Micha 5,1.3-4a und Lukas 2, 1-20

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Micha 5,1.3-4a und Lukas 2, 1-20

Window(s) of opportunity | Micha 5,1.3-4a und Lk. 2, 1-20 | Christvesper | 24.12.2021 | verfasst von Thomas Schlag |

Liebe Heiligabend-Gemeinde,

„Was gibt mir Halt?“, „Was ist der Sinn?“, Was soll das alles bedeuten?“, „Braucht es den christlichen Glauben noch?“ – danach fragen auch in der diesjährigen Weihnachtszeit aktuell wieder die großen weltlichen Blätter und Magazine.[1]

Und dann geben Expertinnen und Experten, Prominente und Personen des öffentlichen Lebens ihre Einschätzungen preis. Und es erhebt sich eine höchst vielfältige Heerschar unterschiedlichster verkündigter Meinungen und Orientierungsabsichten.

Es scheint, als ob die Weihnachtzeit verlässlich jedes Jahr immer wieder die wesentlichen Fragen des Lebens und vollmundige Antworten besonders deutlich ans Tageslicht hebt.

Die adventlichen Tage auf Weihnachten funktionieren offenkundig wie ein Teilchenbeschleuniger: Alle offenen Fragen, die einen das ganze Jahr über umtreiben, werden mit besonderer Energie nochmals angestoßen, als ein besonderer Lichtpunkt gebündelt und zum Vorschein gebracht.

Jetzt ist offenbar wieder einmal die Zeit gekommen, sich auf das Wesentliche zu besinnen: „Was gibt mir Halt?“, „Was ist der Sinn?“, Was soll das alles bedeuten?“, „Braucht es den christlichen Glauben noch?“ Die Weihnachtszeit entfaltet sich als besondere Gelegenheit für stimmige Antworten auf drängende Lebensfragen.

Im politischen oder wirtschaftlichen Bereich würde man hier wohl von einem „window of opportunity“ sprechen – einem „Fenster der Gelegenheit“. Demzufolge ist dann die Lösung für ein bestimmtes Problem möglich, weil einen konkreten Moment lang die Bedingungen dafür besonders gut sind. So etwa, wenn in der Verhandlung eines Konfliktes für einen überraschenden Moment Vertrauen unter den Parteien entsteht. Oder wenn plötzlich einer auf den anderen zugeht – und dann sogar zu mitternächtlicher Stunde ein gemeinsames Selfie entstehen kann. Oder wenn sich plötzlich eine Möglichkeit auftut, jetzt anders, friedlicher, versöhnlicher zu handeln, als es das Gegenüber rational gesehen jemals erwarten dürfte. Also in etwa das, was man sich für viele aktuelle politische Konflikte sozusagen als Moment der Erleuchtung wünschen würde.

Denn dann bestünde für einen Moment eine besondere Gelegenheit, die es zu ergreifen gilt. Ansonsten könnte sich dieses Fenster alsbald schon wieder schließen bzw. von einer Seite zugehauen oder gar zerstört werden. Und damit wäre die besondere Chance dann womöglich ein für alle Mal vertan.

Eröffnet die Weihnachtszeit ein solches Fenster der Gelegenheit? Um sich zu besinnen, nach Sinn zu fragen, Überraschendes zu entdecken? „Was gibt mir Halt?“, „Was ist der Sinn?“, Was soll das alles bedeuten?“, „Braucht es den christlichen Glauben noch?“

Ist das nun die besondere Zeit, in der etwas aufleuchten kann, was ansonsten das Jahr hindurch eher verborgen und dunkel ist?

Dass wir gerade in diesem Jahr allergrößte Existenzfragen haben, muss nicht eigens erwähnt werden. Und dass uns vieles von dem weit über die Weihnachtszeit hinaus umtreiben und beschäftigen und sorgen wird, ist schon jetzt leidvoll absehbar. Wir befinden uns inmitten eines geradezu babylonischen Stimmengewirrs aus politischen Absichten, rechtlichen Maßnahmen und höchst unterschiedlichen Einschätzungen dessen, was nun wirklich Sinn macht. Es geht ganz dramatisch um nicht weniger als die Frage nach Leben und Tod.

