Das Wort wurde ein Mensch …

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Das Wort wurde ein Mensch …

Das Wort wurde ein Mensch mit Fleisch und Blut | Zweiter Weihnachtstag | Johannes 1,14-18 | von Tine Illum | 

Im Weihnachtsevangelium des Johannes gibt es keinen Stall und keine Hirten. Er erzählt nicht, dass die Geburt Jesu in einem besonderen historischen Kontext stattfindet. Wir hören nicht von Maria und Josef und den Engeln auf dem Felde. Johannes wollte etwas anderes sagen. Er wollte nicht schreiben, was geschah, sondern was das bedeutet, was geschah. Was es mit unserem Glauben und unser Denken von Gott und der Welt und uns selbst auf sich hat. Ja, Johannes ist in der Tat der einzige Evangelist, der sagt, warum er sein Buch geschrieben hat: “Es ist geschrieben, damit ihr glauben sollt, dass Jesus der Messias ist, Gottes Sohn“. Das will er erzählen. Und hier zu Beginn sagt er eben dies: Jesus ist Messias, Christus. Er ist göttlich und voller Liebe und Wahrheit Gottes.

Wenn Johannes erzählt, beginnt das nicht mit der kaiserlichen Registrierung seiner Untertanen. Es begann viel früher. Es beginnt ganz am Anfang – als die Welt geschaffen wurde. Alles beginnt mit Worten von Gott. In das totale Chaos und die totale Finsternis hinein spricht Gott. Und die Worte aus dem Mund Gottes setzten Sterne, Sonne und Mond am Himmel, und sie machen die Welt bewohnbar und bewohnt. Schließlich werden die Menschen durch das Wort geschaffen. Das Wort Gottes ist ein Teil von ihm selbst. Das Wort war bei Gott, bevor alles geschaffen wurde. Das Wort war Gott. „Mit ihm schuf er alles, ohne es gab es nichts“, sagt er.

Und jetzt, sagt Johannes – jetzt geschieht es: Das Wort von Gott, das die Welt schuf, wird Mensch in Fleisch und Blut. Einer, den man anfassen kann und dessen Stimme man kennt. Einer der weiß, was es heißt, ein Mensch zu sein, weil er selbst ein Mensch ist. Vollständig. Und der zugleich Gott ist. Vollständig. Es ist ein Geheimnis, wie das zugehen soll. Und unsere Gehirne sind zu klein, um das zu verstehen. Und dennoch macht es einen tiefen Sinn.

Wenn wir hier am zweiten Weihnachtstag in die Kirche kommen, lassen wir natürlich nicht unser Gehirn am Eingang zurück. Wir sollen nicht dumm sein. Wir sollen nur gegenwärtig sein. Mit Gehirn und Herz, Ahnungen, Gefühlen, Zweifel, Gedanken und Glauben …. Einfach nur sein … und uns unter das Geheimnis begeben, das Wunder: Dass das Wort Gottes Mensch wird. Das Jesus Mensch und Gott ist.

Später, als man damit begann, durchdachte Glaubensbekenntnisse zu formulieren, wurde das fester Bestandteil: Gott von Gott „wurde Mensch“, heißt es in dem Glaubensbekenntnis, das die meisten Christen in der Welt in ihren Gottesdiensten benutzen. Das meiste wurde 325 verfasst. Ein Versuch, ganz kurz zu sagen, was das Wichtigste in unserem Glauben ist. Es handelt von dem, was Weihnachten, Ostern und Pfingsten geschieht.

Man ist fast versucht zu sagen: Wäre es doch dabei geblieben. Hätte man doch das Mysterium und das Wunder so stehen lassen, die Schönheit aus ihm zum Leuchten gebracht, so dass es uns weiter erhellen kann. Es ist aber wohl so mit uns Menschen, dass wir hinter die Dinge zurückfragen, um sie zu verstehen. Das tun wir, um herauszufinden, was wirklich ist, was wahr ist und worauf wir uns verlassen können. Daran ist ja nichts falsch. Und hätten wir nicht den Wissensdrang, dann würden die Konspirationstheorien in aller Welt noch mehr Verbreitung finden, als sie schon haben.

Wir können uns nur nicht auf diese Weise Gott nähern. Immer wieder müssen wir aufgeben und einsehen, dass das zu unerträglichen Gedankenspielen wird. Es ist als müssten wir einen anderen Weg finden zur Vertiefung und zur Erkenntnis. „Keiner ja je Gott gesehen“ sagt Johannes in seinem Evangelium … Aber wir glauben, dass seine Liebe und Wahrheit mit Jesus Christus gekommen ist und in ihm und bei ihm ist, dass er göttlich ist und uns göttlich nah gekommen ist, und dass er sich und seine Göttlichkeit uns selbst gibt – ganz unverdient.

Ein kluger Mann sagte das einmal zutreffend: Gottes Wort wurde ein lebendiger Mensch aus Fleisch und Blut. Lebte, starb, auferstand und lebt bei Gott. Und diesen Menschen machten wir dann zu lauter kleinen Worten – und die lebendige Erzählung wurde zu Dogmen, und statt neugierig und voller Verwunderung einen Zipfel der göttlichen Wahrheit zu erfassen und uns tiefer in sie zu versenken – ja da wurden wir rechthaberisch und halsstarrig und machten das lebendige leuchtende Wort zu grauen Wortsystemen.

Nun ist es an der Zeit, dass wir alle die kleinen Worte fallen lassen und zu einem Nachklang des großen Wortes Gottes werden, zu leuchtenden und göttlichen Lebewesen werden., in und durch Menschen von Fleisch und Blut – durch uns.

Am Anfang war das Wort,

es war bei Gott,

es war Gott.

Gott ist Liebe,

Und Liebe kann nicht bei sich selbst bleiben,

sie muss hinaus,

so dass das Wort, das Liebeswort, das Gott selbst war, über die Welt ging

und alles wurde durch das Wort.

alles, alles war von Gott geschaffen und heilig und hell.

Und wie ging es zu,

dass es verfälscht und verfinstert wurde und fast zerstört,

das ist ein furchtbares Rätsel,

das Zischen einer Schlange in all den Jahren.

Dann geschah es – weil Gott die Welt geliebt hat –

dass das Wort Mensch wurde in Fleisch und Blut, Jesus.

Und wo er hinkam,

wurde das Zerstörte wieder heil und heilig – und hell,

und die Finsternis konnte das Licht nicht verschlingen,

denn es war Gott selbst.

Das sahen sie – das erzählten sie,

als alles stumm und finster und tot war;

als das Wort, das Licht, gekreuzigt wurde,

da leuchtete das Licht Gottes mit Osterkraft in die Finsternis.

Die Zeit verrann …

Und das Wort, das Mensch wurde, und starb und auferstand, wurde zu Worten … wurde zu Buchstaben, und die Buchstaben legten sich eng um das Wort und legten Schatten über sein Licht und wurde zu Meinungen und Sätzen, die versteiften und es allzu sehr pressten.

Aber es starb nicht.

Es atmet und ist Geist.

Von innen, aus den Schatten leuchtet und klingt es durch die Spalten …. Es findet seinen Weg … eine Himmelsstimme, die heilig ist und Leben schenkt,

und die das Wort war und ist, das unter uns wohnt.

Und durch Menschen von Fleisch und Blut, durch uns, durch dich und mich

Soll es Lucht werden,

soll Leben werden.

 

Amen.

 

Pastorin Tine Illum

DK-6091 Bjert

Email: ti(at)km.dk

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