1.Samuel 2,1ff

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1.Samuel 2,1ff

Ostersonntag | 31.3.2024 | 1.Samuel 2,1ff | Suse Günther |

Die Gnade unseres Herrn Jesus Christus und die Liebe Gottes und die Gemeinschaft des heiligen Geistes sei mit euch allen. AMEN

Hanna betete und sprach:

Mein Herz ist fröhlich in Gott,

mein Haupt ist erhöht in Gott,

mein Mund hat sich weit aufgetan wider meine Feinde,

denn ich freue mich Deines Heils.

Es ist niemand heilig wie Gott, außer Dir ist keiner,

und es ist kein Fels, wie unser Gott ist.

Gott tötet und macht lebendig,

er führt hinab zu den Toten und wieder hinauf.

Gott macht arm und macht reich,

er erniedrigt und erhöht,

er hebt den Dürftigen aus dem Staub

und erhöht den Armen aus der Asche,

dass er ihn setze unter die Fürsten

und den Thron er Ehre erben lasse.

Denn der Welt Grundfesten gehören Gott

Und er hat die Erde darauf gesetzt.

Gott, gib uns ein Herz für Dein Wort und nun ein Wort für unser Herz. AMEN

Liebe Gemeinde!

Hannahs Lied, das wir eben als Predigttext gehört haben, ist etwa 600 Jahre vor Jesu Geburt entstanden. Sie mögen sich vielleicht fragen, warum wir einen solchen Text am Osterfest, an dem wir uns über Jesu Auferstehung freuen, hören.

Ich möchte Ihnen dazu Hannahs Geschichte erzählen, wie sie uns im ersten Buch Samuel überliefert ist:

Wie in der Zeit des Alten Testamentes nicht unüblich, hatte Hannahs Mann noch eine zweite Frau, Penina. Diese hatte viele Kinder, während Hannah jahrelang kinderlos blieb.

Im vorderen Orient bedeuteten – und bedeuten bis heute – Kinder Reichtum. Wer viele Kinder hat, gilt als gesegnet.

Vielleicht hat Penina Hannah deren Unterlegenheit spüren lassen. So muss Hannah nicht nur mit der Trauer darüber fertig werden, keine Kinder zu haben. Sondern auch noch mit dem Spott der Nebenbuhlerin. Vielleicht auch mit dem Gerede der Leute.

Hannahs Mann verspürt Mitleid mit ihr, versucht, sie zu trösten. Aber auch das kränkt Hannah, denn sie will ja nicht bemitleidenswert sein, sondern als vollwertige Frau anerkannt. Und das war man in ihrer Umgebung eben nur mit Kindern.

In ihrer Verzweiflung geht sie in das Heiligtum in Silo, um dort zu beten und Gott um Hilfe zu bitten. Sie muss das aber so auffällig getan haben, dass der zuständige Priester dachte, er habe es mit einer Betrunkenen zu tun.

Ich denke, man kann Hannahs Verzweiflung nachvollziehen.

Glücklicherweise lässt es Eli, der Priester, aber nicht bei dem ersten Urteil bewenden, sondern stellt Hannah zur Rede.

So bekommt sie Gelegenheit, ihre Geschichte zu erzählen, ihr Leid auszusprechen.

Eli macht ihr nun nicht nur Mut, sondern gibt ihr auch gleich noch eine Weissagung mit auf den Weg. ER sagt: „Gott wird deine Bitte erfüllen, die du an ihn gerichtet hast.“

Wie er zu dieser Gewissheit kommt, geht aus dem Text nicht hervor. Dort steht nur zu lesen, dass Hannah getröstet wieder nach Hause geht und dass tatsächlich bald ein Kind unterwegs ist. Diesem Kind gibt Hannah den Namen „Samuel“ – zu deutsch: Gott hört. Um Gott zu danken, verspricht sie, ihren Sohn Samuel in Gottes Dienst zu stellen. Er wird Priester, ausgebildet von Eli, der Hannah in ihrer Verzweiflung Mut zusprach.

Samuel wird später ein wichtiger Prophet, überhaupt erster namentlich erwähnter Prophet. Er wird Saul und David zum König salben.

Hannah gibt ihrer Freude Ausdruck, in dem sie wieder zum Heiligtum geht und dort Gott dankt mit den Worten des Liedes, das wir heute als Predigttext gehört haben:

Mein Herz ist fröhlich in Gott,

ich darf mit hocherhobenem Haupt durch die Welt gehen,

ich darf laut reden und allen, die mich verachten etwas entgegnen,

Gott ist heilig, er ist mein Fels, niemand ist wie Gott.

Gott tötet und macht lebendig,

er führt hinab zu den Toten und wieder hinauf,

er macht arm und macht reich,

er richtet die auf, die am Boden liegen.

Worte des Jubels sind das, Hannahs Leben hat sich grundsätzlich gewandelt. Ihr, die keine Hoffnung mehr hatte, sind die Tore zu ganz neuem Leben geöffnet.

Kennen Sie eine solche Erfahrung? Die ganz große Freude darüber, dass etwas noch einmal gut gegangen ist? Dass sich das Blatt noch einmal gewendet hat und wieder Grund zur Hoffnung besteht?

Und ist es nicht so: Wir verspüren die Freude über eine so wunderbare Entwicklung im eigenen Leben besonders dann, wenn vorher alles aussichtlos erschien. Im Alltag, wenn alles einigermaßen rund läuft, fällt etwas besonders Schönes gar nicht ins Gewicht. Aber nie sind wir beispielsweise so glücklich über unsere Gesundheit, wie nach einer überstandenen Krankheit.

