Ökumenischer Schulgottesdienst zum Buss- und Bettag

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Ökumenischer Schulgottesdienst zum Buss- und Bettag

 


Göttinger Predigten im Internet
hg. von Ulrich Nembach und Johannes
Neukirch


INHALT:
Grundsätzliches zum Buß- und Bettag
Kasus: Bußtag
Folgerungen für den Schulgottesdienst
Gottesdienstablauf
Predigt über Jona 3


Ökumenischer Schulgottesdienst

am Buß- und Bettag 1999
von Pfarrer Hans Georg Babke, ARP&M, Wolfenbüttel

Erschrecken über sich selbst

Grundsätzliches zum
Buß- und Bettag

Der Prophet Jona als Beispiel einer erfolgreichen
Bußpredigt

Das Buch Jona unterscheidet sich von anderen
Prophetenbüchern darin, dass es bis auf das Drohwort in Kap. 84 (noch 40
Tage) keine Botensprüche enthält, also keine Schelt- und sonstigen
Drohworte. Vielmehr handelt es sich um eine Erzählung bzw. Legende von
einem Propheten. Wiederum im Unterschied zu anderen Prophetenerzählungen
(z.B. in 1./2. Könige) fehlen dieser Prophetenerzählung jegliche
historisch-biographischen Elemente. Offensichtlich ist auch schon der Glanz
Ninives als Hauptstadt des assyrischen Großreiches im 8. Jhdt. v.Chr.
vergangen. Bei dieser Prophetenerzählung handelt es sich ganz
offensichtlich um eine nachexilische (4. Jhdt. v.Chr.), der weisheitlichen
Literatur nahestehende Lehrerzählung (Sellin-Fohrer, Einleitung in das AT,
München 196911, S. 485 f.; von Rad, Theologie des AT, Bd. 2, München
19685, S. 301 f.)
Das Buch besteht aus zwei Teilen, die einander genau entsprechen: Jona im
Schiff (Kap. 1/2) und Jona in Ninive (Kap. 3/4). Das Gebet in Kap. 2 ist
vermutlich sekundär und entspricht vom Aufbau und vom Inhalt her der
Gattung der Psalmen. Der sekundäre Charakter ist daran zu erkennen, dass
bereits von Rettung gesprochen wird, obwohl Jona noch gar nicht gerettet ist.
Auch die Rede vom Tempel weist diesen als primären Gebetsort aus.
In den beiden symmetrischen Teilen „heben sich die Heiden aufs
vorteilhafteste von dem Propheten ab. Sie waren es, die während des
Sturmes die Initiative ergriffen und bei Jona die Unordnung gewittert
haben“, sie waren es, die Jahwe geopfert haben; „und wie erfolgreich
sind bei ihnen die Dinge in Ninive gelaufen.“ (von Rad, aaO, S. 301)
„Was er (Jona) dort (in Ninive) nach wundersamem eigenen Widerfahrnis
erlebt, ist in Israel kaum einem Propheten begegnet: Ninive tut Buße! Der
Prophet aber ist von diesem überraschenden Ergebnis seines Wirkens
völlig niedergeschlagen, so dass er mit Gott zu hadern beginnt.“
(Otto Weber, Bibelkunde des AT, Hamburg 1964, S. 284)
Die Lehre, die aus diesem Buch gezogen werden soll, lautet demnach: Der
Heilswille Gottes ist universal und gilt auch den Völkern und Heiden.
Möglicherweise drückt sich darin eine Polemik gegen das exklusive und
partikularistische Heilsbewusstsein Israels aus. Möglicherweise stellt
auch der Schluss des Buches mit einem Scheltwort an den Propheten, an den also,
der Scheltworte zu verkünden hat, eine Kritik an der
ausschließlichen Bezogenheit der frühen Propheten auf das Volk
Israel dar. „Gottes Erbarmen gilt nicht ausschließlich Israel,
sondern kann den Menschen und sogar den Tieren einer fremden und verhassten
Stadt zuteil werden, wenn dort echte Umkehr erfolgt.“ (Sellin-Fohrer, aaO,
S. 486) Die Heiden, Seeleute und Niniviten, werden in ihrer Umkehrbereitschaft
den Israeliten damit als Vorbild hingestellt.

