2. Mose 32,1-6.15-20

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2. Mose 32,1-6.15-20

Das goldene Stierbild | 02.03.22 | Ex 32,1-6.15-20 | Winfried Klotz |

32, 1 Als aber das Volk sah, dass Mose ausblieb und nicht wieder von dem Berge zurückkam, sammelte es sich gegen Aaron und sprach zu ihm: Auf, mach uns einen Gott, der vor uns hergehe! Denn wir wissen nicht, was diesem Mann Mose widerfahren ist, der uns aus Ägyptenland geführt hat. (1-24) [5.Mose 9,8-21]

2 Aaron sprach zu ihnen: Reißt ab die goldenen Ohrringe an den Ohren eurer Frauen, eurer Söhne und eurer Töchter und bringt sie zu mir. 3 Da riss alles Volk sich die goldenen Ohrringe von den Ohren und brachte sie zu Aaron. 4 Und er nahm sie von ihren Händen und bildete das Gold in einer Form und machte ein gegossenes Kalb. Und sie sprachen: Das ist dein Gott, Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat! [1. Kön 12,28; Ps 106,19-20; Apg 7,41] 5 Als das Aaron sah, baute er einen Altar vor ihm und ließ ausrufen und sprach: Morgen ist des HERRN Fest. 6 Und sie standen früh am Morgen auf und opferten Brandopfer und brachten dazu Dankopfer dar. Danach setzte sich das Volk, um zu essen und zu trinken, und sie standen auf, um ihre Lust zu treiben. [1.Kor 10,7]

15 Mose wandte sich und stieg vom Berge und hatte die zwei Tafeln des Gesetzes in seiner Hand; die waren beschrieben auf beiden Seiten. 16 Und Gott hatte sie selbst gemacht und selber die Schrift eingegraben. [Kap 31,18] 17 Als nun Josua das Geschrei des Volks hörte, sprach er zu Mose: Es ist ein Kriegsgeschrei im Lager. 18 Er antwortete: Es ist kein Geschrei wie bei einem Sieg und es ist kein Geschrei wie bei einer Niederlage, ich höre Geschrei wie beim Tanz. 19 Als Mose aber nahe zum Lager kam und das Kalb und das Tanzen sah, entbrannte sein Zorn und er warf die Tafeln aus der Hand und zerbrach sie unten am Berge. 20 und nahm das Kalb, das sie gemacht hatten, und ließ es im Feuer zerschmelzen und zermalmte es zu Pulver und streute es aufs Wasser und gab’s den Israeliten zu trinken.

Vorbemerkung:

Aschermittwoch – Beginn der Fastenzeit; im Blick ist weniger das äußere Fasten- auch das kann Sinn machen- sondern viel mehr ein Fasten, wie es z. B. in Jesaja 58 angesprochen ist:

„Nein, ein Fasten, wie ich es haben will, sieht anders aus! Löst die Fesseln der Gefangenen, nehmt das drückende Joch von ihrem Hals, gebt den Misshandelten die Freiheit und macht jeder Unterdrückung ein Ende! Ladet die Hungernden an euren Tisch, nehmt die Obdachlosen in euer Haus auf, gebt denen, die in Lumpen herumlaufen, etwas zum Anziehen und helft allen in eurem Volk, die Hilfe brauchen!“ (V. 6+7)

Die Hinwendung zu Gott soll zu echter Liebe zu unseren Mitmenschen führen! Ein Gottesdienst, der Gott gefällt, führt zu Gerechtigkeit und Frieden; wenn nicht, ist Gottesdienst ein Ärgernis für Gott und ein Schaden für die Menschen! (Amos 5, 21-24)

Aschermittwoch- wie lebe ich vor Gott und wie mit meinen Mitmenschen? Dazu ist uns heute ein Abschnitt aus dem 2. Buch Mose gegeben, die Geschichte vom goldenen Stierbild.

