Matthäus 25,1-13

Matthäus 25,1-13

Zweiter Sonntag im Advent | 10.12.23 | Matthäus 25,1-13 | Laura Lundager Jensen |

Von den klugen und törichten Jungfrauen 

Ich habe immer gemeint, dass der Text von den zehn Brautjungfrauen sowohl merkwürdig ist als auch schwer.

Mir taten immer de fünf Brautjungfrauen leid, die eben nicht so weit vorausgedacht hatten, dass sie sowohl für Lampen als auch Öl gesorgt hatten.

Eigentlich ist das ein schrecklicher Text – richtend – exkludierend – es wird aufgeteilt zwischen den Erlösten und den Verlorenen, den anderen und uns.

Eine klare Trennung zwischen den rechtzeitig Rechtgläubigen, die ihre Stunde kennen, die rechten Orte und Sitten – und die dafür sorgen, den Tank zu füllen. Und dann die, die das Ladekabel nachts nicht angeschlossen haben, so dass die Batterie leer war und ist, wenn das Startsignal kommt.

Daraus können sie dann lernen.

So gelesen tut einem dieser Text nicht gut, so gelesen führt er nur zu dem inneren moralischen selbstzufriedenen und allzu wachen inneren Schweinehund.

Da findet man nicht viel Nächstenliebe.

Und dann spricht er zugleich allzu direkt in unsere Zeit.

So gelesen, tut er einem auch nicht gut.

Heute, wo das größte Leiden der Gesellschaft ein fast krankhafter Drang ist, wachsam zu sein. Ein Text, könnte man sagen, der in jeder Hinsicht den krankhaften Drang zu FOMO propagiert – wie die jungen Leute das nennen – fear for missing out – eine Bezeichnung für unsere Furcht, etwas zu verpassen. Der Drang, immer und überall mit dabei zu sein, bereit, sich in den Kampf zu stürzen in der Sekunde, wo sich die 15 Minuten of fame, von Ruhm zeigen sollten.

Heute übersetzt man die Aussage: „Nicht genug Öl in den Lampen“ mit: „Kein Strohm im Handy“ – und das wünschen nicht viele ihrem schlimmsten Feind, denn das ist ganz katastrophal. Man verliert ja völlig den Überblick darüber, wo und was hier und jetzt und gleich geschieht.

Allzu viele haben sich bildlich gesprochen die Geschichte von den fünf Brautjungfrauen mit Öl in den Lampen zu Herzen genommen – und lauf en immer umher, um wachsam zu sein und bereit, wenn da von allen Seiten gerufen wird – mit dem Ergebnis, dass sie in der tödlichen Stressspirale unserer Zeit gefangen werden.

So gelesen tut einem der Text auch nicht gut.

Wo liegt nun das Evangelium – wo liegt die Verkündigung, die weder zu moralischer Selbstgenügsamkeit noch zu noch mehr „FOMOismus“ und Stress und Eifer aufruft.

Was will uns Matthäus sagen?

In seiner Zeit war das ganz sicher eine Ermahnung an de Juden in seinem Bekanntenkreis, die nicht begreifen, was es bedeutet, dass der erwartete Messias tatsächlich gekommen ist. Dass Christus der ist, der prophezeit und erwartet war, und dass die Tür geschlossen ist für alle die, die diese Wahrheit nicht sehen wollen. So wurde dies sicher auch gehört, aber es muss auch etwas anderes gehört worden sein.

Das Evangelium galt auch denen, die eben das Evangelium angenommen hatten und nun lernen sollten, von ihm her zu leben. Eben das Evangelium, das immer noch verkündigt wird – und nicht nur den Christen von Matthäus, sondern uns heute am zweiten Advent 2023. Und mit einem Tiefgang, der über das selbstzentrierte und selbstzufriedene Moralisieren über die hinausgeht, die ihre Schäfchen nicht im Trockenen haben. Das über die FOMO-Geschädigten hinausreicht. Ein tiefer Klang, der darauf besteht, dass wir den Kern in der Erzählung hören – die Botschaft vom Kommen des Messias in die Welt und die Erzählung von seiner Wiederkunft, und dass sich diese Erzählung eben gerade an uns richtet – an dich und mich. Und dass diese Botschaft uns eben nicht dazu befreit, uns selbstgerecht und hochmütig mit allen anderen zu vergleichen oder die unmöglichen Möglichkeiten in aller Welt zu ergreifen, oder an uns selbst zu denken und unsere eigenen Projekte und Missionen – denn das ist eben nicht Freiheit.

