Unsere Dämonen – unsere Gewohnheiten

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Unsere Dämonen – unsere Gewohnheiten

3. Sonntag der Fastenzeit | Lukas 11,14-28 (Dänische Perikopenordung) | verfasst von Laura Lundager Jensen |

 

 Es fehlt noch der Dachboden – in allem Kellerräumen, dem Schuppen, dem Carport ist aufgeräumt, sortiert, aussortiert.

Auf dem Dachboden befinden sich Jahrsehnte alte Sachen, die aufgeräumt werden müssen.

Wir sind nicht die einzigen. Wenn irgendjemand viel zu tun hatte hier in den Korona-Zeiten, dann die Leute in den Abfallzentren. Überall im Land sind die Häuser aufgeräumt und gereinigt. Und die meisten sind schon weiter als wir.

Aber Dänemark ist noch immer ein Land, das geschlossen ist.

Und nachdem der Bedarf an Aufräumen gedeckt ist und auch das Bedürfnis nach Spaziergängen, alternativen Formen der Begegnung und virtuellen Spielabenden gedeckt ist, melden sich Rastlosigkeit, Ungeduld, Langeweile und schlechte Laune.

Der Mittagsdämon ist eingezogen – wie das der alte Wüstenmönch Evagrios genannt hat. Das Leiden, dass die Mönche dazu veranlasste, missmutig aus dem Fensterloch der Zelle zu schauen, um zu sehen, ob und wie weit sich die Sonne bewegt hatte, seit man zuletzt nachgeschaut hatte. Gezeichnet von Erschöpfung und Müdigkeit und der Erfahrung, dass alles sinnlos ist und das sich trotzdem nichts lohnt, sahen sie ein, dass der Mittagsdämon sich aufs Angenehmste etabliert hatte.

Die Unerträglichkeit der Ungeduld, der Gegensatz des Lebensmutes.

In der Fastenzeit dieses Jahres, die nach der Zeitrechnung der Covid-19 Zeit bald ein Jahr gedauert hat, ist der Mittagsdämon ein vertrauter Gast geworden und hat zu einer Handlungslähmung geführt.

Das Bild des Evangeliums, wo man das Haus in allen Ecken reinigt nach dem Durcheinander und den Dämonen vieler Jahre, um dann zu erleben, dass die nächste Welle von Dämoneneinwanderungen nur allzu guten Sinn macht.

Wir können nicht mehr – die Nachrichten sind unerträglich vorhersehbar, Facebook zeigt nur Wiederholungen – dasselbe Rezept für Sauerteigs-Brot, dieselbe Eis-Lampe, derselbe Sonnenuntergang, dieselben Winterlinge – von allen für alle ausgeteilt im Lande, ohne dass das einen größeren Effekt für die Freude hätte.

Die Rede des Evangeliums von den Dämonen ist allzu aktuell.

Und ja, umso mehr dringlich ist es, sich damit auseinanderzusetzen.

Sich zu der Aufforderung der Fastenzeit zu verhalten, den Kampf mit den Dämonen aufzunehmen.

Und recht verstanden mit allen Dämonen – bewahre uns vor den bösen Dämonen, die uns in Versuchung führen – alle schlechten Dämonen der Gewohnheit, die sich im Laufe der Jahre in den Stuben, Kellern und Dachböden des Gemüts breitgemacht haben. Gewohnheiten, getragen von dem krankhaften Drang und der Begierde nach dem, was mehr ist und schöner und teurer. Die Gier des Hochmuts nach dem, was besser ist und mächtiger. Die Besessenheit der Wut, des Neids und der Faulheit.

Aber mindestens genauso wichtig ist es, den Dämonen zu bekämpfen, der mit dem Alle-Mittage-Dämonen folgt mit seiner Traurigkeit und Depressivität. Die Macht, die vielleicht die gefährlichste und destruktivste von allen ist.

Aber Jesus beendet ja nicht seine Erzählung nach einer einzelnen Dämonenaustreibung, sondern fährt fort, mit der eigenartigen Geschichte von dem Dämonen, der, nachdem er ausgetrieben ist, heimatlos umhertreibt, bis er in sein altes Haus zurückkehrt, das er nun gekehrt und geschmückt vorfindet, bereit den neuen Gast zu empfangen. Und schnell findet der Dämon sieben andere Dämonen und zieht ein und verwandelt den Mann in eine wahre dämonische Rockerburg.

