Predigt zu Mt. 10,34-39

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Predigt zu Mt. 10,34-39

21.So. n.Tr. III | 24.10.2021 | Predigt zu Mt. 10,34-39 | verfasst von Suse Günther |  Zweibrücken | 

 

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen. AMEN

 

Jesus spricht: Ihr sollt nicht meinen, dass ich gekommen bin, Frieden zu bringen auf die Erde. Ich bin nicht gekommen, Frieden zu bringen, sondern das Schwert. Denn ich bin gekommen, den Menschen zu entzweien mit seinem Vater und die Tochter mit ihrer Mutter und die Schwiegertochter mit ihrer Schwiegermutter. Und des Menschen Feinde werden seine eigenen Hausgenossen sein.

Wer den Vater oder die Mutter mehr liebt als mich, der ist meiner nicht wert. Und wer sein Kreuz nicht auf sich nimmt und folgt mir nach, der ist meiner nicht wert. Wer sein Leben findet, der wird es verlieren. Und wer sein Leben verliert um meinetwillen, der wird es finden.

 

Gott, gib uns ein Herz für Dein Wort und nun ein Wort für unser Herz. AMEN

Liebe Gemeinde!

An Jesus scheiden sich die Geister, das war von allem Anfang an so. Und daran hat sich bis heute nichts geändert. Auch wenn in unserem Land die Inhalte des christlichen Glaubens weitgehend in Vergessenheit geraten sind, so weiß doch fast jeder, wer Jesus Christus ist. Und welche Meinung er von ihm hat. Die einen haben einen Aufkleber auf dem Auto mit den Worten „Jesus liebt Dich“ – die anderen halten ihn für einen Revolutionär, die dritten wollen von ihm nichts wissen und halten die, die an ihn glauben, bestenfalls für Spinner. Die einen hängen sich ein Kruzifix in die Wohnung, die anderen finden das geschmacklos.

Zu Lebzeiten Jesu kam in Israel kaum einer an ihm vorbei. Und das lange bevor es Zeitung gab oder gar Telefon und Internet, sondern  sich alle Nachrichten von Mund zu Mund verbreiteten.

Jeder hatte seine Meinung zu Jesus. Die einen legten in ihn ihre ganze Hoffnung, die andern sahen in ihm eine Bedrohung. Die dritten, wie etwa der jüdische Geschichtsschreiber Flavius Josephus, berichten ganz sachlich von ihm als einem Menschen, der die Leute um sich schart.

Sie alle kennen die Geschichte des Judas Ischariot, der Jesus verrät. Erst ein glühender Anhänger, ist Judas später tief enttäuscht, dass Jesus Israel nicht von der römischen Besatzung befreit. Das hatte sich Judas erhofft. Und mal ehrlich: Man kann solche Sätze, wie wir sie im heutigen Predigttext gehört haben, auch so verstehen, wie Judas das getan hat: „ich bin nicht gekommen, den Frieden zu bringen, sondern das Schwert“

Die Worte stammen aus der Aussendungsrede Jesu. In dieser Rede gibt Jesus seinen Jüngern grundlegende Verhaltensregeln mit auf ihren Weg in die Welt.

Es lohnt sich, dieses zehnte Kapitel des Matthäusevangeliums einmal am Stück zu lesen (Ähnliches findet sich auch bei den anderen Evangelisten): Denn wie gesagt, die Worte sein unvermindert aktuell.

Jesus beauftragt die Jünger, die er nach der Botschaft des Matthäus kurz zuvor berufen hat, sich auf den Weg zu den Menschen zu machen, in seinem Namen zu handeln und zu sprechen: „umsonst habt ihr Eure Gaben empfangen, umsonst könnt ihr sie auch weitergeben“, so lautet Jesu Botschaft.

Gleichzeitig bereitet er seine Freunde aber auch darauf vor: Es wird nicht einfach werden, ihr werdet Anfeindungen ausgesetzt sein, aber, so sagt er: „in alle dem werde ich zu Euch halten“.

Dann kommen die Worte, die wir als heutigen Predigttext gehört haben ,und die dann so wirklich zur Sache gehen:

„Die Botschaft Jesu wird auch zu Streit innerhalb der Familien führen“. Auch dort wird man geteilter Meinung über die Person und Bedeutung Jesu sein. An Jesus kommt man nicht vorbei. Neutral bleiben geht nicht.

