Predigt zu 1.Kor 6,9-12.18-20

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Predigt zu 1.Kor 6,9-12.18-20

Vom guten Leben | 25.7.21 | 8. Sonntag nach Trinitatis | Predigt zu 1.Kor 6,9-12.18-20 | verfasst von Suse Günther | 

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen. AMEN

1.Kor 6,9-12.18-20

Wisst Ihr nicht, dass die Ungerechten das Reich Gottes nicht ererben werden? Lasst euch nicht irreführen. Weder Unzüchtige noch Götzendiener, Ehebrecher, Lustknaben, Knabenschänder, Diebe, Geizige, Trunkenbolde, Lästerer oder Räuber werden das Reich Gottes erben. Und solche sind einige von Euch gewesen.

Aber Ihr seid reingewaschen, ihr seid geheiligt, ihr seid gerecht geworden durch den Geist unseres Gottes.

Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber es soll mich nichts gefangen nehmen.

Oder wisst ihr nicht, dass euer Leib ein Tempel des heiligen Geistes ist, der in euch ist und den ihr von Gott habt, dass ihr euch nicht selbst gehört? Denn ihr seid teuer erkauft, darum preist Gott mit eurem Leib.

 

Gott, gib uns ein Herz für dein Wort und nun ein Wort für unser Herz. AMEN

 

Liebe Gemeinde!

Wir Deutschen sind dafür bekannt, ein strenges Regelwerk für alles Mögliche aufzustellen. Eine alte Freundin, die die deutsche Besatzung 1940 in Paris miterlebte und damals schon deutsch in der Schule lernte, hat aus dieser Zeit nur ein einziges Wort behalten: „Verboten“

Wenn wir auf das vergangene Corona-Jahr zurückblicken, erinnern wir uns unter anderem an die vielen Regeln, die immer wieder neu aufgestellt wurden und der jeweiligen Situation angepasst werden mussten. Manche haben sich daran gehalten, andere nicht. Die Diskussionen darüber, was hilfreich und sinnvoll ist, wurden täglich und teilweise erbittert geführt. Und als die Zahlen endlich besser wurden, waren die Leute wie „von der Leine gelassen“ – der Wunsch, endlich das normale, freiere Leben wieder zu haben, hat viele alle Vorsichtsmaßnahmen vergessen lassen. Wie sich die Fußball-EM und die Ferienreisen auf die Entwicklung der Krankheit auswirken wird, bleibt noch abzuwarten.

Ob die Menschen so vernünftig sein werden, die alte Maxime des Paulus, die ja längst auch als Volksweisheit bekannt ist, zu beherzigen: „Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient mir zum Guten?“

Paulus schreibt diese Worte an die Gemeinde in Korinth. Korinth ist eine Hafenstadt. Seeleute aus aller Herren Länder halten sich dort für eine kurze Zeit auf und wollen in dieser kurzen Zeit so viele Vergnügungen wie möglich erleben. Die Stadt ist ein Schmelztiegel aller möglichen Nationen und Religionen. Menschen, die sich nie wieder sehen werden, begegnen sich für kurze Zeit, man ist niemandem Rechenschaft schuldig.

 

Wenn wir das heute, nach den Coronaerfahrungen so lesen, so scheint es genau die Situation zu sein, vor der Virologen warnen. Die Situation, die Landesoberhäupter mit strengen Regeln in den Griff zu bekommen versucht haben. Regeln, an die wir uns zu halten versucht haben, weil sie uns einleuchteten. Regeln, deren Einhaltung von Ordnungsämtern überprüft wurden.

Regeln auch, gegen die sich Menschen zunehmend aggressiv aufgelehnt haben, weil sie sich nicht bevormunden lassen wollten.

 

Paulus scheint mir vor einem ähnlichen Hintergrund zu argumentieren. Es sind Regelwerke von den verschiedenen Religionen aufgestellt worden. Die Menschen scheinen sich nicht daran gehalten zu haben. Im Gegenteil. Vielleicht fühlten sie sich in ihrer persönlichen Freiheit beschränkt, in dem, was sie als Recht auf Vergnügung ansahen, wollten sich nichts mehr vorschreiben lassen. Ebenso wie heute bleibt eine solche Entscheidung nicht auf den beschränkt, der sie für sich trifft, sondern andere sind mit betroffen von dem, was Paulus da aufzählt: Prostitution und Diebstahl, Saufgelagen und Ehebruch. Seelische Verletzungen und körperliche Krankheiten sind die Folge, Paulus weiß auch so gut wie wir heute, dass beides zusammenhängt: Seele und Körper können nicht getrennt gedacht werden.