Kasus: Bußtag

In der Confessio Augustana, der lutherischen Bekenntnisschrift
von 1530, heißt es in Artikel XII:
„Von der Buß wird gelehret, dass diejenigen, so nach der Tauf
gesündigt haben, zu aller Zeit, so sie zur Buße kommen, Vergebung
der Sunden erlangen, und ihnen die Absolution von der Kirche nicht soll
geweigert werden. Nun ist wahre rechte Buß eigentlich nichts anderes dann
Reue und Leid und Schrecken haben über die Sünde und doch daneben
Glauben an das Evangelium und die Absolution, dass die Sünde vergeben und
durch Christum Gnad erworben sei, welcher Glaub wiederum das Herz tröstet
und zufrieden machet. Darnach soll auch Besserung folgen, und dass man von
Sünden lasse;
dann dies sollen die Früchte der Buß sein wie Johannes spricht
Matth. 3.: „Wirket rechtschaffene Frucht der Buß.“
Anders als nach katholischem Verständnis ist die Buße nach
protestantischem Verständnis kein Sakrament und auch nicht mit der Beichte
verbunden. Wenngleich nach neuerem katholischen Verständnis – anders als
zur Reformationszeit, in der die Buße als opus operatum galt – die
subjektive Reue wie im evangelischen Verständnis eine „notwendige
Voraussetzung für das gültige und wirksame Zustandekommen des
Sakramentes“ ist (Karl Rahner/Herbert Vorgrimler, Kleines theologisches
Wörterbuch, Freiburg 1961, S. 38), ist der hoheitliche Spruch des
Priesters, der die Absolution erteilt und das Jurisdiktionsrecht hat,
Sündenstrafen zur Genugtuung der Sünde auszusprechen, eine weitere
notwendige Bedingung für die Wirksamkeit der Buße. Nach
evangelischem Verständnis gibt es keinen intermittierenden Einfluss
irgendeiner menschlichen Instanz. Geschichtlich stammen die Buß- und
Bettage aus dem Heidentum, insbesondere aus dem römischen Heidentum. In
besonderen Not- und Krisenzeiten wurden bei Fehlen jeglichen subjektiven
Reueempfindens von den Herrschenden besondere Sühnetage zur
Gnädigstimmung der Götter verordnet. Mit dem Eindringen des
römischen Rechts in die deutschen Länder setzten auch hier Kaiser und
Landesfürsten im Mittelalter für eben solche Krisenzeiten kasuelle
Bußtage fest. Daneben gab es die mit den Fastenzeiten des Kirchenjahres
verbundenen kirchlichen Bußtage. Nach der Reformation flössen in den
evangelischen Ländern aufgrund des landesherrlichen Kirchenregiments beide
Traditionen zusammen. Vorrangig blieb aber die Tradition der staatlich
verordneten kasuellen Bußtage insbesondere in Kriegszeiten: Das Volk als
Kollektiv sollte sich von seiner Schuld bekehren, damit das drohende kollektive
Unheil abgewendet würde. Das führte im zersplitterten Deutschland zu
einer Vielfalt von Bußtagen zu unterschiedlichen Terminen. Eine
Zusammenlegung aller Bußtage auf den einheitlichen Termin des Mittwochs
vor dem letzten Sonntag im Kirchenjahr wurde (zumindest in Norddeutschland)
erst 1893 vorgenommen.
Unter den Bedingungen eines weltanschaulich neutralen Staates (seit 1919) ist
der Bußtag ein ausschließlich kirchlicher Feiertag geworden
(freilich unter staatlichem Schutz, bis 1994 dieser staatliche Schutz zur
Finanzierung des Arbeitgeberanteils an der Pflegeversicherung beseitigt wurde).
Von seiner Tradition her und von den vorgeschlagenen gottesdienstlichen Texten
her (Propheten-Texte) geht es am Buß- und Bettag vorrangig um die
kollektive Schuld der Gesellschaft und nicht um die Schuld des einzelnen.
„Die Kirche hat vielmehr der Welt, die stets in der Gefahr ist, des
Gebotes Gottes zu vergessen, die Botschaft auszurichten, dass auch das
völkische und staatliche Leben in der Verantwortung vor Gott steht. Es
entspricht dem Willen Gottes, wenn die Sünde auch in aller
Öffentlichkeit Sünde genannt wird und die Botschaft von der ‚frohen
Befreiung aus den gottlosen Bindungen der Welt unerschrocken verkündet
wird.“ (Karl Dienst, Art. Buß- und Bettage, in: RGG3, Bd. 1, Sp.
1539-1541, hier: Sp. 1540) Der Buß- und Bettag ist also ein Anlass, an
dem die Kirche ihr öffentliches Wächteramt gegenüber der
gesellschaftlichen Schuld wahrzunehmen hat. Da gesellschaftliche Schuld immer
und zuerst die Schuld der politischen und gesellschaftlichen Einflusseliten
ist, die bestimmte Interpretationen von Situationen inaugurieren, die die
gesellschaftlichen Wertmaßstäbe beeinflussen können und
beeinflussen und gesellschaftliches Handeln bestimmen, sind diese
Einflusseliten der primäre Adressat der kirchlichen Verkündigung.
Dass der Buß- und Bettag Opfer von Finanzierungsproblemen geworden ist,
kann nur als weiterer Versuch der politisch Verantwortlichen gewertet werden,
das Religiöse in die Privatsphäre abzudrängen.