Und so verwundert es kaum, wie massiv und unversöhnlich Meinung auf Meinung, Haltung auf Haltung trifft. Das Eis gesellschaftlicher Gemeinsamkeit scheint dünn geworden zu sein und die Spaltungen sind so tiefgreifend wie lange nicht mehr.

Wenn man der Publizistin Carolin Emcke folgt, dann ist jetzt tatsächlich auch die Zeit, in der sich die Demokratie in besonderer Weise zu bewähren hat. Dies bedeutet ihr zufolge auch, um so deutlicher zu machen, wo die antidemokratischen gesellschaftsfeindlichen Kräfte sind. Oder wie sie sagt: „Eine demokratische Gesellschaft braucht die Fähigkeit zu spalten – sie muss unverhandelbare Grenzen markieren können, sie muss rationale Standards aus Gründen und Argumenten verlangen können. Sonst lässt sie diejenigen allein, die an sie glauben und die ihren Schutz brauchen.“[2]

Vielleicht kein Wunder, dass diese Intervention und Inspiration ebenfalls kurz vor Weihnachten erscheint. Und so sei nochmals gefragt: „Was gibt mir Halt?“, „Was ist der Sinn?“, Was soll das alles bedeuten?“, „Braucht es den christlichen Glauben noch?“

Die Weihnachtszeit wirft diese Fragen in ganz eigener Dynamik auf. Und sie verbinden sich eng mit dem, was uns inmitten dieser Krise gerade so intensiv und schmerzhaft und in dunkler Ahnung umtreibt und manchmal auch umwirft. Öffnet sich also am Heiligen Abend ein solches „Fenster der Gelegenheit“, um sich zu besinnen, nach Sinn zu fragen, Überraschendes zu entdecken, sich friedlich zu versöhnen?

Am heutigen Abend interveniert und inspiriert jedenfalls nicht nur die engagierte Publizistin, sondern auch ein höchst spannender biblischer Überraschungstext des Propheten Micha:

Diesen Micha kennt man von seiner geradezu visionären Friedensforderung her, „Schwerter zu Pflugscharen“ zu machen. Mitten in eigenen höchst dramatischen politischen Zeiten hatte der Prophet visionär formuliert: „Kein Volk wird gegen das andere das Schwert erheben, und sie werden fortan nicht mehr lernen, Krieg zu führen.“

Man hat das stilisierte Motiv vor Augen, in dem ein Schmid mit schwerem Hammerschlag ein scharfes Schwert zum Pflug umwandelt. Als Aufnäher aus Stoff wurde dieses Bild zu einem der zentralen Symbole der Friedensbewegung, aber auch des demokratischen Aufbruchs in der DDR in den 1980er Jahren. Wer sich mit diesem Symbol zeigte, musste mit größten Nachteilen für das eigene Leben rechnen.

Und nun hören wir am heutigen Heiligabend ein weiteres Wort von Micha, das unmittelbar mit dieser Friedensvision zu tun hat. Und dabei kündigt der Prophet ganz weihnachtlich den Ort und die Gestalt an, an dem und durch den alles neu werden soll:[3]

1 Und du, Betlehem, die du klein bist unter den tausenden Orten von Juda: Aus dir wird er hervorgehen, um Herrscher zu sein über Israel. Seine Ursprünge liegen in der Vorzeit, von Ewigkeit her. 3 Und er wird auftreten. Und mit der Kraft des Herrn wird er alle Israeliten weiden, mit der Hoheit des Namens des Herrn, seines Gottes. Und sie werden sicher wohnen. Und nun wird er groß sein bis an die Enden der Erde. 4 Und mit ihm wird der Friede kommen.

