Wozu brauchen wir Parteien?

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Wozu brauchen wir Parteien?

Wir sind gerne mit Leuten zusammen,
die dasselbe meinen wir wie selbst.
Deshalb treten wir in eine Partei ein,
die dieselben Haltungen hat wie wir.
Deshalb gehen wir in Vereine und Klubs,
um mit Leuten zusammenzusein,
die gerne dasselbe tun wie wir.
Das ist Gemeinschaft,
das gibt Kraft und Selbstbewußtsein.
Und je zahlreicher man ist,
desto richtiger ist, so meinen wir, das, was wir sagen.
Allein ist man schwach,
gemeinsam sind wir stark.
Das benutzen wir alle,
das nutzen wir alle aus,
manchmal für einen guten Zweck,
wenn etwa eine neue Initiative unterstützt werden soll,
entweder mit Geld oder mit Arbeitskraft.
Manchmal auch für weniger gute Zwecke,
etwa wenn wir andere draußen halten und uns selbst drinnen.
Und das geschieht nicht nur in den politischen Parteien,
sondern genauso oft an unserem Arbeitsplatz
oder in der Familie.
Und das geschieht in allen Altersgruppen.
Von klein an schließen wir den Dritten aus dem Spiel aus,
auf dem Schulhof wird der Sündenbock der Klasse gehänselt,
und im erwachsenen Leben reden wir hinter dem Rücken der anderen.
Denn Einigsein und gegen jemanden zusammen stehen,
das verleiht Stärke und Selbstvertrauen
und hält die Angst etwas auf Abstand.
Denn es geht um Angst,
die Angst, allein zu sein,
die Angst, draußen zu bleiben,
verloren und ausgestoßen,
diese Angst ist in uns allen.
Wir sind Herdentiere,
wir können deshalb Einsamkeit nur schwer ertragen.
Und deshalb ist es eine so schlimme Waffe,
Gefangene zu isolieren.
Denn wir könne nur im Kontakt mit anderen Menschen leben,
sonst gehen wir zugrunde.
Aber eine jede Gemeinschaft bedeutet,
daß andere ausgestoßen werden.
Das ergibt sich von selbst.
Daß ich gerade den oder die heirate,
bedeutet ja, daß ich den rest der Welt ausschließe.
Daß ich mit den und den Freunden zusammen bin,
bedeutet ja, daß ich nicht bei den anderen bin
Daß ich in Dänemark wohne, bedeutet,
daß wir Dänen sind und keine Deutschen usw. usw.
Im Alten Testament sind die Juden das auserwählte Volk Gottes,
und das legitimiert die Tötung anderer Völker,
die Einnahme Israels,
so wie die Serben meinten, es mit den Bosniern tun zu können,
oder die Tutsis mut den Hutus
Der Wahn und die Zwangsidee, ein auserwähltes Volk zu sein,
ist vielleicht genauso alt wie die Menschheit selbst.
Gemeinsam ist ihnen, daß sie viel Leiden durchgemacht haben.
Die Juden waren in der Knechtschaft in Ägypten,
und sollten nun ohne Ziel 40 jahre lang wandern.
Aber sie überlebten,
weil ihr Retter, der allmächtige Gott selbst,
ihnen Manna vom Himmel gab.
Sie überlebten, weil sie die Auserwählten waren.
Aus der Apostelgeschichte habe ich von der ersten Gemeinde in Jerusalem gelesen, die gerade den heiligen Geist empfangen hatte.
Und der Apostel Petrus hatte in seiner Predigt zu ihnen gesagt:
Laßt Euch erlösen von diesem verderbten Geschlecht.
Und das hatten sie getan.
Sie hatten sich ausgesondert von den anderen,
und kamen nun als Gruppe zusammen,
in vollständiger Einigkeit, steht da.
Sie halten Abendmahl und nehmen das Wort Jesu ernst,
daß er sich selbst als Brot für die Welt gegeben hat.

Aber bedeutet die Schaffung dieser Gemeinde
nicht ein Abstandnehmen von dieser Welt?
Das meinte die Kirche unter allen Umständen,
denn im Laufe der ersten drei bis vier Jahrhunderte
sind die Christen sehr sehr viel damit beschäftigt,
Grenzen zu ziehen um sich selbst und den wahren Glauben
gegen die Ketzer und die Ungläubigen.

Die Frage ist nur, ob wir klüger geworden sind.
Ob es überhaupt möglich ist, eine Gemeinde zu bilden,
ohne klarzumachen, wer dazugehört und wer draußen bleibt.
Kann eine Gemeinschaft, in Glaube und Liebe,
ohne negative Seiten bestehen, die darin bestehen,
Grenzen zu ziehen gegenüber der Umwelt.
Können wir als Christen z.B. die neue Religiosität ertragen,
die sowohl etwas von der Reinkarnation aus dem Hinduismus aufnimmt als auch von den charismatischen amerikanischen Religio­nen?
Können wir die Grenzenlosigkeit ertragen,
ohne uns selbst aufzulösen?
Unmittelbar nein.
Und dennoch sagt Jesus eben dies:
Daß er das Brot des Lebens ist,
nicht nur wie das Manna in der Wüste,
das nur für eine auserwählte Gruppe war,
sondern für alle.
Er gibt sich selbst als Brot für das Leben für die Welt.
Und das Brot, das Jesus geben wollte,
ist nicht nur Brot, das für einen einzelnen Tag satt macht,
wie das Manna in der Wüste,
sondern Brot, das ewiges Leben schenkt.
Sich Wissen verschaffen zu wollen,
war nach der Erzählung gegen den Willen Gottes.
Aber ein solches Wissen läßt sich nicht zusammenraffen,
es ist eine Gabe Gottes an uns.
Nicht für eine kleine Gruppe,
sondern für alle, die glauben.
In diesem Lichte werden die Grenzen
eigentlich recht gleichgül­tig,
denn warum Zeit darauf verwenden,
anzuzeigen, wie weit man gehen will,
wenn Du weißt wo das Zentrum liegt?
Daß Jesus sich selbst als Brot für die Welt gegeben hat,
sich selbst gegeben hat,
das ist das Zentrum.
Und wenn wir merken, daß wir dort sind,
dann verschwindet die Angst, verworfen zu werden,
die Angst von dem Fremden verschluckt zu werden,
denn dann weißt du, wo du selbst hingehörst.
Im Glauben an Jesus Christus,
nicht in Einheitlichkeit,
nicht wo wir alle gleich gemacht worden sind,
denn das ist eine Utopie,
sondern im Glauben daran,
daß wir verschieden und mannigfaltig geschaffen sind
und in den Augen Gottes mit gleichem Wert. Amen.

Pastorin Kristine Stricker Hestbech
Møllevej 1
Kongsted
DK-4683 Rønnede
Tlf.: ++ 45 – 56 71 11 56
E-mail: kshe@km.dk

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