Folgerungen für den
Schulgottesdienst

  • Thematisiert werden sollte die gesellschaftliche,
    öffentliche Schuld, die an Beispielen konkret zu machen ist (z.B.
    Fremdenfeindlichkeit, das Recht der Stärkeren/Beseitigung des
    Sozialstaates, ungerechte Welthandelsstrukturen, Zerstörung von Gottes
    Schöpfung, Gewalt, Gleichgültigkeit und Unbetroffenheit angesichts
    des Leidens anderer, abnehmendes Unrechtsbewusstsein)
  • Dabei ist davon auszugehen, dass die Zuhörer/-innen bei
    diesen Themen kein Unrechtsbewusstsein haben. Reue als Schrecken angesichts der
    eigenen Sünde aber wäre zur Veränderung von Einstellungen und
    Handlungsgewohnheiten eine notwendige Bedingung. Daher muss zuallererst die
    Schuldverstrickung des einzelnen in den kollektiven Schuldzusammenhang deutlich
    gemacht werden, damit überhaupt der Wunsch nach Umkehr entstehen
    kann.
  • Ein wesentliches Problem ist in der Regel der kognitive
    Bewusstseinsvorsprung derer, die den Gottesdienst verantwortlich gestalten.
    Dieser Vorsprung bewirkt nicht selten, dass zwar die gesellschaftliche Schuld
    benannt wird, dass man sich selbst aber wegen des kognitiven Vorsprungs dieser
    Schuld enthoben sieht. Die Umkehrforderung gerät dann unter der Hand zur
    Umkehrforderung an die anderen zum eigenen Bewusstseinsstand. Kurz: der
    Gottesdienst nimmt leicht moralisierende Züge an. Das muss vermieden
    werden.
  • Dieser Gefahr kann durch den Jona-Text entgegengesteuert
    werden. Denn nicht Jona ist der Held, der den anderen sagt, wo es lang geht.
    Zwar sagt auch er den Bewohnern von Ninive deren Schuld und das von Gott
    drohende Unheil bei ausbleibender Bußfertigkeit an und wird damit zu
    einem wirksamen Instrument Gottes. Gleichzeitig ist aber auch er ein Versager,
    der mit Gott wegen dessen Barmherzigkeit hadert. Die Heiden sind hier das
    Vorbild, nicht der Prophet. Das erleichtert eine Identifikation der für
    den Gottesdienst Verantwortlichen mit dem Propheten. Die kollektive Schuld ist
    im Gottesdienst also so anzusagen, dass die für den Gottesdienst
    Verantwortlichen selbstkritisch ihr Versagen bekennen, ihre Verstrickung in die
    gesellschaftliche Schuld; dass sie über sich selbst Reue und Schrecken
    empfinden und für sich um Vergebung und Verhaltensänderung bitten und
    – so vermittelt – dann auch für die anderen. Die Frage stellt sich: Zu
    welchem öffentlichen Schuldbekenntnis sind wir bereit? Was bereitet uns
    Skrupel? Zu welcher Verhaltensänderung wollen wir uns entschließen
    und uns dabei kontrollieren lassen?
  • Vorteilhaft ist eine Beschränkung auf das 3. Kapitel des
    Jona-Buches. Der Verzicht auf die Walfisch-Geschichte enthebt uns der Pflicht,
    dieses märchenhafte Ereignis zu deuten.
  • Schließlich ist zu klären, wie denn die Schuld, in
    die wir verstrickt sind und von der wir umkehren möchten, angemessen
    dargestellt werden kann.

