Predigt zu Markus 10,13-16

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Predigt zu Markus 10,13-16

Erster Sonntag nach Epiphanias | Predigt zu Markus 10,13-16 (dänische Perikopenordnung) | verfasst von Poul Joachim Stender |

Lasst die Kinder in Ruhe! Es tut ihnen nicht gut, dass sie sich nie langweilen dürfen. Als ich Kind war, mieteten meine Eltern ein Sommerhaus auf der Insel Langeland. Da saß die Familie drei Wochen lang und sah aus dem Fenster auf den Regen, während wir den Tau auf der Innenseite des Fensters ableckten. Nach solchen Ferien waren alle ausgeruht. Heute machen die Eltern aktive Ferien mit ihren Kindern. Moderne Eltern sind furchtbar rastlos. Die Kinder werden i ganz Europa herumgeschleppt, Legoland, Bonbonland, Tivoli. Was enorm anstrengend ist für sowohl Kinder als auch Eltern. Ich habe in den Zeitungen gelesen, dass viele Kinder gestresst aus den Ferien mit ihren Eltern kommen und einige freie Tage brauchen. Lass doch die Kinder in Ruhe. Wenn sie sich langweilen, lobe sie dafür. Das Beste, was Kinder tun können, ist sich zu langweilen. Wir sind in der Kirche richtig gut darin, Kinder im guten Sinne zu langweilen. Sie können – hier in diesem Raum – die Zeit haben für wilde Gedanken und eine andere Ruhe erleben, eine andere Sprache, eine andere Stimmung, eine andere Architektur und eine andere Kunst – ganz anders als anderswo in der Gesellschaft. Wenn Kinder gar nichts machen, dann vor allem geschieht es, dass sie kreativ werden. Aus nichts kommt alles. Das wissen wir von damals, als Gott die Welt schuf. Da war nichts, und dennoch entstand alles. Viele Kinder haben so viel Spielzeug in ihrem Zimmer, dass sie da gar keinen Platz zum Spielen haben. Das ist wie bei uns Erwachsenen. Wir haben so viele Dinge, dass wir manchmal vor lauter Dingen das Leben nicht sehen können.

Ich nehme mein anderthalb Jahre altes Enkelkind so oft wie möglich mit in die Glyptothek in Kopenhagen und zeige ihm griechische Statuen. Bis er zwei Jahre alt wird, so hoffe ich, kennt er den Unterschied zwischen korinthischen, dorischen, und ionischen Säulen. Letzten Freitag brauchten wir eine Stunde, um uns Gemälde des großen französischen Künstlers Claude Monet anzuschauen. U.a. ein Bild eines schlafenden Jungen, das mein Enkel sehr interessant fand. Er meinte, es sei ein Portrait von ihm selbst. So ist gute Kunst. Man muss sich in ihr spiegeln können. Kein böses Wort über Peppa und Baby, das ist eine nette Filmserie. Aber für die ganz kleinen Kinder soll man sie nur selten verwenden. Der I-pad sagt nicht: Lasst die Kinder zum mir kommen. Das tut Jesus. Ihr Eltern müsst sehen, dass ihr nicht mehr zu tun habt, als ihr wollt. Stress kommt von innen und nicht von außen. Und wenn es euch in eurem Leben mit Arbeit und Sport und Freunden zu viel wird, so deshalb, weil ihr es so wollt, weil es einfacher ist, auf Arbeit zu sein und Sport zu treiben und mit Freunden zusammen zu sein als bei seinen Kindern zu sein. Aber der I-pad ist kein Kindermädchen. Und wenn er ein Kindermädchen geworden ist, entlasse dieses Kindermädchen sofort. Der I-pad hat einen schlechten Einfluss auf die Kinder. Die Gesundheitsämter sind auch dieser Auffassung. Lasset die Kinder zu mir kommen, sagt Jesus. Ich kenne keine anderen Religionen, wo Gott ein Kind gewesen ist.  Das ist ein Riesenkompliment für die Kinder, dass Jesus nicht in die Welt gekommen ist wie ein Arnold Schwarzenegger im Film Terminator. Da fällt er splitternackt vom Himmel in einem Alter von etwa 35 Jahren und dabei stark wie zehn Hells Angels Rocker. Jesus kommt in unsere Welt als ein kleines Kind. Zu allen Wickelkindern hier in der Kirche möchte ich sagen: Gott ist auch in Windeln gewickelt gewesen und hat sicher auch einen Schnuller im Mund gehabt. Er ist solidarisch mit euch. Wir Erwachsenen sollen deshalb Respekt haben vor Kindern und nicht unsere rastlosen Lüste auf sie übertragen. Dafür können wir viel von den Kindern lernen. Eines der ersten Dinge, die sie sagen, ist: „Mein“ oder „das gehört mir“. Das zeigt, dass politische Einstellungen, die darauf abzielen, dass wir alles mit einander teilen sollen, für uns Menschen nicht unbedingt natürlich ist. Und dann können wir von den Kindern Vertrauen lernen. Geben wir ihnen einen I-pad, sind sie sicher, dass das richtig ist, was wir Erwachsenen tun. Geben wir ihnen unsere Nähe und Gegenwart, sind sie sich auch sicher, dass wir da das Richtige tun. Es sind also nicht die Kinder, die entscheiden sollen, was für sie richtig ist. Das können sie nicht. Das können wir Erwachsenen, und das ist die Lösung, die für uns am schwersten ist, nämlich den Kindern unsere Nähe und Gegenwart zu geben, das ist die richtige Lösung.