So gesehen ist die heutige Erzählung eine große Warnung vor dem bequemen und reizvollen Angebot der Dämonen, das einfach und einladend wirkt. Zugleich aber eine mindestens genauso wichtige Mahnung, dass es nicht genügt, einen Kreuzzug gegen das Böse zu führen – eine andere Macht muss an seine Stelle treten.

Den alten Mönchen wurde geraten, in ihre Zellen zu gehen, um hier in der Einsamkeit den Kampf gegen den Mittagsdämonen zu führen. Und dies nicht um zu flüchten, sondern um auszuharren in dem, was man ist und was man hat. Niemand kann der Leere und dem Missmut entfliehen, so wenig wie wir dem Tod entgehen können. Stattdessen sollen wir das Leben suchen, es stärken und siegen lassen. Wir sollen die Auferstehung siegen lassen, die die dem Tod die Macht genommen hat. Wir können den Glauben und das Vertrauen darauf siegen lassen, dass die macht der Liebe die Macht der Leere, der Einsamkeit und des Missmuts überwindet. Nicht die Liebe, mit der wir lieben, sondern die Liebe, in der wir geschaffen sind und mit der wir geliebt sind, die Liebe, die war und noch immer mit uns ist und uns will. Wie den Mönchen wird auch uns geraten, dass wir in der Fastenzeit auf diese Weise unsere Zellen aufsuchen. Nicht um nach der Kraft der Liebe in uns zu suchen, sondern um sie anzunehmen und auf sie zu hören, wenn sie zu uns kommt. Sie annehmen und sie Einzug halten lassen in und, damit sie uns erfüllt.

Nur mit Gottes Hilfe wird das Leben wesentlich, heißt es.

In unserem Leben reinmachen und aufräumen sowohl physisch als auch geistig ist ewig von Nutzen. Und es ist klug, Dinge wegzuwerfen und durch mehr nachhaltiges Material zu ersetzen in allen Formen und Bedeutungen – physisch und geistig.

So gesehen hat Covid19 einen anderen Effekt gehabt – die Welt hat eine Denkpause erhalten – nur die wenigsten sind zu einem Dasein als Wüstenmönch geschaffen.

Deshalb müssen wir darum beten, dass die Fastenzeit uns in diesem Jahr zu dem Wort führt, wie er zu Ostern offenbar wird, aber schon heute an uns ergeht – trotz der verkrüppelten Gottesdienstformen. Das Wort, das an uns stets ergeht, wann immer wir unsere Herzen öffnen für den Willen Gottes. Das erklingt und uns aus den Zellen schickt wieder in die Welt. Um hier zu handeln und die Hand zu reichen, Lächeln und Sonnenschein verbreiten, und um, auch wenn es die Hoffnung des Winterfrühchens in diesem Jahr schwer hat, dennoch von der Frühjahrshoffnung und der Ankunft des Stars und der Lärche zu reden.

Das Evangelium von heute will und dazu bringen, dass wir all das bekämpfen, was das Leben daran hindert, sich zu entfalten. Und mit allen Mitteln, einschließlich Enthaltsamkeit, Ajax und Impfstoffen. Nicht um die Häuser gekehrt und geschmückt zu hinterlassen, sondern eben das Wort Gottes an die Stelle zu setzen.

Worte, die uns geschenkt werden, wenn wir zum Gottesdienst versammelt sind und in Gemeinschaften, oder wenn wir im stillen Gebet verharren. Und Worte, die uns in Stand setzen, in dem Leben aktiv zu sein, das sich so sehr in Hoffnung und Glaube öffnen will.

Es braucht Mut und Stärke, sich dafür zu entscheiden. Und der Kampf muss im Zentrum unserer Seele und unseres Herzens ausgefochten werden – aber wir sind dabei nicht allein. Wir haben das gnädige Wort und Tun Gottes in der Welt, woran wir uns halten können – und selig sind die, die das Wort Gottes hören, bewahren und nach ihm handeln. Amen.

 

Pastorin Laura Lundager Jensen
Langetoften 1, Osted
DK-4320 Lejre
E-mail: luje(at)kp.dk

 

 

 

 

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