Gottesdienstablauf

G. Verdi: Dies irae (Michelangelo: Das Jüngste
Gericht) Einführung

„Dies irae“ – Tag des Zorns. So heißt diese
Musik aus Guiseppe Verdis Requiem. Apokalyptische Unheilsdrohung. Drohung, dass
das Weltende kommt. Und mit ihm das Jüngste Gericht, das Weltgericht
Gottes. Unheilsdrohung für die, die es sich haben gütlich gehen
lassen in der Welt zu Lasten anderer.
Das Jüngste Gericht, diesen Tag des Zorns Gottes hat auch der
Künstler Michelangelo in seinem Gemälde dargestellt.
Im Mittelpunkt der oberen Bildhälfte: Christus – nur ein Tuch
umgeschlungen, mit einem kraftvollen Körper, die rechte Hand erhoben.
Denen zu seiner Linken zugewandt. Den „Böcken“, wie es in der
Bibel heißt. Den Ungerechten, den hartnäckigen Bösen, den
fraglos Dahinlebenden. Christi Hand – zum Schlag gegen sie erhoben. Oder um sie
wegzuwerfen. Abwehrend heben einige die Hände. Andere haben einen
furchtsamen Blick. Wieder andere scheinen zu fragen: Warum ich? Ich habe doch
nichts Böses getan. Nein, sagt Jesus, Böses habt ihr nicht getan,
aber auch nichts Gutes. Ihr habt mir nichts zu essen gegeben, als ich hungrig
war, nichts zu trinken, als ich durstig war. Ihr habt mich nicht aufgenommen,
als ich ein Ausländer war, und mich nicht besucht, als ich krank und
gefangen war. Wann haben wir denn nicht geholfen?, fragen einige der zu seiner
Linken weiter ohne jedes Unrechtsbewusstsein. Und Jesus sagt:
Was ihr nicht getan habt einem unter diesen geringsten Menschen, das habt ihr
auch mir nicht getan. (Matth. 25,44)
Und unerbittlich und erbarmungslos werden die Bösen und auch die, die es
unterlassen haben, den Schwachen zu helfen, in die ewige Pein geschickt. Sie
werden durch einen Sog nach unten gezogen. Auch wenn einige noch verzweifelt
versuchen, dem Sog zu entrinnen und sich oben zu halten. Der Körper des
einen – wie ein ausgewrungenes Tuch, das nach unten fällt. Andere purzeln
am rechten Bildrand übereinander. Unentrinnbare Schwerkraft, die nach
unten zieht. Ganz unten werden die Gefallenen vom dunklen Fährmann Charon
oder gar vom Satan selbst in einem Boot gesammelt und dann mit dem Ruder aus
dem Boot zum Ort der Verdammnis getrieben.
Über dem Fährmann die Engel oder Erzengel, die den Tag des Zorns mit
der Posaune einläuten. Der Erzengel Michael hält das Buch des Lebens
mit den Namen der Auserwählten in der Hand.
Im Gegensatz zur rechten Gemäldeseite gibt es auf der linken Seite einen
unaufhaltsamen Sog nach oben. Aus der Totenwelt, aus den Gräbern werden
die Gerechten befreit, hochgezogen, manche sogar hochgerissen. Neben den Engeln
mit den Posaunen trägt ein Gerechter zwei Farbige. Darüber reichen
zwei Auserwählte einem anderen helfend die Hände. Direkt neben
Christus zu seiner Rechten seine Mutter Maria. Daneben Heilige, Johannes der
Täufer, Abraham und Abel, der von seinem Bruder getötet worden war

Musik, die Schrecken verbreitet, ein Gemälde, das Schrecken verbreitet.
Und das ganz bewusst. Damit die Hörer und Betrachter klug werden. Damit
sie aufschrecken aus ihrer Trägheit und Unbetroffenheit, aus ihrer
fraglosen Selbstverständlichkeit, in der sie leben, aus ihrer Lauheit und
Gleichgültigkeit. Damit sie so in der Welt leben, dass sie am Tag des
Zorns zu den Gerechten und Geretteten gehören und nicht zu den Verdammten.
Damit sie Buße tun, damit sie umkehren.
Dies irae – Tag des Zorns. Denkt daran, dass er kommt – dieser Tag. Das wollen
uns Musik und Gemälde sagen. Damit ihr nicht zu den Verlierern
gehört.
Aber lassen wir uns überhaupt durch solche Schreckensbilder beunruhigen
und erschrecken? Lassen wir uns aus unserer fraglosen Existenz
herausreißen? Rechnen wir noch mit dem Zorn Gottes, damit, dass wir unser
Leben verantworten müssen?
Oder: wenn schon nicht mit dem Zorn Gottes, glauben wir den Mahnungen und
Warnungen moderner Propheten: den Warnungen, dass wir in den
Industrieländern mit unserer Art zu leben, mit unserem Raubbau an Gottes
Schöpfung, mit der Ausbeutung von Rohstoffen weltweite
Flüchtlingsbewegungen hervorrufen, Verteilungskämpfe verursachen und
die notwendigen natürlichen Lebensgrundlagen zerstören? Glauben wir
daran, dass wir selbst der von uns heraufbeschworenen Apokalypse entgegengehen.
Oder leben wir mit einem unbegründeten, aber fraglosen Optimismus und
sagen: Weiter so! So schlimm wird’s schon nicht kommen?

