Apg 2,42-47 und Joh 6,44-51

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Apg 2,42-47 und Joh 6,44-51

Pfingstmontag | 06.06.22 | Apg 2,42-47 und Joh 6,44-51 (dänische Perikopenordnung) | Von Anna Jensen |

Apg 2,42-47 (Lutherbibel):

42 Sie blieben aber beständig in der Lehre der Apostel und in der Gemeinschaft und im Brotbrechen und im Gebet. 43 Es kam aber Furcht über alle, und es geschahen viele Wunder und Zeichen durch die Apostel. 44 Alle aber, die gläubig geworden waren, waren beieinander und hatten alle Dinge gemeinsam. 45 Sie verkauften Güter und Habe und teilten sie aus unter alle, je nachdem es einer nötig hatte. 46 Und sie waren täglich einmütig beieinander im Tempel und brachen das Brot hier und dort in den Häusern, hielten die Mahlzeiten mit Freude und lauterem Herzen 47 und lobten Gott und fanden Wohlwollen beim ganzen Volk. Der Herr aber fügte täglich zur Gemeinde hinzu, die gerettet wurden.

Joh 6,44-51 (Lutherbibel):

44 Es kann niemand zu mir kommen, es sei denn, ihn ziehe der Vater, der mich gesandt hat, und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage. 45 Es steht geschrieben in den Propheten (Jesaja 54,13): »Sie werden alle von Gott gelehrt sein.« Wer es vom Vater hört und lernt, der kommt zu mir. 46 Nicht dass jemand den Vater gesehen hätte; nur der, der von Gott ist, der hat den Vater gesehen. 47 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer glaubt, der hat das ewige Leben. 48 Ich bin das Brot des Lebens. 49 Eure Väter haben in der Wüste das Manna gegessen und sind gestorben. 50 Dies ist das Brot, das vom Himmel kommt, damit, wer davon isst, nicht sterbe. 51 Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel gekommen ist. Wer von diesem Brot isst, der wird leben in Ewigkeit. Und das Brot, das ich geben werde, ist mein Fleisch – für das Leben der Welt. 

Sende uns den Heiligen Geist, öffne uns für das, was du uns sagen willst. So wird in Dänemark meistens im Eingangsgebet gebetet.

Der Heilige Geist öffnet uns, setzt uns instand, die Botschaft des Evangeliums zu empfangen. Mit dem Heiligen Geist sehen wir die Welt in einem anderen Licht, nämlich dem Licht Gottes. Mit dem Kommen des Heiligen Geistes in die Welt ist die Welt nicht mehr ein gottverlassener Ort, sondern ein Ort, wo Gott mit uns lebt und wirkt. Im Lichte des Heiligen Geistes öffnen sich unsere Augen für die Schönheit der Welt. Am Anfang der Zeiten schuf Gott die Welt, er schuf das Wasser und die Erde, er schuf das Vieh und alles, was auf Erden geht und sich bewegt., die Fische im Wasser und die Vögel im Himmel, und er sah, dass alles gut war! Er schuf die hellen Nächte, er schuf den Wechsel der Jahreszeiten, er schuf Blumen und Bienen, die ja ihre eigene Bestimmung haben, an denen wir uns aber freuen können. Er schuf den Menschen und blies seinen Lebensgeist in ihn, und Gott sah, dass es gut war.

In seiner Güte schuf Gott die Welt, und er schuf den Menschen, aber um die Größe Gottes zu sehen, müssen wir die Welt im Lichte des Heiligen Geistes sehen. Der Heilige Geist ist immer das Gemeinsame, was auf eigenen Voraussetzungen beruht. Wir können uns dessen nicht bemächtigen, seine Kraft nicht verwenden, um unsere eigenen Interessen wahrzunehmen.