Paulus macht ganz deutlich: Das alles geht gar nicht. Aber er appelliert an die Vernunft seiner Gemeindemitglieder, in dem er nicht weitere Verbote ausspricht, die doch nichts nützen würden. Sondern indem er sagt: Seht selbst zu, dass ihr euer Leben so führt, dass es für euch und andere gut ist.

Er verurteilt nicht, schreibt die Leute nicht ab. Sondern benennt die einzige Ressource, die in seinen Augen helfen kann, einen neuen Anfang zu machen: Jesus Christus.

„Reden wir nicht weiter über Eure Sünden, Jesus hat euch reingewaschen, ein neuer Anfang ist möglich, jetzt ist die Stunde null, ergreift diese Chance und geht durch diese Tür.“

 

 

In Corona-Zeiten hat es oft nicht geholfen, an die Vernunft der Leute zu appellieren. Im Gegenteil: Eine beachtliche Zahl frommer Christen meinte, sich an nichts halten zu müssen, nach dem Motto: „Gott wird es schon richten.“

 

Wer so argumentiert, der hat Paulus allerdings nicht verstanden. Denn der sagt nicht: „Haltet euch weiter an nichts, ihr seid ja teuer erkauft, Gott wird sich schon kümmern um seine Menschen, die im so wertvoll sind“

Sondern er sagt: „Lebt in eurer Zeit verantwortlich. Da, wo ihr Fehler gemacht habt, wendet euch an Gott, der euch einen neuen Anfang ermöglicht.“

Wir werden gerade in die Verantwortung gerufen, nicht von aller Verantwortung freigesprochen.

Es geht Paulus nicht darum, den Menschen ein schlechtes Gewissen zu machen, sie abzuurteilen. Sondern im Gegenteil ihnen eine Tür zu öffnen, wenn er sagt: Ihr gehört zur Gemeinde Jesu Christi dazu. Aber weil ihr dazugehört, habt ihr auch eine Aufgabe. Verhaltet Euch so, dass Gottes guter Geist Freude daran hat, in euer Leben einzuziehen.

 

Ich bemerke bei manchen Zeitgenossen die Tendenz, sich nicht zuständig zu fühlen, nach dem Motto „das geht mich nichts an.“ Der Müll, der im Wald landet oder das Wegsehen, wenn ein anderer Hilfe braucht, ist ja nun das eine. Aber das bewusste sich nicht zuständig fühlen für die eigenen Vergehen ist dann schon eine andere Hausnummer.

 

In der vergangenen Woche machten Gerichtsprozesse Schlagzeilen, in denen mehrere Männer verurteilt wurden, die Kinder sexuell missbraucht haben in einem Ausmaß, das selbst die erfahrensten Ermittler und Richter entsetzt hat.

Ganz besonders schlimm stuften die, die damit zu tun hatten, die Tatsache ein, dass bei den Verurteilten keinerlei Schuldempfinden und Reue zu bemerken war. Kindesmissbrauch scheint eines der Vergehen gewesen zu sein, die auch in Korinth vorkamen, Paulus erwähnt es in seiner Aufzählung.

 

„Das steht mir zu, da lasse ich mir nicht reinreden“ – eine solche Haltung bemerke ich bei manchen Zeitgenossen, die genau darin ihre persönliche Freiheit sehen möchten.

Mag sein, dass diese Haltung daraus entsteht, dass man sein Leben als durch den Tod begrenzt einstuft und bis dahin alles herausholen will. Denn danach ist es ja sowieso gleichgültig.

Von so einer Haltung ist Paulus weit entfernt: Für ihn ist klar: Jesus Christus ist auferstanden, unser Leben geht mit ihm ein in die Ewigkeit.

Alles ist mir erlaubt, aber nicht alles dient zum Guten. Alles ist mir erlaubt, aber es darf mich nichts gefangen nehmen.

Ich bin frei durch Jesus Christus – warum sollte ich mich da in eine Gefangenschaft begeben, indem ich mich selbst abhängig mache?

 

„Verboten“? Ist es das, was Ihnen als erstes einfällt, wenn Sie sich Gedanken zum Thema Christentum und Religion machen?

Für mich ist genau das Gegenteil die Erfahrung, die ich mit meiner Religion und meinem Glauben verbinde: „erlaubt“.

„Zur Freiheit hat uns Christus befreit“ (Gal 5,1) schreibt Paulus an anderer Stelle. Wir bekommen eine neue Chance, eine Tür öffnet sich, der Weg geht weiter. Jesus sagt von sich selbst: „Ich bin die Tür“ (Joh.10,9). Er lädt uns sein, hier durch zu gehen. Und unser Leben wird weit.

AMEN

 

 

 

 

de_DEDeutsch