Predigt zu Haggai 2,-3-9

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Predigt zu Haggai 2,-3-9

„Zeugen der Hoffnung“ | Haggai 2,-3-9; Johannes 15,26-16,4 (dänische Perikopenordnung) | verfasst von Marianne Christiansen |

”Wir? Sind wir es plötzlich, die etwas tun sollen? Und warum spricht er in der Vergangenheit? Sind wir nun uns selbst überlassen?“ Vielleicht starren die Jünger in ihre Teller, fummeln etwas mit der Gabel und kratzen am Tischtuch. Es ist der letzte Abend vor dem Tod Jesu, das ist ihnen allmählich klar geworden. Denn sie haben lange von Abschied geredet und von Liebe. Er hat gesagt: „Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch. Bleibt in meiner Liebe, so wie ich meines Vaters Gebote gehalten habe und bleibe in seiner Liebe. Das habe ich euch gesagt, auf dass meine Freude in euch sei, und eure Freude vollkommen werde“.

Das ist schön, fast ein vollkommener Kreislauf von Liebe. Aber jetzt ist es, als öffne er die Tür weit: „Ihr sollt wissen: Ihr sollt nicht mehr hier am Tisch sitzen bleiben, erfüllt von wehmütiger Liebe zu dem, was war, und denen, die ihr seid – sondern ihr sollt hinaus zu dem, was kommt, und zu denen, die ihr sein werdet. Und das wird nicht unbedingt lustig, aber das, was ihr empfangen habt, sollt ihr weitergeben, denn die Welt braucht es. Ihr sollt die Liebe Gottes weitergeben, die ich euch gezeigt und gegeben habe.“

Ja, aber was nun! Wie konnte das passieren, dass der Flaschenhals auf uns zeigt und dass es plötzlich durch die offene Tür zieht? So kann sich das anfühlen, wo immer wir es hören und von denselben Worten Jesu getroffen werden, wie die ersten Jünger: „Ihr sollt meine Zeugen sein, denn ihr wart mit mir von Anfang an“.

Vielen Zeugen hat es das Leben gekostet – und kostet es noch immer, von Jesus zu zeugen. Aber ohne mutige Zeugen hätten wie nie von ihm gehört. Und nun sind wir sogar in dem Teil der Kirche, wo viele von uns das Glück haben, als kleine Kinder getauft worden zu sein, so dass wir seine Jünger geworden sind noch ehe wir reden oder etwas tun konnten. Wir sind sozusagen von Anfang an, unserem eigenen Beginn, Jesus gefolgt.

Was sollen wir tun?

Sind wir Ritter des Glaubens, unermüdliche Vorkämpfer der Liebe in einer Welt, die unter Missbrauch und Unterdrückung leidet? Suchen wir das Reich Gottes, die Gerechtigkeit und den Frieden und die Freude für alle? Sind das die Ziele unseres Lebens und Tuns?

Naja. Es könnte besser sein. Oft genug sind wir nur mit uns selbst beschäftigt.

Und dennoch ergeht der Ruf an uns ganz eindeutig und einfach: Ihr sollt Zeugen sein – als die, die ihr seid, mit dem, was ihr könnt!

Wenn wir uns Christen nennen – also Leute, die Christus verbunden sind, dann haben wir eine Geschichte, die wir weitergeben müssen. Wir können von einem Menschen erzählen, der sein Leben der Barmherzigkeit widmete, der Heilung, Vergebung und Wiederaufrichtung für die Ausgestoßenen, der zusammen mit Verbrechern als ein verdammter Gotteslästerer starb und dennoch auferstand, so dass sein Wort und seine Geschichte noch immer behaupten, dass dies Gottes Wille ist.

Wir haben eine Geschichte, ein Evangelium, das wir weitergeben und allen anbieten sollen, die es hören wollen. Und wir haben ein Zeugnis, ein Zeugnis von dem, was das für uns bedeutet: Wie leben, handeln und reden wir, wenn wir glauben und hoffen, dass das, was wir in Jesus sehen, der Sinn des Lebens ist?

