Ein Bild der Hochzeit zu Kana

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Ein Bild der Hochzeit zu Kana

Predigt zu Johannes 2:1-11 |  verfasst von Ralf Reuter |

Was für ein Bild! Man müsste es als Gemälde haben. Von einem Maler gemalt. Großflächig, farbenstark. Und aufhängen. Zuhause in den Flur. Nicht unbedingt ins Schlafzimmer. Eher in die Wohnküche. Oder ins Büro. Besser noch ins Arbeitszimmer. Am liebsten an die Wand hinter den Schreibtisch. Da wäre es in den Videokonferenzen zu sehen. Mein Hintergrundbild.

Wie stelle ich es mir vor? Die vielen Einzelheiten der Hochzeit. Es war der dritte Tag. Die Mutter Jesu war da. Und Jesus mit seinen Jüngern. Dann geht der Wein aus. Die Mutter versucht, ihren Sohn zu aktivieren, er solle helfen. Der will nicht recht. Trotzdem beauftragt die Mutter die Dienerschaft, auf ihn zu hören. Und er sagt: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser.

Ich denke an die abgesagten Hochzeiten. Alles war vorbereitet. Die Einladungen raus, der Pastor informiert, Essen und Trinken bestellt. Doch die Kirchen waren zu. Wo sie wieder öffneten, konnten nur wenige teilnehmen. Das große Fest war nicht möglich. Es hätte eine Mutter geben müssen, die ihm Bescheid sagt, damit er hilft.  Ich hätte ein solches Bild gebraucht, das hinter mir hängt und von dem Brautpaar gesehen wird, wenn es absagen will.

Doch es dürfte kein konkretes Bild von einer Hochzeit werden. Dazu sind die Hochzeiten im Leben zu verschieden. Mit Hochzeiten habe ich auch in der Wirtschaft zu tun. Wenn zwei zusammengehen, ein Unternehmen gründen, einen Hof bewirtschaften, einen Laden aufmachen, eine Beratung eröffnen. Keine gute Zeit jetzt, in diesem Coronawinter. Immer zwischen Bangen und Hoffen. Die Psyche leidet. Wie auf der Hochzeit zu Kana.

Da füllten sie die Krüge bis obenhin mit Wasser. Die Vorbereitungen für das neue Jahr. Jetzt in das Studium einsteigen, die Aufgabe beginnen, eine neue Lebensphase angehen. Mit gutem Mut. Was gab es alles für Mütter, die bisher halfen! Eltern, Lehrer, Freundinnen, auch Institutionen, immer haben sie wie die Mutter Jesu alles für einen arrangiert. Doch es braucht noch mehr, es braucht ein Jesuswort.

Jesus, die schwierigste Stelle im Bild. Sie übersteigt meine Phantasie. Hier ist er noch jung, doch das bleibt er offenbar immer. Kann man ihn überhaupt als Mann malen? Ich weiß nur, mit den Bildern von Jesus, das geht immer schief. Besser ungegenständlich malen, und doch persönlich. Denn so ein Bild, wo Jesus spricht: Füllt die Wasserkrüge mit Wasser, das hat Folgen. Da wird göttliches Gelingen ins menschliche Bemühen gegossen.

Ein Bild, in dem ich die Wirklichkeit erkenne, meine aktuelle Situation, und darin zugleich die Herrlichkeit Gottes. So ungefähr müsste dieses Bild von der Hochzeit zu Kana werden. Müsste mir eine Projektion von Zukunft eröffnen, die mein Vermögen übersteigt. Die mich mit hineinnimmt ins Leben Gottes. Und die die eigenen Schritte, Gedanken, Aktivitäten, Arrangements leitet. Sie ins Gelingen zieht, wo eigentlich noch nichts zu sehen ist.

Ein kaum zu glaubendes Bild. Der Speisemeister als guter Wirt wird erst einmal böse, unterstellt dem Bräutigam Täuschung. Ihr habt den guten Wein zurückgehalten, was soll das? So wie wir oft alles in den ersten Auftritt legen. Der junge Schwung einer ersten Pfarrstelle, später wird alles zäher. Die Anfänge einer Liebe, als die Kinder klein waren, Zeiten des gemeinsamen Erlebens. Hier anders, der gute Wein erst im Fortgang der Hochzeit. Was haben wir im Leben noch vor uns?

