1Petrus 1,3-6

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Lob aus der Tiefe | Quasimodogeniti | 27. April 2025 | 1Petr 1,3-6 | Eberhard Busch |

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus Christus, der uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi von den Toten, zu einem unvergänglichen und unbefleckten und unverwelklichen Erbe, das aufbewahrt wird im Himmel für euch, die ihr aus Gottes Macht aufbewahrt werdet zur Seligkeit, die bereitet ist und offenbar wird zu der letzten Zeit. Dann werdet ihr euch freuen, die ihr jetzt eine kleine Zeit, wenn es sein soll, traurig seid in mancherlei Anfechtungen.

Dies steht ganz am Anfang des 1. Petrus-Briefs: Gelobt sei Gott. Damit fällt er gleichsam mit der Türe ins Haus: Gelobt sei Gott! Gewiss wollen und sollen auch Andere, Mitmenschen gelobt sein. Man dürfte auch mal solche loben, die damit sonst kaum erfreut werden. Doch ach, wer will nicht alles gerühmt sein und wird gerühmt! Aber nehmen wir es genau: Gott hat den Vortritt. Vielleicht verstummen dann einige Lobhudeleien. Denn so wie kein Anderer ist er zu loben: „der Vater unseres Herrn Jesus Christus“. Es gibt sicher auch solche und es sind nicht einmal wenige, wie ich es in der Schweiz aus dem Mund von Alten hörte, wenn ich mich nach ihrem Befinden erkundigte: „I cha ned rüeme“.“ „Ich bin nicht lobenswert dran“. Aber der ist auf alle Fälle von uns zu rühmen, auch wenn es einem selbst nicht gut geht: „Gelobt sein Gott, der Vaters unseres Herrn Jesus Christus“. Ein Loblied – nicht so, wie ich es in einem Kirchenschmuck sah: ein pausbäckiger Engel, aus dessen Trompete kein Ton zu hören war. Nein, und sei es mit brüchiger Stimme gebrümmelt, mit dem Liedvers von Paul Gerhardt: „Ach, ich bin viel zu wenig, / zu rühmen seinen Ruhm. / Der Herr allein ist König, / ich eine welke Blum, / Jedoch weil ich gehöre / gen Zion in sein Zelt [in die Nähe der Heiligen Stadt Jerusalem], / ists passend, dass ich mehre, / sein Lob vor aller Welt.“

Aber nimmt hier jetzt jemand seinen Mund nicht allzu voll? Wäre nicht eher ein Klagelied vor aller Welt passend? Oder singen hier gut Betuchte, die blind sind für das Dransein so maßlos vieler in der Nähe und in der Ferne, Abgehobene, die bei ihrem Singsang wegschauen von den Abgründen in unsrer Zeit? Das wäre doch so wie jener stumme Engel. Aber schauen wir jetzt genau hin! Die hier diesen Lobgesang anstimmen, die sind samt und sonders nicht gut dran. Es sind Menschen, wie es heißt: „die jetzt eine kleine Zeit traurig sind, in mancherlei Anfechtungen.“ Der Gesang ertönt von Zeitgenossen, die „down“ sind. Die befinden sich jetzt nicht auf der Sonnenseite des Lebens, sondern auf der Schattenseite. Sie rühmen Gott, auch wenn sie im Blick auf sich selbst nichts zu rühmen haben. Sie singen trotz dem. So wie es von Paulus und seinem Gefährten Silas berichtet wird: als sie in einem schaurigen Verlies saßen und harte Haftbedingungen zu erleiden hatten. Aber als es am Dunkelsten war, „um Mitternacht lobten sie Gott.“ Gesang aus der Tiefe. Lob über dem Abgrund. Von dem Kirchenvater Athanasius, der im 4. Jahrhundert lebte, liest man: er musste in Todesgefahr von seiner Heimat in Afrika fliehen und jahrelang weit weg, in Europa, Zuflucht finden. Doch er erklärte zu seiner Drangsal: „Es ist ein Wölklein. Das vergeht“ – obwohl er lange Zeit in seiner Heimat gleichsam in einem nassen Dauerregen stand und unter einem hitzigen Donnerwetter.