Erfahrungen mit mir selbst

Das macht doch jede/r – ich mach
nicht mehr mit

1. Zigarettenrauch in den Toilettenräumen
2. „Goldener Oktober“
3. Rechtzeitig bremsen vor der Radarfalle
4. Lackreste in die Kanalisation
5. Müllentsorgung beim Nachbarn
Zu l. L1:
L2:
L1:
L2:
Hier stink’s wieder nach
Rauch. Ekelhaft
Na ja… hast du nie auf dem Klo geraucht?
Nein.
Aber ich. Zwei Jahre lang Mit 16 hab ich angefangen, eine Raucherecke
gab’s damals nicht. So schlimm finde ich das also nicht. Das macht doch
jede/r.
Zu2. G1:
G2:
G1:

G2:
G1:
G2:

G1:

Was für ein herrlicher Tag!
Blauer Himmel, strahlender Sonnenschein, ganz milde.
Ja, Goldener Oktober. Schade, dass der Schein trügt.
Wie meinen Sie das?
Der Wald duftet, und das bunte Laub sieht wirklich schön aus, aber jede
zweite Eiche in Niedersachsen ist geschädigt. Das sehen wir nur nicht.

Ach was!. Die Zeitungen übertreiben immer!
Die Lerche ist „Vogel des Jahres“ geworden, weil der Lerchenbestand
in Deutschland um zwanzig Prozent zurückgegangen ist
Alles Panikmache. Und wenn schon, was kann unsereins da schon
machen!?

Zu3. F1:
F2:

F1:
F2:

F1:
F2:

Pass bloß auf, wenn du von X
nach Y fährst! Da hätten sie mich gestern fast erwischt!
Du meinst die Radarkontrolle unter der Autobahnbrücke? Aber die ist doch
gar nicht zu übersehen?
Also wenn ich da nicht rechtzeitig vorher abgebremst hätte, war ich dran
gewesen.
Dämlicher hätten die ihren Wagen nicht abstellen können, man
müsste blind sein, um sich da blitzen zu lassen.
Willst du mich beleidigen? Ich bin weder blind noch haben die mich bisher je
erwischt.
Na, so war das natürlich nicht gemeint, aber letztes Jahr, weißt du
noch, als wir unterwegs nach Z waren, ein paar Kilometer hinter dem Rastplatz
„Schneller Imbiss“ wenn ich dir da nicht rechtzeitig Zeichen gegeben
hätte – so’n bisschen blind bist du vielleicht doch …
Zu 4. Hl:
H2:
Hl:
H2:
Hl:
H2:
Oh, du hast deine Fenster neu
gestrichen! Selbst gemacht?
Klar, ist doch viel billiger. Außerdem muss man da nicht wochenlang auf
Handwerker warten.
Das Blau macht sich gut. Hoffentlich hält’s auch eine Weile!
Hier an der Südseite natürlich besser als im Westen öder Norden.
Trotzdem, zehn Kilodosen hab ich verbraucht, da ist ein gelber Sack schon fast
voll.
Also, eigentlich soll man Lackreste ja nicht ins Klo schütten, und die
Dosen auch nicht in den Kunst-stoffmüll, aber für das Bisschen zur
Sondermüllstelle zu fahren, wer macht das schon? Ich jedenfalls kenne
keine/n.
Ich auch nicht.
Zu5.  B1:
B2:

B l:

B2:

B1:

Oh, Sie stellen Ihre Tonne auch mal
raus? Das sieht man selten. Immer sparsam, was?
Seit der Restabfall nicht mehr pauschal, sondern tonnenweise abgerechnet wird,
tu ich, was ich kann.
Ja, ja, wenn’s nicht so lästig wäre, würde ich auch
häufiger meine Mülltüten bis zur nächsten Bus-haltestelle
oder zu den öffentlichen Abfalleimern im Park bringen.
Es gibt ja noch mehr Möglichkeiten; den Graben beim Waldspaziergang am
Wochenende oder die Mülltonne von Familie X gegenüber; die
kümmern sich, scheint’s, gar nicht um die neue Regelung
und stellen ihre Tonne immer raus.
Ein guter Tipp, danke!. – Na, dann bis nächste Woche, an der Tonne von
Familie X …