Dem politisch sensiblen und aufgeklärte Hörer sträuben sich hier eigentlich die Nackenhaare. Denn angekündigt wird auf den ersten Blick die enorme Gestalt eines neuen Herrschers. Die totale Überhöhung deutet sich scheinbar noch stärker durch dessen Herkunft und „Heilsvision einer neuen Herrschergestalt“[4] an. Dieser habe, wie Micha beschreibt, längst vor aller Zeit schon gelebt und werde auf Ewigkeit hin und bis an die Enden der Erde herrschen. Eine solche allumfassende Heilsvorstellung wirkt durchaus befremdlich.

Und doch gilt es genauer hinzusehen: Und dann zeigt sich: Dieses Prophetenwort kommt nicht mit dem Bild eines vollmächtigen Hammerschlags daher. Sondern im Gegenteil spannt sich ein weiter, friedlich gewölbter Bogen aus: von der uralten ur-ursprünglichen Friedenshoffnung Israels her auf die weihnachtliche Szenerie hin. Und zugleich hat die angekündigte Hoheit gerade keine politische Legitimation, sondern erfolgt allein und ausschließlich von Gott her.

Damit sind wir am anderen Ende des weihnachtlichen, friedlich gewölbten Bogens angekommen: Die Ankündigung des übermächtigen Friedensherrschers passt überraschend gut mit der weihnachtlichen Krippenszene zusammen. Über die Zeiten hinweg verbinden sich die großen Fragen und Hoffnungen der Menschen auf einen friedlichen Neuanfang miteinander.

Und um es gleich einmal vorwegzunehmen: Gut, dass dabei die Verhältnisse und Dimensionen wieder menschlicher werden. Bekanntermaßen beginnt diese Weihnachtsgeschichte ganz klein, überhaupt nicht pompös, schon gar nicht in einer Hauptstadt oder an einem Zentralheiligtum.[5] Sondern am denkbar uninteressantesten ländlichen Ort in Bethlehem und unter denkbar widrigen Geburtsumständen – sozusagen als ein geburtliches Gefühlsgemisch.[6]

Aber hören wir (Lk. 2, 1-9):

1 Es begab sich aber zu der Zeit, dass ein Gebot von dem Kaiser Augustus ausging, dass alle Welt geschätzt würde. 2 Und diese Schätzung war die allererste und geschah zur Zeit, da Quirinius Statthalter in Syrien war. 3 Und jedermann ging, dass er sich schätzen ließe, ein jeglicher in seine Stadt. 4 Da machte sich auf auch Josef aus Galiläa, aus der Stadt Nazareth, in das judäische Land zur Stadt Davids, die da heißt Bethlehem, darum dass er von dem Hause und Geschlechte Davids war, 5 auf dass er sich schätzen ließe mit Maria, seinem vertrauten Weibe; die war schwanger. 6 Und als sie daselbst waren, kam die Zeit, dass sie gebären sollte. 7 Und sie gebar ihren ersten Sohn und wickelte ihn in Windeln und legte ihn in eine Krippe; denn sie hatten sonst keinen Raum in der Herberge. 8 Und es waren Hirten in derselben Gegend auf dem Felde bei den Hürden, die hüteten des Nachts ihre Herde. Und des Herrn Engel trat zu ihnen, und die Klarheit des Herrn leuchtete um sie; und sie fürchteten sich sehr.

Die Weihnachtsgeschichte, die wir gehört haben, ist wie gesagt alles andere als pompös. Sie ist von höchst bedrängender Natur: Da ist Flucht und Unterkunft auf den letzten Drücker; da ist nicht Komfortzone, sondern Notbehausung. Und draußen bei den Hirten auf dem Feld ist es stockdunkle Nacht, sicher eher unheimlich als heimelig.

