Sie kriegen neue Kraft

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Sie kriegen neue Kraft

Predigt über Jesaja 40,1-2,26-31 | von Rolf Wischnath |

„Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und prediget ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat und ihre Schuld vergeben ist …. Warum sprichst du denn, Jakob, und du Israel sagst: „Mein Weg ist dem Herrn verborgen, und mein Recht geht vor meinem Gott vorüber“? Weißt du nicht? Hast du nicht gehört? Der Herr, der ewige Gott, der die Enden der Erde geschaffen hat, wird nicht müde noch matt, sein Verstand ist unausforschlich. Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. Männer werden müde und matt, Jünglinge straucheln und fallen; aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht müde werden“

Jesaja 40, 1, 27 – 31

 

I ERSCHÖPFUNG

„Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott.“ Ach, ich würde jetzt gern tief durchatmen und zu einer Predigt ansetzen, die Sie alle wahrnehmen können wie einen Windstoß dieses Trostes. Er sollte so österlich, so kräftig und aufmunternd sein: Alle Corona-Angst und Müdigkeit und aller Zweifel und alle Niedergeschlagenheit und alle Bangigkeit, die möglicherweise auch Ihre Seele gefangen halten und sich wie Mehltau aufs Gemüt legen kann, werden herausgeweht und weggeblasen. Es wäre dann meine heutige Predigt in ihrer Wirkung die beste Auslegung dieses Prophetenwortes, euch zu trösten und wieder und wieder zu trösten. Es würden dann eben im Nu die, „die auf den Herrn harren“, jetzt und hier neue Kraft kriegen, „dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“

Warum geht das nicht? Warum kann ich das nicht? Ich vermag das deswegen nicht, weil ich selber regelrecht erschöpft bin – erschöpft von der Gefahr dieses Virus‘, erschöpft von den Niedergeschlagenheiten, die immer und immer wieder mit ihren dunklen Schatten ins Haus meiner Seele eindringen und sich von dort nicht einfach vertreiben lassen. Dürfen Prediger selber erschöpft und depressiv sein? Sind sie dann noch diensttauglich? Sie dürfen. Denn es wird ihnen selber und ihren Zuhörern klar: Das biblische Wort ist nicht einfach so etwas wie ein Psychopharmakon, eine rosa Brille für die Seele, ein frommes „Vitasprint“, geistliche Kraftreserve, die man sich wechselseitig zustecken kann, um sich wieder in Schwung zu bringen. Ein seelenaufhellendes Wort wäre das dann ja, verabreicht wie eine Pille gegen die Antriebslosigkeit: eine religiöse Durchhalteparole in einer Situation, in der uns die eigenen Kräfte ausgegangen sind. In der Tat, so wäre auch heute das Prophetenwort missbräuchlich verwendbar, ebenso wie schon immer mal in Situationen der eigenen Schwäche, in elender Zeit, der christliche Glaube insgesamt missbraucht worden ist: Gleich eines die Sinne betäubenden Opiats, wie Karl Marx es unterstellt hat.

Die Bibel kann sich gegen ihren Missbrauch nicht wehren. Ja, biblische Worte sind missbräuchlich verwendbar für religiöse Abwege: für sich fromm gebende Duseleien und Durchhalteparolen – eben immer dann angewandt, wenn wir Menschen mit unserer Kraft am Ende sind und auf höhere Gewalt glauben angewiesen zu sein. Niemand muss sich wundern, wenn dann der Faden trotzdem reißt, wenn die Droge nicht hält, was sie vorgaukelt. Wenn das religiöse Opiat verdampft ist und das Aufrichten aus der Kraftlosigkeit nicht gelingen will, uns vielmehr umso niedergeschlagener sein lässt.

„Die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft“ heißt es. Wirklich? Aber was soll ich all den Kraftlosen in diesen Zeitläuften sagen: den Niedergeschlagenen und tief Deprimierten, den Geängsteten und mit Schuld Beladenen, den Traurigen und Verzweifelten? Soll ich Ihnen sagen, dass das so einfach sei: „Vertraut auf Gott! Harret seiner, und dann kriegt ihr schon neue Kraft.“ Und wenn die Kraft ausbleibt? Nun, dann habt Ihr eben nicht genug vertraut und geharrt – auf Gott? Und dann müsste ich diejenigen unter euch, denen es so ergeht (und mich mit ihnen) doch auffordern zu neuer religiöser Kraftanstrengung: eben zu mehr Ins Auge fassen und Vertrauen – in den Herrn! Und es will nicht gelingen.

