1.Kön 8,22-28

· by predigten · in 11) 1. Könige / 1 Kings, Aktuelle (de), Altes Testament, Auffahrt / Himmelfahrt, Beitragende, Bibel, Deutsch, Kapitel 08 / Chapter 08, Kasus, Predigten / Sermons, Udo Schmitt

Wo Wohnt Gott? | Christi Himmelfahrt | 29.5.2025 | Predigt 1.Kön 8,22-28| verfasst von Udo Schmitt |

Wo wohnt Gott? – Hierzu eine kleine Erzählung, sie heißt: Eine Geschichte von Gott, und stammt von Herrmann van Veen. „Als Gott nach langem Zögern wieder mal nach Haus ging, war das Wetter schön, sagenhaftes Wetter. Und das Erste, was Gott tat, war die Fenster sperrangelweit zu öffnen um sein Häuschen zu lüften. Und Gott dachte: „Vor dem Essen wird‘ ich mir noch kurz die Beine vertreten.“ Und er lief den Hügel hinab zu einem Dorf von dem er genau wusste, dass es da lag. Und das Erste, was Gott auffiel war, dass da mitten im Dorf während seiner Abwesenheit etwas geschehen war, was er nicht erkannte. Mitten auf dem Platz stand eine Masse mit einer Kuppel und einem Pfeil, der pedantisch nach oben wies. Und Gott rannte mit Riesenschritten den Hügel hinab, stürmte die monumentale Treppe hinauf – und befand sich in einem unheimlichen, nasskalten, halbdunklen, muffligen Raum. Und dieser Raum hing voll mit allerlei merkwürdigen Bildern. Viele Mütter mit Kind und Reifen über dem Kopf – und ein fast sadistisches Standbild von einem Mann an einem Lattengerüst. Und der Raum wurde erleuchtet von einer Anzahl fettiger, gelblichweißer triefender Substanzen aus denen Licht leckte. Er sah auch eine höchst unwahrscheinliche Menge kleiner Kerle herumlaufen, mit dunkelbraunen und schwarzen Kleidern und dicken Büchern unter müden Achseln, die selbst aus einiger Entfernung leicht modrig rochen. „Komm mal her, was ist das hier? Was ist das hier?“ „Das ist eine Kirche, mein Freund. Das ist das Haus Gottes, mein Freund.“ „Ahh, wenn das hier das Haus Gottes ist, Junge, warum blühen dann hier keine Blumen, warum strömt denn hier kein Wasser und warum scheint hier die Sonne nicht, Bürschchen?!?“ „Das weiß ich nicht.“ „Kommen hier viele Leute her, Knabe?“ „Na es geht in letzter Zeit ein bisschen zurück, mein Freund.“ „Und woher kommt das deiner Meinung nach, oder hast du keine?“ „Es ist der Teufel. Der Teufel ist in die Menschen gefahren. Die Menschen denken heutzutage, dass sie selbst Gott sind, und sitzen lieber auf ihren Hintern in der Sonne.“ „Aha!“ Und Gott lief fröhlich pfeifend aus der Kirche auf den Platz. Da sah er auf einer Bank einen kleinen Kerl in der Sonne sitzen. Und Gott schob sich neben das Männlein, schlug die Beine übereinander und sagte: „Kollege“.“

Wo wohnt Gott?

Im Himmel? Auf Erden? In einem Haus mit Dach? Oder gefällt es ihm nicht unter freiem Himmel besser? Die Frage war schon damals ein wenig heikel, als Salomo der berühmte König den Tempel in Jerusalem fertig gebaut hatte, den sein Vater, der noch berühmtere König David nur planen, aber nicht fertig stellen konnte.

Zuvor hatte Gott kein Haus aus Stein. Er zog mit dem Volk mit. Durch die Wüste vierzig Jahre lang. In einem Zelt durch das man tags die Sonne und nachts die Sterne sehen konnte. Ein Zelt ist ein sehr leichtes und sehr praktisches Haus, da man es zusammenrollen und mitnehmen kann. Jahwe, der Gott Israels, war ein mitziehender Gott. Durfte man ihn einsperren in ein Gebäude aus Steinen, von Menschenhand gemacht? Die Sache war ein wenig heikel. Und so betete Salomo am Tag der Einweihung des Tempels und er tat es laut und öffentlich. Doch hört selbst, wie es im ersten Buch der Könige in 8. Kapitel steht: TEXT 1. Kön 8,22-28 (L)

Wo wohnt Gott – Sollte Gott wirklich auf Erden wohnen? Salomo weiß, dass kein Ort groß genug ist und kein Gebäude schön genug, um Gott gerecht zu werden: Siehe, der Himmel und aller Himmel Himmel können dich nicht fassen – wie sollte es dann dieses Haus hier tun, das ich gebaut habe?
Seltsam: Salomo hat den Tempel für Gott gebaut, und stellt dann dessen Zweck gleich bei der Einweihung in Frage. Er bittet Gott quasi von Vorneherein mal um Entschuldigung. Verglichen mit dem überstrahlenden Glanz Gottes ist alles, was ein Mensch bauen kann nur eine Bruchbude. Wir mögen goldene Leuchter mit echten Bienenwachs-Kerzen darin aufstellen und bunte Blumen-Bilder an die Wand malen. Und dennoch: Alles zu billig. Viel zu billig. Nichts kommt ihm gleich.