Gibt es einen guten Grund für solche Hoffnung? Ja, in der Tat! Der Nagel an der Wand, an dem hier alles und jedes hängt, ist der Ostertag, „die Auferstehung Jesu Christi von den Toten“, wie unser Bibeltext sagt, sein Ausbruch aus dem Dunkel der Nacht. Bei Licht besehen zeigt sich, dass er trotz seinem Tod nicht zu beseitigen ist. Wenn Christen in die Zukunft blicken, so schauen sie zuerst dort hin. Nicht in das Morgen oder Übermorgen, nicht in das Rätsel kommender Zeiten. Sie schauen auch nicht zurück, in eine überholte Vergangenheit, nicht auf das, was einmal war und nicht wiederkommt. Sie schauen auf den Einen, der gestern und morgen und heute höchst gegenwärtig ist. Jesus lebt. Auf diesem festen Boden können wir bauen.

Ein Haus mit Stockwerk. Kein Flachbau. Das steht dermaßen fest, dass wir sagen dürfen: „Jesus lebt, mit ihm auch ich.“ Mit ihm auch ich! Darum geht es, wenn unser Predigttext sagt, dass „der Vater unseres Herrn Jesus uns nach seiner großen Barmherzigkeit wiedergeboren hat“. Das heißt: er hat uns einen völligen Neuanfang bereitet, selbst wenn auch in unsrem Leben einiges quer gelaufen ist: der Neubeginn in einem Leben in Anhänglichkeit an den Einen, den himmlischen Vater und seinem irdischen Sohn. Beide haben dieselbe Adresse. Und was auch geschieht und was uns widerfährt, wir sind nicht allein, sondern mit ihm, wie Er mit uns. Es ist ein Leben, gestärkt durch ihn und unter seinem Geleit, ein Leben, in dem der Mut zum Weiterwandern trotz argen Hindernissen nicht erlischt und nicht die Kraft zum Weitersingen selbst in Bedrängnis. Es ist ein Leben, wie es noch einmal Paul Gerhardt in einem rasanten Liedvers beschrieben hat: „Ich hang und bleib auch hangen / an Christus als ein Glied, / wo sein Haupt ist durchgegangen, / da nimmt er mich auch mit. / Er reißet durch den Tod, / durch Welt, durch Sünd und Not, / er reißet durch die Höll, / ich bin stets sein Gsell.“ Sein Geselle bei weitem nicht nur ich. Mit ihm auch Andere neben mir, viele, die weitumher auf der Erde leben, die wir nicht kennen, die Er aber kennt, und mit ihm viele, die lange vor uns da waren. Sie sind nicht verloren. Sie sind dort, wo Er ist. Gehalten über dem Abgrund.

Das wird sich gottlob in aller Zukunft nicht ändern. Unsere Hoffnung ist keine Lotterie. Sicher wird sich vieles wandeln und wird so manches anders eintreten als erwartet und prognostiziert. Aber das wird sich als beständig erweisen, wie ein Haltegriff in einem schlingernden Bus. Das wird auch „morgen und an jedem neuen Tag“ gültig bleiben, „festgemauert in der Erden“. Da gilt nicht der Spruch „Hoffen und Harren, macht manche zu Narren.“ Sein Spruch ist von harter Währung. Wir gehen ja dem Einen entgegen, der schon gekommen ist, der schon da ist. Wir sind zwar noch wie von gestern. Seine heutige Gegenwart ist uns noch dunkel. Sie muss uns noch „offenbar“ werden. Unsere Augen müssen sich noch öffnen. Eben dafür: Wir befinden uns in der barmherzigen Hand dessen, der schon nach uns gegriffen hat, aus der er uns auf keinen Fall fallen lässt. Wer weiß, was noch alles auf uns zukommt. Aber wir wissen, wer von dort uns entgegenkommt am Ende alles Zeitlichen. Nach uns greifen viele Hände, und zuletzt greift nach uns der Tod. Doch aus der Hand des Vaters unseres Herrn Jesus Christus wird uns nichts reißen können. Darum noch einmal mit einem Vers von Paul Gerhardt: „Hoff, o du arme Seele, / hoff und sei unverzagt, / Gott wird dich aus der Höhle, / da dich der Kummer plagt, / mit großen Gnaden rücken, / erwarte nur die Zeit, / so wirst du schon erblicken / die Sonn‘ der schönsten Freud.“ Danke, dass wir derart hoffen dürfen.


Eberhard Busch