Reich sein bei Gott

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Reich sein bei Gott

Lukas 12,13-21 (dänische Perikopenordnung) | verfasst von Rasmus Nøjgaard | übersetzt von Eberhard Harbsmeier |

Es ist leicht für einen reichen und glücklichen Menschen zu sagen, dass das Glück nicht vom Wohlstand abhängt, wenn man doch seinen Wohlstand nicht mit ins Grab nehmen kann und wir alle ja im Grabe gleich arm sind. Es verhält sich wirklich anders bei dem, der tatsächlich arm und leidend ist und dessen eigentliche Existenz bedroht ist. In Jesu Anweisung für seine Jünger geht es nicht um eine solche billige Moralisierung über das Verderben des Geldes. Es geht auch nicht um eine Banalisierung von Leiden und Verzicht und eine romantische Idyllisierung von Armut. Es geht vielmehr um das Wesen Gottes. Der Bruder und der reiche Bauer sind ein Gegenbild zu der Barmherzigkeit, die Jesus erweist. Die beiden Geschichten sind die zweite Sammlung von Anweisungen Jesu für seine Jünger, und als Leser und Zuhörer in unseren christlichen Gemeinden richten sie sich auch an uns. Halten wir deshalb sogleich fest, dass sich Jesus nicht besonders für Geld interessiert, während der Evangelist Lukas mehr als die übrigen Evangelisten an diesem Thema interessiert zu sein scheint.  Ihn lässt der Gedanke nicht los, dass es leichter ist für ein Kamel durch ein Nadelöhr zu kommen, als für einen Reichen, ins Himmelreich zu kommen.

Lukas ist auf Abwegen. Die Erzählungen wollen stets das Verhältnis des Menschen zu Gott beschreiben und von da aus das Verhältnis zum Nächsten. Wenn Jesus Themen wie Ökonomie, Armut und Wohlstand aufgreift, so will er damit das Verhältnis zu Gott zu verdeutlichen. Die arme Witwe gibt alles, was sie hat, und sie gibt es damit ihrem Schöpfer zurück, während der reiche Jüngling von Jesus aufgefordert wird, sein ganzes Vermögen den Armen zu geben und damit dem Ruf Gottes zu folgen. Aber das kann er nicht, er will das für sich selbst behalten. Verdammnis und Heil handeln in diesen Geschichten stets davon, dass wir Gott alles schuldig sind und deshalb nie selbst über das verfügen, was wir haben. Was wir haben, gehört in diesem Sinne Gott, es sind seine Wirkmittel, und wir werden danach beurteilt, wie wir sie verwalten.

So auch in diesen Erzählungen von dem Bruder, der Jesus bittet, das Erbe zischen den Brüdern zu teilen, und dem reichen Kornbauern, auf den das alte dänische Sprichwort zutrifft: Wer für die Nacht aufbewahrt, tut das für die Katz.

In der ersten Erzählung weigert sich Jesus, das Erbe zwischen den Brüdern zu teilen. Jesus fügt hinzu, dass er zwischen ihnen nicht richten will. Die Erzählung von dem reichen Kornbauern soll erklären warum. Sie kommt zu dem Schluss, dass es nicht um irdischen Reichtum und irdisches Ansehen geht, sondern um Reichtum bei Gott. Mit anderen Worten geht es hier nicht um eine irdische, sondern eine göttliche Ökonomie.

In beiden Geschichten geht es um das rechte Verhältnis zu Gott. Jesus will nicht zwischen Menschen richten. Die Erzählung über den reichen Bauern erklärt den Grund. Hier kommt Jesus zu dem Schluss, dass es nicht um irdischen Reichtum und irdisches Ansehen geht, sondern um Reichtum in Gott. Jesus lehnt die alttestamentliche Lebensregel ab, die da besagt: Esse und trinke und freue dich deines Lebens, denn die kennst nicht den morgigen Tag. Denn das rechte Gottesverhältnis ist keine Frage der Befriedigung eigener Bedürfnisse, sondern es geh t darum sich für den anderen hinzugeben. Eine göttliche Ökonomie, die wohlgemerkt eine Lebensregel für die Menschen sein soll.

In beiden Geschichten geht es um das rechte Verhältnis zu Gott. Jesus will nicht zwischen Menschen richten, das obliegt offenbar den Menschen selbst. Das entspricht der Wirklichkeit, die wir kennen, und erfordert ein Ideal darüber, wie wir dann am besten urteilen sollen, zur Ehre Gottes. Stets in der schuldigen Gewissheit, dass wir die Reichtümer der Welt nicht selbst besitzen und selbst die Wahrheit gepachtet haben – beides ist für uns verborgen, es gehört beides Gott, nicht uns, und die Wahrheit kennt Gott allein. Wir sind nur die Verwalter seines Reichtums.

