
1. Petrus 1,1-9
Trotz Zweifeln zu neuem Leben! | Quasimodogeniti | 27.4.2025 | 1. Petr 1,1-9 | Andreas Pawlas |
Predigttext: Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht durch den Glauben bewahrt werdet zur Seligkeit, die bereitet ist, dass sie offenbar werde zu der letzten Zeit. Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen, auf dass euer Glaube bewährt und viel kostbarer befunden werde als vergängliches Gold, das durchs Feuer geläutert wird, zu Lob, Preis und Ehre, wenn offenbart wird Jesus Christus. Ihn habt ihr nicht gesehen und habt ihn doch lieb; und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn nicht seht; ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude, wenn ihr das Ziel eures Glaubens erlangt, nämlich der Seelen Seligkeit.
Liebe Gemeinde!
Das Osterfest ist nun eine Woche her. Und sicherlich haben viele dieses Fest als ein fröhliches, heiteres Fest genießen können, ja, sogar mit Osterlachen und Geschenken. Und das ja zu Recht. Denn die Auferstehung Jesu Christi vom Tod, wie sie uns in den biblischen Berichten bezeugt ist – dass Christus damit also den Tod überwunden hat und auferstanden ist –, das verlangt einfach nach Fröhlichkeit, Dankbarkeit und Heiterkeit.
Und genau von solcher Fröhlichkeit, Dankbarkeit und Heiterkeit ist ja auch das Lob Gottes getragen, mit dem unser Bibelwort aus dem 1. Petrusbrief beginnt: „Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus.“
Jedoch, so plausibel und einsichtig dieses Osterlob auch ist, so richtig einstimmen kann man doch nur, wenn man selbst sein Herz frei hat und gut durchatmen kann. Aber, jetzt Hand aufs Herz! Gehören wir hier nun alle in den Kreis dieser glücklichen Menschen?
Oder ist es irgendwie doch anders? Sieht es da in unserem Inneren aus guten Gründen nicht ganz anders aus? Denn wer unter uns wollte genau wissen, wie es in der großen Politik weitergeht, etwa mit den weltweiten Zöllen oder in der Ukraine? Oder was im Nahen Osten mit den Kämpfen, den Geiseln, den Zerstörungen passiert, oder was mit den vielen, vielen anderen Nöten zwischen den Völkern dieser Welt geschieht?
Jedoch selbst, wenn man sich deshalb lieber in sein persönliches Schneckenhaus zurückziehen und etwa generell vermeiden wollte, Nachrichtensendungen zu hören oder zu sehen, was haben viele unter uns ganz persönlich in ihrem Leben durchaus zu tragen etwa an Sorgen um ihre Lieben oder einfach um die eigene Gesundheit, und darum auch um das eigene leibliche oder auch finanzielle Überleben.
Natürlich binden das wir ja nicht jedem auf die Nase, aber das alles ist doch unter uns präsent, und will uns in allem, was wir glauben, hoffen und wissen irgendwie fesseln und knebeln. Darum ganz gewiss noch einmal: wie sollte man vor diesem realistischen heutigen Hintergrund auch nur ein wenig in das Lob Gottes aus unserem Bibelwort einstimmen können?
Allerdings, könnte es nicht sein, dass eine solche Wahrnehmung der Welt nicht erst die heutigen Zeitgenossen, sondern schon von alters her die Menschen umtreibt? Denn wer wollte sich hinstellen und behaupten, dass es in der ersten Christenheit auch nur ein Bißchen weniger Bedrohungen durch Konflikte zwischen den Völkern gegeben hätte? Oder wer wollte meinen, dass es in der ersten Christenheit auch nur ein Bißchen weniger Sorgen um die Lieben oder um die eigene Gesundheit, und darum auch das eigene leibliche oder auch finanzielle Überleben gegeben hätte als heute?
Jedenfalls dürfte der Hl. Apostel Petrus nicht ohne Grund diese schlimme Zeit, in der wir heute und die Christen damals traurig und durcheinander sind, auch wirklich so beim Namen nennen. Denn er spricht unsund die Christen damals an, als diejenigen, „die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen“.
Ja, Achtung, er verwendet dabei tatsächlich diesen altertümlichen, aber eigentlich explosiven Ausdruck „Anfechtungen“. Und dabei wird dessen Bedeutung ja keinesfalls ausreichend mit „Konflikt“ oder „Sorge“ wiedergegeben. Sondern mit dem Ausdruck „Anfechtung“ ist gemeint, dass einen Konflikte oder Sorgen bis hin zum Zweifel an Gottes Güte und Allmacht treiben wollen, ja bis hin zum radikalen Zweifel an Gottes Existenz, also bis hin zum tiefen Zweifel daran, dass die Welt jemals vom Bösen erlöst und im Gutenvollendet werden könnte.
Und ist es nicht tatsächlich so, dass wir heutigen Menschen genau in solchen drastischen „Anfechtungen“ mit den damaligen ersten Christen eng verbunden sind?
Muss das etwa noch erklärt werden? Eigentlich doch nicht. Aber lassen Sie es uns noch einmal in aller Dramatik ins Gedächtnis rufen: Denn was hieß es wohl für die von Jesus Christus angerührten und freudig erfüllten Menschen damals, als dieser wunderbare Sohn Gottes, am Karfreitag brutal gefoltert und am Kreuz umgebracht wurde? Das musste für sie doch heissen, dass für sie die Welt unterging, dass damit alles, was dieser Jesus ihnen von Gottes Güte und Fürsorge so glaubhaft gepredigt und dargelegt hatte, brutal und handgreiflich widerlegt wurde.