Kaj Munk schreibt in seiner Pfingstpredigt aus dem Jahre 1941 von einer Begegnung mit dem Gutsbesitzer, dem „Großen Lars“.  Lars besitzt einen neuen Hof und dazu sein eigenes Elektrizitätswerk, alles scheint ihm zu gelingen. Kaj Munk sagte: „Nun, Lars, jetzt hat die Lärche begonnen zu singen“. Lars antwortet: „Dieses Jahr wird es nie Frühling, so dass man in die Erde kommen kann“. Kaj Munk trifft Lars wieder sechs Wochen später. „Nun, hast du gesät, Lars!“ Lars antwortet. „Ja, was hilft’s. Es kommt ja in diesem Jahr weder Wärme noch Regen. Die ganze Arbeit ist vergebens“. „Gott wird Wärme und Regen geben zu der von ihm bestimmten Zeit“, antwortet der Pastor etwas kurz angebunden. Eine Woche später, als Gott es aus seinem Himmel regnen ließ über das dänische Land, traf Kaj Munk Lars wieder. „Nun, Lars, kannst du nun sehen, dass Gott für alles sorgt“, sagt Kaj Munk. Lars tritt wütend gegen seinen Trecker und antwortet: „Dann sollte er auch hin und wieder Benzin regnen lassen“.

Wenn wir die Welt im Lichte des Heiligen Geistes betrachten, können wir uns über vieles freuen. Es geschieht aber auch, dass das Licht des Heiligen Geistes für uns ausbleibt. Wir arbeiten und sorgen uns und meinen nicht die Früchte unserer Arbeit sehen zu können. Vielleicht wäre unser Leben leichter, wenn wir mehr Dankbarkeit aufbringen würden? Andererseits weiß ich sehr wohl: „Es ist immer der Unzufriedene, der die Menschheit voranbringt“. Es ist der Unzufriedene, der den Gang der Welt verändern will. Derjenige, der meint, dass man einiges besser, schneller machen könnte, oder noch besser neue Lösungen finden und die Welt so besser machen könnte. Der Trecker war eine revolutionierende Erfindung, er hat dazu beigetragen, die Landwirtschaft voranzubringen. Heute wissen wir, dass Benzin eine große Ursache ist für Umweltschäden und globale Erwärmung, aber auf Trecker können wir nicht verzichten, deshalb forschen wir nun über von Wasserstoff oder Elektrizität angetriebene Fahrzeuge, die nicht so schädlich sind für unsere Umwelt, also eine bessere Lösung. Wer einen Blick hat für die Schwächen der Welt, arbeitet daran, die Welt zu verbessern. Ich träume von einer Welt, wo sich das Evangelium frei entfalten kann, wo es keinen Zank und Streit gibt und keinen Kampf darum, im Rampenlicht zu stehen, eine Welt, wo Stress und Wohlstandskrankheiten verschwunden sind – also ein Reich Gottes auf Erden.

Wir wünschen uns alle eine bessere Welt, die Frage ist nur, wie wir dahin kommen. Deshalb brauchen wir den Heiligen Geist, eine neue Sicht auf unser Leben.

Nach dem Jesus am Himmelfahrtstag in seinen Himmel zurückgekehrt war, warteten die Jünger zehn Tage in Jerusalem auf das, was Jesus ihnen versprochen hatte, nämlich auf den Heiligen Geist. Die Kraft aus der Höhe. Am Pfingstgag, also am 50. Tag nach Ostern, kam der Heilige Geist als ein Windstoß durch das Haus und erfüllte jeden einzelnen von ihnen und gab ihnen Kräfte und Mut, hinauszugehen und die frohe Botschaft zu verkündigen, dass Gott uns nahe ist, dass der Heilige Geist für alle ist. Darauf zogen einige der Jünger hinaus in die Welt und begannen zu missionieren. Andere blieben in Jerusalem und gründeten dort eine Gemeinde. Die Gemeinde hielt fest an der Lehre der Apostel, sie erzählten alle Geschichten von Jesus, was er gesagt und getan hatte, sie hielten fest an den Gebeten und an dem, was man im frühen Christentum das Brotbrechen nannte. Sie brachen also das Brot. Wenn ich diesen Ausdruck verwende, kommt den Konfirmanden das Lachen, sie haben den Ausdruck vom Brotbrechen noch nie gehört.  Die Rede vom Brotbrechen ist ein symbolhafter Ausdruck. Er bedeutet nicht, dass die Christen nichts anderes bekamen als trockenes Brot. Es bedeutet vielmehr, dass man gemeinsam isst. In fast jeder orientalischen Mahlzeit ist das Brot ein Hauptbestandteil. Man schneidet das Brot nicht in Scheiben, wie wir das tun und das Brot mit Aufstrich bedecken, nein, man bricht das Brot in taucht es in das Zubehör. Die ersten Christen brachen das Brot gemeinsam, das hat eine tiefere Bedeutung als nur das gemeinsame Essen. Das Wort lebt noch immer in unserer Abendmahlsliturgie: In der Nacht nahm Jesus ein Brot, brach es, gab es seinen Jüngern und sprach. Nehmt dies uns esst es, das ist mein Leib, der für euch gegeben wird. Wir essen Brot, um satt zu werden, um neue Energie für unseren Körper zu bekommen, aber das Brot Jesu ist nicht nur für die physische Verdauung da, nein es ist auch Nahrung für die Seele. „Ich bin das Brot des Lebens., Ich bin das lebende Brot, das vom Himmel kommt, wer von dem Brot isst, wird ewig leben“.

