Predigt zu Lukas 17,11-19

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Predigt zu Lukas 17,11-19

Der Universalismus des Christentums und die Abkehr von der Selbstgefälligkeit | 14. Sonntag nach Trinitatis | Lukas 17,11-19 (dänische Perikopenordnung) | Von Elof Westergaard |

Jesus heilt die die zehn Aussätzigen. Er schickt die Kranken zum Tempel, sagt, dass sie dort hingehen sollen, um die obligatorische Erklärung zu bekommen, dass sie gesund sind. Auf dem Wege dorthin werden sie alle geheilt.

Nur einer der zehn (und das ist sogar ein Fremder) kehrt jedoch zurück zu Jesus und dankt ihm.

Jesus fragt nun: „Wo sind aber die anderen neun? Hat sich sonst keiner gefunden, der wieder umkehrt, um Gott die Ehre zu geben, als nur dieser Fremde?“

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Es wäre an der Ordnung gewesen, wenn die anderen neun Geheilten auch zurückgekehrt wären und ihm gedankt hätten. Aber es geht in diesem Evangelium um mehr als die Frage nach allgemeiner Höflichkeit und gutem Benehmen.

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Zwei Themen spielen hier eine Rolle: Die Betonung der Universalität des Christentums und die Entlarvung der menschlichen Selbstgenügsamkeit.

Was die Universalität des Christentums angeht:

Eine starke durchgehende Pointe bei dem Evangelisten Lukas ist dies, dass es oft die Fremden sind, die das Richtige tun, in diesem Fall Jesus dafür danken, dass sie gesund geworden sind, d.h. Gott dafür danken, dass sie einen gewöhnlichen Alltag wiederbekommen haben.

Am letzten Sonntag hörten wir das Gleichnis vom barmherzigen Samariter (Lukas 10,23-37). Der fremde Samariter hilft, während sowohl der örtliche Priester als auch der Schriftgelehrte am Überfallenen vorbeigehen.

Die erbauliche Pointe in beiden Lesungen aus dem Lukasevangelium ist die, dass der christliche Glaube nicht nur etwas für ein bestimmtes Volk ist und eine bestimmte Gruppe von Menschen. Der christliche Glaube ist für alle, und im Werk Jesu werden andere einbezogen als die, mit denen wir gerade rechnen. Der Geist, den Jesus schickt, gedeiht und wächst auch unter denen, die uns fremd sind.

Was die menschliche Selbstgefälligkeit anbetrifft: Die neun, die nicht zurückkehren, um Gott die Ehre zu geben für ihre Heilung, offenbaren etwas Zentrales und nicht besonders Lobenswertes in unserer menschlichen Natur.

In einem Vortrag über die Arbeit des Politikers – der 1919 in München gehalten wurde – entlarvte der deutsche Soziologe Max Weber uns Menschen, indem er sagte, dass wir in neun in zehn Fällen Windbeutel sind. Wir lassen nämlich unsere Gesinnung verbiegen statt standzuhalten und verantwortlich zu handeln. Es hehlt ein innerer Ernst bei den meisten Menschen, und wir vermögen es nicht, an dem festzuhalten, was wir eigentlich wichtig finden.

Max Weber liefert mit diesen Worten ein treffendes Bild für die oft verantwortungslose Natur des Menschen und die fehlende Übereinstimmung zwischen dem, was wir sagen, und dem, was wir tun.

Max Weber entlarvt jedoch nicht nur uns Menschen, denn es geht ihm darum, dass er einen Menschen sieht, der die Verantwortung für sein Tun übernimmt, einhält und sagt: Hier stehe ich und kann nicht anders. Persönliche Überzeugung und ethische Verantwortung können sich miteinander verbinden, sagt Max Weber.

Ich weiß nicht, ob der Vergleich ganz trifft, aber da ist hier jedenfalls ein Bezug zu dem einen Geheilten, der zurückkehrte zu Jesus und ihm dankte. Das ist etwas Vorbildliches in diesem mannhaften Tun. Das war wohl eine persönliche Überzeugung in Verbindung mit einer ethischen Verantwortlichkeit, die ihn dazu veranlasste, Jesus wieder aufzusuchen und ihm zu danken.

Wir können uns in diesem Sinne von diesem Mann inspirieren lassen, wohl wissend, dass wir selbst wohl zu den neun gehören, die so schnell mit unserem eigenen Leben beschäftigt sind und vergessen, Gott zu danken und unseren Nächsten zu sehen.

Deshalb sollte dies unser Gebet sein:

Gott,

Vater, Sohn und Heiliger Geist,

bei dir ist der Himmel hoch.

Blau und hell leuchtest du über uns,

zugleich bist du mitten unter uns

in der Gestalt eines Menschen.

Deine Gnade reicht von Ost nach West

und reicht über alle Grenzen.

Wir bitten dich:

Erbarme dich über uns,

wenn wir um uns selbst kreisen

und vergessen, dir für das Leben zu danken.

Lass deinen Geist uns aufrechterhalten,

und lass deine Gnade uns tragen,

du, der du bist von Ewigkeit zu Ewigkeit.

Amen.

Bischof Elof Westergaard

Korsbrødregade 7

DK 6760 Ribe

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