Johannes 2,1-11

Johannes 2,1-11

Mitten unter uns fließt der ganze Reichtum deiner Liebe … | 2. So. n. Epiphanias | 15.01.23 | Joh 2,1-11 (dänische Perikopenordnung) | Anne-Marie Nybo Mehlsen |

Wer wollte nicht gerne zu einer Hochzeit kommen im Januar? Wenn der ganze Glanz von Weihnachten, Licht und festlicher Strahlenglanz weggepackt sind und die Geschenke umgetauscht sind oder beiseitegelegt, kann der Winter so düster und undurchdringlich werden.

   „Weißer Januar“, das ist ein neuer Begriff und bedeutet ein Fasten nach Weihnachten mit Enthaltsamkeit von Bildschirm-Licht und Alkohol nach dem langen übermäßigen Verbrauch an Weihnachten. Für einige …

   Andere haben sich nüchtern gehalten, maßgehalten, haben aufgespart, um geben zu können, Geschenke zu kaufen, festliche Tische zu decken, kühle und sprudelnde Getränke in schönen Gläsern zu servieren. Blieb da etwas übrig? Etwas von dem Wein vom Fest, ein wenig von dem Strahlenglanz? Oder ist die Freude nun endgültig aufgebraucht?

Jesus gibt Zeichen und erzählt, er zeigt mit seinen Taten weit über die Reste an Freude und die Magie des Zaubers hinaus, es ist als finde man einen Rest von Weihnachtsschmuck mitten im Januar. Das ist ein Wunder des Kellners und ganz natürlich, so wie das Brechen des Brotes, immer wieder wird es ausgeteilt, bis alle satt sind. Ja. Wasser kann zu Wein werden – auf diese Weise produziert man Wein aus der Süße der Sonne und der Hefe der Trauben. Es dauert nur länger, aber Zeit hat keine Grenzen im schöpferischen Alltag Gottes.

   Aber Jesus begnügt sich nicht damit, ein paar extra Kannen auf den Festtisch zu setzen, er lässt die riesengroßen Reinigungskrüge aus Stein füllen – wohl mehrere hundert Liter vom besten Wein.

Es ist als sei da eine Kraft, die nicht zu zügeln ist oder im Zaum gehalten werden kann, wenn sie erst losgelassen ist. Sie ist in ihm, dem jungen Mann, der gerade eine Schar von Jüngern um sich gesammelt hat, und der nicht meint, bereit zu sein, Großes zu vollbringen. Nicht bereit zu dem, was die Welt erwartet, nicht bereit zu offenbaren, dass Gott in ihm ist, dass in ihm der Reichtum der Liebe fließt …

Und deshalb eben ein Hochzeitsfest – und ein Wunder im Füllhorn – wirklich im Übermaß, weit mehr als Zauberkunst und noch ein Glas Champagner.

Ein Zeichen, das die Herrlichkeit Gottes offenbart – wollen wir es sehen? Oder wollen wir nur einen Zauberer sehen, der seine Künste besser für etwas verbwendet, was mehr nötig ist, der unsere Rufe nach Barmherzigkeit, Frieden und neue Gemeinschaft in diesem dunklen Januar erhört?

So fing es an, schreibt Johannes, der in jedem seiner Kapitel eine Wahrheit darüber offenbart, wer Jesus ist. Wir sehen in jedem Kapitel, das wir lesen, mehr – sehen mehr von Gott, sehen mehr von der Liebe, die fließt wie ein Strom, wo Jesus geht und steht. Und wir sehen mehr über uns selbst – letzteres nicht immer so strahlend und schön.

Wie sollten wir es ertragen können, die Herrlichkeit Gottes zu sehen? Was bedeutet es, wenn sich Gott wahrlich mitten in unserem Alltag ereignet und ihn füllt – uns mit Herrlichkeit überschüttet, so dass selbst ein finsterer Januartag in unheimlichen und  gar nicht festlichen Krisenzeiten eine Hochzeitsfest ist, wo der starke Wein der Liebe unbegrenzt fließt?

