Predigt zu 1. Korinther 4, 1-5

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Predigt zu 1. Korinther 4, 1-5

3. Advent | 12. 12. 2021 | 1. Korinther 4, 1-5 | verfasst von Winfried Klotz |

4, 1 Ihr seht also, wie ihr von uns denken müsst: Wir sind Menschen, die im Dienst von Christus stehen und Gottes Geheimnisse zu verwalten haben.    2,7

2 Von Verwaltern wird verlangt, dass sie zuverlässig sind.    Lk 12,42

3 Aber für mich zählt dabei nicht, wie ich von euch oder von irgendeinem menschlichen Gericht beurteilt werde. Auch ich selbst maße mir kein Urteil an.

4 Mein Gewissen ist zwar rein, aber damit bin ich noch nicht freigesprochen, denn mein Richter ist der Herr.     Apg 24,16S

5 Urteilt also nicht vorzeitig, bevor Christus kommt, der das Verborgene ans Licht bringen und die geheimsten Gedanken enthüllen wird. Dann wird Gott das Lob austeilen, so wie jeder und jede es verdient.     3,8; Röm 2,16

Liebe Gemeinde!

Paulus im Rechtfertigungsstress, so könnte ich diesen Abschnitt überschreiben. Das klingt etwas übertrieben, aber wenn ich den vorhergehenden Abschnitt und das Folgende einbeziehe, dann ist das nicht abwegig. Paulus im Rechtfertigungsstress, von denen beurteilt und gemessen, die durch ihn und Apollos die gute Nachricht von Jesus gehört und angenommen haben.

Apollos, da fangen die Probleme schon an, wer ist der bessere Prediger von beiden? Wer von beiden hat weisheitsvoller, eindrücklicher, verständlicher gepredigt? Wer hat mehr Nähe zu den Gläubigen gehabt und war der bessere Seelsorger und Ratgeber? Wer ist der Sympathischere mit dem man sich freundschaftlich verbunden fühlt? Wem lohnt es sich also zu folgen? Sehr menschlich oder muss ich nicht sagen, eigensüchtig haben die Korinther da sortiert. Sie haben sich in Fanclubs aufgeteilt und gegeneinander agiert.

Wer ist der Bessere? Oder um gleich unsere Situation in den Gemeinden heute einzubeziehen: Wer ist die oder der Bessere? Wir betrachten diesen Abschnitt doch nicht aus historischem Interesse, sondern weil auch wir in der Wirkungsgeschichte des Evangeliums von Jesus leben als Gemeinden und Christen mit allen menschlichen Schwächen und Irrwegen. Weil auch bei uns nicht purer Sonnenschein die Kirchen und Gemeindehäuser durchflutet und alle Herzen fröhlich und dankbar macht, sondern Gerangel um Einfluss und Macht, um Sympathie und Anerkennung den gemeinsamen Weg verdunkeln. Weil auch bei uns der Dienst in Kirche und Gemeinde eher nach den Kriterien von Leistung und Erfolg beurteilt wird als nach geistlichen Kriterien.

Exkurs: Ich will das ein wenig persönlich unterlegen: Als ich nach dem Studium ins Predigerseminar kam und mich nun im Raum von Kirche und Bekenntnis wähnte, spielte das Bekenntnis überhaupt keine Rolle. Ich wurde von kirchenleitender Stelle nie nach meiner persönlichen Glaubensgeschichte gefragt, das in der Ordination abzulegende Versprechen war nicht Gegenstand eines Gesprächs. Geprüft wurden nur die Fähigkeiten in Predigt, Seelsorge und Unterricht, dazu noch ein wenig Kirchenrecht. Mein Eindruck – und das hat sich bis heute nicht geändert ist: PfarrerInnen sind Angestellte der Kirche, verpflichtet auf Schrift und Bekenntnis, die aber beliebig bleiben. Und so wird bei Auseinandersetzungen die Kirchenordnung bemüht, während geistliche Kriterien nebulös bleiben.

Geistliche Kriterien: Paulus schreibt: „Ihr seht also, wie ihr von uns denken müsst: Wir sind Menschen, die im Dienst von Christus stehen und Gottes Geheimnisse zu verwalten haben. Von Verwaltern wird verlangt, dass sie zuverlässig sind.“ (V. 1-2)

Diener Christi, Verwalter der Geheimnisse Gottes beschreibt ein enges Abhängigkeitsverhältnis nicht zu einer Kirche, sondern zu dem, der Brücke über den Abgrund all dessen ist, was uns von Gott, der Quelle des Lebens trennt, Jesus Christus. Ein Diener Christi, ein Verwalter der Geheimnisse Gottes, hat zuerst für sich selbst den Dienst Christi erfahren; ihm/ ihr ist Gottes Geheimnis eröffnet worden, nämlich Leben und Seligkeit durch den gekreuzigten Christus. (Kap. 2, 1-2) Er /sie hat die Gewissheit empfangen durch den Geist Gottes, dass Gott durch den gekreuzigten Jesus gottlose Menschen gerecht macht, heiligt und erlöst. (Kap. 1, 30) Das ist Ausgangspunkt für den Dienst für Christus; dazu kommt eine Führung in den Dienst, die Welt ein bisschen besser machen zu wollen ist noch keine Berufung in den Dienst Christi.