II HARREN

Wir wollen zunächst darauf achten, dass die große Ermutigung des 40. Kapitels des Jesajabuches mit einer Aufforderung beginnt, für die keiner, der sie hört, selber einstehen muss: „Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und prediget ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat und ihre Schuld vergeben ist.“ Ich verstehe das als Christ so: Das Wort des Trostes ist das österliche Wort des auferstanden Jesus Christus. Und das österliche Wort beginnt mit einer Zusage, die unabhängig von unserer Erschöpfung erklingt. Getröstet sollen wir werden von Gott selber – dadurch, dass er – bevor wir es zu hören bekommen – eingegriffen hat in unser Leben. Er hat den Tod des Christus aufgehoben und darin auch unsere „Knechtschaft unter der Macht des Todes“ beendet und unsere „Schuld“ ist uns in dessen Kraft und in dieser Hinsicht vergeben. Wir sind „in Christus“ freie Leute. Und wir dürfen aus dieser Befreiung leben. Wie sollen wir das tun, aus der Freiheit leben? Dadurch, dass wir “auf den Herrn harren ………“, wie es am Ende des vierzigsten Jesaja-Kapitels heißt.

Luther hat an dieser Stelle mit „harren“ ein altes deutsches Wort gebraucht, dessen Sinn uns etwas verloren gegangen ist: „Aber die auf den Herrn harren ……..“ Es geht beim „Harren“ und „Ausharren“ um eine innere Gespanntheit, also nicht um ein „sich-hängen-lassen“. „Harren“ – d.h. durchaus nicht, sich kraftlos auf dem Sofa niederzulassen. Im Hebräischen bedeutet das Wort: “ … wie ein Spinnennetz in gespannter Aufmerksamkeit ausgebreitet sein“. Noch einmal: „… wie ein Spinnennetz in gespannter Aufmerksamkeit ausgebreitet sein“.

Der Prophet Jesaja mutet seinen Hörern damit eine Anstrengung zu, für die die Kraft zu haben, damals wie heute durchaus nicht selbstverständlich ist. Er selber – der große Prophet – musste die Demütigung seines Volkes teilen, das 600 Jahre vor Christi Geburt in Ketten nach Babylon geschleppt worden war. Der Tempel in Jerusalem, die Wohnung Gottes, lag in Schutt und Asche. Die Stammgötter Babylons hatten sich augenscheinlich stärker erwiesen als Israels Gott. In 40 langen Jahren war den Israeliten das Lachen und Singen vergangen. Die bangen Fragen drängten sich unabweisbar auf: „Wo ist denn Gottes Kraft, die unsere Vorfahren aus Ägypten gerettet hat? Will Gott nicht mehr? Oder kann Gott nicht befreien? Ist er überhaupt da?“

Gegen diese Fragen tritt Jesaja an. Hiergegen soll er trösten – in göttlicher Kraft. Und er mutet mit diesem Wort seinem Volk zu, gegen den Augenschein und gegen die subjektive Erfahrung der Kraftlo­sigkeit, ja gegen alle menschliche Vernünftigkeit dennoch zu widerstehen: „Aber die auf den Herr harren. . . . .“. ABER! Es ist dieses „Aber“ damals wie heute eine anstrengende seelische Arbeit, geradezu ein Widerstandsakt. Und die Kraft, die als Lohn dieser Arbeit versprochen wird, sprudelt nicht automatisch aus dem Himmel. Sie liegt nicht vor den Füßen oder auf der Hand: „. . . sie kriegen neue Kraft“, hat Luther übersetzt und dabei wachgehalten, dass jenes „kriegen“ in seiner Verwandtschaft zu „Krieg“ etwas zu tun hat, mit Kampf und Streit und so auch mit möglichen Niederlagen. Die ursprüngliche hebräische Redefigur aber, lässt sich eigentlich nur verstehen, wenn man die Natur kennt, wenn man also nicht nur etwas von Spinnennetzen und Spinnen weiß, sondern noch mehr:

