1. Korinther 12,1-7; Lukas 19,41-48

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1. Korinther 12,1-7; Lukas 19,41-48

10.Sonntag nach Trinitatis | 13.08.23 | 1. Kor 12,1-7; Lk 19,41.48 (dänische Perikopenordnung) | Rasmus Nøjgaard |

Was dient deinem Frieden?

Jesus weint hier das zweite Mal auf dem Ölberg, wo er sitzt und auf Jerusalem blickt. Die Tränen drängen sich auf, weil er liebt, was er da sieht. Es ist vor Ostern noch vor dem großen Drama, aber die Eifersucht und die Machtgier haben schon die führenden Leute in den Tempel getrieben, um Pläne zu schmieden, wie man Jesus loswerden kann. Sie wollen nicht die Stadt und den Glauben mit anderen teilen. Jerusalem hat noch immer Macht über die Leute. „Wenn doch auch du erkenntest an diesem Tag, was zu deinem Frieden dient!“

Das führt zu Tränen. Es handelt sich um sein eigenes Volk, es sind seine Brüder und Schwestern. Es sind Menschenkinder, Geschöpfe Gottes.

Ein durchgehender Zug in den Reden Jesu ist, dass er die Selbstgerechtigkeit verachtet. Besonders wenn sie sich bei seinen eigenen Leuten zeigt. Die Selbstverherrlichung. Die verachtet er. So wie die falsche Frömmigkeit. Er nennt die Selbstgerechtigkeit geradezu gottlos, wenn seine Leute den Gottesdienst zu einer Meterware machen, um die man feilschen kann. Alles, was Jesus tut, handelt davon, die Grenzen niederzureißen zwischen dem Bekannten und dem Fremden. All das, an dem wir hängen an materiellen, nationalen, ethnischen und religiösen Kennzeichen, verdammt er als teuflisches Blendwerk. Er isst bei den Sündern, er verkehrt mit leichtlebigen Frauen, er macht den barmherzigen Samariter und andere Heiden zu Vorbildern. Handelt so wie sie!

Jerusalem und der Tempel sind das Bild selbst für Gottes Gemeinschaft, Gottes Haus, unantastbar. Er blickt über die Stadt und sein Volk, und dann weint er. Seine Brüder und Schwestern, seiner Jünger, alle die Bekehrten und Gläubigen, die sehen nicht, dass sie in einem Haus sind, dass im Streit mit sich selbst ist.

„Wenn doch auch du erkenntest an diesem Tag, was zu deinem Frieden dient!“

Jesus zeigt nie den Finger auf jemanden, ohne ihn gegen sich selbst zu wenden:

„Was dient deinem Frieden?“

Hier geht es um zwei entscheidende Themen, den Dienst und den Frieden.

Zunächst der Dienst. Du sollst dienen. Denn der Diener ist größer als der Herr. Der Herr kam selbst in die Welt als ein Diener, und für alle Christen ist die Vorstellung von Gott damit ein für alle Mal auf den Kopf gestellt. Wir haben keinen Gott, der mit aller Macht den Gang der Welt bestimmt. Er hat sich schwach gemacht, um uns frei au machen. Wir können nicht unser Recht und unsere Privilegien als Gottes Willen rechtfertigen, denn er hat uns allein dazu befreit, der Welt zu dienen. Aber dabei ist Gott mit uns, ganz gleich was geschieht. Für den Frommen ist das ein Ärgernis, dass Gott auch den Gefallenen wieder aufrichtet. Aber ist das Umgekehrte nicht in Wirklichkeit schlimmer? Dass es da keine Barmherzigkeit gibt für den Sünder, dass der Abweichler nie einen Anlass findet zur Umkehr, zurückzukehren zur Gemeinschaft und dem Guten zu dienen?

Du sollst dienen. Nicht um etwas dafür zubekommen, sondern weil die Liebe darin besteht, dass man gibt. Freigebigkeit ist die Frucht der Liebe.

Das zweite Thema ist der Friede. Denn das Ziel es Dienstes ist Friede:

„Wenn doch auch du erkenntest an diesem Tag, was zu deinem Frieden dient!“

Das ist der Friede, der uns im Segen geschenkt wird, und das letzte, was im Gottesdienst gesagt wird, vielleicht weil der Friede der eigentliche Sinn des Suchens nach Gott ist: Der Herr erhebe sein Angesicht auf dich und gebe dir Frieden. Christus begegnet uns mit Vergebung und Aufmunterung, auch dort wo wir es am wenigsten erwarten, damit wir selbst Frieden finden können und Frieden in unsere Umwelt bringen können.

Frieden, das ist es, was wir unseren Kindern wünschen, dass sie das erleben. Frieden wünschen wir den Sterbenden, und Grabfrieden den Toten. Frieden geben wir einander. Nicht indem wir einander in Ruhe lassen, sondern indem wir einander die Freiheit schenken, jeder mit dem, was wir haben, zu der Gemeinschaft beizutragen und an ihr teilzuhaben, ohne sich verstellen zu müssen. Das ist auch der Wille, anderen Raum und Möglichkeit zu geben, sich selbst zu entfalten, und nicht eigene Vorurteile andere begrenzen zu lassen. Friede ist eine Entthronung der Sorgen und die Fähigkeit, das abzulegen, was Fehlinformation und Lüge fördert. Das heißt, einen Augenblick leben zu können wie die Lilien des Feldes und die Vögel des Himmels. Friede sehen wir in den Augen des kleinen Kindes. Die Gabe, die uns zuteilwird, wenn wir vertrauensvoll leben. Es geht darum, das Wagnis der Hingabe einzugehen.  Seine Sicherheit aufzugeben. Zu lernen, das Leben zu wagen und unperfekt in der Gnade Gottes und der Menschen zu leben, zu akzeptieren, dass wir im Grunde nur eine Aufgabe haben: Dem Nächsten zu dienen.

Das klingt banal, und das ist es eigentlich auch. Aber wir legen einander Hindernisse in den Weg und häufen begehrlich Bedingungen auf für uns selbst. Es ist schwer sich zu begnügen, und was wir als Bethaus eingerichtet hatten, wird zu einer Räuberhöhle. Das ist so banal, so einfach, und entsprechend so tragisch, dass wir uns verbarrikadieren, während die Sünde uns von allen Seiten belagert, auf uns eindringt, uns überwältigt und alles dem Erdboden gleichmacht. Unser aus Stein gebauter Tempel muss fallen, aber der Tempel, der aus Geist errichtet ist, wird bestehen.

„Wenn doch auch du erkenntest an diesem Tag, was zu deinem Frieden dient!“

Dieser Satz braucht nur ein ‚Amen‘. Amen bedeutet: ‚Wahrlich, so will es Gott haben‘. Gottes Worte sind unergründlich. Gott will mehr mit uns als wir ahnen, und seine Worte enthalten eine Weisheit, die wir uns nicht selbst sagen können. Allein wollen wir nur uns selbst, im Lichte Christi dienen wir dem Frieden.

Wenn doch auch du erkenntest an diesem Tag,

was zu deinem Frieden dient.

Amen.

Pastor Rasmus Nøjgaard

DK-2100 København Ø

Email: rn(at)km.dk

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