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Theologisches Seminar | Theologische und Religionswissenschaftliche Fakultät Zentrum für Kirchenentwicklung

Kleine Kirchgemeinden können aufatmen

Der Fusionsdruck auf kleine reformierte Kirchgemeinden im Kanton Zürich ist vorerst abgewendet: Die Synode hat sich für ein garantiertes Minimum von Pfarrstellen ausgesprochen.

Bericht von Dorothee Vögeli in der NZZ.

17 Gemeinden würden profitieren

Im Vorfeld hatte die vom Kirchenrat beantragte Zuteilung der Pfarrstellen viel Staub aufgewirbelt. Bis jetzt erhielt jede Kirchgemeinde, unabhängig von ihrer Grösse, mindestens 60 Stellenprozente für ein Pfarramt. Wollte eine Gemeinde mit weniger als 1000 Kirchenmitgliedern die Pfarrstelle als Vollamt führen, so wies der Kirchenrat dem Pfarrer einen Zusatzdienst zu. Statt des Kredits für solche ergänzenden Stellen soll nun künftig die Kirchensynode ein gesetzliches Quorum festlegen, aus dem sich das Total der im Kanton zur Verfügung stehenden Pfarrstellen ergibt. Der Kirchenrat schlug vor, dass die Zürcher Gemeinden ab 2024 für ihr Pfarramt pro 200 Mitglieder 10 Stellenprozente und im Gegenzug Gemeinden mit über 2000 Mitgliedern zusätzliche Stellenprozente erhalten.

Nach dem nun beschlossenen garantierten Minimum beträgt der Spareffekt bei den kleinen Gemeinden nur noch 10 Stellenprozente. Kirchenratspräsident Michel Müller kann trotzdem gut damit leben, zumal im Kanton Zürich momentan lediglich 17 Gemeinden oder 10 Prozent aller Kirchgemeinden vom 50-Prozent-Minimum profitieren würden. «Uns geht es nicht ums Sparen, sondern um eine Umverteilung der Pfarrstellen. Gemessen an der Mitgliederzahl haben grosse Gemeinden heute weniger Stellenprozente als kleine», sagt Müller, der nicht verhehlt, dass mit dem neuen Zuteilungsschlüssel die Motivation zur Fusion erhöht werden soll. Er räumt aber auch ein, dass für Gemeinden mit einer kritischen Grösse unter 2000 Mitgliedern ein Druck entstehe: «Mit dem Ja zum Minderheitsantrag werden vor allem die kleinen geschont.»

Der Entscheid ist denkbar knapp ausgefallen: Mit 48 gegen 46 Stimmen brach die Zürcher Kirchensynode diese Woche eine Lanze für kleine Kirchgemeinden. Solche erhalten für ihre Pfarrämter künftig mindestens 50 Stellenprozente – selbst dann, wenn sie nur 200 Kirchenmitglieder zählen. Der erfolggekrönte Minderheitsantrag war Gegenstand der Detailberatung der Kirchenordnung. Deren Teilrevision muss wegen des Zusammenschlusses der Stadtzürcher Kirchgemeinden noch dieses Jahr im Trockenen sein.

Problem nicht gelöst

Den Wirbel um die Pfarrstellen bezeichnet er als ein «Symbolgefecht» von Kritikern einer linearen Regelung. Eine Einzelprüfung aller Kirchgemeinden erachtet er allerdings als politisch nicht mehrheitsfähig, und er verweist auf die in der neuen Kirchenordnung verankerte Härtefallklausel. So kann der Kirchenrat einer Gemeinde auch künftig zusätzliche Stellenprozente zuteilen, wenn dies besondere örtliche Verhältnisse oder Projekte nahelegen.

Müller gönnt den kleineren Gemeinden den Erfolg: Sie hätten nun eine gewisse Sicherheit, weiterexistieren zu können, sagt er. Trotz momentan sprudelnden Firmensteuern warnt aber der Zürcher Kirchenratspräsident vor der Zukunft. Mit Ertragseinbrüchen sei zu rechnen, gerade kleinen Kirchgemeinden erweise man einen Bärendienst, wenn sie sich in falscher Sicherheit wiegten.

«Eine weise Entscheidung»

Der Theologieprofessor Ralph Kunz bezeichnet die Zustimmung des Kirchenparlaments zum garantierten Pfarrstellen-Minimum als «gute Korrektur» und «weise Entscheidung». Er engagiert sich im Verein «reformiertbewegt», der letzte Woche in einer Pressemitteilung die vorgesehene «Bestrafung» kleiner Gemeinden kritisierte, die sich nicht zusammenschliessen wollen. Wie Kunz betont, versteht sich der Verein aber nicht als Lobby der kleinen Gemeinden. Und auch nicht als kirchenpolitische Opposition. «Wir wollen nur eine breite Diskussion zum Reformprozess anstossen», hält er fest.

Quelle: nzz.ch