III Mausern

Wörtlich übersetzt heißt es hier weiter: „Die auf den Herrn harren, mausern sich.“ „Mausern“ – wer von uns Städtern könnte auf Anhieb erklären, was das ist? „Aber die auf den Herrn harren, mausern sich.“ Unter mausern versteht man den Gefiederwechsel bei den Vögeln. Sie verlieren ihre alten Federn und bekommen neue. Während der Mauserung hocken sie meist auf dem Boden. Sie wirken erschöpft, weil in ihrem Organismus viel durcheinandergebracht ist. Erst wenn die Mauserung vorbei ist, kommt neue Kraft und neuer Schwung in die Tiere. Sie fahren wieder auf, fangen an zu fliegen und singen.

In dieser Osterzeit sind viele Menschen bei uns, ja auf der ganzen Erde, auch viele Christinnen und Christen wie in der Zeit der Mauserung: einer Zeit der Erschöpfung, der Müdigkeit und des Leidens. In den Fernsehsendungen wird berichtet, dass tausende Menschen in allen Kontinenten an der Corona-Seuche zugrunde gegangen sind. Aber auch viele, viele Menschen, die das Virus noch nicht niedergestreckt hat, sind unfassbar beschwert: Sie reagieren auf die fortwährenden Corona-Nachrichten mit Depressionen. Auch unabhängig von der Pandemie sind Depressionen ja zu einer Volkskrankheit geworden.

Wer einmal eine Depression gehabt hat, weiß, dass diese Krankheit eine für einen Gesunden unvorstellbare Krise bedeutet. Für den Erkrankten wird eine Depression erfahren wie eine Infragestellung des ganzen Lebens und zugleich als eine schreckliche Demütigung. Es ist darum nicht von ungefähr, dass gerade bei dieser Krankheit die Selbstverletzungen und die Suizide am höchsten sind. (Mein Vetter Carl-Ernst von Schönfeld, der Arzt und Psychiater in Bethel ist, hat mir einmal gesagt: „Depressive sind Weltmeister im Leiden!“) Und das Schlimme ist, dass man das von außen oft gar nicht verstehen kann. „Nun reiß dich mal zusammen“, ist der schlimmste an einen Depressiven gerichtete Satz. Eine Verstehhilfe jedoch ist das Bild der „Mauserung“, auch wenn immer noch ein relativ freundliches Bild für solche Krisen darstellt. Aber es ist außerordentlich sprechend:

Die Tiere legen das bisher sie schützende und schmückende Feder- oder Fellkleid ab. Und der Mensch in der „Mauser“ muss auch das schützende Kleid ablegen: Das „Kleid“, das sich viele durch ihr bisheriges Leben und durch die Arbeit ihrer Hände geschaffen haben, muss abgelegt, abgegeben und gewechselt werden. Nicht wenigen Tieren wird das Fell geradezu vom Leibe gerissen. Und Menschen in ihrer Mauserung sind – darin gerupften Vögeln ähnlich – auch oft äußerlich gezeichnet: Matt und müde, ohne richtig schlafen zu können, abgespannt und niedergeschlagen. Aber die Tierkenner wissen, was ein Depressiver nicht wahrzunehmen vermag: Die Mauserung ist nur ein Durchgangsstadium. Es kommt das neue Kleid, es kommt das Leben zurück.

IV TRÖSTEN

„Aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft. Er gibt dem Müden Kraft und Stärke genug dem Unvermögenden. Männer werden müde und matt, Jünglinge straucheln und fallen; aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht müde werden.“ So tröstet Jesaja seine Gemeinde in der Fremde. Das Trösten wirkt beim Menschen nicht von selbst, sondern dort, wo Menschen „auf den Herrn harren“ – und zwar auf Gott in Christus. Gemeint sind die, die sich die Hoffnung auf Gott zusprechen lassen, die trotz aller Abgespanntheit gespannt mit ihm rechnen, die zur Zeit und zur Unzeit sich an seine Verheißung klammern. „Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und prediget ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat und ihre Schuld vergeben ist …. Aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft“. Das sind die, die in der schlimmen Lage das Beten nicht lassen und die es dann auch in den guten Tagen üben und so die christliche Hoffnung glaubwürdig machen als etwas anderes als den religiösen Schein, der vertröstet und die Not der Gegenwart vergessen machen soll. „Aber die auf den Herrn harren … sie kriegen neue Kraft …“. „Sie?“ Das sind die, die in ihrem Hingestrecktsein dennoch ausgestreckt bleiben zu Gott hin. So ist ihr „Harren“ kein Narrenwerk, sondern Grundbestimmung ihrer ganzen gemauserten Existenz: Eine Hoffnung, die durchträgt in bösen Tagen und die gerade dann ihre Stärke erweist, wenn wir mit unseren Augen nichts mehr sehen, auf das zu harren aussichtsreich wäre.

