Markus 2, 14-22

Markus 2, 14-22

17. Sonntag nach Trinitatis | 09.10.2022 | Mk 2,14-22 | Thomas Reinholdt Rasmussen |

Es ist wohl eine elementare Erfahrung, dass uns das Leben Erfahrungen vermittelt. Dennoch ist es wahr. Das Leben ist wohl die Summe von Erfahrungen, die wir machen und die bedeuten, dass wir das Leben recht verstehen können.

Wir machen Erfahrungen von Anfang an, und schon der Säugling macht sich seine Erfahrungen von der Welt, Erfahrungen, die er brauchen und auf denen er seinen weiteren Lebenslauf bauen kann.

So können wir auch falsche Erfahrung en machen. Wir können uns Annahmen über Menschen und Ereignisse machen, von denen wir erst später verstehen, dass sie falsch waren und die wir neu bewerten müssen. Wir müssen unsere ersten Erfahrungen umdeuten, sie neu bewerten im Lichte neuer Ereignisse und Erfahrungen.

Das Entscheidende aber bei dem allem ist die Frage, ob wir die Welt überhaupt recht erfahren können. Können wir überhaupt die Welt recht verstehen, so wie sie ist, oder sind unsere Erfahrungen ein Schleier über der Welt, so als verstünden wir sie nur so, wie wir sie verstehen, und nicht wie sie ist? Diese Frage hat die Philosophen seit tausenden Jahren beschäftigt. Können wir uns auf unsere Erfahrung en verlassen? Sind unsere Erfahrungen wahr?

Das erste, was wir für unsere kleinen Kinder tun, ist hoffentlich dies, dass wir sie lieben. Ihnen Liebe erweisen. Und diese Liebe liegt nicht nur allein in Worten, auch wenn Worte wahrlich auch eine Rolle spielen. Sie kommt auch in dem zum Ausdruck, was wir tun und wie wir handeln, so dass die Liebe erfahren werden kann. Wir erfahren, was es bedeutet, geliebt zu werden.

Wenn zwei Liebende einander sagen: „Ich liebe dich“, dann folgen diesen Worten Taten. Man kann nicht sagen: „Ich liebe dich“, und dem keine Taten folgen lassen, die diese Worte erfahrbar machen.

Deshalb können wir unseren Erfahrungen vertrauen. Wir können uns auf unsere Erfahrungen verlassen, wenn den Worten Taten folgen.

So ist es in der Beziehung zu Menschen, so ist es im Verhältnis zu Gott.

Einer der Kernaussagen von Gott im Christentum ist, dass Gott Liebe ist. Gott ist Liebe.

Das sagen wir von Gott. Das ist das Wort über Gott. Aber das ist auch das Wort von Gott. Denn es ist die ganze Fülle, die sich darin zeigt, dass Gott auf der Erde geboren wird, lebt, stirbt, von den Toten wieder aufersteht. Diese ganze Fülle besagt, dass Gott Liebe ist, und keines dieser Ereignisse widerspricht dem, dass Gott Liebe ist. Vielmehr sagt uns das alles, dass Gott dies ist.

Gott ist Liebe.

Und unsere Erfahrungen von Liebe sollen der Liebe Gottes entsprechen, denn sonst würden die Schläuche zerreißen. Wenn unsere Erfahrung von dem, was Liebe ist, nicht dem entspricht, was die Liebe Gottes ist, dann füllt man neuen Wein in alte Schläuche, und dann verdirbt man sowohl den Wein als auch die Schläuche.

Nein, neuer Wein in neue Schläuche. Die Liebe Gottes in unsere Erfahrung von Liebe.

Wir sollen unseren Kindern und einander Liebe entgegenbringen. Damit erfahren wir einen Glanz vom Reich Gottes. Aber damit lernen wir auch zu verstehen, wer Gott ist. Wenn wir die Liebe nicht kennen, wissen wir einfach nicht, was es bedeutet, an einen Gott zu glauben, der Liebe ist,

Wenn wir nicht Erfahrungen machen wie Liebe, Licht, Wärme und dergleichen, können wir auch nicht den Gott kennen, an den wir glauben,

Durch die Erfahrung von Liebe wissen wir, was es bedeutet, dass Gott Liebe ist. Es handelt sich nicht um zwei verschiedene Dinge, nicht um alte Erfahrungen und neue Erfahrungen , wo die neuen Erfahrungen die alten sprengen, sondern es ist ein und dieselbe Erfahrung von Liebe, die in dem Gott ist, der alles neu macht.

Diese Liebe von Gott kleidet uns ein, wenn wir zur Taufe kommen. Die schönen Taufkleider sind ein Symbol dafür. Eingekleidet in der Liebe Gottes, wo alles neu wird. In der Liebe, die uns in der Taufe geschenkt wird, sollen wir leben, sie nicht zu etwas machen, was alt und überstanden ist, denn die Liebe ist stets neu.

Dann sollen wir nicht zurückkehren zu dem Alten, sondern im Neuen leben. Leben in der Liebe, die Gott eigen ist und die wir auch selbst im Kleinen erfahren, wenn wir Liebe erweisen und Liebe erfahren. Dann erfahren wir Gott. So einfach ist das.

Bleibe in der Liebe und lasse sie nicht alt werden. Lebe in dem Neuen, das Liebe ist, und lebe das so, dass wir anderen einbezogen werden in das Neue: die Liebe Gottes.

So füllt man neuen Wein in neue Schläuche, so wird uns die Liebe Gottes zuteil. So werden wir nicht durch die Liebe Gottes zerrissen, sondern erfüllt von ihr zur Freude und zum Nutzen – für einander und für Gott.

All dies zeigt, dass wir in das ewige Leben Gottes eingebettet sind durch die Taufe, und auch wenn die Welt hart und traurig ist, ist das Wort wahr – mitten im schwersten Sturm und den schlimmsten Nöten, dass Gott Liebe ist und du in seiner Hand sein sollst – hier und in alle Ewigkeit. Amen.

Bischof Thomas Reinholdt Rasmussen

Thulebakken 1

DK-9000 Aalborg

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