Jesus sagt nicht zu den Jüngern: Unterhaltet die Kinder für mich. Er sagt: Lasst die Kinder zu mir kommen. Das bedeutet, dass Jesus die Kinder zu sich nimmt mit all der Liebe, die in der Ewigkeit liegt. Aber auch dass er den Kindern erzählt, was richtig ist und was falsch ist. Zurzeit können wir in gedruckten Medien lesen, dass die Lehrer in den Schulen erleben, dass die Schüler so furchtbare Worte zu ihnen sagen, dass ich sie hier auf der Kanzel nicht wiederzugeben wage. Oft liegt das daran, dass die Eltern den Kindern erlauben, solche schlimmen Worte auch an die Eltern selbst zu richten. Aber ein Kind lieben bedeutet ja nicht, ihm alles zu erlauben. Wir Eltern sind für unsere Kinder Autorität, solange sie klein sind. Wir sollen ihnen beibringen, ordentlich mit uns und allen anderen zu reden. Und dann müssen wir uns mit ihnen auseinandersetzen, auch wenn das mühsam ist und schwerfällt. Die Liebe Jesu zu uns ist grenzenlos. Zugleich aber fordert er von uns, dass wir einander leiben und respektieren.

Ich habe mit meinen Konfirmanden einen Film gesehen. Der handelte von einem alten Mann, der im ganzen Film unablässig darüber klagte, wie schlimm es sei, alt zu werden. Er pinkelte schlecht, die Hüften taten weh, keiner wollte auf ihn hören usw. Aber nach einigen n Erlebnissen mit seinem Enkelkind sagte er plötzlich: Das Alter ist ein Geschenk. Und warum? Weil wir Alten unsere Enkelkinder und Urenkel erleben können. Aber es ist auch ein Geschenk, dass unsere Enkel und Urenkel uns erleben können. Hört auf mit dem Streit der Generationen! Denn auch wenn wir Groß- oder Urgroßeltern alt sind und runzlig und grauhaarig, da ist ein Kind in uns, das hüpfen und springen kann und gerne lieben und geliebt werden will. Gottseidank kann Jesus dieses Kind in uns sehen, und deshalb gilt es auch uns, wenn er sagt: Lasst die Kinder zu mir kommen. Gott befohlen. Amen.

Pastor Poul Joachim Stender
DK 4060 Kirke Såby
pjs(at)km.dk

 

 

 

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