Markus 8,31-38

Markus 8,31-38

Aufbruch zum Frieden | Estomihi | 27.02.22 | Mk 8,31-38 | Katharina Wiefel-Jenner |

Und Jesus fing an, sie zu lehren: Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen. Und er redete das Wort frei und offen. Und Petrus nahm ihn beiseite und fing an, ihm zu wehren. Er aber wandte sich um, sah seine Jünger an und bedrohte Petrus und sprach: Geh hinter mich, du Satan! Denn du meinst nicht, was göttlich, sondern was menschlich ist.

Und er rief zu sich das Volk samt seinen Jüngern und sprach zu ihnen: Will mir jemand nachfolgen, der verleugne sich selbst und nehme sein Kreuz auf sich und folge mir nach. Denn wer sein Leben behalten will, der wird’s verlieren; und wer sein Leben verliert um meinetwillen und um des Evangeliums willen, der wird’s behalten. Denn was hilft es dem Menschen, die ganze Welt zu gewinnen und Schaden zu nehmen an seiner Seele? Denn was kann der Mensch geben, womit er seine Seele auslöse? Wer sich aber meiner und meiner Worte schämt unter diesem ehebrecherischen und sündigen Geschlecht, dessen wird sich auch der Menschensohn schämen, wenn er kommen wird in der Herrlichkeit seines Vaters mit den heiligen Engeln.

Ihr Lieben,

seit Monaten steigt die Spannung. Haarfeine Risse im Zusammenhalt der Jüngerschaft werden sichtbar. Die Jünger verstehen nicht wirklich, was er will. Es wird Zeit, dass er sich der entscheidenden Auseinandersetzung stellt. Jerusalem wartet.

Aufbruch in Caesarea Philippi. Hier kann man sich einen Überblick verschaffen. Caesarea ist weit genug entfernt vom Zentrum des Glaubens. Hier kann man noch einmal alles planen, seine Truppen zusammenziehen, mit Argumenten an die Öffentlichkeit gehen und dann den entscheidenden Zug nach Jerusalem beginnen. So gehen Könige vor. Die Eroberer dieser Welt starteten von hier aus ihre Feldzüge, um sich die Herzensstadt Gottes zu unterwerfen.

Aufbruch in Caesarea Philippi. Hier ist der Ort für letzte strategische Unterrichtungen. Er ist der Messias. Er ist Christus. Endlich ist das geklärt. Er hat es nicht mehr abgestritten, dass er der Christus ist. Wenn er in Jerusalem ankommt, dann gibt es keinen Zweifel mehr. Er wird als Messias ins Zentrum des wahren Glaubens und der falschen Politik kommen. Er wird das Zeitalter der Wahrheit einleiten.

Spannung liegt in der Luft. Vor dem Aufbruch macht er noch eine wichtige Ansage. Die letzte Klarstellung ist der Paukenschlag: „Der Menschensohn muss viel leiden und verworfen werden von den Ältesten und den Hohenpriestern und den Schriftgelehrten und getötet werden und nach drei Tagen auferstehen“.

Die Jünger sind irritiert. Er muss sich täuschen. Der Messias wird nicht leiden. Er wird vielmehr die Besatzungstruppen vertreiben. Er darf gar nicht leiden und darf auf keinen Fall getötet werden. Er ist der Messias. Petrus versucht es im Vertrauen, nimmt ihn beiseite, will das Gesagte wieder einfangen, spricht mit ihm, als sei er nicht bei Verstand. Die Anspannung steigt. Petrus ist der Anführer der Jünger. Aber das Entscheidende versteht er nicht. Der engste Vertraute hat Mühe die Mission des Menschensohns zu erkennen. Petrus denkt, wie alle denken: wenn man die Gewaltherrscher und Lügner vertreiben will, dann gibt es in dieser Welt nur den Weg der Gewalt. Aber das ist nicht der Weg des Messias. Der Menschensohn bricht von Caesarea auf, um Frieden zu bringen und nicht Krieg. Er wird nicht, wie die Eroberer vor ihm und die Gewaltherrscher nach ihm, Truppen zusammenziehen, die Stadt umstellen und sie belagern. Er wird nicht mit Schwertern, berittenen Soldaten und schwerem Geschütz in Jerusalem einfallen. Der Messias wird seinen Frieden nicht durch Krieg, Truppenaufmärsche oder Kriegsdrohung bringen. Ein Frieden, der durch Waffen entsteht, trägt den Keim neuer Gewalt in sich. Der Menschensohn wird Frieden schaffen, so wie ihn die Propheten angekündigt haben. Das Recht wird wie Wasser strömen und die Gerechtigkeit nie versiegen. Der Menschensohn wird dafür leiden. Er wird zum Opfer der Machtpolitik werden. Er wird nach diplomatischen Verhandlungen hinter den Kulissen und orchestriertem Volkszorn am Kreuz enden.