Das scheint ein roter Faden zu sein in Jesu Belehrung seiner Jünger, er mahnt zur Demut, und er hat vorher davor gewarnt, genauso heuchlerisch zu sein wie die Pharisäer, die glauben, die Wahrheit über Gott aus dem Gesetz ableiten zu können. Lukas ist hier ganz auf der Linie von Paulus, wenn er am Gesetz als dem notwendigen Gericht über die Sünde festhält. Das sollte zu Demut rufen, das Schöpfungswerk Gottes zu verwalten.

Der reiche Bauer verliert sein Leben in dem Augenblick, als er es gerade genießen will. Das ist eine grausame Geschichte. Ich denke, sie ist damals wie heute genauso verbreitet und wohlbekannt. Man schuftet sein ganzes Leben, fällt aber tot um, wo man gerade sein Otium genießen will. Die Vorstellung von einem Otium, wo man sich aus dem öffentlichen Leben zurückzieht, um das Leben zu genießen, ist ein wohlbekanntes griechisch-römisches Ideal. Der reiche Mann verliert das Leben, und im Griechischen bekommen wir einen besseren Eindruck davon, was es heißt, das ‚Leben‘ zu verlieren. Das griechische Wort psyche, kann ‚geistiges Leben‘ oder sogar ‚das gemeinsame Leben‘ bedeuten. Leben ist nicht nur eine Fähigkeit zu atmen, sondern setzt voraus, dass man sich miteinander verbindet, eine gemeinsame Seele und Geistigkeit schafft, sich selbst und seine Talente dazu verwendet, eine physische und geistige Gemeinschaft zu schaffen. Vielleicht liegt in dem Bild vom Leben des Bauern, dass er in seinem ganzen Dasein gar nicht wirklich gelebt hat, er hart wie ein lebender Toter gelebt. Das wirft auch ein Licht auf andere neutestamentliche Bilder wie das von der Wiedergeburt zu einem neuen Leben in Jesus Christus in der christlichen Taufe. Ein Leben, das nicht allein dazu verwendet werden soll, reich zu werden und weltliches Ansehen zu gewinnen, sondern vor allem in Demut vor Gott zu leben und im Gehorsam gegenüber Jesus, der uns auffordert, freigiebig zu sein gegenüber der Gemeinschaft.

Das Evangelium besteht also aus zwei parallelen Texten, die jeweils ihre eigentliche Bedeutung ihrem Gegenstück entnehmen. Der Bruder, der sofort sein Erbe ausbezahlt haben will, empfängt seine Bedeutung darin, dass die Gerechtigkeit Gottes als Barmherzigkeit charakterisiert werden kann und nicht aus dem Erbrecht der Brüder in ökonomischer und erbrechtlicher Hinsicht. Der reiche Bauer meinte, seine Sicherheit sei ökonomischer und weltlicher Art, wo sie in Wirklichkeit relationell war und auf seiner eigenen Barmherzigkeit und Freigiebigkeit gegen seine Mitmenschen beruhte.

Was diese Belehrung etwas mit der Dreieinigkeit zu tun hat hier am ersten Sonntag nach Trinitatis, ist schwer zu sagen. Andererseits kommt hier vielleicht sehr gut zum Ausdruck, wie sich das Verhältnis zwischen Vater, Sohn und Heiligem Geist in einer einfachen und praktischen Theologie entfalten kann. Als Menschen wissen wir, dass unsere Zeit endlich ist, populär gesagt haben wir unser Leben nur als eine Leihgabe. Letzten Endes müssen wir es dem Gott zurückgeben, der es anfangs geschaffen hat. Aber zwischen diesen beiden Punkten müssen wir uns praktisch entfalten im Lichte des Lebens, das Gott uns offenbart hat. Allein durch den Sohn ehren wir den Vater. Die Liebe des Vaters zu seinem Sohn und die Liebe des Sohnes zum Menschen sind das Ideal, nach dem wir streben müssen, wohl wissend, dass uns unsere Fehler bei diesem Versuch vergeben werden. Den Mut zu diesem Wagnis schenkt uns die Liebe des Vaters und des Sohnes. Dieser Mut zum Wagnis wird uns vom Heiligen Geist geschenkt, es ist der Mut, nicht nur für eigene Sicherheit zu leben, sondern das Eigene dazu zu gebrauchen, das Leben mit der gesamten Schöpfung des Sohn es und des Vaters zu teilen.

Diese göttliche Gabe, dass wir in der Taufe und der Gemeinschaft des Abendmahls an dem Geist teilhaben, den uns der Vater und der Sohn reichen in dem Wunsch, die Gemeinschaft mit uns zu teilen, dies ist das wahre Geheimnis des Glaubens. Ein Geheimnis, das wir nur hören können, wenn es uns erzählt wird, und das wir nur demütig annehmen können, wenn es uns gereicht wird, und schließlich nur entfalten können, indem wir es selbst weiterreichen, solange wir das können. Amen.

 

Pastor Rasmus Nøjgaard

DK-2100 København Ø

Email: rn(at)km.dk

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