Von denen heißt es: „……. sie mausern sich zu neuer Kraft, dass sie auffahren mit Flügeln wie Adler, dass sie laufen und nicht matt werden, dass sie wandeln und nicht müde werden.“ Es ist dies eine tröstliche Verheißung für unser irdisches Leben. Und Gott in Christus will und wird sie auch und gerade für die Mühseligen und Beladenen bewähren. Liegt ihm damit im Ohr! Erinnert ihn daran! Ich möchte Ihnen als Gemeinde des Auferstandenen heute morgen bezeugen und Sie damit trösten, dass niemand vergeblich auf Gott setzt, der seiner wirklich harrt. Und wer in seiner Erkrankung und Niedergeschlagenheit das Harren selber nicht mehr vermag, der soll wissen, dass es in der christlichen Gemeinde immer wieder Menschen gibt, die an seiner Stelle und für ihn stellvertretend harret – und dass er sich darauf verlassen kann.

IV ABER

Am Sonntag nach Ostern 2020 hören wir dieses Wort. Wir hören es jetzt im Blick auf das einsamste Osterfest, das wir heute vor einer Woche gefeiert haben. „Gefeiert“? Wohl eher nicht. Aber: Was soll nun werden? Wie geht es nun weiter? Welche Schreckensnachrichten werden wir weiterhin zu hören bekommen? In welche Verfassung werden unsere Seelen geraten? Ich kann das nicht sagen. Aber ich glaube, dass weiterhin immer noch und erst recht gilt: „Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und prediget ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat und ihre Schuldvergeben ist ….“ Und ich habe heute dieser österlichen Trostbotschaft nichts anderes hinzuzufügen, als dass ich Sie, die Gemeinde des auferstandenen Christus bitte, mit mir den Blick zu ihm hin zu erheben. „Aber die auf den Herrn harren, kriegen neue Kraft.“ – dieses starke Wort stärkt auch unser „Aber“. Es richtet unseren Blick angesichts der Traurigen und Todverfallenen dieser Welt und unseres Lebens aus auf eine noch andere Tröstung, eine ganz andere, für deren Hoffnung die Osterzeit steht:

Im Angesicht des Todes, im Angesicht unserer eigenen Kraftlosigkeit, im bitteren Erleben der Depression eben dort wo nach dem menschlichen Maß es mit jedweder Hoffnung und allem Harren aus ist, müssen und dürfen wir dennoch „Aber“ sagen. Und wir schauen dabei in das Licht des Ostermorgens und blicken dann in einer noch ganz anderen Weise auf das „Aber“: Aber die „auf den Herrn harren“. Es wird einst die Einlösung des Versprechens Gottes über Bitten und Verstehen zu sehen sein. Die Toten werden mit neuer Kraft auferweckt und gestärkt für einen ganz anderen Weg der Freiheit und des ewigen Friedens. Ihre und unser aller letzte Befreiung wird geschehen nicht in eigener Kraft und aus eigener religiöser Fähigkeit, sondern aus der Macht des Schöpfers, an den Jesaja erinnert, und des Erlösers, der der Erste und der Letzte ist: Jesus Christus.