Können wir das ertragen? Nicht einmal Moses, den man doch Freund Gottes nannte, konnte es ertragen, die Herrlichkeit von Angesicht zu Angesicht zu sehen – wie sollten wir es ertragen, mit ihr zu leben?

Müssen wir nicht wenigstens erst gereinigt werden – gründlich? Ein seelisches und leibliches Bad nehmen im großen Reinigungsbecken? So dachten die Juden, das war der Sinn der rituellen Waschungen des Leibes und von Dingen, sich in Sinn und Denken rein machen angesichts des lebendigen Gottes, den Leib heilig halten, der Gottes Geschöpf ist, und Mahlzeiten abhalten in Übereinstimmung mit allen rituellen Vorschriften – und sie auf diese Weise wie einen Gottesdienst zu feiern – als Dienst für Gott. So war der alte Bund.

Es sind die Reinigungskrüge, die Krüge des alten Bundes, die Jesus mit Wein füllt!

   Nach jüdischem Gesetz macht er die Krüge unrein mit dem Wein, das ist ein Skandal, so als hätte er sie mit Blut gefüllt. Aber symbolisch erfüllt Jesus gerade den alten Bund bis an den Rand und im Übermaß mit dem neuen Bund zwischen Gott und Menschen. Der neue Bund ist er selbst, sein eigenes Fleisch und Blut, sein Leben, Gott für uns und mit uns. Ein Zeichen, das die Herrlichkeit Gottes für uns offenbart, wie wir sind – und der Strahlenglanz fällt auf uns und verwandelt uns, und die Lebenskraft, die Liebe von ihm erfüllt uns über alle Maße im Leben des Alltags. Erhellt das Leben von innen. Die Herrlichkeit wird im Glauben offenbar, im gläubigen Herzen, Stück für Stück, und das Zeichen bei der Hochzeit in Kana ist eine erste Übung darin, im Verborgenen zu sehen.

Jesus gibt Zeichen und erzählt, er verweist nicht nur auf das Reich Gottes mitten unter uns, er erfüllt uns mit ihm, berauscht uns mit dem Heiligen Geist – Sanctus Spiritus – ja!

    Wenn wir es wagen, ihn bei Wort und Tat zu nehmen, dann sind wir jetzt mehr, können mehr dank seiner Kraft. Der Alltag verwandelt sich, wenn wir auf ihn hören, dem Ruf des Festes folgen und unsere Augen öffnen für die Herrlichkeit.

Wir können gleich beginnen mit dem Tisch des Herrn – nicht nur wir sichtbare lebende Glieder dieser Gemeinde, sondern alle Lebende und Tote sind hier vereint im Reich Gottes. Die Brücken der Versöhnung sind über die Abgründe von Feindschaft und Fremdheit errichtet, eben hier ganz alltäglich vor dem Altar. Es hat aber einen Grund, dass das Silber glänzt und dein eigenes Bild reflektiert vor ihm, der am Kreuz hängt. Der kräftige Wein der Liebe fließt unter euch, von ihm zu dir, und du gehst von hier als ein anderer Mensch, als ein neuer Mensch. Das Herz hat Sinne und Augen, die sehen, sie bewegen sich frei über dem Abgrund zwischen dem Reich Gottes und dieser Welt des Januars.

    Der starke Wein der Liebe, das lebendige Wasser – der Beginn der Herrlichkeit, die wir in der Ewigkeit schauen werden von Angesicht zu Angesicht. In deinem und meinem Alltag beginnt sie schon mit einem anderen Blick auf die anderen, mit dem starken, anteilnehmenden und immer Leben schenkenden, bereitwilligen und fürsorglichen Blick. Amen.


Pastorin Anne-Marie Nybo Mehlsen

DK-4100 Ringsted

Email: amnm(a)km.dk

de_DEDeutsch