Und so ist es wohl kein Zufall, dass Hannah in ihrem Lob beides nebeneinanderstellt:

Gott tötet und macht lebendig,

er führt hinab zu den Toten und wieder hinauf.

Er macht arm und macht reich,

er erniedrigt und erhöht.

Hannah hat beides erlebt. Und sie hat auch erlebt, dass sie auf beides wenig Einfluss hatte. Gott hält ihr Leben in der Hand, teilt Schönes und Schweres zu, so sieht sie das.

Vielleicht kennen Sie auch dies aus eigener Erfahrung: Entscheidende Dinge haben sich ohne unser Zutun ergeben. Klagen werden laut, wenn uns Schlimmes zugemutet wird. Und das darf auch so sein. Auch Hannah klagt Gott ihr Leid im Tempel. Vielleicht hat sie ihn sogar angeklagt: „warum mutest Du mir das zu, Gott?“ Auch Jesus am Kreuz flüchtete sich in die Psalmworte: „mein Gott, warum hast Du mich verlassen“ Ja, es gibt sie, diese Klagelieder. Wir dürfen sie nachsprechen. Aber dann gibt es eben auch die guten Zeiten, manchmal völlig überraschend. Ein Wunder, so mag es scheinen. Etwas, das uns unverhofft und unverdient zuteilwird. Das wir uns nicht selbst haben machen können. Geschenk. Alle, die sich jahrelang ein Kind wünschen, wissen davon ein Lied zu singen, auch in unseren Zeiten ein Danklied, wenn der Wunsch dann doch wahr wird.  Auch das dürfen wir in Worte fassen.

Hannah dankt. Sie fühlte sich dem Tod nahe und nun lebt sie. Sie hat dieses Kind, Samuel, bekommen. In kaum einer menschlichen Situation liegen Tod und Leben so nah beieinander wie bei einer Geburt. Hannah hat Grund zu danken. Wir haben ihn oft auch. Lassen wir solche Situationen nicht verstreichen, es ist wichtig, den Dank auch auszusprechen. So wie es die ganz große Wende in Hannahs Leben herbeiführte, dass sie ihren Kummer aussprach. Es ist wichtig, das zu benennen, was belastet. Nur so können die dunklen Schatten vertrieben werden und halten einen nicht länger gefangen.

Hannah hat Glück gehabt. Eli hat sie angesprochen. So fand sie den Weg aus ihrer Einsamkeit und Schweigsamkeit. Mag sein, dass allein die neu gewonnene Offenheit für das Leben schon geholfen hat, ein Kind zu bekommen. Und sicher war es auch Hannahs Glück, dass sie in Zeiten, in denen mit Menschen nicht reden konnte, ihren Ansprechpartner in Gott hatte. Ihm konnte sie Freude und Kummer mitteilen.

Wo finden wir uns in dieser Geschichte wieder? Manchmal geht es uns vielleicht wie Hannah. Mit wem können wir dann sprechen, wenn das Herz übervoll ist? Wem das klagen, was uns in diesen Tagen belastet? Wo hoffen wir auf einen neuen Anfang, auf Auferstehung?

Vielleicht möchte Gott uns auch dazu gebrauchen, Auferstehung möglich zu machen für andere, die am Boden zerstört sind. Ja, vielleicht liegt im Osterfest auch ein Auftrag an uns alle, andere nicht am Boden liegen zu lassen. Vielleicht hat Gott auch eine gute Wendung in unserem Leben herbeigeführt, uns wieder ganz neu lebendig sein lassen, damit wir dieses Leben weitergeben? So wie Eli, der genau hingesehen und hingehört hat. So wie die Frauen am Ostermorgen, die den Weg zum Grab nicht gescheut haben: Sie dachten, sie würden dem Tod ins Auge schauen und wurden stattdessen Zeuginnen eines Wunders.

Menschen, die den Weg nach unten nicht scheuen: es gibt sie auch in unseren Tagen. LKW-Fahrer, die seit Tagen mit Hilfsgütern an den Grenzen zu Gaza ausharren. Die dann endlich hereingelassen werden, und ihren gefährlichen Weg beginnen. Ärzte und Ärztinnen, die in Kriegsgebieten nicht aufgeben, um Kinder zu retten. Kinder, die gewünscht wurden. An denen das Herz ihrer Eltern hängt. Die uns allen ans Herz gelegt sind und uns alle angehen. Wer mit Kindern zu tun hat, der weiß: So manches Kind spricht geradezu prophetische Worte zu uns. Wir staunen dann und lachen. Fragen uns, woher es das weiß, fühlen uns durchschaut. Und korrigieren auch einmal unsren Weg.

Wenn wir an Ostern Auferstehung feiern, so bedeutet das auch für uns alle, aufzustehen. Nicht locker lassen wie Hannah. Sich auf den Weg machen wie die Frauen am Grab. Aufstehen für das Leben.

Es möchte dann wohl möglich sein, dass auch wir Zeugen eines Wunders werden. Aber aufstehen und losgehen müssen wir selbst. Wir werden angesprochen, wir werden gebraucht. Die Kinder dieser Welt sind ein Reichtum, der uns allen gegeben ist. Denn was aus diesen Kindern einmal werden wird, welche Rolle sie für uns und unsere Erde einmal spielen können, das erleben wir ja nur, wenn wir sie aufwachsen lassen. Dafür lohnt sich jeder Einsatz und ist gesegnet.

Möchte mit Ostern neues Leben möglich werden für uns und andere. Ich werde nicht aufhören, Gott diese Bitte vorzutragen. Die Schritte zu tun, die ich dazu beitragen kann und mein Lied zu singen. AMEN


Suse Günther

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