Hätte Petrus besser zugehört, wäre ihm aufgefallen, dass sein Protest vergeblich sein würde. Gegen Gott kann Petrus nicht ankommen. Der Menschensohn MUSS leiden. Ein göttliches Muss führt den Menschensohn in sein Leiden. Die Friedensmission des Messias wird nicht durch Gewalt erfolgreich sein, aber durch Gewalt lässt sie sich auch nicht aufhalten. Petrus will noch nicht preisgeben, was er sich politisch vom Messias verspricht. Aber hier, in Caesarea, wird er in seine Grenzen verwiesen und allen anderen wird im gleichen Atemzug erklärt, was aus dem folgt, was Petrus noch nicht wahrhaben will.

Caesarea Philippi ist der Ort für die letzten strategische Anweisungen. Der Menschensohn gibt keine Befehle. Er erklärt, was auf dem Weg nach Jerusalem wichtig ist. Der Menschensohn wird und will nicht allein nach Jerusalem gehen. Er weist niemanden zurück. Alle können sich ihm anschließen, aber sie sollen seine Anweisungen für den Weg hören und sich befolgen. Wer zum Gefolge des Messias gehören will, wird ganz und gar zu seinem Menschen, lebt die Ideale des Menschensohns. Nur so wird sich die Friedensmission des Messias erfüllen. Wer ihm nachfolgt, scheut sich nicht, die Worte des Messias nachzusprechen und sie weiterzugeben. Die, die sich dem Menschensohn anschließen, sind im Herzen bereit, alles für ihn herzugeben. Sie tragen das gleiche Zeichen wie er. Sie nehmen das Kreuz und sie tragen es als Erkennungszeichen. Sie bleiben beim Menschensohn, wenn andere sich über ihn lustig machen. Sie reden Worte des Friedens. Sie sind unverbesserliche Optimisten und gehen jedes Risiko ein. Sie suchen nicht das Ihre, sie rechnen das Böse nicht zu. Sie freuen sich an der Wahrheit, sie ertragen alles, sie dulden alles. Sie gehören zum Menschensohn und sind dazu berufen, mit ihm zusammen aufzubrechen.

Eine besondere Zeit naht. Die Herrscher dieser Welt reden vom Frieden und rüsten ihr Gefolge mit Waffen aus. Sie bürden Lasten auf, verbreiten Angst, ziehen eine Blutspur durch die Welt. Treten das Recht mit Füßen. Es wird Zeit, dass der Messias sein Gefolge ausrüstet, sein Kreus trägt und die Gerechtigkeit wie ein nie versiegender Bach strömt. Die Zeit ist da. Jesus ist in Caesarea Philippi. Petrus ist bei ihm. Seine Jünger sind bei ihm. Menschen, die sich mit Hunger und Ungerechtigkeit nicht abfinden wollen, sind bei ihm. Menschen, die dem Frieden nachjagen, Menschen, die Gott suchen, sind bei ihm. Wir sind bei ihm. Wir schließen uns an. Seht, wir gehen hinauf nach Jerusalem. Seht, wir sind mit dabei auf Jesu Weg von Caesara nach Jerusalem. Wir werden Jesus begleiten.

Der Aufbruch naht. Wir haben Jesu Aufforderungen im Ohr. Wir haben Jesu Worte im Herzen. Wir haben Jesu Leben vor Augen. Wir wissen, wie er in Jerusalem triumphal empfangen wurde. Wir leiden mit Petrus, der ihn verriet. Wir glauben, dass sein Frieden die Welt verwandelt. Wir bekennen, dass Jesus der Christus ist.

Es ist Zeit. Brechen wir mit Jesus zum Frieden auf.

Amen.

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Dr. Katharina Wiefel-Jenner

Berlin

wiefel_jenner@hotmail.com

Katharina Wiefel-Jenner, geb. 1958, Pfarrerin i.R., bildet als Dozentin für Liturgik und Homiletik Ehrenamtliche für den Verkündigungsdienst aus.

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