Predigt zu 2. Mose 2,9-18

Home / Bibel / Altes Testament / 02) 2. Mose / Exodus / Predigt zu 2. Mose 2,9-18
Predigt zu 2. Mose 2,9-18

Hoffnungsbrot als Vorgeschmack auf den Himmel | Lätare | 27. 3.22 | 2. Mose 2,9-18; Johannes 6,24—35 | verfasst von Tine Illum |

Wenn wir in Dänemark morgens Mohnbrötchen essen, heißen sie „Birkes“, das ist im Grunde die ganze Erzählung des heutigen Predigttextes. 

Das Wort „Birkes“ kommt aus dem Hebräischen und bedeutet „Segen“. Ein Segen, der großzügig ausgestreut wird – wie auf den Brötchen. So ist unser Leben grundlegend. So ist Leben, wenn es so ist, wie es sein soll. Darum geht es heute. 

Segen – Hoffnung – Mut, das ist ein Dreiklang in unserem Glauben und unserem Leben. Und jeden einzigen Tag können wir sehen, was das Gegenteil ist: Eine furchtsame, mutlose und hoffnungslose Verdammnis. 

In Europa ist Krieg. Das ist eine furchtbare Wahrheit, deren Zeugen wir sind. Und wir kommen nicht in die Kirche, ohne dies alles mit hineinzutragen. Das sollen wir auch nicht. Der Gottesdienst soll uns nicht gegen die Wirklichkeit abschotten. Er soll uns das Brot und die Hoffnung des Lebens geben, so dass wir Mut und Kraft bekommen, ein Leben zu leben, wo Segen, Hoffnung und Mut unser Lebensstil sind. Unser christlicher Lebensstil.  

In einer Zeit, wo unheilige Allianzen zwischen Macht und Kirche in Russland geschmiedet werden, müssen wir in den westlichen Kirchen zwei Dinge tun. 

Unsre Häupter beugen, in uns selbst gehen und wissen und erzählen, dass wir das auch kennen. Dass Kirchen ihrer Berufung nicht gerecht werden. Stattdessen müssen wir dagegen protestieren, dass Machtmissbrauch und Verfolgung ein Teil der Dämonie des Krieges werden – das geschieht nicht nur anderswo. Das ist auch ein Teil von uns und unserer Geschichte. 

Und wir müssen aufstehen und unsere Stimme erheben. So wie viele mutige Menschen und andere orthodoxe Christen in dieser Zeit hingehen und den Krieg in der Ukraine nicht legitimieren, und sich lautstark von der Leitung der orthodoxen Kirche in Moskau distanzieren – und genauso deutlich von den Lügen und der Gewalt des Präsidenten. 

Um des Lebens willen. Um der Menschen willen. Ganz gleich wer sie sind und wo sie sind. 

Und wir müssen Hoffnung und Lebensmut ausstrahlen. In der Gastfreiheit gegenüber Flüchtlingen erfahren wir Hoffnung in dieser Zeit. Hoffnung in der Phantasie, Wärme und Großzügigkeit, wo man Suppe austeilt an der polnischen Grenze und Wohnungen einrichtet für Flüchtlinge in einem dänischen Dorf. Hoffnung in Gebeten und Lichtern, die angezündet werden. Brosamen der Hoffnung. Segen.  

Lasst mich an einer ganz anderen Stelle beginnen. Nämlich einem Sonnabend, wo man für die ganze Woche einkauft. Das kleinste der Mädchen ging umher ganz für sich in dem großen Geschäft, während ihr Vater den Einkaufswagen füllte. Nach der Heimkehr erzählte sie freudestrahlend, dass die so viel Vorgeschmack bekommen habe. Was wir anderen Geschmacksproben nennen. 

Sie wurde davon nicht satt, bekam nur etwas auf einer Gabel, wie man das ja tut. Aber es war ein himmlischer Happen – ein Vorgeschmack. Und zugleich eine Verheißung, dass dies nur der Anfang ist – einmal würde es viel mehr geben. Aber der Vorgeschmack ist eine kraftvolle Freude in sich. 

Was ist das, was mit uns Erwachsenen geschieht? Ja, darüber haben wir gerade eine Geschichte gehört, als wir hörten, wie Gott sein Volk versorgte, das in der Wüste ging und sich beschwerte. „Wann sollen wir essen?“ fragen sie Moses und Aron, und: „Wir sind durstig“, und: „Wir können genauso gut nach Ägypten zurückkehren – da gibt es jedenfalls genug zu essen“.  