Wir wissen es von uns heute, wie schlimm es ist, wenn ein Riss durch eine Familie geht, wenn wir uns an einer bestimmten Stelle nicht einigen können und alle Versöhnungsversuche nichts bewirken. Umso mehr im Israel zur Zeit Jesu, wo die Familie die einzig gültige Lebensform war, die Sozialversicherung und Altersversorgung. Sich in der patriarchalischen Ordnung des Vorderen Orients, wo die Entscheidungen des Vaters für alle verbindlich war, auf einen anderen Weg zu machen, das machte damals nicht nur heimatlos, sondern konnte auch bei niemandem auf Verständnis stoßen.

Jesus bereitet seine Leute darauf vor. Er möchte, dass sie wissen, worauf sie sich einlassen. Er will niemanden überfordern, niemand soll hinterher sagen können: Das habe ich nicht gewusst.

Aber, so sagt er: „Wer sein Leben findet, der wird es verlieren. Wer aber sein Leben verliert, um meinetwillen, der wird es finden.“

Im griechischen Urtext steht an der Stelle, die wir mit „Leben“ übersetzt haben, ein Begriff, der Ihnen allen bekannt ist: „Psyche“. Psyche kommt auch in unserer Sprache noch vor, etwa in dem Wort „Psychologie“ – die Lehre von der Seele.

Jesus redet also von viel mehr als dem, was wir unter „Leben“ verstehen. Er meint alles, auch unser Inneres, unsere Lebendigkeit.

Vielleicht könnten  wir seine Worte so für uns verständlich machen: „wer sein Wesen, sein Dasein  loslässt, um mir nachzufolgen, der wird es ganz neu finden.“ Wer also mit Jesus einen ganz neuen Anfang wagt, wer sich ganz auf ihn einlässt, der wird ein ganz neuer Mensch werden, zu ganz neuer Lebendigkeit finden.

Immer wieder sagen mir Menschen, dass sie gerne glauben würden, das aber nicht können. Und immer wieder drücken sie mir gegenüber auch aus, dass es bestimmt einfacher gewesen wäre, wenn sie Jesus selbst erlebt hätten.

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es damals einfacher war. Was soll man glauben, wenn man auf einen Weg geschickt wird, der von allem wegführen kann, was einem bisher Sicherheit gegeben hat. Von allem, was das bisherige Leben ausmachte?

Ich sehe es eher so: Der Weg mit Jesus ist immer ein Prozess, Schritt für Schritt. Wo der Weg und damit die eigene Entwicklung hinführen werden, ist noch nicht klar, wenn wir den ersten Schritt machen. Aber ohne diesen ersten Schritt werden wir den Weg nicht in Angriff nehmen können und keine Erfahrungen machen können mit Jesus. Niemand ist gezwungen, den ganzen Weg bis zu Ende zu gehen. Manch einer hat auch unterwegs gemerkt, dass ihm das alles zu schwer war. Denn einfach war dieser Weg nie, das wissen wir aus den Berichten der ersten Christen. Immer aber hat er ganz neue Horizonte eröffnet und zu ganz neuer Lebendigkeit geführt. Jesus zwingt uns nicht, sondern bietet sich an, jedem von uns in der je eigenen Lebenssituation zu begegnen und den je eigenen Weg mitzugehen.

Wie auf jedem anderen Weg auch gibt es Höhen und Tiefen.
und wie auf jedem anderen Weg auch sind es manchmal gerade die schweren Strecken, die in die Höhe führen und uns helfen, so manches hinter uns zu lassen, den Überblick zu gewinnen. Die uns im Rückblick vieles verstehen lassen. Um am Ende mit grandiosem Weitblick anzukommen und sich zu sagen: Ich habe es geschafft, wie gut, dass ich es gewagt habe.

Wir dürfen die Worte Jesu, mit denen er seine Jünger in die Welt sendet, für uns hören. Als seine Freundinnen und Freunde heute, die in die Welt von heute gehen können mit seiner Hilfe. Und denen Jesus das zusagt: „Ihr werdet Eure Lebendigkeit ganz neu finden, wenn Ihr Altes hinter Euch lasst und Euch mit mir auf den Weg macht. Ihr könnt es, ich gehe mit und ich traue es euch zu. AMEN

 

 

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