
Apostelgeschichte 8,26-39
Ein Finanzminister kommt zum Glauben | 6. So. n. Trinitatis | 07.07.2024 | Apg 8,26-39 | Hansjörg Biener |
Was Promis glauben…
oder auch nicht, ist immer wieder Thema in Medien und Internet-Foren. Fußballer, die bekennende Christen sind oder bekennende Muslime. Hollywood-Promis, die sich als Buddhisten bezeichnen, esoterischen Ideen folgen oder gar Scientology. Oder auch Religionswechsel, wobei mir vor allem Konversionen zum Islam einfallen: der Schwergewichtsboxer Muhammad Ali, zuvor Cassius Clay (1942-2016, 1964 Konversion bekannt gegeben), der Sänger Yusuf Islam, zuvor Cat Stevens (*1948, 1977 Konversion), und die deutsche Fernseh-Moderatorin Kristiane Backer (*1965, 1995 Konversion). Auch das Christentum hatte und hat seine prominenten Bekehrungen. Eine von diesen wird im heutigen Predigttext überliefert.
Predigttext
26 Ein Engel des Herrn sagte zu Philippus: Steh auf und geh nach Süden auf der Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinabführt! Sie führt durch eine einsame Gegend.
27 Und er stand auf und ging. Und siehe, da war ein […] Hofbeamter […] der Königin der Äthiopier, der über ihrer ganzen Schatzkammer stand. Dieser war gekommen, um in Jerusalem anzubeten, 28 und fuhr jetzt heimwärts. Er saß auf seinem Wagen und las den Propheten Jesaja.
29 Und der Geist sagte zu Philippus: Geh und folge diesem Wagen! 30 Philippus lief hin und hörte ihn den Propheten Jesaja lesen. Da sagte er: Verstehst du auch, was du liest? 31 Jener antwortete: Wie könnte ich es, wenn mich niemand anleitet? Und er bat den Philippus, einzusteigen und neben ihm Platz zu nehmen.
32 Der Abschnitt der Schrift, den er las, lautete:
Wie ein Schaf wurde er zum Schlachten geführt; /
und wie ein Lamm, das verstummt, / wenn man es schert, /
so tat er seinen Mund nicht auf.
33 In der Erniedrigung wurde seine Verurteilung aufgehoben. […]
34 Der Kämmerer wandte sich an Philippus und sagte: Ich bitte dich, von wem sagt der Prophet das? Von sich selbst oder von einem anderen? 35 Da tat Philippus seinen Mund auf und, ausgehend von diesem Schriftwort, verkündete er ihm das Evangelium von Jesus.
36-37 Als sie nun weiterzogen, kamen sie zu einer Wasserstelle. Da sagte der Kämmerer: Siehe, hier ist Wasser. Was steht meiner Taufe noch im Weg? 38 Er ließ den Wagen halten und beide, Philippus und der Kämmerer, stiegen in das Wasser hinab und er taufte ihn.
39 Als sie aber aus dem Wasser stiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus. Der Kämmerer sah ihn nicht mehr und er zog voll Freude auf seinem Weg weiter. (Apostelgeschichte 8,26-39*, Einheitsübersetzung 2016)
Eine wunderbare Geschichte
Ein Minister aus Äthiopien findet zum Glauben an Jesus. Das war für die erste Christenheit eine Sensation und überliefernswert. Aber vielleicht hören manche unter uns heutzutage die Geschichte kritischer. Ich kann mir vor allem zwei Gründe vorstellen.
Grund 1: Das rundherum erzählte Wunderwirken ist uns fremd. Vers 26: „Ein Engel des Herrn sagte zu Philippus.“ Vers 29: „Der Geist sagte zu Philippus.“ Und nach der Taufe des Kämmerers „entrückte der Geist des Herrn den Philippus.“ Vers 39. So redet man „im modernen Mitteleuropa“ nicht; wohl aber unter den frühen Christen! Es ist ihre Weise, für die Bekehrung des äthiopischen Ministers Gott die Ehre zu geben. Die Bekehrung ist eben nicht die Heldentat eines Missionars, sondern Gott hat ihn gebraucht. Man kann unsere Bedenken gegen diese Geschichte auch umdrehen. Wann sagen wir über ein hilfreiches Gespräch, einen inspirierenden Gottesdienst, ein gelungenes Gemeindefest „Da war Gott dabei.“? Trauen wir uns das?