Ja, und jetzt, genau jetzt kommen wir. Denn kennen wir nicht genau das auch in unserem heutigen Leben? Ja, wer unter uns hat das nicht schon in seinem heutigen Leben erfahren, dass ihm vor lauter Enttäuschungen und Schmerzen die Welt unterzugehen schien, und dass ihm dabei alles, was er von Gottes Güte und Fürsorge bisher geglaubt hatte, brutal und handgreiflich widerlegt schien: Alles aus! Nur das schwarze Nichts! Und das will alles aus dem Sinn fegen, was je noch gut und hoffnungsvoll genannt werden könnte.
Aber was ist es dann, was die damaligen Christen erleben durften? Ostern! Ja, Ostern, das hieß doch dann das Unglaubliche: Eben nicht Alles aus! Eben nicht das schwarze Nichts! Sondern Leben auf ganze andere Art. Überwindung des Todes. Auferstehen als alles hinter sich lassen, was vorher alles vernichtet hat. Eben mit einmal hineingenommen zu sein in ein ganz anderes neues Leben, eben wie der Apostel jubelt: wiedergeboren zu einer lebendigen Hoffnung. Was ist das für eine Erfahrung!
Ja, genau das ist doch der Grund, weshalb man zu Ostern, und natürlich auch am Sonntag nach Ostern und überhaupt, als Christenmensch einstimmen kann in den Jubel des Apostels, in den Jubel der Christenheit, in den Jubel der Engel in den Jubel des ganzen Kosmos.
Nein, nicht dass damit alle Konflikte zwischen den Völkern plötzlich gelöst wären. Nein, nicht dass damit alle Sorgen um die Lieben oder um die eigene Gesundheit erledigt wären. Aber was jetzt geglaubt und erfahren werden kann, ist, dass sie jetzt alle nicht mehr die Macht haben, uns wirklich umzubringen, uns unauflöslichzu fesseln, uns endgültig zu würgen. Denn das Leben, das uns durch Christus von Gott her zugesagt ist, das ist stärker, das ist einfach völlig anders. Denn der im Glauben Wiedergeborene soll eigentlich aus dieser Welt schon hinweggenommen sein in alle Herrlichkeit. –
Wie wäre das wohl, wenn wir das alles so richtig fühlen könnten? Wie wunderbar wäre es, wenn das alles völlig die uns noch verbleibende Zeit unseres Lebens bestimmen würde?
Jedoch, wir kennen uns ja und wissen alle, dass wir da so manches Mal recht kleinmütig sind und dass uns die Kraft und Freude der Osterbotschaft nicht so völlig bestimmen will. Und wen wollte es da wundern, dass da die dazugehörige Argumentation des Hl Apostels darum für manchen auch schwer anzuhören ist. Denn für den Apostel soll es bei allen den von ihm genannten dramatischen Anfechtungen nur im Kern darum gehen, sich zu bewähren, erprobt zu werden und damit letztlich gestärkt zu werden im Glauben, gestärkt zu werden in einem Glauben, der in seiner Stärke darum viel kostbarer befunden wird als vergängliches Gold.
Ach, wenn uns das wohl immer gelingen könnte, alle unsere Nöte nur derart als Orte zu verstehen und zu erfahren, an dem wir uns bewähren, erproben und damit letztlich stärken können im Glauben. Wie würde das unser ganzes Weltbild verändern! Wie sicher könnten wir dann in Hoffnung leben! Und auf jeden Fall könntenwir dann doch gar nicht mehr anders als uns zu freuen mit unaussprechlicher und herrlicher Freude. Denn das Ziel unseres Glaubens wäre doch so nahe, nämlich der Seelen Seligkeit.
Und was heisst das alles nun für diese Welt und unsere Verantwortung in ihr? Ziehen wir uns damit als Wiedergeborene aus dieser Welt zurück in die versprochenen himmlischen Sphären und überlassen das Weltgeschehen allen dunklen und üblen Kräften?
Ich glaube das nicht. Denn ein Christenmensch ist doch um Gottes willen immer gefordert, hilfreich, tröstend und aufbauend zu sein. Denn das folgt doch automatisch daraus, wenn man so, wie der Hl Apostel seiner damaligen Gemeinde schreibt, Christus lieb hat und an ihn glaubt, auch wenn man ihn nicht gesehen hat. Denn die uns in Christus tragende Liebe Gottes, die will eben weltweit hilfreich, tröstend und aufbauend sein.
Und kann das nicht tatsächlich auch möglich sein? Denn wenn man in der vielen Konflikten dieser Welt eben nicht mehr nur eine der vielen von Raffgier und Herrschsucht getriebenen Parteien ist, sondern als erlöster Mensch versucht, jedem Einzelnen möglichst um Gottes willen sein Recht zukommen zu lassen, könnte das nicht als ein Weg zum Frieden untereinander wirksam werden?
Oder wenn man im persönlichen oder familiären Umfeld nicht mehr allein von Geltungsdrang und Ichsuchtgetrieben wäre, sondern als erlöster Mensch versuchte, anderen beizustehen, zu helfen, zu trösten, müsste das nicht im näheren Umfeld wirklich alles verändern?
Gewiss, es ist auf dieser Welt und in uns selber so manches noch ganz anders und stellt einen bleibenden Auftrag dar. Ja, wir sind eben noch nicht im Himmel. Denn der Himmel, in dem ein unvergängliches und unbeflecktes und unverwelkliches Erbe für uns aufbewahrt wird, der kommt erst noch. Aber er kommt! Gott sei Dank! Amen.
Pastor i. R. Prof. Dr. Andreas Pawlas
Eichenweg 24
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Andreas.Pawlas@web.de