Predigt zu Jesaja 65,17-24

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Predigt zu Jesaja 65,17-24

Ewigkeit – das Ende aller Gräber | Ewigkeitssonntag | 21.11.’21 | Predigt zu Jesaja 65,17-24 | verfasst von Pfarrer Andreas Schwarz |

So spricht der Herr:

17 Denn siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. 18 Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich erschaffe Jerusalem zur Wonne und sein Volk zur Freude, 19 und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk. Man soll in ihm nicht mehr hören die Stimme des Weinens noch die Stimme des Klagens. 20 Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen, sondern als Knabe gilt, wer hundert Jahre alt stirbt, und wer die hundert Jahre nicht erreicht, gilt als verflucht. 21 Sie werden Häuser bauen und bewohnen, sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen. 22 Sie sollen nicht bauen, was ein anderer bewohne, und nicht pflanzen, was ein anderer esse. Denn die Tage meines Volks werden sein wie die Tage eines Baumes, und ihrer Hände Werk werden meine Auserwählten genießen. 23 Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des HERRN, und ihre Nachkommen sind bei ihnen. 24 Und es soll geschehen: Ehe sie rufen, will ich antworten; wenn sie noch reden, will ich hören.

Herr, gib uns ein Herz für dein Wort und ein Wort für unser Herz. Amen.

Über den Friedhof zu gehen, legt ganz unterschiedliche Gefühle frei.

Es ist der Ort der Verstorbenen.

Viele Erinnerungen liegen dort begraben.

Auch Enttäuschungen und geplatzte Hoffnungen.

Viele Tränen wurden dort geweint.

Viele Fragen gestellt und nicht beantwortet.

Ein schmerzhafter Ort.

Aber andererseits geht eine Ruhe von ihm aus.

Viele lebendige Bäume und Sträucher.

Gepflegt sieht es aus, wie ein Park zum Spazierengehen.

Ruhe in Frieden –

so steht es auch auf manchen Grabsteinen.

Die Trauernden, die Angehörigen, die Hinterbliebenen wünschen es dem Verstorbenen. Für ihn – damit er nach einem womöglich schweren Leiden nun zur Ruhe kommen mag. Ohne Schmerzen, ohne Angst. Es ist vorbei. Der Kampf. Jetzt ist Ruhe. Und wir wünschen eine Ruhe in Frieden.

Den soll die Verstorbene mit sich haben, ihr Leben aus der Hand lassen, obwohl sie vielleicht noch manches sagen wollte, tun wollte, erleben wollte. Jetzt soll sie einstimmen, einverstanden sein, dass es so ist – unvollkommen vielleicht, niemals wirklich fertig oder bereit.

Und doch: in Frieden. Ruhe.

Den wollen auch die Lebenden haben. Frieden mit dem Verstorbenen, ohne Hass, ohne unverziehene Schuld, ohne offen gebliebene Vorwürfe.

Und doch ist die Ruhe trügerisch.

Sie verdeckt nicht, dass das Alte herrscht.

Der Tod, die Krankheit, der Kampf, der immer in die Niederlage führt, der Krieg.

Der Gang über den Friedhof lehrt mich:

das alles wird aufhören.

Es kommt eine Zeit,

in der es keine Gräber mehr geben wird.

So spricht der HERR:

Es sollen keine Kinder mehr da sein, die nur einige Tage leben, oder Alte, die ihre Jahre nicht erfüllen.

Sie sollen nicht umsonst arbeiten und keine Kinder für einen frühen Tod zeugen; denn sie sind das Geschlecht der Gesegneten des Herrn.

Und da gibt es noch die anderen Gräber.

Die sind noch sinnloser als die Krankheitsgräber.

Ich sehe die Soldatenfriedhöfe:

Fast sehen sie schön aus, all die weißen Kreuze;

alle in Reih und Glied, wie die Soldaten.

Darunter liegen sie, junge Männer,

manche noch halbe Kinder.

Nicht einer von ihnen – nicht ein einziger – ist einen sinnvollen Tod gestorben.

Und ich gehe weiter durch die Welt.

Ich sehe die Gräber in Buchenwald.

Die mit den großen, runden Mauern rundherum.

Tausende liegen da.

Ich sehe die Aschegruben in Auschwitz.

Da sollte es ja eigentlich gar keine Gräber geben.

Sie haben die Menschen verbrannt –

und die Erinnerungen wollten sie auslöschen.