Grund 2: Und wenn man sich schon auf den Pfad des Zweifelns macht. Die Geschichte klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Gegen solche Zweifel kann sich der Predigttext nicht verteidigen. Aber man kann doch etwas zu seiner Verteidigung vorbringen: Warum sollte die erste Christenheit eine Geschichte erfinden, die damals mehr Probleme aufwirft, als den Christen lieb sein konnte. Dieser Mann gehörte nach seiner Herkunft nicht zum Volk Israel. Israel war aber die erste Zielgruppe der ersten Christen, und es gab schwere Auseinandersetzungen darüber, ob das Evangelium auch Nicht-Juden gilt. Ein zweites: Diese Taufe war in höchstem Maße „unordentlich“: Minimale Unterweisung, keine Nachsorge, kein Begleitschreiben, mit dem man den jungen Christen einer anderen Gemeinde anvertraut. Die Frage stellt sich auch heute: Kann man als Kirche tatsächlich eine „Taufe to go“ wollen?
Die Bekehrung des Kämmerers wirft einige Themen auf, die in der ersten Christenheit „schwierig“ waren. Warum also so eine Geschichte erfinden und sich damit Probleme schaffen? Darum kommen auch moderne Bibelkommentare zu dem Schluss, dass sich unter der uns fremden Erzählweise wohl doch ein historischer Kern verbirgt.
Der Kämmerer aus Äthiopien: Ein Pilger…
Ein Minister aus Äthiopien findet zum Glauben an Jesus. Das war für die erste Christenheit eine Sensation und Anlass zur Freude. So heißt die Geschichte in unseren Bibeln dann auch „Der Kämmerer aus Äthiopien“. Aber wie schon gesagt: Es geht nicht nur um ihn und auch nicht noch um einen Christen, der zur rechten Zeit am rechten Ort war. Die wunderhaften Züge der Geschichte machen deutlich: Es geht auch darum, dass Gott am Werk ist. Behalten wir das im Hinterkopf, wenn wir nun die Glaubensreise des Kämmerers betrachten.
Als der Kämmerer Philippus begegnet, ist er auf der Heimreise aus Jerusalem. Pilgerreisen aus dem fernen Ausland nach Jerusalem sind auch außerhalb der Bibel belegt. Dieser Mann ist sonst für die wirtschaftlichen Geschicke eines Landes verantwortlich, aber in diesen Tagen nicht der Robert Habeck oder Christian Lindner Äthiopiens. Er ist ein Pilger. Ein Mensch.
Die Apostelgeschichte schweigt zur Vor- und Nachgeschichte dieses Menschen. Trotzdem können wir ein paar gesicherte Annahmen zur Vorgeschichte machen. Nach dem Zeugnis der Apostelgeschichte war der Kämmerer nach Jerusalem gekommen, um den wahren Gott anzubeten. Es gibt also eine Vorgeschichte des Kämmerers mit dem Gott Israels. Ein erstes Hören über diesen Gott, die nähere Beschäftigung bis hin zum Entschluss zu dieser Pilgerfahrt. Details erfahren wir in der Geschichte nicht. Aber wir können verstehen, warum der Kämmerer seine Staatsgeschäfte ruhen lässt und die Zeit, Kosten, Mühen und Gefahren einer langen Reise auf sich nimmt. In Lebensfragen kann man sich nicht durch einen Staatssekretär vertreten lassen. Und: Niemals ist Glaube eine Sache, die man ohne den Einsatz der ganzen Person und ihrer Möglichkeiten betreiben kann.