Auch wenn Gott ihnen genug gibt – genug, so dass jeder einzelne satt wird, klagen sie weiter. Für sie ist das nämlich nicht Vorgeschmack und Hoffnung auf mehr. Eher die letzten Krümel, die die Sorge darum hervorbringt, ob wir morgen satt werden. 

Die Erzählung der alten Israeliten ist die, dass sie vierzig Jahre in der Wüste leben mussten, um daraus zu lernen. Sie sollten nicht lernen, dass es egal war, ob ihnen Brot und Wasser fehlten. Sie sollten vielmehr lernen, dass Brot und Wasser nicht genug war. Denn der Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern auch von den Worten aus dem Munde Gottes. Von seinem Segen.  

Vielleicht ist es deshalb, dass wir Jesus ein anderes mal sagen hören, dass wir wie Kinder werden sollen, von dem leben sollen, was uns gegeben wird, im Vertrauen darauf, dass es nicht nur genug ist, es ist heilig und ein Vorgeschmack, eine Verheißung und eine Hoffnung. 

Wenn wir die Erzählungen aus der Bibel heute hören, ist es ja ganz deutlich, dass uns die Sorge bedrückt, kein Brot zu haben, kein Leben und keine Zukunft zu haben. Diese Sorge gibt es, und sie ist real. Das ist die für Jesus. Und das ist sie für seine Zeit. Das ist sie für die Menschen heute. Wenn wir Augen im Kopf haben und ein Herz in uns, dann können wir es sehen. 

Und was hält sie überhaupt am Leben in den belagerten Städten in der Ukraine, wo ihnen Brot und Wasser und vieles andere fehlt? Das ist die Hoffnung – die Hoffnung darauf, dass es Leben und Zukunft gibt, Gerechtigkeit und Freiheit. Für sie selbst und die Generationen nach ihnen. Und weil es diese Hoffnung gibt, kämpfen sie für das, worauf sie hoffen. Beten und hoffen und arbeiten und kämpfen. Hoffnung und tägliches Brot. Das, was Leben und Kräfte verleiht. Ein Vorgeschmack auf die Zukunft, auf die sie nun nur hoffen und von der sie träumen, um die sie beten und für die sie kämpfen. 

Einigen von denen, die an diesem Sonntag in der Kirche sind, haben sicher einmal Luthers Kleinen Katechismus gelernt. Hier erzählt er, was jedes Gebet im Vaterunser bedeutet. Hören wir, was er vor 500 Jahren gesagt hat zu der Bitte: „Unser tägliches Brot gib uns heute“: 

„Gott gibt das tägliche Brot auch ohne unsere Bitte alles bösen Menschen, aber wir bitten in diesem Gebet, dass er‘s uns erkennen lasse und wir mit Danksagung empfangen unser tägliches Brot. Was heißt denn tägliches Brot? Alles, was not tut für Leib und Leben, wie Essen, Trinken, Kleider, Schuh, Haus, Hof, Acker, Vieh, Geld, Gut, fromme Eheleute, fromme Kinder, fromme Gehilfen, fromme und treue Oberherren, gute Regierung, gut Wetter, Friede , Gesundheit, Zucht, Ehre, gute Freunde, getreue Nachbarn und desgleichen“. 

„Gib uns“, beten wir. Alles, was wir zum Leben brauchen. Und gibt, dass wir das alles dankbar empfangen. Es dankbar weitergeben, tägliches Brot für andere sein – Hoffnung und Segen sein. 

Das kommt nicht von selbst. Das ist gekommen und kommt zu uns von Gott. In Christus, der sagt: „Ich bin das Brot des Lebens“. 

Daran sollen wir denken. 

Und damit wir es nicht vergessen oder nicht daran zweifeln, damit es eine lebendige verwandelnde Wirklichkeit für uns heute ist, damit es uns ins Blut geht – sagt er heute zu uns. Esst es! Das ist das Brot des Lebens. Trinkt es! Das ist der Becher des Heils. Schmeckt uns seht, dass Gott gütig ist! Glaubt und lebt es! Amen. 

Pastorin Tine Illum 

DK-6091 Bjert 

Email: ti(at)km.dk 

de_DEDeutsch