Predigt zu Micha 5, 1 – 4a

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Predigt zu Micha 5, 1 – 4a

Heiligabend | 24. 12. 2021 | Predigt zu Micha 5, 1 – 4a | verfasst von Susanna Kschamer |

Die Gnade unseres Herren Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des Heiligen Geistes sei mit uns allen!

Liebe Gemeinde,

Bethlehem – wenn ich diesen Namen höre, steht sofort ein inneres Bild vor meinen Augen: Maria, Josef und das Kind in der Krippe. Ein Feuer sorgt im Dunkel der Nacht für Wärme und Licht. Der Stall ist ärmlich, aber er strahlt Geborgenheit aus. Eine Insel des Heils und des Friedens in einer unheilen Welt voller Mauern und Gräben. Ja, mehr noch: Das ist erst der Beginn: von hier aus sollen sich der Frieden und Gerechtigkeit über die ganze Welt ausbreiten. Der Stern steht über dem Stall, die Engel singen auf den Feldern, und der Himmel steht offen.

Es ist kein Zufall, dass Bethlehem als Geburtsort Jesu gilt. Obwohl der Ort so klein war – so richtig Provinz – , war er als Geburtsort von König David bekannt: Gott schickte den Propheten Samuel nach Bethlehem zu einem Mann namens Isai um dort einen Nachfolger für König Saul zu finden und den dann zum König zu salben. Einer von Isais Söhnen sollte es werden. Allerdings fiel Gottes Wahl nicht auf einen der großen gutaussehenden älteren Söhne. Es wurde der allerjüngste, der erst noch vom Feld geholt werden und sich vorher noch gründlich waschen musste, denn damit hatte niemand gerechnet. „Ein Mensch sieht, was vor Augen ist; der HERR aber sieht das Herz an.“, war die Begründung für die Wahl des kleinen David.

Aus dem kleinen Jungen wurde dann später der große König David, der Jerusalem eroberte und zur Hauptstadt machte. Mit ihm sollte eine ewige Dynastie beginnen. Seit dem Ende des jüdischen Königtums bleibt die Hoffnung auf den künftige Messias, der den Willen Gottes endgültig verwirklichen wird: Er wird ein Nachkomme Davids aus Bethlehem sein.

Ich lese die Verheißung aus dem Buch Micha im 5. Kapitel, Vers 1 – 4a. In der Übersetzung der Basisbibel

Du aber, Betlehem Efrata, bist zu klein, um zu den Landstädten Judas zu zählen. Doch aus deiner Mitte soll einer kommen, der Herrscher sein wird in Israel. Seine Wurzeln reichen zurück bis in die Urzeit, seine Herkunft steht von Anfang an fest. – Darum wird die Not nur so lange anhalten, bis eine Frau das Kind zur Welt gebracht hat. Dann wird der Rest seiner Brüder heimkehren zu den Menschen in Israel. – Er wird auftreten und sein Volk weiden. Dazu gibt ihm der Herr die Kraft und die Macht. Sie liegt in dem Namen des Herrn, seines Gottes. Dann wird man wieder sicher im Land wohnen können. Denn seine Macht reicht bis zum Rand der Welt. Er wird sich für den Frieden stark machen.

DieseWorte waren auch den  ersten – zumeist jüdischen – Anhängerinnen und Anhänger Jesus bekannt und sie waren bald davon überzeugt, dass Jesus von Nazareth dieser ersehnte Messias ist. (Messias heißt übrigens übersetzt„der Gesalbte“ und auf Griechisch „Christos“) . Seither beziehen Christinnen und Christen auch die Worte von Micha auf Jesus – Jüdinnen und Juden sehen das anders. Auf die Verheißung von Micha hoffen wir aber zusammen.

Ich finde die Worte von Micha wunderbar um Weihnachten besser zu verstehen: Hier zählt nicht, was vor Augen ist: Nicht das große prächtige Jerusalem mit seinem Tempel und all den Palästen. Dort haben die Weisen aus dem Morgenland nur den machtbesessenen, skrupellosen Herodes gefunden. Der Stern steht aber über einem kleinen Haus im kleinen Bethlehem, und die Sterndeuter bringen ihre kostbaren Gaben einem machtlosen kleinen Kind. Bei ihm finden sie Gottes Macht und Heiligkeit. Gegen allen Augenschein wird dieses Kind Licht ins Dunkel bringen. Es wird ein gerechter Herrscher sein, der für Gerechtigkeit und Frieden sorgt. Kein Despot, dem es um seine eigene Macht geht. Er wird der Not ein Ende machen, wird für die Bedürfnisse der Menschen sorgen, wie ein Hirte für seine Schafe. Er wird die Heimatlosen wieder nach Hause bringen. Und wird  für Frieden sorgen – weltweit. All das war nicht auf den ersten Blick zu sehen, aber Gott sieht das Herz an.

Immer noch sehen wir mit unseren Augen wenig von diesem Frieden. Wir sehen die bis zu 8 Meter hohe Mauer zwischen Jerusalem und Bethlehem, weil es nach wie vor nicht gelungen ist, Frieden zwischen Israelinnen und Palästinenserinnen zu schaffen. Und das ist nur eine Mauer von vielen: Da sind Mauern innerhalb von zerstrittenen Familien und Nachbarschaften, zwischen Armen und Reichen oder Menschen mit verschiedenen Weltanschauungen, die Mauern, die die Coronapandemie in unsere Welt bringt. Mauern in den vielen Krisengebieten, zwischen dem industriellen Norden und dem globalen Süden und unzählige mehr. Nicht alle diese Mauern kann man mit den Händen berühren, aber zu übersehen ist keine.

Dennoch zeugen das kleine Bethlehem in der Verheißung des Micha und auch die Weihnachtsgeschichte davon, dass diese Mauern nicht alles sind. Dass die Rettung nicht aus den Machtzentren kommt. Dass die Wurzeln des Messias bis in die Urzeit reichen und damit auch in die andere Richtung bis zu Vollendung der Welt. Dass Gottes Frieden und Gottes Zukunft weiter reichen als unsere Augen sehen können. Dorthin, wo sich Gerechtigkeit und Frieden küssen. In die Welt Gottes, der in unsere Herzen sieht. Und unser Herz immer wieder für diese Welt öffnet.

Ich wünsche Euch und Ihnen ein gesegnetes Weihnachtsfest.


Anmerkung: Wegen der Pandemie wird die Predigt wird in kurz gehaltenen Gottesdienst in unseren Kirchen und an verschiedenen Standorten von einem „Weihnachtsmobil“ herab gehalten. Außerdem wird sie in einem kleinen Heftchen „Weihnachtsgottesdienst für zuhause“ abgedruckt, das ab dem 23.12. 2021 zum Mitnehmen an verschiedenen Orten ausliegt

Aks Lied danach gehört dazu:

O Bethlehem, du kleine Stadt, wie stille liegst du hier, du schläfst, und goldne Sternelein ziehn leise über dir. Doch in den dunklen Gassen das ewge Licht heut scheint für alle, die da traurig sind und die zuvor geweint.

Des Herren heilige Geburt verkündet hell der Stern, ein ewger Friede sei beschert den Menschen nah und fern; denn Christus ist geboren, und Engel halten Wacht, dieweil die Menschen schlafen die ganze dunkle Nacht.

O heilig Kind von Bethlehem, in unsre Herzen komm, wirf alle unsre Sünden fort und mach uns frei und fromm! Die Weihnachtsengel singen die frohe Botschaft hell: Komm auch zu uns und bleib bei uns, o Herr Immanuel.

de_DEDeutsch