich kommen, sondern die den Willen tun meines Vaters im Himmel. (Lutherbibel 2017)

Es ist nur wichtig, was es ist 

 

Fuck it!

Nun bricht die Sonne hinein

Und verzaubert alles Staubkörner auf meine Tischplatte.

Es ist völlig ok. Dass man existiert.

Die Luft zittert, wenn ich deine Oberfläche berühre.

Die Worte stammen aus dem dänischen Song Es ist nur wichtig, was es ist[1]. Der Song, das Bild[2], das ihr vor euch habt, und das Evangelium, das ihr gerade gehört habt, sprechen miteinander über die Zeit hinweg, so dass sie das einfangen, was Gott uns heute sagen will. Das Bild gibt uns ein Rätsel: Wer ist eigentlich Matthäus? Nicht die moderne Frage, die wir ganz schnell stellen, wo wir tief in das Innere des Menschen gehen, um etwas Eigentliches zu sagen. Ihr sollt so gesehen nur sagen, wer von denen, die ihr sehen könnt, Matthäus ist. Dann habt ihr das Rätsel gelöst.

    Das Rätsel wurde um 1599 von dem italienischen Maler Caravaggio gestellt, der damit beauftragt worden war, ein Bild über die Berufung des Matthäus zu malen. Die Berufung findet statt nicht weit entfernt vom heutigen Evangelium in Matthäus 9,9. Caravaggio hatte nur einen Vers, von dem er ausgehen konnte, und der lautet so: Und als Jesus von dort wegging, sah er einen Menschen am Zoll sitzen, der hieß Matthäus; und er sprach zu ihm: Folge mir! Und er stand auf und folgte ihm.

   Caravaggio entscheidet sich dafür, die Szene chairoscuro, d.h. mit Licht und Schatten zu malen, er lässt das Sonnenlicht einfallen und die Staubkörner auf der Tischplatte verzaubern. Das Licht fällt auf eine Gruppe von Männern, die alle auf sich selbst zeigen, denn bin ich es, der berufen wird? Es ist deutlich, dass die Männer, bis Jesus sie unterbricht, mit lichtscheuem Tun beschäftigt gewesen sind. Jesus schert sich nicht darum, was das bedeutet, für ihn ist nur wichtig, was es ist, wer also steht auf und folgt ihm?

  Das Bild ist da, wo der Song ist:

Denn du greifst mich mit den Augen und deinem Mut.

Denn ich begegne dir dort, wo ich die Dinge mit dem Kopf fast nicht fasse.

Es verwirrt mich.

Aber der Mut kann die Wirren auflösen.

Matthäus erkennt Jesus an den Früchten und erhält Mut aus seinem Mut und folgt ihm nach. Das ist das glückliche Ende, das Caravaggio nicht malt. Ob Matthäus die Bergpredigt, dem das heutige Evangelium entnommen ist, gehört hat, wissen wir nicht. Sie ist auch an uns gerichtet und ruft zur Tat. Das Evangelium befähigt uns, die guten Früchte anderer zu lokalisieren, so dass wir einen falschen Propheten an den schlechten Früchten erkennen können. Oder ist es vielleicht hier, dass wir einhalten und danach fragen sollen, ob wir unterscheiden können, was nicht dem gleicht, was es ist?

Bislang durften wir nur dasitzen und die Früchte anderer beurteilen, aber das Evangelium lässt uns keine Ruhe. Denn es muss auch gleich erwähnen, dass nicht jeder, der Jesus den Herren nennt, in den Himmel kommt, sondern nur die, die den Willen des himmlischen Vaters tun. Da sitzen wir nun wie in Caravaggios Bild und zeigen auf uns selbst: Bin ich es? Bringe ich nun die Frucht, die man von mir erwarten kann, oder will ich nur, dass es so aussieht? Diese Angst kann nicht einmal die lutherische Verkündigung in Dänemark (und anderswo) von 487 Jahren verschwinden lassen. Denn sollen wir nicht gute Früchte tragen, und sollen wir nicht dem Ruf folgen – oder genügt es, der Sünder zu sein, dessen Lasten Jesus trägt? Das ist jedenfalls für mich eine Anfechtung, auch wenn ich Luther glaube, wenn er sagt, dass wir allein aus Glauben gerechtfertigt sind. Es wird ja etwas gefordert, wenn wir das Rätsel lösen sollen, wer Matthäus ist, dann soll sich der betreffende erheben. Und wenn wir die Propheten kennen sollen, dann sollen sie gute Früchte tragen und vielleicht am schlimmsten von allem, nur der, der den Willen des himmlischen Vaters tut, kommt in das Himmelreich.

