1.Korinther 15, 19 – 28

· by predigten · in 07) 1. Korinther / 1 Corinthians, 2. Advent, Aktuelle (de), Archiv, Aus dem Dänischen, Beitragende, Deutsch, Eva Tøjner Götke, Kapitel 15 / Chapter 15, Kasus, Neues Testament, Predigten / Sermons

Es gibt nichts Schlimmeres als eine geschlossene Tür, dort, wo
man gerne hinein möchte. Gar eine Kirchentür.

Die offene Tür ist das Bild für das Reich Gottes, dort, wo
alle willkommen sind.

„Die Tür steht immer offen“, so sagt man von einem Haus,
wo man immer aufgenommen und herzlich empfangen wird, wann und wie auch
immer man kommt: Ob man nun fröhlich ist, traurig oder ängstlich.

Unsere Vorstellung vom Reich Gottes ist die offene Tür. Das Reich
Gottes ist wohl da, wo man nicht zu spät kommen kann, die immer offene
Tür.

Und das Reich Gottes ist dort, wo man in dem Zustand ankommt, in dem
man nun einmal ist.

Die stets offene Tür ist nämlich das Bild für die Gnade
und Barmherzigkeit.

Einer aus meiner Gemeinde gab mir neulich ein Bild, das er auf einer
Reise in Deutschland aufgenommen hatte. Er war auf ein Schild gestoßen
am Eingang einer deutschen Kirche mit diesem Wortlaut: „Die Tür
unserer Kirche steht für Sie offen. Sie lädt sie ein, die Schwelle
zu überschreiten und einzutreten. Alles darf mit hinein: Ihre Fröhlichkeit
und Ihre Traurigkeit, Ihre Hoffnungen und Ihre Ängste, Ihre Erinnerungen
und Ihre Träume. Sie sind eingeladen, die Tür zu durchschreiten“.

Ein schöner Text, der die Einladung zum Ausdruck bringt, die darin
liegt, daß man in die Kirche und zum Gottesdienst kommt. Das ist
wie der Eintritt in das Reich Gottes.

Um so schwerer fällt es deshalb, das Gleichnis von den zehn Brautjungfrauen,
das für diesen zweiten Advent bestimmt ist, zu verstehen. Zehn Jungfrauen,
fünf törichte und fünf kluge, gehen dem Bräutigam
entgegen mit ihren Öllampen, so wie dies zur Zeit Jesu Sitte war.
Der Bräutigam läßt auf sich warten. Die Mädchen
schlafen ein. Als sie erwachen, ist kein Öl mehr in den Lampen.

Die klugen Jungfrauen haben extra Öl mit, aber sie wollen nicht
mit den törichten teilen, die diese Situation nicht vorhergesehen
haben. Die müssen nun zum Kaufmann gehen, um mehr Öl zu besorgen.

Als sie zurückkommen, ist der Bräutigam gekommen. Die Tür
ist geschlossen. „Herr, tu uns auf!“ bitten sie. Aber der antwortet: „Ich
kenne euch nicht“.

Der Gedanke des Gerichts ist wichtig in den Predigttexten der Adventszeit.
Die große Frage aber ist, wie sich das Gericht zur Barmherzigkeit
Gottes verhält. Wie sich die verschlossene Tür zur offenen
verhält, das ist eine Frage nach dem Glauben an Christus.

In Bethlehem traf der Herr auf eine geschlossenen Tür, als sie
in der Herberge anklopften, damit Maria in die warme Stube hineinkommen
konnte, um ihr Kind zu gebären.

In Jerusalem ging der auferstandene Christus durch die verschlossene
Tür, um zu seinen Jüngern zu kommen und ihnen den Segen Gottes
zu spenden.

Ist der Ausgangspunkt eine geschlossene Tür, erzählt das Evangelium
von Ihm, der durch diese verschlossene Tür hindurch­brechen
kann. Das Evangelium erzählt von ihm, der verschlossenen Türen,
widerwilliger Ablehnung und Unglauben und menschlicher Verschlossenheit
trotzen kann.

Und das Evangelium erzählt, daß dies geschehen kann, immer
wieder. Daß das Wort von ihm die Kraft hat, Türen und Herzen
zu öffnen und in uns einzuziehen. Und daß dies geschieht,
geschehen kann. Hier und jetzt beim Gottesdienst oder morgen. Niemand
kennt den Tag oder die Stunde.

Mit dieser Hoffnung vor Augen sollen wir im Advent leben – so als wären
wir Brautjungfrauen, die auf den Bräutigam warten. Ein Lehrstück,
wie man in der Zeit mit der Ewigkeit vor Augen leben soll.