Die Freiheit des Evangeliums ist nämlich allein, unserem Herrn leidenschaftlich im Glauben zu folgen. Für den Willen Gottes in der Welt kämpfen – leidenschaftlich, konsequent, wachsam. Freiheit bedeutet, mutig und zielbewusst und wachsam die Erzählung Christi anzunehmen.

Gehe tapfer und aufrichtig, gehe in den Kampf im Namen der Nächstenliebe, der schon im Gang ist.

So in Nørrebro in Kopenhagen, wo ich mit meinen Konfirmanden in der Heiligkreuzkirche war, die jede Nacht 40 Obdachlose beherbergt, wo sie auf Matratzen in dem geheizten Kirchraum übernachten. Und wie in der Ukraine, wo man von Pfarrern aus ganz Europa hört, die tun, was sie können, um den traumatisierten jungen und alten Leuten beizustehen, die vor nur anderthalb Jahren friedlich in geordneten Verhältnissen lebten.

Überall kämpft die Kirche mit, wo es in der Welt brennt. Oder sie versucht es jedenfalls.

Aber die Frage des Evangeliums heute ist, ob wir uns an dem Kampf beteiligen.

In der Kirche von Osted haben wir nicht viel Matratzen für Obdachlose.

Das Evangelium will, dass wir verstehen: Gott will etwas mit uns, und die hier und jetzt in dem Leben, das wir leben – dass Christus nicht den Kampf für die Unterdrückten, die Kranken und Ausgestoßenen nicht aufnahm um seiner selbst willen, sondern für die Menschenseele – um uns zu lehren, den Kampf gegen alles Böse aufzunehmen, dies von Herzen zu tun ohne zu hassen, ohne sich zu schwächen durch Hass, selbstgenügsamen Hass. Uns lehren, dass Christi uns immer wieder durch Worte und Geschichten den tiefen Unterschied zeigt zwischen gerechter Strafe und Rache. Wenn wir aber das können – dann können wir die gnädige Gerechtigkeit Gottes gegen all die vielen Gerichte der Welt behaupten, ansonsten verschlingt der Wunsch nach Rache Schritt für Schritt die Forderung der Nächstenliebe.

Und eben dies ist notwendig, das Öl zum Verstehen. Viel gutes fettes Öl mit aller möglichen Extra Power, die die verhärteten Köpfe durchdringen können. So dass wir, auch wenn wir schlafen und süß vom Kind in Bethlehem träumen, auch von seinem Kampf für die Menschheit träumen.

Und die Gabe ist ja die, dass wir schon reich beschenkt sind durch dieses Öl.

Wenn wir heute Kinder taufen, bedeutet dies eben, dass wir Öl in die Lampen gießen, so dass sie leuchten und brennen können. Eine Taufe, die eben nicht eine Taufe zu einem ewig selbstzufriedenen Schlaf ist, sondern eine Taufe, die einschneidende Bedeutung hat. Die Taufe bedeutet, dass Öl in unsere Lampen gefüllt wird, so dass wir bereit sind, den Kampf aufzunehmen für den Frieden Gottes und das Reich Gottes auf Erden.

Das klingt gewaltig, wenn man den kleinen Simon sieht, dass er mit einer solchen Forderung konfrontiert wird, und es klingt gewaltig, als Konfirmand zu hören, dass du, Tjalfe, nun eine Mission auf deinen Schulten trägst – aber so muss es sein, wenn wir von Gott berufen sind.

Die Taufe ist eine Taufe, die Mut gibt, das Leben auf sich zu nehmen – den Kampf, die Wahrheit. In der Taufe wird die Gnade Gottes über uns ausgeschüttet, literweise Öl, mit einer Wirkung wie Red Bull, so dass wir am Steuer nicht einschlafen.

Und das nicht um unserer selbst willen, nicht im Namen der Selbstbehauptung, nicht im wahnsinnigen Ritt des FOMO-Dranges, sondern um selbstbewusst und in der Nächstenliebe den Kampf für die Seele des Menschen aufzunehmen.

Mögen wir, jeder von uns, unseren Beitrag leisten, um der Welt zu helfen. Mögen wir das Öl der Taufe in unseren Lampen bewahren, so dass das Licht des Reiches Gottes hier und jetzt und in aller Ewigkeit scheint. Amen.

Pastorin Laura Lundager Jensen
Langetoften 1, Osted
DK-4320 Lejre
E-mail: luje(at)kp.dk

de_DEDeutsch