Die verwandelnde Kraft …

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Die verwandelnde Kraft …

Die verwandelnde Kraft der Auferstehung | Ostermontag | 5.4.21 | Predigt zu Lukas 24,13-25 (dänische Perikopenordnung) | verfasst von Eva Tøjner Götke |  

In Emmaus geschieht etwas, worüber man nur schwer sprechen kann. Das ist schwer, weil wir es nicht erklären können. Dem Auferstandenen zu begegnen. Einen Menschen sehen, der tot ist. Helllebendig hier, als wäre er anwesend – nein er ist anwesend.

In Emmaus geschieht das den beiden verzweifelten Jüngern. Aber das wird nicht mit Worten gesagt. Die Sprache reicht nicht aus. Ein Brot tut es. In dem Brot, das ihnen gereicht wird, erkennen sie ihn wieder. Und die Wirkung dieses Anblicks wird sie selbst verwandeln.

Darüber kann man nur schwer reden. Und doch erkennen wir kraft dieser Erzählung die Augenblicke wieder, die eine Wirkung auf uns haben, so dass wir verwandelt werden. Das ist nicht immer etwas, was man mit Worten sagen kann. Die Sprache reicht nicht aus. Ein unerwarteter Besuch genügt. Eine stille Morgendämmerung, ehe die Großstadt erwacht, reicht aus. Ein scharfes Frühlingslicht über den noch welken Feldern. Ein Anruf. Augenblicke, die voller Bedeutung sind. Die unseren Morgen oder unseren Tag oder unser künftiges Leben verändern, eine neue Richtung geben, uns eine Einsicht vermitteln, eine wertvolle Einsicht.

Augenblicke, die uns zum Leben erwecken, unsere Sinne wecken, so dass wir Bedeutungsschichten erfahren, die uns vorher verschlossen waren und nur schwer zur Sprache kamen – die sich aber jetzt als göttliche Augenblicke deuten lassen, die uns anreden und etwas Entscheidendes bei uns bewirken.

Jetzt aber, kann ich bei mir selbst hören, geht das doch sehr gut. Aber ich rede ja nicht von dem, was geschieht – fasse es nur in Worte. So wie wenn wir ein Gemälde von der Mahlzeit in Emmaus betrachten, wo Jesus in einem verklärenden Licht sitzt, das seinen Schein in die Finsternis der Jünger wirft. Ein Gemälde betrachten ist nicht dasselbe wie das zu erfahren, was geschieht.

In Emmaus geschieht es. Das wird uns erzählt. Damit wir es vor uns sehen können. Und hoffen, dass es für uns geschieht.

Die beiden verzweifelten Jünger werden verwandelt in der Begegnung mit dem Auferstandenen. Sie erkennen ihn wieder an dem Brot, das ihnen gereicht wird. Da wird er sichtbar für sie. Einen kurzen Augenblick. Dann ist er weg.

Sie sehen, was sie zuvor nicht sehen konnten.

Kann das auch für uns geschehen? Können wir ihnen auf ihrem Weg folgen? Können wir uns mit ihnen an den Tisch setzen? Sind wir es, die sagen: Bleibe bei uns! Es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt.

Ihre Augen öffnen sich, und sie verstehen das, was sie vorher nicht verstehen konnten, als sie miteinander sprachen, und auch nicht, als er ihnen folgte und ihnen die Schrift auslegte. Die Sprache reichte nicht aus. Drang nicht durch. Sie hatten nicht den Schlüssel, es zu verstehen.

Den erhielten sie, als er das Brot brach. In dieser Geste erkannten sie ihn wieder. Da war er gegenwärtig.

Und der Anblick schuf eine Klärung. Was zuvor keinen Sinn machte, wurde nun verständlich.

Die Bedeutung, die im Brot lag, gab dem allem einen Sinn. All dem, was geschehen war. Nicht nur in Jerusalem – dass Christus leiden und sterben und in seine Herrlichkeit eingehen sollte. Sondern auch das, was auf dem Wege geschehen war. Brannten unsere Herzen nicht in uns. Alles öffnete sich. Und machte zugleich Sinn. Auch was in ihnen selbst vor sich ging, machte nun Sinn. Das, was zerbrochen war, was sie verloren hatten, der Glaube, der nun in ihren Herzen brannte.

Nun konnten sie zurückkehren und über das reden, was man nicht erklären kann, all das, worüber man nur schwer reden kann, weil unsere rationelle Vernunft uns schwerfällig und unverständig macht für das, was in einem logischen Sinne nicht zusammenpasst, was Widersprüche und Ambivalenz enthält.

Nun können sie selbst mitreden, weil sie es erfahren haben. Dort am Tisch in Emmaus.

Sie waren unverständig und schwerfällig gewesen. Auch wenn sie den Zusammenhang nicht erklären konnten, wussten sie nun, dass das, was geschehen war, geschehen war. Er war gestorben, und es war, wie die Frauen gesagt hatten: das Grab war leer, wie die Engel zu den Frauen in einer Erscheinung gesagt hatten: Er lebt.

Sie hatten ihn darum gebeten, bei ihnen zu bleiben. Sie wollten nicht allein gelassen werden mit ihrer Trauer und Verzweiflung. Er war so weit weg – und so nah. Er war nicht da. Er war tot und begraben. Und dennoch war er mitten unter ihnen. Er ist nicht hier. Und doch ist er hier. Als die verwandelnde Kraft der Auferstehung.

Darum feiern wir Gottesdienst. Hier am Tage danach. Am Ostermontag und an all den Sonntagen seit diesem Tag, als sie verzweifelt Jerusalem verließen und nach Emmaus gingen.

Wir sind dabei auf dieser Wanderung nach Emmaus.

Wir haben Kirchen gebaut, um ihn einzuladen.

Bleibe bei uns, denn es will Abend werden und der Tag hat sich geneigt! Wir setzen uns an den Tisch und teilen das Brot. Gib dich zu erkennen. Lass die verwandelnde Kraft der Auferstehung uns Augen geben, die mit den Herzen sehen, die brennen, und wir spüren, dass wir nicht allein gelassen sind. Auch wenn wir fortgehen von hier.

In ihm haben wir den Schlüssel, der uns die Schrift aufschließt, der uns aufschließt für das Leben, das uns entgegenkommt, dass wir unsere Unverständigkeit und Schwerfälligkeit hinter uns lassen und die Zeichen deuten, die göttlichen Augenblicke, in denen wir hören können, dass das Leben uns ruft. Uns zurückruft.

Frohe Ostern! Amen.

Pastorin Eva Tøjner Götke

DK-5230 Odense M

Email: etg(at)km.dk

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