Advent heißt warten, oder eher erwarten . Wenn unser
Warten auf das Reich Gottes, darauf daß sich die verschlossenen
Türen für uns öffnen, nicht nur ein Warten ist, sondern
eine Erwartung des Reiches Gottes mit all dem, was es an Freude
und Fest mit sich bringt, dann muß man erwarten, daß wir
uns auf das freuen und deshalb vorbereiten, was geschehen soll,
uns bereit machen, damit wir da sind und bereit, wenn es geschieht, wenn
sich die Tür öffnet.

Haben wir aber nicht die großen Erwartungen an das, was geschehen
wird, dann sind wir wie die törichten Jungfrauen, die nicht vorgesorgt
haben und unbedacht waren. Sie haben nicht eingesehen, welch eine einmalige
Gelegenheit es für sie ist, mit zum Fest zukommen.

Vielleicht kommt wieder einmal eine Gelegenheit. Ich meine Hochzeiten
gibt es ja genug, so viele, daß Brautleute heutzutage oft erleben,
daß die Herberge voll ist von anderen Hochzeitsgä­sten
an dem Tag, den sie sich nun gerade ausersehen hatten, um ihr Fest zu
feiern.

Um wirklich das Einmalige an dem Fest zu betonen, zu dem das Reich Gottes
einlädt, genügt es nicht, daß man sagt, es handele sich
um ein Fest wie andere auch – und daß das Reich Gottes eine offene
Tür ist, wie wir sie von den offenen Häusern kennen, die wir
vielleicht das Glück hatten irgendwann in unserem Leben einmal erleben
zu dürfen.

Das Reich Gottes ist nicht nur eine offene Tür.
Es ist eine Tür,
die einem geöffnet wird .
Das ist einer, der sie öffnet
für dich .

So persönlich sollen wir es verstehen – sowohl was den Türöffner
angeht als auch uns selbst. Das ist wichtig. Es handelt sich nicht nur
um eine zufällig offene Tür, eine Möglichkeit unter anderen
offenen Türen. Es handelt sich um eine Tür, die jemand für
dich öffnet, zu deinem Besten, für dich. Weil der Wirt will,
daß gerade du beim Fest dabeisein sollst.

Es kann jeden Augenblick passieren, daß sich die Tür öffnet,
in welchem Zustand du auch bist. „Darum wachet! Denn ihr wisset
weder Tag noch Stunde“.

Das ist der Gedanke des Gerichts hier in der Adventszeit. Du kannst
zu spät kommen. Du kannst die Stunde verschlafen. Du kannst so töricht
sein, daß du es dir selbst später nie vergeben können
wirst.

Du kannst dich selbst ausschließen.

Du hast eine Verantwortung, die niemand für dich tragen kann, die
du nicht mit anderen teilen kannst.

Es gibt Entschlüsse im Leben, die dir niemand abnehmen kann.

Worauf wartest du?

Wache und bete. Steh auf von den Toten – du bekommst Ohren zum Hören
und Augen zum Sehen.

Freue dich darüber, während du auf dem Wege bist, daß dir
jemand entgegenkommt.

Freue dich darüber, daß es einen Menschen gibt, der sein
Leben mit uns anderen teilen konnte – im Unterschied zu den sogenannten
klugen Jungfrauen.

Er öffnete die Tür zum Leben, indem er die Tür für
den Tod zuschlug – dem gehen wir deshalb nicht entgegen, wenn wir uns
in der Nacht bewegen und die winterliche Finsternis um uns immer dichter
wird.

Er kommt uns entgegen als das Licht, das wir selbst nicht am Leuchten
halten können, als das Licht, das für uns leuchtet, wenn unser
eigenes ausbrennt.

Mit der Hoffnung sollen wir leben – mit dem Gericht und der Unwiderruflichkeit
aller Dinge. Wir können uns selbst in unserer Torheit und unserem
Mangel an Glauben ausschließen. Wir können das Licht in anderen
auslöschen.

Wir können zu spät kommen. Und wenn wir dastehen und anklopfen,
so erzählt das Gleichnis, dann sagt er: Ich kenne euch nicht.

Möge der Auferstandene sich selbst in uns erkennen – hier in der
Furcht vor dem Gericht – und den verschlossenen Türen trotzen, zu
uns hineingehen und seinen Frieden bringen, damit wir ein Licht in uns
anzünden können, das wir aus der Kirchentür mit
uns hinaustragen können, damit es für uns leuchtet in all der
Zeit, in der wir auf das Kommen des Bräutigams warten – auch wenn
das eine Ewigkeit dauert. Amen.

Pastorin Eva Tøjner Götke
Platanvej 10
DK-5230 Odense M
Tel.: ++ 45 – 66 12 56 78
email: etg@km.dk