Natürlich stelle ich mir ein Bild vor, das Zuversicht ausstrahlt. Vielleicht noch mehr, das Möglichkeiten aufzeigt. Ein Bild, das die Kraft des Glaubens entfaltet, das neue Wirklichkeit entstehen lässt. Als Bild. Mehr ist nicht da. Im Januar 2021 ist nichts zu sehen von der Zukunft dieses Jahres. Und doch will es werden. Gott ist anwesend wie der junge Jesus, wie seine helfende Mutter, wie die begleitenden Jünger, wie das Brautpaar und die Gäste, und die Dienerschaft.

Ja, die Diener, die das Werden von Wasser zu Wein unmittelbar mitbekommen haben, wie kommen die eigentlich ins Bild? Sie sind wichtig. Wie immer die Mitarbeitenden wichtig sind in den Gemeinden, in den Unternehmen. Unverzichtbar, auf Augenhöhe, das Personal in Kindergärten und Schulen, in Kliniken und Einrichtungen. Und all die Menschen, die einen zuhause begleiten. Göttliche Wunder geschehen vor ihren Augen. Sie gehen durch die Hände, die sich einsetzen.

Zu malen ist das nicht. Oder doch? Wo wir alles getan haben, und Gottes Zutun dieses erst in ein Bild des Lebens setzt? Ein Bild, das dann über allen menschlichen Einsatz hinaus die Hochzeit gelingen lässt? Wo das Relative, das Unvollkommene, trotz allem ernsthaften Bemühen, diesen Jesus und seine Bilder braucht, um die ganze Liebe Gottes sichtbar zu machen. Wo aus Wasser Wein wird, wo die Hochzeit weitergeht, wo dieses Jahr 2021 unser Jahr Gottes wird.

Mit einem Bild im Hintergrund könnte ich dieses immer wieder sehen lernen. So stelle ich mir die Wirkung vor. Im Homeoffice, in der Online-Konferenz, hinter mir, von allen gesehen. Ich bin in meinem kleinen Bild mit diesem Hintergrund dabei, erkenne mich darin. Und in mir die Möglichkeiten, die Zukunft Gottes mit meinem Leben. Wie es dann in die Räume der anderen gesendet wird und neue Räume eröffnet. Meinem Partner und Partnerin, den Mitgeschöpfen in ihrer ganzen Schöpfungssituation. Als Botschaft des Glaubens.

In der Eingangshalle von Unternehmen und Einrichtungen, über dem Esstisch in der Wohnküche. Selbst ins Schlafzimmer passt es. Immer nur unaufdringlich, leicht spielerisch, im Hintergrund wirkend und doch wirklichkeitsgestaltend. Die Fülle des Weines ist des Herrn. Mein ist das Wasser, sind der Gebrauch der Krüge, die Weisheiten der Tradition, der Schwung des Neuen, das Arbeiten mit anderen, der Einsatz der Kräfte. Mein wird das Jahr, mein werden die Möglichkeiten, mein wird die Erfüllung, wo Jesus mit seinem Wort dabei ist. Er transformiert diese Welt in seine Zukunft.

Ja, so lasst uns Bilder in Auftrag geben. Bilder des Lebens, der Bibel, die uns begleiten können. Die nicht zu deutlich das begrenzt Menschliche auftragen. Die uns nicht mit scheinbarer Klarheit beengen. Die immer auch das Kommende, die Zukunft des Ewigen beinhalten. Als das bei Gott Mögliche. Wo die Hochzeit gefeiert werden kann, auch wenn der Wein ausgeht. Wo das Leben noch einmal in einem ganz anderen, himmlischen Licht erscheint. Ganz vorsichtig auch: Wo Christus der Bräutigam ist, die Christenheit die Braut.

Es sind Bilder, wie wir sie Sonntag für Sonntag in der Kirche vorgelesen bekommen. Bilder, die in uns wirken, die uns eine ganze Woche begleiten. Doch die Hochzeit zu Kana bleibt für mich einzigartig. Es ist im Johannesevangelium das erste Zeichen von Jesus. In ihm erstrahlt seine Auferstehung, am dritten Tage. Mit einem Mal ist alles anders. Gottes Herrlichkeit ist in der Welt angekommen. Von ihr her deutet sich die Wirklichkeit und wandelt sie von Wasser zu Wein. Mein Vorhaben für das neue Jahr: Ein Bild der Hochzeit zu Kana.

Pastor Ralf Reuter

Göttingen

E-Mail: Ralf.Reuter@evlka.de

Ralf Reuter, Pastor für Unternehmensleitungen und Führungskräfte der Wirtschaft, Ev.-luth. Landeskirche Hannovers, und zugleich Pastor an der Friedenskirche Göttingen

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