Was bedeutet es, dass Gott Mensch wurde und zusammen mit den Elenden gestorben ist und von den Toten auferstand? Das lässt sich nicht endgültig in noch vielen Predigten sagen. Das muss in unserem leben seinen Ausdruck finden und im Gottesdienst eingeübt werden. Wie sieht Barmherzigkeit aus in der Wirklichkeit? Wie lebt man im Lichte der Menschlichkeit Gottes, so dass wir einen Blick bekommen für die Menschlichkeit in uns selbst und in einander?

Darauf sollen wir eine Antwort geben, das sollen wir bezeugen, wir, die wir Hände und Mund und Herzen und Gehirn gemeinsam haben mit allen anderen Menschen auf der Erde und das Menschsein mit ihnen teilen wie mit Jesus.

Und ehe wir nun gleichgültig werden und aufgeben, weil uns das zu viel ist, oder daran verzweifeln, dass wir zu egoistisch und beschäftigt und bequem sind und deshalb nie ordentliche Zeugen werden – so sollten wir lieber auf den Menschen mitten am Tisch wieder hören:

„Wenn aber er Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir. Und auch ihr legt Zeugnis ab.“ Ja, das sollen wir, aber auch der Tröster, der Heilige Geist. Jesus gibt uns die Hoffnung, ja eine Verheißung, dass da anderes und andere in der Welt sind als wir, die das Evangelium weitergeben, wenn wir es nicht vermögen. So gut wir es können, sollen wir weiterhin erzählen und uns erinnern, Gottesdienst halten und nie die Hoffnung fahren lassen, dass der Heilige Geist unsere Worte zum Leben erweckt und unser Tun mit Liebe erfüllt, so dass sie Jesus bezeugen. Aber der Heilige Geist ist auch Zeuge für uns. Deshalb sollen wir auf den Heiligen Geist bei anderen Menschen und an anderen Orten hören. Der Heilige Geist kommt mit etwas anderem als dem, was wir uns selbst sagen können. Der Geist der Wahrheit zeugt von Jesus. Er weist überall darauf hin, dass Gott Mensch wurde und im Elend und der Not der Welt gegenwärtig ist. Er zeugt davon, dass Gottes Wille Erlösung, Trost und Aufrichtung für alle Menschen ist Not ist.

Wir müssen immer darum bitten, dass uns Offenheit und Phantasie geschenkt wird, das zu sehen. Alles, was der Menschlichkeit dient, ist Zeugnis des Geistes von Jesus.

Es ist immer schwer, auf andere zu hören als sich selbst, aber dazu ruft uns der Geist der Wahrheit. Und er ruft uns dazu, die Sehnsucht nach dem fahren zu lassen, was war, und stattdessen auf das zu hoffen, was kommen wird.

Davon schreibt der Prophet Haggai. Er erzählt vom Wiederaufbau des Tempels in Jerusalem auf den Ruinen des alten Tempels, aber wir können die Worte immer auch auf die Ruinen unseres Lebens und unserer Zeit beziehen:

Wer aber unter euch ist noch übrig,

der dies Haus in seiner früheren Herrlichkeit gesehen hat?

Und wie seht ihr’s nun?

Sieht es nicht wie nichts aus?

Aber nun, sei getrost,

spricht der Herr,

alles Volk im Lande, spricht der Herr,

und arbeitet!

Denn ich bin mit euch,

spricht der Herr Zebaoth –

nach dem Wort, das ich euch zusagte,

als ihr aus Ägypten zogt –

und mein Geist soll unter euch bleiben,

fürchtet euch nicht!

 

Es soll die Herrlichkeit

Dieses neuen Hauses größer werden,

als die des ersten gewesen ist,

spricht der Herr Zebaoth,

und ich will Frieden geben an dieser Stätte,

spricht der Herr Zebaoth.

 

Friede. Mit diesem Frieden werden wir aus dem Gottesdienst entlassen, von dem Gespräch am Tisch hinaus in die Welt – als Zeugen der Hoffnung in Jesus Christus für alle. Macht euch am die Arbeit, denn ich bin mit euch, sagt der Herr Zebaoth. Amen.

 

 

Bischöfin Marianne Christiansen

Ribe Landevej 37
6100 Haderslev

Email: mch(at)km.dk

 

 

 

 

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