Ich schaue in die Wälder Jugoslawiens, da graben sie hunderte Tote aus, grausam ermordet und namenlos verscharrt im Krieg vor fünfundzwanzig Jahren …

Ich sehe die Leichengruben der IS-Terroristen.

Und ich sehe das Mittelmeer –

Es ist ein Massengrab geworden.

Wir sollen möglichst wenig davon mitbekommen.

Aber in den Internetkommentaren jubelten sie dazu;

und die Pegidaleute grölten: Absaufen, absaufen.

Die sinnlosesten, schlimmsten Gräber machen Menschen einander selbst.

Egal, wie sie heißen, ganz gleich, was sie für Vorwände haben für ihre Gräuel und ihren Mord.

Sie graben Gräber mit Schaufeln aus Hass,

mit Spaten aus lauter niederen Instinkten,

und sobald sie ein bisschen Macht übereinander bekommen, dann schreien sie nicht mehr nur,

dann töten sie.

Da wünsche ich es mir so sehr:

Ich wünsche es mir mehr als alles andere:

Sie werden Häuser bauen und bewohnen,

sie werden Weinberge pflanzen und ihre Früchte essen.

Man wird weder Bosheit noch Schaden tun

auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der Herr.

Das wünsche ich mir.

Eine Welt, in der es keine sinnlosen Gräber mehr gibt.

Keine Krankheitsgräber und keine Kriegsgräber

und keine Terrorgräber.

Nur noch die guten –

wie das Grab Ihrer Lieben, die Sie in diesen Tagen vermutlich besuchen werden.

Traurig, klagend, aber auch dankbar.

Weil ihr einander hattet.

Gemeinsame Erfahrungen, verbunden in Freude und Leid.

Da haben wir unsere Lieben begraben:

An diesem Ort der Ruhe und des Friedens.

In Frieden und dankbar

und nach einem Leben, wie es sein soll.

Und mit der Hoffnung, dass der Tod nicht das letzte Wort hat, dass ihr sie wiedersehen werdet.

Weil der Friedhof ein Ruheort ist.

Ruhe vor dem neuen Leben.

Das tröstet mich. Und das macht mir Mut.

Mit diesem Glauben fängt ja das Neue schon an.

Da leuchtet schon ein Stück von Gottes neuer Welt.

Wo Menschen gut miteinander sind.

Im Leben und im Sterben. Im Hoffen auf das, was kommt.

Siehe, ich will einen neuen Himmel

und eine neue Erde schaffen,

dass man der vorigen nicht mehr gedenken

und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird.

Einmal wird es gar keine Gräber mehr geben.

Niemand wird mehr fragen: Warum?

Nie wieder wird es heißen:

Gekämpft, gehofft, und doch verloren.

Trauer und Tränen gibt es auch nicht mehr.

Denn wir sind wieder zusammen –

und alle in Gott – und Gott alles in allem.

Da wird es auch keine Gewalt mehr geben,

und keinen Hass, der Menschen sinnlos in die Gräber wirft

oder sie zu Asche verbrennt.

Man wird weder Bosheit noch Schaden tun

auf meinem ganzen heiligen Berge, spricht der Herr.

Einmal braucht es keine Gräber mehr.

Denn: So spricht der HERR:

Siehe, ich will einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen, dass man der vorigen nicht mehr gedenken

und sie nicht mehr zu Herzen nehmen wird. 

Der Herr hat’s geredet.

Gott sagt: Ich will!

Und ich glaube ihm.

Jedes Wort.

Er hat es nicht nur gesagt.

Er war selbst im Grab und ist darin nicht geblieben.

Er ist herausgekommen,

hat den Tod besiegt und hinter sich gelassen.

Ist der Erste im neuen Leben.

Nicht der Einzige, sondern der Erste.

Unser Trost: wir folgen ihm.

Im Leben, im Leiden, im Sterben, im Auferstehen.

Ich will diesen neuen Himmel und diese neue Erde.

Sagt der Herr.

Und es geschieht.

Es soll nichts mehr da sein, was man sich zu Herzen nehmen muss.

Ich will eine Welt ohne Gräber.

Spricht der Herr.

Ich will Freude und Fröhlichkeit.

Ohne Grenzen.

Freuet euch und seid fröhlich immerdar über das, was ich schaffe. Denn siehe, ich erschaffe Jerusalem zur Wonne und sein Volk zur Freude,

und ich will fröhlich sein über Jerusalem und mich freuen über mein Volk.

Amen.

Pfarrer Andreas Schwarz

Pforzheim

p.andreas.schwarz@gmail.com

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