Matthäus 3,13-17

Matthäus 3,13-17

Estomihi | 19.02.2023 | Mt 3,13-17 (dänische Perikopenordnung) | Poul Joachim Stender |

In Dänemark wird zurzeit diskutiert, ob man die Taufliturgie ändern soll. Viele Pastoren sind der Meinung, dass sie veraltet und für die heutigen Menschen unverständlich ist. Ja was dann? Niemand von uns versteht die Taufe. Wie sollten wir verstehen, wie schön es ist, dass wir in der Taufe das Reich Gottes erlangen. Die Taufe ist ein Mysterium, das man sprachlich nicht erfassen kann. Es ist ein Missverständnis zu glauben, dass man einen sprachlichen Zugang zum Mysterium erlangen kann. Wenn es um ein Mysterium geht, dann geht es nicht darum, dass man es „so direkt sagt, dass es alle verstehen können“. Wenn man den Wortlaut der Taufliturgie zu sehr verändert, verändert man schließlich auch die Theologie. Heutzutage gibt es Pastoren, die etwas dagegen haben, dass wir darum bitten, dass das Kind durch die Taufe ein Kind Gottes wird. Sie meinen, dass alle Kinder der Welt Kinder Gottes sind. Und das ist ein schöner Gedanke. Aber was, wenn das nicht stimmt und wir nur durch die Taufe Kinder Gottes werden? Ich habe das Glück erlebt, dass mein Enkelkind getauft wurde. Und ich bin stolz, dass mein Sohn und meine Schwiegertochter für ihr Kind eine geistliche Entscheidung getroffen haben. Die meisten Eltern werden sicher dafür sorgen, dass ihr Kind gesund ernährt wird, in gute Institutionen und Schulen kommt. Eltern treffen für ihre Kinder viele Entscheidungen. Warum wollen sie dann nicht die geistliche Entscheidung treffen, ihr Kind taufen zu lassen? Wir Eltern bestimmen, welchen Glauben unser Kind haben soll, die Kinder sollen angeblich selbst bestimmen. Welch ein Unsinn. Wir Eltern bestimmen, welchen Glauben unser Kind haben soll. Und ist das Kind im erwachsenen Alter mit unserer Entscheidung nicht einverstanden, steht es ihm frei zu tun, was es will. Es gibt viele gute Gründe, sein Kind taufen zu lassen. Erstens taufen wir, weil Jesus getauft wurde. Wenn er nicht getauft worden wäre, hätten wir keine Taufe. Zweitens taufen wir, weil Jesus es befohlen hat: „Darum gehet hin und lehret alle Völker: Taufet sie auf den Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes“. Und drittens taufen wir, weil wir unsere Kinder so sehr lieben, dass wir ihre Welt so groß wie möglich machen. Sie sollen sich nicht nur über die Welt und alle ihre schönen Gaben freuen. Sie sollen auch die Gaben des Himmels bekommen, ein geistliches Leben, die Geborgenheit, sich geliebt zu wissen von einem Gott der Liebe. Tätowierungen sind sehr modern geworden. Jede Stadt hat eine Stelle, wo man sich tätowieren lassen kann. Aber die schönste Tätowierung kann man hier in der Kirche bekommen. Bei der Taufe zeichne ich ein Kreuz vor dem Gesicht und der Brust des Kindes, so dass alle Getauften begeistert denken können: „Dir Gott har geschrieben das Kreuz seines Lieben vor Stirne und Brust, schon eh du’s gewusst, drum soll dir kein Teufel mehr schaden.“[1] Indem uns und unsere Kinder taufen lassen, entscheiden wir uns für die Liebe und beginnen unseren Widerstandskampf gegen all das Böse in uns selbst und in der Welt.

In der nächsten Woche stehe ich an der Stelle, wo Jesus am Jordan von seinem Vetter Johannes dem Täufer getauft wurde. Sie heißt Qasr el-Yahud. Pilger sind hunderte von Jahren zur Taufstelle Jesu gewallfahrtet, um sich im Fluss taufen oder segnen zu lassen. 1967 brach jedoch der Sechstagekrieg aus zwischen Israel auf der einen Site des Jordan und Syrien, Ägypten und Irak auf der anderen Seite. Das ganze Gebiet wurde vermint mit über 6-7.000 Minen. Fünfzig Jahre lang die Taufstelle verlassen da wie ein zweites Dornröschenschloss. Erst in den letzten Jahren sind die Minen langsam geräumt, und bald werden die verlassenen Kirchen am Fluss wieder öffnen, und Ende dieses Jahres können alle sicher zum heiligen Ort kommen. Mir kommt der Gedanke, dass der Weg zur Taufe heute im Begriff ist vermint zu werden. Wenn wir meinen, dass die Kinder selbst entscheiden sollen, ob sie getauft werden sollen oder nicht, wird die Taufe vollkommen gleichgültig. Eine Masern-Epidemie breitet sich aus, weil die Eltern bedenkenlos ihre Kinder nicht impfen lassen. Was geschieht, wenn die Eltern bedenkenlos ihre Kinder nicht taufen lassen? Kann das zu einer Epidemie von Gottlosigkeit, Geistlosigkeit, Haltungslosigkeit führen in Bezug darauf, dass das Fundament unserer Kultur das Christentum ist? Die Taufe ist vermint durch gefährliche Behauptungen, die Taufe sei nicht besonders wichtig. Aber das ist sie. Die Taufe ist ein Mysterium, ein Aus- und Eingang in die Ewigkeit, dessen Bedeutung unfassbar groß ist. Wenn du im Zweifel bist, ob man sein Kind taufen lassen soll, so taufe es aus reiner Liebe zu Christus und dem Kind.

Einer unserer früheren Politiker behauptet, Taufe und Beschneidung seien dasselbe. Das ist es absolut nicht. Die blutige Beschneidung bei Juden und Moslems können die Jung en nicht rückgängig machen. Sie können die Vorhaut als Erwachsene nicht wiederbekommen. Die Taufe aber kann man rückgängig machen. Als Getaufter ist man frei, auch nach der Taufe etwas anderes zu wollen.  Und eben die Milde der christlichen Taufe, das lauwarme Wasser über dem Kopf des Kindes, die beiden Zeichen des Kreuzes in der Luft, die Gebete der Liebe, die schönen Lesungen von der Gnade Gottes, die Möglichkeit, sich gegen seine Taufe zu entscheiden, zeigen, dass das Christentum eine Religion ist, wo Liebe, Rücksichtnahme, Freiheit, Behutsamkeit gegenüber den Geschöpfen äußerst wichtig sind. Zugleich aber zeigt die Taufe auch, dass die Christen sich in einem Widerstandskampf gegen das Böse befinden, der in der kommenden Fastenzeit intensiviert wird. Denn die Taufe beginnt in Dänemark noch immer damit, dass der Täufling ja sagt zur Entsagung des Teufels und seinen Werken und all seinem Wesen. Und in diesem Widerstandskampf sind wir gut beschützt mit einem geistlichen Panzer. Das sollten wie nie vergessen: „Dir Gott har geschrieben das Kreuz seines Lieben vor Stirne und Brust, schon eh du’s gewusst, drum soll dir kein Teufel mehr schaden.“

Gott befohlen. Amen.

Pastor Poul Joachim Stender
DK 4060 Kirke Såby
pjs(at)km.dk

[1] Aus Grundtvigs Lied ”Schlaf Kindlein und liege“, V. 2, Dänisches Gesangbuch Nr. 674, hier deutsch nach Deutsch-Dänisches Kirchengesangbuch.

de_DEDeutsch