Wenn er wiederkommt und die Toten auferweckt, nachdem er sie in ihrem Tod schon zu sich genommen hat, dann werden Himmel und Erde auferstehen, und dann werden Instrumente erschallen – vor allem Posaunen, wie es im Bild der Bibel heißt. Wir haben die Posaunen und die Orgel, den Sopran und den Alt, den Tenor und den Bass[1] mit Hilfe digitaler Technik aus der Martin-Luther-Kirche (Hauptkirche)[2] zu Ostern tröstlich gehört. Goldmund und Orpheus Bothmann[3] haben die Posaunen gespielt und Martin Stork[4] hat auf der Trompete vom Turm der Martin-Luther-Kirche Osterlieder geblasen. Und so sind wir mit der Freude über die Musik dieser Instrumente und dieser Tage daran erinnert, was im Bild der Bibel gesagt wird: „Wir werden alle verwandelt werden im Nu in einem Augenblick, denn die Posaune wird erschallen, und die Toten werden auferweckt werden, unverweslich, und wir werden verwandelt werden. (1. Korintherbrief 15, 52). Also Musik wird dann erklingen, sagt das Gleichnis des Apostels, eine Posaune wird erschallen, heißt es im Bildwort des 1. Korintherbiefes. Eine solche ist uns zu Ostern ja zu Ohren gekommen. Es ist österliche Musik, eine solche wie sie einmal erklingen wird zur Totenerweckung und zur Erweckung des neuen Himmels und der neuen Erde. Und so wunderbar – ich bleibe im Bild des Paulus – wird dann gespielt, dass niemand von uns kraftlos liegenbleiben kann. So schön und klangvoll wird es sein, dass alle aufstehen müssen – dass alle gern auferstehen. Lasst uns das gleich beim Singen des bekanntesten Osterchorals „Christ ist erstanden“ in unseren Herzen bewegen.

Oft denke ich, die Pastorenpredigten könnten durchaus mal ein Ende haben und ausgelassen werden im Angesicht der Seuchen. Aber Musik müsste dann dennoch erklingen – sie könnte auch weiter erklingen, weil sie die Sprache Gottes ist und über das Wort Gottes in der Bibel und in der Predigt hinausreicht. – Ich höre viel Musik. Gerade dann, wenn ich nicht beten und glauben kann, ist die Musik da. Und für die Erfindung des CD-Spielers kann ich Gott gar nicht genug danken. Ich wünsche Ihnen, dass auch Sie die Musik ins Ohr bekommen, die Ihnen aufhilft. Österliche Musik sollen Sie hören; sie möge Ihnen zu Herzen gehen und das ins Herz holen, was wir gerade in diesen Zeiten brauchen: Hoffen und Harren, Mut und Glauben, Trost und Stärke (nach der Mauserung) Liebe und Zuversicht. Denken Sie daran:

Unsere Toten sind nicht im Nichts. Auch die vielen, vielen Corona-Toten nicht. Sie sind geborgen und fest gehalten in Gottes Hand. Und sie werden einmal auferstehen und teilhaben am neuen Himmel und der neuen Erde. Und wir mit ihnen. Warum sollten die Müden und Niedergeschlagenen nicht schon jetzt aufhorchen und aufstehen? Wenn Jesus Christus wirklich und für alle sichtbar wiederkommt, werden wir es alle unüberhörbar und unwidersprechlich hören und schauen und wahrnehmen und wir werden uns erst recht fragen: Warum waren wir einst so niedergeschlagen und hoffnungslos?

Aber schon heute lohnt es sich, diese Frage zu stellen und dieses Lied zu singen. Es hilft uns, (wie eine Spinne im Netz) gespannt zu bleiben und zu harren. In dieser Haltung – oft nicht einfach – müsste unser Singen selbst ein Moment des Widerstandes gegen den Tod und seine depressiven Vorboten sein. Ein zeichenhafter Klang, der Klang und Ton des jüngsten Tages in diesen Tag hineinholt, damit schon heute wahr wird und sich bewährt, was der Herr für heute durch seinen Propheten verheißt:

„„Tröstet, tröstet mein Volk! Spricht euer Gott. Redet mit Jerusalem freundlich und prediget ihr, dass ihre Knechtschaft ein Ende hat und ihre Schuldvergeben ist …. Aber die auf den Herrn harren, mausern sich: Sie kriegen neue Kraft, daß sie auffahren mit Flügeln wie Adler, daß sie laufen und nicht matt werden, daß sie wandeln und nicht müde werden.“

[1] Einzelstimmen eines vierstimmigen Chores bei der Digitalen Übertragung eines „Gottesdienstes ohne Gemeinde“

[2] Stadtkirche in Gütersloh

[3] Zwei junge Posaunisten

[4] Trompetenlehrer in Gütersloh

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