Johannes 1,1-14

Johannes 1,1-14

Christfest I | 25.12.2023 | Johannes 1,1-14 (dänische Perikopenordnung) |  Elof Westergaard |

Die Geburt Jesu und der Beginn aller Dinge

Das Wort ward Fleisch, schreibt der Evangelist Johannes. Das heißt: Gott ist Mensch geworden in Fleisch und Blut. Das ist das Geheimnis der Weihnacht: Die Geburt Jesu: „Das Wort ward Fleisch und wohnte unter uns, und wir sahen seine Herrlichkeit … voller Gnade und Wahrheit“.

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Die Sprache hat ihre Begrenzungen, aber es kann passieren, dass Buchstaben und Worte etwas ganz Besonderes schaffen können, etwas grundlegend Wesentliches zum Ausdruck bringen können und dabei geradezu zu ein magisches Mittel werden.

So ist es mit dem Johannesprolog, der die Art und Weise des Johannes ist, in der er die Weihnachtsgeschichte formuliert und zugleich die Bedeutung der Geburt Jesu zum Ausdruck bringt.

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Man denke sich, das sehen zu können, was Johannes sah, als er diese Einleitung zu seinem Evangelium formulierte.

Johannes sieht die Geburt Jesu als eine neue Schöpfung und einen neuen Beginn. Weihnachten ist für ihn ein Ereignis, das zeigt, wie die Finsternis niemals das Licht überwindet; dass Krieg und Gewalt nicht das letzte Wort haben werden. Er bringt zum Ausdruck, wie die Wahrheit ist, dass die Liebe Gottes das Größte ist von allem, Kraft und der Wille Gottes zu Versöhnung und Frieden.

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Wenn ich von der Möglichkeit der Sprache rede und dass die Sprache ein magisches Instrument sein oder werden kann, habe ich das eigentlich von dem griechischen Dichter Odysseus Elytis, der in seiner Rede anlässlich der Überreichung des Nobelpreises für Literatur eben die Sprache – trotz all ihrer Begrenzungen – als ein magisches Instrument bezeichnete.

Sprache, Wort, Rede und Sätze können von entscheidender Bedeutung sein. Sie können wecken, inspirieren, ausweiten und erneuern.

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Die Worte des Evangelisten Johannes erweitern die Entstehung von Bildern zu Weihnachten.

Der Evangelist Lukas – dessen Bericht wir gestern gehört haben – öffnet für die nahe Welt. Das ist die Erzählung von den Hirten auf dem Felde. Hier riecht es nach Schafen und Ziegen – und Hunden, die bellen. Hier sind Hirten, die in derselben Kleidung arbeiten und schlafen und die gewohnt sind, das Wetter zu lesen, weil sie den größten Teil des Jahres im Freien arbeiten. Sie finden das Kind in der Krippe und hören den Gesang der Engel.

Der Evangelist Matthäus erweitert die Geschichte, indem er von den Weisen erzählt, die von weither kommen, sie suchen und erforschen den nächtlichen Himmel. Die Weisen sind lange gewandert, erst haben sie sich verirrt, aber der Stern zeigte ihnen den rechten Weg, und sie fanden den Ort in der Welt, wo der Königssohn geboren wurde.

Mit Lukas und Matthäus wird damit deutlich, dass die Geburt Jesu nah und fern angeht, ja dass die Botschaft der ganzen weiten Welt gilt, so wie es die Engel auch zur Weihnacht sangen.

Was der Evangelist Johannes nun dazu beiträgt, ist dies, dass Weihnachten in einen kosmischen Zusammenhang gestellt wird. Johannes verbindet die Geburt Jesu mit dem Beginn aller Dinge, mit dem Schöpfungsbericht, und er sieht in seinem Licht auch einen Kampf zwischen Schöpfung und Chaos, zwischen Licht und Finsternis. Ein Kampf, der immer mit dem Sieg des Lichts enden wird. Und nun ist das Licht zudem geboren und in einem kleinen Menschenkörper in die Welt gekommen,

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Das Licht der Weihnacht ist ein Licht in Bethlehem, ein Licht in der Finsternis des Winters, aber es ist auch die Schöpfung einer neuen Welt, einer neuen Zeit. Das ist eine Geburt, die nicht nur erwartet ist, sondern auch Hoffnungen mit sich bringt für alle kommenden Generationen.

Die Gebote Gottes im Alten Testament waren in Steintafeln gehauen, und Propheten verschlangen Gottes Bücher und konnten Gottes Wort, seinen Willen und seine Liebe zur Sprache bringen, aber Weihnachten ist ein Neubeginn, signalisiert einen neuen Bund insofern als Gott nun in die Welt kommt, uns begegnet in dem kleinen Kind in der Krippe in Bethlehem. Her soll das licht herbeirufen. Er verkündet die Nähe des Reiches Gottes und öffnet das Paradies.

Mit anderen Worten ist Jesus der, der in Fleisch und Blut die Nähe Gottes verwirklicht und Versöhnung schafft. In ihm findet der Mensch die Hoffnung.

Die Größe Gottes liegt nun nicht mehr in der Fähigkeit Gottes, Bäume umzuwerfen und zu donnern, aufzubrausen und zornige Blitze zu senden. Seine Größe besteht vielmehr in seinem Willen, uns nahe zu sein, sein Wort in alle Winkel zu bringen, selbst in Krippe und Stall. Das ist ein Mysterium, ein Rätsel, aber es ist zugleich die Hoffnung, die die Freude beflügelt. Frohe Weihnachten. Amen.

Bischof Elof Westergaard

Korsbrødregade 7, DK-6760 Ribe

Email: eve(at)km.dk

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