Text von Hans Jonas „Dem bösen Ende
näher“

Auf die Frage, ob die Menschheit noch mehr Tschernobyls brauche, um sich zu
ändern, sagt Jonas:
„Die Frage ist nicht unberechtigt. Sie ist zynisch. Und die Antwort ist
auch zynisch. Vielleicht ist der Mensch ohne ernsthafte Warnschüsse und
schon sehr schmerzhafte Reaktionen der gepeinigten Natur nicht zur Vernunft zu
bringen.“

Der Prophet Amos
Die Propheten waren Mahner und Warner ihres Volks im Auftrag Gottes. Kehrt um,
riefen sie. Kehrt um zu den Geboten Gottes, den Lebensregeln zum Schutz der
Schwachen! Riefen sie. Wenn nicht, dann wird es böse mit euch enden. Dann
wird es bald aus sein mit euch.
Amos war ein solcher Prophet. Er lebte im 8. Jhdt. v. Chr. Israel erlebte
gerade eine Zeit blühenden Wohlstands. Man redete vom Standort Israel. Vor
allem die Reichgewordenen redeten davon. Der Standort Israels könne nur
erhalten werden, wenn diese lästigen Wirtschaftshindernisse beseitigt
werden. Vor allem die Sozialgesetzgebung. Lasst die Leute als Sklaven arbeiten.
Dann werden die Lohnkosten kleiner! Schafft den Sabbat ab, dann kann man rund
um die Uhr produzieren. Dann gibt es keinen Stillstand mehr! Verteuert die
Waren und zahlt den Bauern nur geringe Rohstoffpreise. Umso größer
wird unsere Gewinnspanne! Setzt Leute frei und steigert die Produktion mit
weniger Arbeitskräften. Dann steigen die Aktien. Denn wenn wir, die
Reichen, Gewinne machen, dann kommt das auch diesem Wirtschaftsstandort zugute.
Aber Amos leistet Widerstand gegen die angeblichen wirtschaftlichen
Sachzwänge. Er leistet Widerstand im Auftrag Gottes. Er greift die
Versklavung der Armen an. Weil nach den Geboten Gottes Sklaverei verboten ist.
Er geißelt Betrug und die Gewalttätigkeit gegenüber den Armen
und sozial Schwachen. Wenn ihr euch nicht ändert, wenn ihr euch nicht
erschreckt über euer Verhalten, dann wird bald ein Krieg über euch
hereinbrechen. Nur wenige werden überleben. Und die, die überleben,
werden nackt in die Gefangenschaft geführt werden. Eure Häuser werden
unbewohnbar gemacht werden. So drohte er.
Aber die Israeliten ließen sich nicht erschrecken. Sie waren entweder
wütend und beschimpften ihn als Miesmacher, Unruhestifter und Panikmacher.
Oder aber sie lachten nur: Was kann uns schon passieren? Und sie hörten
nicht auf den Propheten. Die Folge: Wenig später kam der Krieg. Israel
wurde von der assyrischen Weltmacht erobert, die Hauptstadt Samaria dem
Erdboden gleichgemacht. Ein Großteil kam um. Und die Oberschicht wurde in
die Verbannung geschickt. Dies irae – der Tag des Zorns Gottes über die,
die die Warnungen in den Wind geschla-gen hatten.

G. Verdi: Dies irae

Vorbild Ninive
Auch der Prophet Jona verkündete Unheil. Nicht den Israeliten, sondern den
Bewohnern Ninives. Ninive war einstmals die assyrische Hauptstadt am Tigris.
Noch vierzig Tage, droht er. Noch vierzig Tage, und es wird aus sein mit euch,
wenn ihr nicht umkehrt zu den Geboten Gottes. Und – völlig
überraschend – das Wunder geschah. …