Auf der Heimfahrt begegnet der Kämmerer einem christlichen Missionar, Philippus. Für unseren Predigttext ist das kein Zufall. Es ist das Werk Gottes. Der Kämmerer hat in Jerusalem ein Erinnerungsstück erworben, nicht touristischen Krimskrams, sondern eine Schriftrolle. Die liest er jetzt, aber er versteht nicht alles. Philippus ergreift die Initiative: „ Verstehst du auch, was du liest? Jener antwortete: Wie könnte ich es, wenn mich niemand anleitet?“ Der Kämmerer hat die Größe, seine Verständnisprobleme zuzugeben. Vielleicht hat ihn sein Hauptberuf gelehrt, Kompetenzen klar zu erkennen und, wo nötig, andere als Experten hinzuzuziehen. So bricht er sich keinen Zacken aus der Krone und bittet „Philippus, aufzusteigen und sich zu ihm zu setzen“. Und Philippus hält, was er sich von ihm verspricht. Philippus gibt ihm die nötige Verstehenshilfe. Er erzählt ihm von Jesus. Bei dem war es so wie in der Schriftstelle, die der Kämmerer gerade gelesen hatte.
Offenbar ist es im Anschluss an mehr gegangen als um eine Bibelstelle, denn es kommt zur Taufe. Als Philippus und der Kämmerer an einem Gewässer vorbeifahren, ist der Kämmerer überzeugt. Er hat gesucht. Er hat gefunden.
„Da sagte der Kämmerer: Siehe, hier ist Wasser. Was steht meiner Taufe noch im Weg?“
Das ist ihm jetzt wichtig. Er will in die Gemeinde Jesu aufgenommen werden. So passiert es und alles ist gut. Und so endet die Geschichte vom Kämmerer aus Äthiopien auch praktisch mit der Taufe – und mit einer Merkwürdigkeit:
„Er ließ den Wagen halten und beide, Philippus und der Kämmerer, stiegen in das Wasser hinab und er taufte ihn.
Als sie aber aus dem Wasser stiegen, entrückte der Geist des Herrn den Philippus. Der Kämmerer sah ihn nicht mehr und er zog voll Freude auf seinem Weg weiter.“
Hier nun wird wieder vom Gotteswirken gesprochen, wenn auch nicht wie am Anfang von einem Engel, sondern vom Geist des Herrn. Damit wird deutlich, dass Gottes Wirken sich nicht auf etwas festlegen lässt. Philippus hat seine Zeugenaufgabe erfüllt. Er wird woanders gebraucht. Und der Kämmerer ist auch versorgt. Er ist in die Gemeinschaft Jesu Christi hineingetauft, und Gott wird sich weiter um ihn kümmern.
Für den Kämmerer setzte die Taufe einen Schlusspunkt hinter die Pilgerschaft. Zugleich ist sie ein Doppelpunkt für sein weiteres Leben. Wir könnten neugierig sein. Hat der Kämmerer nun eine andere Politik gemacht als vorher? Hat er seinen Glauben geteilt oder ihn auch wieder verloren? Wir können es nicht wissen.
Der Kämmerer aus Äthiopien: Ein Pilger, den die Botschaft von Jesus findet
Blicken wir nun auf die andere Person der Geschichte. Eines Tages wird Philippus aus Jerusalem losgeschickt. „Durch einen Engel des Herrn“, wie die Bibel sagt. Wir würden vielleicht von einer inneren Stimme oder einem intensiven Gefühl sprechen. Später wird ja auch nicht mehr von einem Engel gesprochen, sondern vom Geist Gottes. „Geh nach Süden auf die Straße, die von Jerusalem nach Gaza hinabführt.“ Philippus geht. Und tatsächlich! Es kommt jemand, in einem Reisewagen. Wir wissen es bereits: In dem Wagen sitzt der Schatzmeister Äthiopiens.
Philippus hört, wie der Kämmerer aus seiner Jesaja-Rolle liest. Laut lesen, das nur nebenbei, ist nicht völlig ungewöhnlich. Viele Schüler und Schülerinnen machen das auch bei uns. So kann Philippus die Initiative ergreifen: „Verstehst du auch, was du liest?“ Eine zentrale Frage! Eine Frage, die heute manchen ärgern würde. Wer will denn schon dumm dastehen, wenn er nachfragen muss? Aber der Kämmerer kann mit der Frage umgehen, wie wir wissen. Hier ist von einem geheimnisvollen göttlichen Wirken nicht mehr die Rede. Philippus persönlich ist gefordert, mit all dem, was ihm von Gott gegeben und widerfahren ist. Herausreden auf besser Ausgebildete kann er sich nicht. Es ist niemand anderes da. Eine Situation, in die sich Christen auch heute gebracht sehen können. Hoffentlich kann man sie später so sehen wie der Philippus, dass man von Gott dahin geführt worden ist.