Diese eigenartig dramatische Nachtszene löst sich auch keineswegs gleich in Wohlgefallen auf. Sondern sie wird erst einmal immer bedrohlicher. Kein Wunder, dass es – als der Engel zu den Hirten tritt und die Klarheit des Herrn leuchtete – heißt: „Und sie fürchteten sich sehr“. Von Antworten auf die großen Fragen ist erst einmal gar keine Rede und es herrscht erkennbar Desorientierung.

Aber gerade in dieser Situation tut sich ganz überraschend ein lichtvolles Fenster auf (Lk. 2, 10-15) – und so hören wir weiter:

10 Und der Engel sprach zu ihnen: Fürchtet euch nicht! Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; 11 denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids. 12 Und das habt zum Zeichen: Ihr werdet finden das Kind in Windeln gewickelt und in einer Krippe liegen. 13 Und alsbald war da bei dem Engel die Menge der himmlischen Heerscharen, die lobten Gott und sprachen: 14 Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden bei den Menschen seines Wohlgefallens. 15 Und da die Engel von ihnen gen Himmel fuhren, sprachen die Hirten untereinander: Lasst uns nun gehen gen Bethlehem und die Geschichte sehen, die da geschehen ist, die uns der Herr kundgetan hat.

Erkennbar öffnet sich ein Fenster. Die unheimliche Nachtszene löst sich zwar nicht auf. Aber nun sind alle großen Fragen energetisch beschleunigt. Das „Gegenüber von kleinen, unscheinbaren Ursprüngen und großer Wirkung“[7] entfaltet seine besondere Dynamik. Nun findet das Suchen und Fragen im wahrsten Sinn ein Ziel, eine Richtung, eine erste Orientierung für das Weitergehen. Wir hören weiter (Lk. 2, 16-20):

16 Und sie kamen eilend und fanden beide, Maria und Josef, dazu das Kind in der Krippe liegen. 17 Da sie es aber gesehen hatten, breiteten sie das Wort aus, welches zu ihnen von diesem Kinde gesagt war. 18 Und alle, vor die es kam, wunderten sich über die Rede, die ihnen die Hirten gesagt hatten. 19 Maria aber behielt alle diese Worte und bewegte sie in ihrem Herzen. 20 Und die Hirten kehrten wieder um, priesen und lobten Gott für alles, was sie gehört und gesehen hatten, wie denn zu ihnen gesagt war.

Jetzt wird dem allgemeinen Stimmenwirrwarr und all dem Konflikthaften eine echte Gegenbotschaft entgegengestellt. Nun wird neues Licht auf die eigenen großen Fragen geworfen: „Was gibt mir Halt?“, „Was ist der Sinn?“, Was soll das alles bedeuten?“, „Braucht es den christlichen Glauben noch?“. Und die dunkle Furcht der Hirten verändert sich auf überraschende Weise zum vollmundigen Loben. Das Fenster der Gelegenheit haben sie offenbar für sich weit aufgestoßen.

Natürlich ist damit für uns das eigene Denken und Handeln nicht erledigt. Im Gegenteil geht es mit dem Heiligen Abend sozusagen erst richtig los. Diese Weihnachtsgeschichte macht die Dinge erst einmal nicht einfacher. Und doch macht es erheblichen Sinn, sich sozusagen von Bethlehem aus neu zu orientieren:

Um es einmal auf unsere gegenwärtigen Umstände „herunterzubrechen“: Der amerikanische Historiker Timothy Snyder hat angesichts der jüngsten Bedrohungen westlicher Demokratien in einem flammenden Plädoyer „gegen die Tyrannei“[8] formuliert, worauf es in diesen Zeiten ankommt:

Angesichts der Lehren aus der europäischen Geschichte formuliert er höchst bedeutsame Tugenden für die Zukunft: Drei der von ihm genannten (insgesamt zwanzig!) Lehren seien hier genannt:

  1. „Glaube an die Wahrheit“. Denn: „Die Fakten preiszugeben heißt, die Freiheit preiszugeben. Wenn nichts wahr ist, dann kann niemand die Macht kritisieren, denn es gibt keine Grundlage, von der aus man Kritik üben könnte. Wenn nichts wahr ist, dann ist alles Spektakel.“ (56)
  2. „Frage nach und überprüfe“: Das bedeutet: „Übernimm Verantwortung für das, was du mit anderen kommunizierst“ (64), denn: „Im Zeitalter des Internets sind wir alle Publizisten, und jeder von uns trägt eine private Verantwortung für das Wahrheitsempfinden der Öffentlichkeit“ (71) und schließlich:
  3. „Nimm Blickkontakt auf und unterhalte dich mit anderen“: Und Snyder führt dazu aus: „Das ist nicht nur eine Frage der Höflichkeit. Es gehört schlicht dazu, wenn man Bürger und verantwortungsvolles Mitglied einer Gesellschaft ist“ (75).

Und zusammenfassend heißt es bei ihm dann über die notwendige Grundhaltung: „Sei so mutig wie möglich“.

Aus der höchst widerständigen Botschaft Snyders kann man je für sich folgern: Die großen Lebensfragen nach Sinn sind mutig durchzubuchstabieren. Wir selbst können zu „Leuten werden“, die „für den Frieden durchlässig werden.“[9]

Das mag in den aktuellen komplexen Verhältnissen allzu unrealistisch und idealistisch erscheinen. Aber man stelle sich einmal vor, dass es dieses weihnachtliche Fenster der friedensstiftenden Gelegenheit „auf alle Zeiten hin“[10] nicht gäbe. Mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit würde uns Wesentliches fehlen.

Die weihnachtliche Friedensbotschaft bietet ganz eigene Lichtenergie für den je eigenen Energiehaushalt: Friede soll sein, Friede kann sein, Furcht darf an ihr Ende kommen, denn: „Siehe, ich verkündige euch große Freude, die allem Volk widerfahren wird; denn euch ist heute der Heiland geboren, welcher ist Christus, der Herr, in der Stadt Davids, in Bethlehem“.

Dies gilt es im wahrsten Sinn des Wortes für uns zu begreifen und zu ergreifen – gerade in diesen angstmachenden und konfliktträchtigen Zeiten. Dann wird erkennbar, dass wir mitten in dieser Weihnachtsgeschichte selbst anwesend, präsent und gefragt sind: Mit unseren Ängsten, mit unserer Hoffnung auf Frieden, mit unseren Energien und mit allen unseren menschlichen Möglichkeiten, mit unserem Widerstand gegen Tyrannei und mit unserem Mut, friedlicher miteinander weiterzuleben.

An diesem Heiligen Abend öffnet sich ein Fenster – oder besser gesagt: Jetzt öffnen sich viele Fenster: zu mir selbst, zum anderen, zu Gott hin, mitten in die Gesellschaft hinein. Weihnachtlich entsteht Raum dafür, dass unsere großen Lebensfragen ein Ziel haben und Sinn machen.[11]

Denn Gott ist in Bethlehem klein und zugleich auf Erden mächtig Mensch geworden.

Amen.


Prof. Dr. Thomas Schlag

Zürich

E-Mail: thomas.schlag@theol.uzh.ch

[1] Vgl. Stern «Was gibt uns noch Halt?», vom 16.12.2021; «Lebenssinn: Das große Warum», ZEIT-Magazin vom 15.12.2021, NZZ (Streitgespräch zwischen Thomas Schlag und Jörg Stolz) vom 24.12.2021.

[2] Carolin Emcke, Fanatiker sind’s, SZ vom 18.12.2021.