Verlesung des Textes

Vom „Tanz ums goldene Kalb“ reden wir sprichwörtlich, wenn wir jemandes Fixierung auf Besitz, Geld und Gut kritisch betrachten. Irgendein Besitz wird zum Gott- Götzen, zu einem Lebensinhalt, von dem alles abhängt. Manchmal ist das auch eine Beziehung, wird ein Mensch zum Idol; ohne ihn ist das Leben sinnlos, ohne Halt, ohne Schutz, ohne Erfüllung.

Wenn das durch die Wüste wandernde Volk Israel von Aaron fordert, „auf, mach uns einen Gott, der vor uns hergeht“, dann geht es aber in den Augen des Volkes nicht um Götzendienst, nicht um eine gleichsam göttliche Verehrung von irdischen Dingen, sondern es geht ihnen um Gott, Israels Gott. Sie sehen sich verlassen, Mose ist auf den Berg gestiegen zum Gespräch mit Gott und lange ausgeblieben. „Wir wissen nicht, was diesem Mann Mose widerfahren ist, der uns aus Ägyptenland geführt hat“, sagen sie. Mose, personales Bindeglied zu Gott, fehlt und muss ersetzt werden. Die Situation auf dem Weg durch die Wüste ist zu gefährlich als dass man darauf verzichten könnte, Gott bei sich zu haben. Kurz: das Volk sagt zu Aaron: Wir brauchen Gott in unserer Mitte, deshalb mach uns ein Zeichen für seine Gegenwart bei uns! Denn nichts anderes ist ein solches Stierbild, Platzhalter, Thron für einen mächtigen Gott.

Und so macht Aaron ein Stierbild, oder wie es abschätzig vom Verfasser unseres Abschnittes genannt wird, ein goldenes Kalb. Oft bestanden solche Kultbilder aus einem mit Goldblech überzogenen Holzkern; hier ist die Rede davon, dass Aaron ein Gussbild anfertigt. Dazu spenden die Israeliten großzügig ihren Goldschmuck; das fällt ihnen offensichtlich nicht schwer. Und damit eine ganze Sache draus wird, lässt Aaron auch noch einen Opferaltar bauen und kündigt an: „Morgen ist des HERRN Fest!“ Wer die Lutherbibel vor Augen hat sieht, hier steht der Gottesname; es geht bei diesem Fest offensichtlich darum, Israels Gott anzubeten und zu verehren! Also kein Abfall von Gott zu einem Götzen in den Augen der Israeliten und Aarons, Moses Stellvertreter. Der Erzähler unseres Bibelwortes dagegen hält es für Abfall von Gott.

Israel feiert ein großes Fest zu Ehren Gottes; es bejubelt den Gott, den das Stierbild repräsentiert: „Das ist dein Gott Israel, der dich aus Ägyptenland geführt hat!“ so rufen sie aus. In üblicher Weise feiern sie Gottesdienst mit Opfern, Essen und Trinken, mit Gesang und Tanz. Jedenfalls kann man vermuten, dass das gemeint ist, wenn es heißt „um ihre Lust zu treiben“. Wer braucht nicht auf einer langen Wanderung durch die Wüste Zeiten der Entspannung, um Sorgen und Druck zu vergessen? Aber es schwingt noch etwas anderes mit: hier läuft etwas aus dem Ruder! Da klingt vermutlich die Erfahrung des Erzählers an; wo Gott ergänzt wird durch ein Abbild, da sind aus der heidnischen Umwelt bekannte Ausschweifungen nicht weit.

Geht uns das alles etwas an?

Noch einmal: Mose, das personale Bindeglied zu Gott, bleibt lange weg, das Volk sucht Führung und Sicherheit auf dem Weg durch die Wüste, es braucht Gott; um Gott zu gewährleisten wird er in ein Bild gefasst, ist das nicht verständlich- entschuldbar?