Philippus hält, was sich der Kämmerer von ihm verspricht. Philippus gibt ihm die nötige Verstehenshilfe. Er erzählt ihm von Jesus, bei dem es so war wie in der Schriftstelle, die der Kämmerer gerade gelesen hatte.
„Wie ein Schaf wurde er zum Schlachten geführt; /
und wie ein Lamm, das verstummt, / wenn man es schert, /
so tat er seinen Mund nicht auf.
In der Erniedrigung wurde seine Verurteilung aufgehoben.“
Das muss auch uns erklärt werden. Selbst wenn wir wissen, dass die Gottesknechtslieder aus Jesaja für das frühe Christentum wichtige Texte zum Verständnis des Kreuzes waren. Der erste Teil ist vielleicht noch zu verstehen; wie steht es aber mit dem Schluss des Bibelzitats? Offensichtlich werden hier zwei Themen miteinander verbunden. Die besondere Atmosphäre einer Schlachtung einerseits und eine Gerichtsszene andererseits. Und hier kann Philippus erklären. In unserem Predigttext wird das nicht ausgeführt. Also setze ich mich an die Stelle des Philippus und versuche meine Erklärung.
Zunächst muss es um das Jesaja-Wort gehen, von dem verstummten Lamm vor der Schlachtung, und von dem Urteil, das aufgehoben wird. Und ich stelle mir vor, wie Philippus sagt:
„Bei Jesus war das genau so (nicht „genauso“ lesen). Jesus war ein beeindruckender Prediger. Er hat vom Reich Gottes gesprochen, das nahe herbeigekommen ist. Was das bedeutete, haben wir erst später ganz verstanden. Das Reich Gottes war mit ihm nahe herbeigekommen und mitten unter uns. Nur wenige haben Jesus geglaubt oder als Gottesboten erkannt. Manche haben ihn sogar für einen Verführer Israels und Gotteslästerer gehalten. Die Römer haben ihn für eine Bedrohung ihrer Macht gehalten. Also haben sie ihn gekreuzigt. Für die meisten war das ein Beweis, dass Jesus nicht für Gott gesprochen hat. Verflucht ist, wer am Holze hängt! Wem widerfährt schon Übles, wenn er es nicht verdient hat? Gutes Tun – gutes Leben, schlechte Taten – schlechtes Schicksal. So haben die Menschen gedacht. Und außerdem: War sein hartnäckiges Schweigen im Prozess nicht so etwas wie ein Eingeständnis einer Schuld?“
So weit das Verstummen. Nun aber muss der zweite Teil erklärt werden. Wieder versetze ich mich an die Stelle des Philippus: „Aber später“, könnte Philippus sagen, „haben wir das ganz anders verstanden, ganz so, wie diese Stelle aus dem Buch Jesaja sagt: In seiner Erniedrigung am Kreuz wurde das Urteil aufgehoben, das Menschen über Jesus gefällt hatten, denn Gott hat ihn auferweckt. Wir wissen selbst nicht, wie das von sich ging. Aber wir wissen, dass er vielen wieder erschienen ist. Das Todesurteil war das letzte Wort von Menschen über Jesus, aber offenbar nicht Gottes letztes Wort. Da haben wir verstanden, dass das anscheinend so sein musste, schließlich passt die Jesaja-Stelle doch so gut auf Jesus. Am Kreuz wurde das Urteil der Menschen über ihn vollstreckt, aber es wurde von Gott aufgehoben. Und so haben wir auch etwas über uns gelernt. Dass Gott anders urteilt als wir, das sagt auch etwas über unser Urteilsvermögen. Wir haben es immer wieder leicht mit dem Urteil über andere. Mit dem Vorurteil genauso wie mit dem Aburteil. Und manche denken sogar, dass Gott genauso denkt wie sie. Aber nein, tut er nicht: Hier am Kreuz wurde nicht nur über Jesus entschieden, sondern auch über unsere Schein-Gerechtigkeit, die über andere urteilt und Gott nicht zu Wort kommen lässt.“