Dennoch bauen wir Häuser. Und brauchen sie auch. Für uns. Gott braucht sie nicht. Aber wir brauchen sie. Damit unsere Kinder ein Zuhause und unsere Dörfer eine Mitte haben. Ein Dorf ohne Kirche ist wie tot. Es mag noch so schön sein. Aber es fehlt die Mitte. Ein Dorf ohne Kirche ist wie ein Mensch mit Demenz. Die Lichter sind an, aber es ist keiner zu Hause. Vergessen die Worte, vergessen die Sprache und alles, was wichtig ist, vergessen das Glauben und das Lieben und das Hoffen.

Darum lassen wir mal lieber die Kirche im Dorf. Allerdings – und da hat Salomo recht (man nennt ihn nicht umsonst weise) – nichts, was wir tun, kann an Gott heranreichen. Kein Gott im Himmel. Und kein Gott auf Erden. Ist wie du Gott. Du bist größer als alle Götter. Und größer als alle Bilder, die wir uns machen. Alle Begriffe, die wir benutzen. Alle Weisheit, die wir besitzen. Alle Häuser, die wir bauen.

Das heißt: Gott lässt sich nicht einsperren noch festlegen. Ist wie der Wind, der weht, wo er will. Wo er sich finden lassen will. Der eine Mensch geht in eine Kirche und findet Gott. Die Gebete, die Gesänge, die Gemeinschaft – herrlich. Der andere findet nichts oder findet es grässlich (so wie Herman van Veen).

Der eine Mensch geht in die Natur, bewundert die Berge, Bäume, die Blumen und sagt: Siehe, sie alle sind Schöpfung. Der andere findet nichts. Nichts dabei. Und gegen Blumen ist er sowieso allergisch.
Der eine geht auf den Kirchentag und jubelt: so viele Menschen, so viel Stimmung und findet Gott. Der andere findet nichts – meidet die Masse, alles viel zu viel.
Der eine Mensch geht in die Wüste, seufzt: Endlich Ruhe. Endlich Stille – satt! Und findet darin Gott. Der andere findet nichts – und fürchtet zu verdursten.

Wo ist also Gott? Im Himmel, auf Erden? Innen, außen? Drinnen, draußen?

Gott lässt sich nicht einsperren. Wo wir es wollen. Er lässt sich finden, wo er es will. Himmelfahrt ist ein guter Tag, um daran zu erinnern. dass wir Gottes Volk sind. Und also noch immer unterwegs sind. Nicht fertig, nicht am Ziel. Was wir bauen und errichten, was wir denken und erdichten, ist ein Provisorium nur. Ein Unterstand, eine Baracke, eine Zuflucht auf Zeit. Nicht Ewigkeit.

Himmelfahrt ist ein guter Tag, um daran zu erinnern, dass Gott um uns ist, wohin wir auch gehen. Ob wir uns in der Kirche versammeln oder heute hier in der Natur. Auf dem Bauernhof. Wenn wir zusammen sind und fröhlich sind, fröhlich wie ein Zimmer ohne Dach, wie es im Lied heißt: happy, like a room without a roof. Wenn wir also heiter und gelassen, fröhlich und nach oben offen sind, dann wandeln wir von ganzem Herzen vor Gott. Wie es hier bei Salomo heißt.

Unser Herz ist der Ort der Begegnung, das Zelt, das ihm gefällt. Denn Gott ist kein Gerne-groß, sondern ein Gerne-klein. Er will mit uns, und mitten unter uns und in unserer Mitte sein. In unserem Herzen, wenn wir miteinander beten, singen, wenn wir heiter und gelassen und gottesfröhlich sind. Dann ist Himmelfahrt. Und der Himmel ist mitten unter uns.

Liedvorschläge:

HuE 2                   Da berühren sich Himmel und Erde

EG.E 6                  Wir feiern deine Himmelfahrt

EG 611                 Der Himmel geht über allen auf

NN              Heaven is a wonderful place

Udo Schmitt, geb. 1968, Pfarrer der Evangelischen Kirche im Rheinland, von 2005-2017 am Niederrhein, seit 2017 im Bergischen Land.

Dorfstr. 19 – 42489 Wülfrath (Düssel)

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