Dann kehrt Mose zurück von seiner Konferenz mit Gott, in den Händen die zwei Tafeln des Gesetzes; Josua hört ein Geschrei im Lager und meint, es werde gekämpft, aber Mose weiß es besser: das ist Geschrei wie beim Tanz! Mose sieht das „Kalb“, das Tanzen, zerbricht voller Zorn die Tafeln, zermalmt das Gold des Stierbildes zu Pulver, gibt es ins Wasser und lässt es das Volk trinken. Der dabei gesprochene Fluch, etwa so: ‚Gott strafe alle, die verantwortlich sind für den Abfall von ihm‘, wird nicht berichtet. (vgl. 4. Mose 5- Fluchwasser) Warum diese heftige Reaktion? Moses Handeln bedeutet: Ihr habt den Bund mit Gott gebrochen und schwere Schuld auf euch geladen! Ausgesprochen wird die Schuld in der zweimal berichteten Fürbitte Moses für das Volk: „Das Volk hat eine große Sünde getan, sie haben sich einen Gott von Gold gemacht. Vergib ihnen doch ihre Sünde!“ (V. 31-32a)

Erinnern wir uns an die zehn Gebote; das zweite Gebot sagt: „Du sollst dir kein Gottesbild machen und keine Darstellung von irgendetwas am Himmel droben, auf der Erde unten oder im Wasser unter der Erde. Du sollst dich nicht vor anderen Göttern niederwerfen und dich nicht verpflichten, ihnen zu dienen. (2. Mose 20, 4-5a- Einheitsübersetzung) Da geht es nicht um die Ablehnung künstlerischer Darstellung, sondern darum, den Versuch, sich Gott verfügbar zu machen, zu verwerfen. Wer sich ein Gottesbild macht will Gott ins Irdische bannen und sich so Schutz und Segen sichern. Geschieht etwas Ähnliches nicht da, wo jemand sich einen Talisman um den Hals oder ins Auto hängt? Vergleichbar mit „Mitbringseln“ von heiligen Orten, die als Segensspender dienen sollen. Eine Gottesbeziehung, die nicht auf den vertrauenden Glauben gegründet ist, muss sich Gott zum verfügbaren Objekt machen! Ich denke, genau das war der Irrweg derer, die von Aaron forderten: Mach uns einen Gott, der vor uns hergeht!

Wie steht es bei uns? Für uns ist Jesus das personale Bindeglied zu Gott. Leben wir als Christen und Christinnen durch ihn im vertrauenden Glauben an Gott, oder haben wir uns Hilfsmittel gemacht, damit Gott uns gewiss wird? Bei Paulus im Galaterbrief geht der Kampf um „Christus plus Gesetz“. Unser Bibelwort ermahnt uns dazu, mit ganzem Herzen auf Gott zu vertrauen, der uns durch Jesus Christus mit sich verbindet. ER macht uns durch seinen Geist im Herzen gewiss, dass wir seine Kinder sind, bei ihm geborgen und von ihm geführt auch auf den Wüstenwegen unseres Lebens. Amen

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Nachbemerkung: Ich schreibe diese Predigt in den Tagen des Angriffs Russlands gegen die Ukraine; ich nehme diese bedrückende Situation in der Predigt nicht auf. Sie sollte aber im Gottesdienst vorkommen, vor allem im Gebet.

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Liedvorschläge (Ich nenne nur neuere Lieder aus dem Beiheft zum Ev. Gesangbuch für die EKHN; weitere Lieder und liturgische Hinweise finden sich unter https://www.daskirchenjahr.de/tag.php?name=aschermittwoch&zeit=Fasten&typ=lieder): Meine Hoffnung und meine Freude (Taizé) EG+ 109; Ich glaube an Gott, den Vater (A. Frey) EG+51; Wir sind hier zusammen in Jesu Namen, EG +43; Thy word is a lamp unto my feet (Amy Grant) EG+ 114.

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Winfried Klotz, 1952 geboren, Pfr. i. R. Bad König/Odenwald, verh., 3 erwachsene Kinder

winfried.klotz@web.de

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