Lied: Kehret um und ihr werdet leben

Predigt über Jona
3

Ich versuche, sie mir vorzustellen, die Bewohner von Ninive,
von denen es heißt: Sie zogen alle, groß und klein, den Sack zur
Buße an. Und ich habe meine Schwierigkeiten damit. Denn vermutlich waren
das keine anderen Menschen als wir. Einige von ihnen werden tatsächlich
persönliche Schuld auf sich geladen haben, Gesetze übertreten und
damit die Gemeinschaftsordnung gestört haben. Aber die meisten haben doch
wohl mehr oder weniger anständig gelebt. Sie werden ihren täglichen
Pflichten nachgekommen sein und das Leben und das Eigentum anderer Menschen
respektiert haben. Was also lässt sie so über sich selbst erschrecken
und in ihnen den dringenden Wunsch nach einer Veränderung ihrer Denk- und
Handlungsgewohnheiten wach werden. Und der Abschied von eingefahrenen Denk- und
Handlungsgewohnheiten ist immer schmerzlich. Allein die Unheilsdrohung des Jona
kann es auch nicht gewesen sein. Denn wir wissen, wie wir mit den
Unheilsdrohungen unserer Zeit umgehen: mit den Warnungen vor einer von uns
selbst heraufbeschworenen Klimakatastrophe, vor Treibhauseffekt und Ozonloch.
Wir schenken ihnen keinen Glauben. Wir ignorieren sie. Wir verdrängen sie.
Damit wir unsere Gewohnheiten nicht ändern müssen. Der Philosoph Hans
Jonas hat ganz recht: Die Warnschüsse müssen schon ganz dramatisch
sein, damit wir uns zu einer Veränderung unseres Lebensstils durchringen.