Wenn wir vom Brot des Lebens essen, erscheint unser Dasein in einer anderen Perspektive, Das Brot des Lebens wird uns gereicht am Tisch des Herrn, aber es wird uns auch täglich gereicht, denn der Heilige Geist lebt und wirkt in uns. Das Brot des Lebens ist nicht die physische Mahlzeit, sondern die Nahrung, die wir vom Heiligen Geist empfangen. Im Lichte der Heiligen Geistes können wir die Welt im Lichte Gottes sehen.

Der Heilige Geist ist nicht leicht zu steuern. Manchmal könnten wir uns wohl wünschen, dass wir geistvoller wären, dass wir die großen Perspektiven sehen, wenn wir auf dem Felde gegen Erdklumpen treten und nicht richtig meinen, dass unsere Arbeit gelingt. Wir können Gott darum bitten, dass er den Himmel öffnet und gute Gaben schickt, Benzin und andere Dinge des täglichen Bedarfs, aber wenn wir um solche Gaben bitten, dann versuchen wir den Geist zu steuern statt uns dem Geist zur Verfügung zu stellen. Der Heilige Geist strömt frei. Wie können ihn nicht zu eigenen Zwecken verwenden, um unseren eigenen Interessen zu dienen, denn der Heilige Geist ist immer ein gemeinsamer Geist, der für die Gemeinschaft zwischen Gott und Menschen arbeitet.

Der dänische Autor Jens Christian Grøndahl schreibt in seinem Roman „Ein anderes Licht“ von dem jungen Cellisten Samuel, der als 19-jähriger ein Equilibrist auf seinem Instrument ist. Er studiert nb der Musikhochschule und ist souverän, glänzend und herzlos. Eines Tages bekommen sie Besuch von einem Gastprofessor aus Spanien, Pablo Casals spielt Bachs Solosuiten für Cello. Als Samuel gebeten wird, eine der Suiten zu spielen, liefert er eine virtuose Interpretation, worauf der Professor freundlich den Arm auf Samuels Schulter legt und sagt: „Für wen spielst du?“ Samuel blickt verwirrt auf die olivengrünen Augen. „Du spielst für dich selbst. Folge der Musik“, sagt der Professor, „du brauchst es nicht zu erzwingen“. Und dann setzte der Professor den Bogen auf das Instrument und spielte einige Takte aus dem Stück, durch das Samuel gerade gewirbelt war wie ein großer Knoten verbissenen Wollens um zu imponieren. Da wurde es deutlich für Samuel, dass er all sein Üben und seine konzentrierte Energie dazu verwandt hatte, sich der Musik zu bemächtigen und sie zu seiner Musik zu machen, satt sie zu empfangen und mit anderen zu teilen.

Der Heilige Geist ist unser Helfer, unser Guide, aber immer unter seinen Bedingungen, wir können ihn nicht zu unserem Geist machen, wir können ihn nicht dazu verwenden, unsere eigenen Interessen wahrzunehmen. Der Heilige Geist arbeitet immer für das Gemeinwohl, um Gott und den Menschen zusammenzubringen, dass wir eins werden mögen, so wie Gott Vater und der Sohn eins sind. Also müssen wir es machen wie Pablo Casals uns dem Geist öffnen, dass er uns durchströmt, ihn mit anderen teilen. Erst dann können wir die Welt in einem neuen Licht sehen – dem Licht Gottes. Amen.

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Pastorin Anna Jensen

5230 Odense M

E-mail: ansj(at)km.dk

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