Das ist nach Paulus der Stand eines Dieners, einer Dienerin Christi. Treu, zuverlässig sollen Menschen sein, die Christus dienen. Sie leben in der Gegenwart des Auferstandenen und erwarten sein Kommen. Jesus hat in einem Gleichnis beschrieben, wie ein verantwortungsbewusster Diener handelt: „Wer von euch ist nun der treue und kluge Diener, dem sein Herr den Auftrag gegeben hat, die übrige Dienerschaft zu beaufsichtigen und jedem pünktlich seine Tagesration auszuteilen? Ein solcher Diener darf sich freuen, wenn der Herr zurückkehrt und ihn bei seiner Arbeit findet.“ (Mt. 24, 45-46)

Paulus im Rechtfertigungsstress, so habe ich am Anfang gesagt; eine erste Antwort an seine Kritiker liegt im Hinweis auf seine Abhängigkeit vom Herrn, dessen Diener er ist. Darin ist seine Freiheit gegenüber seinen Kritikern und ihren Beurteilungen begründet. Er schreibt dann: „Aber für mich zählt dabei nicht, wie ich von euch oder von irgendeinem menschlichen Gericht beurteilt werde. Auch ich selbst maße mir kein Urteil an. Mein Gewissen ist zwar rein, aber damit bin ich noch nicht freigesprochen, denn mein Richter ist der Herr.“ (V. 3+4) Das heißt nicht: „Ich habe mir nichts vorzuwerfen!“ wie landläufig gerne gesagt wird. Denn Paulus sieht sich, was die Kritik von Christen in Korinth betrifft, weder ihrem noch sonst einem irdischen Gericht verantwortlich, ja auch er selbst beurteilt sich nicht; „mein Richter ist der Herr“; er allein durchschaut, was die Beweggründe für ein bestimmtes Handeln sind, deshalb kann er allein das letztgültige Urteil sprechen. Deshalb die Mahnung: „Urteilt also nicht vorzeitig, bevor Christus kommt, der das Verborgene ans Licht bringen und die geheimsten Gedanken enthüllen wird. Dann wird Gott das Lob austeilen, so wie jeder und jede es verdient.“

Paulus ist doch nicht im Rechtfertigungsstress, wenn wir die Mahnung des letzten Verses betrachten; er sucht vielmehr ein Einverständnis mit seinen Kritikern, ohne sie selbst zu verurteilen. Das ist klug! Er hebt die Sache auf eine höhere Ebene, eben die des endgültigen und wahrhaftigen Gerichts, die nur dem Herrn zusteht und die nur er ausführen kann. Paulus möchte seine „Kinder“ im Glauben neu gewinnen- nicht verlieren. Sehr schön beschreiben seine Worte einige Verse später sein Verhältnis zu den Christen in Korinth: „Ich sage das nicht, um euch zu beschämen. Ich möchte euch nur auf den rechten Weg bringen. Ihr seid doch meine geliebten Kinder! Selbst wenn ihr in eurem Christenleben Tausende von Erziehenden hättet, so habt ihr doch nicht eine Vielzahl von Vätern. Als ich euch die Gute Nachricht brachte, habe ich euch gezeugt als Menschen, die zu Jesus Christus gehören, und bin so euer Vater geworden. Darum bitte ich euch: Nehmt mich zum Vorbild!“ (Kap. 4, 14-16)

Wer beauftragt ist, die gute Nachricht von Jesus weiterzusagen soll sich Paulus zum Vorbild nehmen. Es geht bei diesem Dienst nicht um Propaganda, nicht darum, eine Wahrheit einzupeitschen, sondern mit großer Geduld und Liebe Menschen eine befreiende Botschaft bringen, mit ihnen gehen, ihnen nachgehen, sie anhören, Zurückweisung und Kritik ertragen. Ein Diener, eine Dienerin Christi muss leidensbereit sein; viel Gebet und manchmal auch Tränen gehören dazu.

Schließlich: wer danach strebt, von allen anerkannt zu werden, muss aufpassen, dass er oder sie die Anerkennung durch den Herrn nicht verliert. Amen.

Winfried Klotz, Pfr. i. R. Bad König, Odenwald

winfried.klotz@web.de

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