   All das Forderungen, die dem ruf es soll also eine Antwort auf den Ruf erfolgen, die in irgendeiner Weise sichtbar ist. Selbst mein Pop-Song kann das zum Ausdruck bringen, wenn es heißt:

Fuck it.

Jetzt schließe ich dich ein.

Denn ich schmelze durch die Art, wie du Hallo sagst.

Das genügt, dass ich wieder anrufe.

Außer zweiundzwanzig Weisen, wie du selbst bist.

Der Song kann das zum Ausdruck bringen, aber antworte ich auch auf den Ruf und tue den Willen meines himmlischen Vaters? Und weiß ich überhaupt, was das über die Nächstenliebe hinaus ist, die dadurch, dass sie er Liebe gleicht, in das verwandelt wird, was es ist. Vielleicht kommen wir deshalb immer wieder in die Kirche, um immer neu gerufen zu werden.

   Zurück zu Caravaggios Bild. Wir haben es gesehen und gedacht, dass Jesus jetzt den Satz spricht, der die Lichtscheu überwindet, und dann folgt Matthäus Jesus nach für den Rest seines Lebens, ja vielleicht schreibt er ein Buch über seine Erlebnisse. So sollte es sein, aber was, wenn es so nicht ist?

Nun sind wir dort hingekommen, wo das Rätsel gelöst wird, und wo ihr wirklich etwas habt von eurer Mitgliedschaft in der evangelisch-lutherischen Kirche. Denn mein Vorschlag, wo Matthäus ist, ist der, dass er schon weggegangen ist. Jesus wird in dem Bild die Kirche, die immer für die anderen verkündigt, dass sie Jesus folgen sollen, aber auch dass die Gnade Gottes denen gilt, die zurückbleiben. Die lutherische Hoffnung ist, dass der Gerechtfertigte allein aus Glauben leben soll, dieser Satz ist der erste, und unsere Hoffnung ist selbstverständlich, dass dies auch der letzte Satz ist. Denn Glaube ist wohl auch ein Glaube daran, dass Jesus die Wahrheit ertragen kann, dass die Frucht bestenfalls nicht imponierend ist? Dass wir vielleicht sitzen bleiben, auch wenn das Wort unsere Herzen langsam schmelzen lässt. Vielleicht sollten wir das Zutrauen zu Jesus haben, dass die Frucht, die er wachsen ließ, nicht nur ein einzelnes gutes Werk war oder richtig viele gute Werke, sondern dass er gerade die Menschen so annimmt, wie sie sind, und die Wahrheit über uns erträgt. Jesus ruft uns merkwürdigerweise noch immer, auch wenn er unterscheiden kann, was ihm entspricht und was nicht. Er fordert uns ständig auf, Frucht zu tragen, und lädt uns mit ein auf die Wanderung durch das Leben, mit seiner Auffassung vom Menschen und seiner Ethik als Richtschnur. Wenn einer, so kann er eine Entschuldigung in 22 Weisen annehmen, denn es kommt ihm nicht auf das an, was etwas gleicht, wichtig ist nur, was es ist. Amen.


Fichier:Caravaggio (1571-1610) – De roeping van Matteüs (1599-1600) – Rome San Luigi dei Francesi 10-01-2011 12-07-56.png — Wikipédia (wikipedia.org)


Pastor Lasse Rødsgaard Lauesen

DK-5000 Odense

E-Mail: lrl(at)km.dk


[1] Von der dänischen Gruppe Guldimund

[2] Caravaggio: Die Berufung des Matthäus. Siehe den Link unten

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