[3] So lapidar wie zentral ist hier die Einsicht: „Micha 5 ist kein Text, der von sich aus von der Geburt Jesu spricht. Er stammt aus der Zeit des babylonischen Exils. Sein Autor wusste nicht und konnte nicht wissen, was fünfhundert Jahre später geschehen wird.“, sowie im Sinn der historisch-hermeneutischen Einordnung: „Die Wahrheit dieser Verheißung liegt nicht darin, dass ihr Autor im 6. Jahrhundert v. Chr. richtig geraten hat, was ein halbes Jahrtausend später geschehen würde, sondern darin, dass sie sich als so stimmig erwies, dass man sie im Nachhinein auf Jesus Christus bezog, den von der Urgemeinde verkündigten Messias, den man in der Tradition Davids sah, der aus dem kleinen Dorf Bethlehem stammte und der der jüngste unter seinen Brüdern war“, Konrad Schmid, Das Geheimnis der Nacht, Predigtstudien für das Kirchenjahr 2021/2022, Perikopenreihe IV – Erster Halbband, Freiburg i.Br. 2021, 40.

[4] Robert Oberforcher, Das Buch Micha. Stuttgart 1995, 106.

[5] Insofern sammelt sich in der „Wahl des Ortes“ Bethlehem bei Micha zugleich seine Fundamentalkritik am sozial höchst bedenklichen Zustand Jerusalems und seiner Eliten, vgl. Helmut Utzschneider, Michas Reise in die Zeit. Studien zum Drama als Genre der prophetischen Literatur des Alten Testaments, Stuttgart 1999; wer sich rasch einen ganz anderen Überblich über das Micha-Buch verschaffen bzw. dieses z.B. mit Jugendlichen bedenken will, sei verwiesen auf die frei verfügbare Videoproduktion im Rahmen von „https://dasbibelprojekt.visiomedia.org/“, zu Micha: https://www.youtube.com/watch?v=M4xHtQQ4vik

[6] Vgl. Andrea Bieler, Gemische Gefühle. Praktisch-theologische Erkundungen, in: ThZ 74/2 (2018), 137-155.

[7] Konrad Schmid, Das Geheimnis der Nacht, Predigtstudien für das Kirchenjahr 2021/2022, Perikopenreihe IV – Erster Halbband, Freiburg i.Br. 2021, der hier zugleich von einer «Statusinversion» spricht, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass das Christentum nicht wie «wie jeder Herrscher- oder Kaiserkult» untergegangen ist, 39.

[8] Timothy Snyder: Über Tyrannei. Zwanzig Lehren für den Widerstand, München 2017.

[9] Vgl. Ralph Kunz, Großer Gott für kleine Leute, in: Göttinger Predigtmediationen 110 (2021/11), 45.

[10] Im Rekurs auf das „Zeitgemisch“ als charakteristischem Merkmal der „prophetischen Dramaturgie“ schreibt R. Kunz im Blick auf den liturgischen Anlass der Christvesper sehr schön: „wenn es im Kirchenjahr einen Kairos gibt für Eschatologie, dann ist es die Christvesper.“ und er fährt fort: „Die Christvesper ist erfüllte Prophetie – und bleibt doch offen“, Großer Gott für kleine Leute, in: Göttinger Predigtmediationen 110 (2021/11), 50f.

[11] In schöner Erweiterung zur Idee eines weihnachtlichen Resonanzraums schreibt dazu Wilhelm Gräb: «Es will ein Resonanzraum entstehen, in dem die Gemeinde, die so zahlreich und zugleich so verschieden ist wie in keinem anderen Gottesdienst, sich wieder- und zurechtfinden kann. Wozu dann die Predigt vor allem beitragen kann, das ist der Vorgang, durch den wir selbst, ein jeder, eine jede auf eigene Weise in das, was da im kleinen Bethlehem auf welt­bewegende Weise geschehen ist, einbezogen werden – im glücklichsten Fall dergestalt, dass wir schließlich, innerlich bewegt, nachsprechen und mitsingen: »Ich steh an deiner Krippen hier, o, Jesu, du mein Leben … « (EG 37,1), Das Geheimnis der Nacht, Predigtstudien für das Kirchenjahr 2021/2022, Perikopenreihe IV – Erster Halbband, Freiburg i.Br. 2021, 40.

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