Was also ist es, das die mehr oder weniger anständigen Bewohner von Ninive
über sich selbst erschrecken ließ? – Vielleicht dies: Dass der
Prophet Jona es mit seiner Predigt geschafft hat, bei den Bewohnern von Ninive
für einen Moment den Schleier der Verblendung zu durchstoßen.
Vielleicht, dass es dem Geist Gottes gelungen ist, Herrschaft über ihren
Willen zu gewinnen.
Vielleicht hat Jona folgendes gesagt:
Ihr Bürger von Ninive! Ihr haltet euch für anständig. Dir tut
eure tägliche Pflicht. Dir zieht eure Furchen im Acker. Dir macht eure
Geschäfte, kauft und verkauft, ohne eure Kunden übers Ohr zu hauen.
Ihr geht eurer Arbeit nach und geht in die Schule. Dir seid auch nicht
übermäßig gewalttätig, wenigstens nicht in eurem
persönlichen Leben. Du- schätzt euch glücklich, in eine
Situation des Friedens hineingeboren zu sein. Die wenigsten von euch sind
wirklich reich. Aber eure Eltern und ihr habt es zu etwas Wohlstand gebracht.
Ihr haltet euch für anständig. Und doch seid ihr ein Volk von
Räubern, Gewalttätern und Totschlägern!
Habt ihr Assyrer nicht andere Völker zuerst militärisch erobert und
zu Kolonien gemacht und sie danach auch noch wirtschaftlich von euch
abhängig gemacht? Pflegt ihr nicht eure Feindbilder, der Feind Babylonien,
der Feind Irak, der Feind Islam, die Ausländer? Und seid ihr nicht sehr
schnell bereit, Strafaktionen gegen diese Feinde zu billigen? Beutet ihr nicht
die Rohstoffe der von euch unter die Knute gebrachten Völker aus und
bezahlt für diese Kostbarkeiten nur Spottpreise an die, die sie
fördern. Den Kaffee und Tee vom Schwarzen Meer, aus Mexiko und Kolumbien,
die Datteln, die Zitrusfrüchte und den Tabak eurer Nachbarn. Dir verkauft
ihnen eure teuren Geräte, damit sie die Rohstoffe noch besser, noch
wirksamer ausbeuten können. Sicherlich: Ihr gewährt diesen
Ländern dafür großzügige Kredite. Eine Weltbank habt ihr
dafür ins Leben gerufen. Aber die Kredite gebt ihr zu so hohen Zinsen,
dass die Rohstoffländer sie niemals abzahlen können. Und so
müssen sie tun, was ihr von ihnen fordert. Sie roden für euch ihre
Wälder und beseitigen damit ihre Wasserspeicher, so dass ihr Land
allmählich zur Wüste wird. Eine führende Wirtschaftsnation seid
ihr geworden. Aber das doch auch deshalb, weil ihr euch auf Kosten der anderen
Länder bereichert habt. „Globalisierung“ heißt das
Zauberwort eurer wirtschaftlichen Einflusselite. Wenn
Flüchtlingsströme aus den von euch arm gemachten Gebieten an eure
Stadttore klopfen, um sich bei euch vor dem Verhungern und Verdursten zu
retten, dann sprecht ihr zynisch von „Wirtsehaftsasylanten“ Und
schickt sie wieder weg. Wo doch Gott gesagt hat: Den Fremdling sollst du nicht
bedrücken und bedrängen. Weiter: Ihr verseucht die Flüsse und
das kostbare Grundwasser mit eurem Wohlstandsmüll, nehmt in Kauf, dass
eure Kinder und Kindeskinder vergiftet werden, und sagt: Alles hat seinen
Preis. Irgendwo muss das Zeug doch hin. Und seht euch in eurer Stadt um: die
zunehmende Zahl von Bettlern und solchen, die am Rand des Existenzminimums
leben, weil sie nicht mehr gebraucht werden, weil Maschinen billiger sind als
Arbeitskräfte und mehr Gewinn einbringen. Euer König redet vom
notwendigen „Umbau des Sozialstaates“ und meint damit doch nur dem
Abbau der notwendigen Sozialleistungen für die Leistungsschwächeren
in eurer Gesellschaft.
Privat, da seid ihr vielleicht anständige Menschen, aber eure Gesellschaft
ist krank. Euer Lebensstil ist räuberisch und gewalttätig.
Gewalttätig gegen Menschen und gewalttätig gegen die Schöpfung
Gottes. Euer Egoismus hat euch blind gemacht vor eurer gemeinschaftlichen
Gewalttätigkeit. Ihr krümmt euch in euch selbst ein. Seid mit euch
zufrieden, wenn ihr als Privatleute moralisch anständig lebt. Aber ihr
duldet die gemeinschaftliche Unmoral.
Wie? – Das seid nicht ihr? Das sind eure Politiker und die wirtschaftlich
Einflussreichen? – Natürlich sind auch sie das. Sie vor allem. Aber doch
nur, weil ihr dazu schweigt. Aber doch nur, weil ihr sie mit eurem Schweigen
bestätigt. Denn wer nicht „nein“ sagt, der sagt automatisch
Ja“. Zuweilen fordert ihr sie geradezu auf, wenn ihr ruft: Ninive den
Niniviten, Assyrien den Assyrem. Oder wenn ihr euch heimlich über
fremdenfeindliche Glatzköpfe freut. Ihr seid gemeinschaftliche Täter.
Gemeinschaftlich seid ihr gottlos und schert euch nicht um seine Gebote.
So also hat Jona zu den Leuten von Ninive geredet. Und für einen Moment
brach ihre Verblendung auf. Für einen Moment konnten sie durch sich
hindurchsehen, wer sie wirklich waren. Für einen Moment gewann der Geist
Gottes Herrschaft über sie. Und sie erschraken. Erschraken über sich
selbst. Und sie waren bereit, ihre bisherigen Denk- und Handlungsgewohnheiten
zu verändern. Sich nicht mehr von der nur um die Befriedigung der eigenen
Interessen kreisenden Vernunft bestimmen zu lassen. Sie wollten die Gewalt
gegen die Schöpfung Gottes und gegen seine Geschöpfe, die Ebenbilder
Gottes, nicht mehr zulassen. Und selbst der König wollte seine Politik
ändern. Liebe Schülerinnen und Schüler, liebe Kolleginnen und
Kollegen!
Ich habe einen Traum. Ich habe den Traum von wachen Menschen. Von uns als
wachen Menschen. Den Traum davon, dass wir fähig werden, uns über uns
selbst als gemeinschaftliche Täter zu erschrecken, dass wir fähig
werden, unser Eingekrümmtsein in uns selbst und unseren Egoismus zu
überwinden. Ich habe den Traum, dass Gott mit seinem Geist auch über
uns Herrschaft erlangt. Ich habe den Traum, dass wir Gottes Gebote lieben und
die Menschen. Ich habe den Traum, dass wir mutig werden und aufstehen.
Aufstehen, wann immer die guten Gebote Gottes verletzt werden. Ich habe den
Traum, dass es gut ausgeht mit uns und mit der Welt, in der wir leben, dass
Gott sich abwendet von seinem grimmigen Zorn und wir nicht verderben. Lasst uns
diesen Traum verwirklichen!
Amen

Lied: EG 262,1-2; 5-6 Sonne der Gerechtigkeit

Weiterführung der Erfahrungsberichte
[Eigene positive Beispiele, was „Buße“ konkret bedeuten
könnte: Einkauf von teureren fair-gehandelten Produkten, Widerstand gegen
fremdenfeindliche Äußerungen, Einsatz für den
Schuldenerlass]

Gebet: Vater unser

Segen

Lied: Herr, wir bitten: Komm und segne uns

Pfarrer Hans Georg Babke, ARP&M, Wolfenbüttel

 

de_DEDeutsch