Mt 21,28-44

Mt 21,28-44

20. So. n. Trinitatis | Mt 21,28-44 (dänische PO) | Anders Kjærsig |

Kleine Aphorismen und kleine evangelische Unterschätzungen

Ich liebe langsame Texte, langsame Musik ohne Puls. Langsame Gottesdienste, die rechtzeitig enden. Langsamer Gang zu einem Bus, den man nie erreicht; langsam und rechtzeitig. Das gefällt mir sehr.

Ich vermisse die Leiblichkeit der Literatur, ihre Gegenwart mit kleinen Leckereien, die einem nicht bewusst sind. Ich vermisse die Schrift, die von jeder Reise zurückkehrt; die Möglichkeit, Sprache und Körper in einer Passage von Finsternis verschwinden zu lassen; ich vermisse die Stimme des Lichts, das den Himmel an einem Novemberabend leckt. Ich vermisse Pflaumen, die ungeduldig schwer an den Zweigen hängen ohne Vorwarnung; vermisse  eine Rose, rot in einem grünen Garten aus Erde und Gras; vermisse die Möglichkeit für Nüsse, die auf  den eigenen Ausbruch warten.

Das Alter ist kein Problem, aber die Sprache ist eines. Das erst erste nimmt mir die Jugend, die letztere das Alter. Der Körper vergeht, die Sprache bleibt.

Ich sah eine Frau heute ganz nahe. Sie erinnerte mich an eine Bekannte: das Gesicht, die Hände, der Gang. Etwas kokett und schüchtern und dennoch bestimmt und einnehmend. Sie hatte ein Kleid an, ein leichter Lippenstift umringt ein Lächeln, das nicht bereute, dass sie in der Welt war. Ich sah, dass sie eine kleine Packung Kekse im Supermarkt hinter mir in der Hand hatte, sie hielt sie an ausgestrecktem Arm. Die Liebkosungen der Hand und das Lächeln flossen zusammen, ich verlor mich selbst einen kurzen Augenblick bodenlos. Sie würde ich nie vergessen, das Lächeln, der Nagellack diskreten Typs, etwas rote Wangen waren da auch und für den Anlass gefärbtes Haar. Sie gefiel mir.  Die Verliebtheit will in diesen Tagen kein Ende nehmen.

Ich habe nie verstanden, wie mein Leben sich über Nacht ändern kann, Luther mit dem Gewitter, Grundtvig mit seinem Gegner Professor Clausen, Løgstrup mit abgelehnten Doktorarbeiten, Thorgaard mit Kafka, Sløk mit seinem Vater und Kjeld Holm mit Sløk und Holm und seinem Nächsten – the never ending story.

Der Supermarkt hinter mir hielt stand mit ausgestrecktem Arm. Die Liebkosungen der Hand und das Lächeln in einem, und ich verlor mich selbst einen kurzen Augenblick bodenlos. Sie werde ich nie vergessen, das Lächeln, den Nagellack diskreten Typs, etwas Rot auf den Wangen war das auch und für den Anlass gefärbtes Haar. Sie gefiel mirDie Verliebtheit wollte an diesen Tagen kein Ende nehmen.

Makrele in Tomatensoße aus Sæby, dazu Starkbier, das gibt eine unangenehme Gnade. Denk nur, dass jemand mit dir Nachsicht übt und dich in Ruhe lässt. Da weht ein frischer Wind von meinem Atem, der spuren hinterlässt in der Sprache und an einen Müllplatz erinnert. Da ist eine Frische über den üblen Mundgeruch; hier begegnen sich Menschen von Angesicht zu Angesicht, wenden Leibgerichte auf den Kopf und passen sich den Umgebungen an. Übler Mundgeruch ist eine Art Sozialisation. Hier geht man einander an und geht einander aus dem Wege.

Ich habe nie den Satz verstanden: Lebe das leben. Was ist das?

Woke gibt es nicht im Krieg und der Tour de Franc.

Das Überflüssige ist das Wesentliche. Klein ist gut, und Orte, an die niemand denkt, gibt es genug. Da ist eine Auferstehung in diesem Gedanken, auch wenn sie eine Mischung aus Poesie und Nostalgie ist. Ich weiß, dass es Vejrup nicht gibt als mein Vejrup, dennoch ist Vejrup auch meins. Ich habe viel den Dichter Per Højholt gelesen, aber der war aus Esbjerg,

Ich liebe Ruhe und richtige Augenblicke, Besonders wenn man nicht zu viel erwartet und einem das gegeben wird, was man sich selbst hätte geben können. Wenn eine Möwe das Wasser trifft mit einem zielgerichteten Taucher und dann einen Fisch so verwandelt, dass er nie mehr sich selbst gleicht. Dann ist man unglücklich. Das vergesse ich nie. Amen.


Pastor Anders Kjærsig

5881 Skårup Fyn

Emal: ankj(at)km.dk

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