Lukas 19,1-10

Lukas 19,1-10

7. So. n. Trinitatis | 23. Juli 2023 | Lk 19,1-10 (dänische Perikopenordnung) | Elof Westergaard |

Zachäus ist ein kleiner Mann, er ist auf einen Maulbeerbaum geklettert, um Jesus überhaupt sehen zu können.

Jesus ist in die Stadt gekommen, und als er am Maulbeerbaum vorbeikommt, blickt er nach oben, sieht wie der Kopf von Zachäus zwischen den Blättern hindurchscheint, und Jesus sagt zu ihm: „Steig eilend herunter, denn ich muss heute in deinem Haus einkehren“.

Die Freude von Zachäus ist doppelt: Eine Freude darüber, gesehen und entdeckt zu werden. Eine Freude darüber, dass Jesus in seinem Haus einkehren will.

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Von außen und von ferne betrachtet ist die Erzählung von diesem Geschehen wirklich etwas, was Mut und Hoffnung weckt.

Jesus kehrt ein bei einem Mann, Zachäus. Das ist ein Mann, der leicht in der Menge verschwindet, und er ist ein Mann, der wegen seines Berufs sogar sehr schlecht angesehen und wenig akzeptiert ist in der Stadt. Das heutige Evangelium ist somit eine Erzählung, die jedem von uns Mut machen will. Ein Besuch, trotz all unserer Mängel, ist nicht ausgeschlossen. Wie allein wir uns auch fühlen mögen, Gott sieht uns, und die Hoffnung ist deshalb nicht vergebens.

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Lasst mich einen Sprung machen in Raum und Zeit. Der isländische Autor Hallgrímur Helgasøn erzählt in seinem schönen und starken Roman 60 Kilo Sonnenschein[1] von einer Reihe von Menschenschicksalen, von der harten isländischen Gesellschaft um das Jahr 1900 und der Entwicklung, die sich damals vollzog.

Ein kleines Ereignis in dem großen Roman ist, dass die lokale Kirche eines Tages vom Wind weggeweht wird. Sie verschwindet draußen im Meer, und es gelingt nicht, sie zu retten. Nun vergeht eine Zeit, wo man keine Kirche hat.

Geschichten sind im Umlauf, und der Autor schreibt:

Ja, was war da eigentlich im Gange? Das Leben auf der Halbinsel begann zu blühen in dem Augenblick, als die Kirche verschwand. Der Pfarrer wurde Komponist … und Nyvoll hatte aufgehört zu saufen!

Das Leben geht also so gesehen ganz gut ohne eine Kirche, ja. So heißt es bei einigen, es ist so gesehen nur besser geworden, als die Kirche verschwand.

Eine neue Kirche wurde jedoch zum Glück gebaut und 19 Monate später eingeweiht, und bei dieser Einweihung sollten sowohl eine Taufe, eine Konfirmation und eine Trauung stattfinden.

Abgesehen von der Bedeutung dieser Amtshandlungen, so scheint das ganz Besondere darin zu bestehen, dass hier in der neuen Kirche wie in der alten alle, Reiche und Arme, schlecht und gut Angesehene zusammenkommen können. Die Kirche ist das Haus, wo sich alle versammeln können. Hier sind alle eingeladen, und man sieht sie hier zusammen, die gleich hinausgehen in ihr verschiedenes Leben. Hier in der Kirche ist die Gemeinschaft inkludierend und größer als die Gemeinschaft, die die Menschen meist bilden in ihren eigenen Kreisen. Das ist es, was die Kirche und der Gottesdienst können – Gemeinschaft über alle Grenzen schaffen, und dies ganz gleich ob da viele oder wenige kommen. Hier werden wir daran erinnert, dass uns mehr eint als uns trennt.

Das wird auch Zachäus deutlich an diesem Tag, als Jesus vorbeikommt. Das Gesicht, das Zachäus zwischen den Blättern des Baumes sah und sich selbst bei ihm einlud. Darin ist auch Hoffnung für uns. Amen.


Bischof Elof Westergaard

Ribe – Dänemark

Email: eve(at)km.dk


[1] 2018, deutsch Stuttgart 2020-

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