Diese Einsicht vom gegenseitigen Urteilen und Verurteilen kann man auch heute gewinnen. Die andere Einsicht aber, was das nun vor Gott bedeutet, lässt sich aber nur gewinnen, wenn man den anderen Teil der Botschaft von Jesu hört. Ich wende das mal so an: „Niemand darf jemand anderen zum Abschuss freigeben. Niemand soll einen anderen niedermachen, um besser da zu stehen, und niemand soll sich verstecken müssen, um nicht verurteilt zu werden. Das Urteilen und Verurteilen soll weder die anderen noch dich selbst zerstören. Überlass das Urteil mir, Gott, und vertrau dich meinem Urteil an. Was du tust, ist nicht immer in Ordnung, aber ergreife doch meine ausgestreckte Hand, damit es anders wird. Ich halte dich bei meiner Hand, und du brauchst dich nicht selbst festzuhalten.“ Und weil die Geschichte vom Finanzminister aus Äthiopien mit der Taufe endet, noch eine Tauferinnerung oder -einladung. Durch Jesus darfst du Gott vertrauen. Das ist etwas, was uns in der Taufe ein für alle Mal zugesagt und wirklich gegeben wird: Gott wird sich unseres Lebens annehmen.
Amen.
—
Dr. Hansjörg Biener, Nürnberg
Dr. Hansjörg Biener (*1961) ist Pfarrer der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern und derzeit als Religionslehrer an der Wilhelm-Löhe-Schule tätig. Außerdem ist er außerplanmäßiger Professor für Religionspädagogik und Didaktik des evangelischen Religionsunterrichts an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.
Literaturhinweis zur „Historizität“
Pesch, Rudolf: Die Apostelgeschichte (Apg 1-12), Zürich: Benziger/Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1986 (Evangelisch-katholischer Kommentar zum Neuen Testament; Bd. V/1), S. 287-288: „Will man nicht mit einer gegen alle historische Wahrscheinlichkeit frei konstruierten Legende rechnen, sondern respektiert man, daß hinter der Erzählung ‚sehr wohl eine einmalige geschichtliche Begebenheit stehen‘ mag, dann lassen sich die Bedenken gegen die Vorstellung, der Evangelist Philippus, der zu den aus Jerusalem vertriebenen / ‚Hellenisten‘ zählte, habe von Jerusalem aus auf den Weg, der nach Gaza führt, einen äthiopischen Hofbeamten bekehrt, nicht unterdrücken.“
Literaturhinweis zur Bezeichnung als „Eunuch“
In manchen Bibeln wird der Kämmerer als Eunuch vorgestellt, der (aufgrund der Amputation der Genitalien) mit seinem Amt keinerlei dynastische Aspirationen hätte verfolgen können. Offenbar haben wir es hier aber mit einer schillernden Wortbedeutung zu tun. Pesch, Rudolf: Die Apostelgeschichte (Apg 1-12), Zürich: Benziger/Neukirchen-Vluyn: Neukirchener, 1986 (Evangelisch-katholischer Kommentar zum Neuen Testament; Bd. V/1), S. 289: Die Forschung hat diskutiert, „ob die Vorstellung des Äthiopiers als ‚Eunuch‘ ihn als ‚Verschnittenen‘, der nach Dtn 23,2-9 nicht Jude werden konnte, oder als ‚hohen Beamten‘, der Proselyt sein konnte, charakterisiert. Nun scheint allerdings die wiederholte Nennung des Mannes als ‚der Eunuch‘ (34.36.38.39) nur die Auffassung zuzulassen, daß er vom Erzähler, was angesichts des imponierenden Missionserfolgs des Philippus verständlich ist, als ‚der hohe Beamte‘ und nicht, was doch eher als peinlich zu gelten hätte, als ‚der Verschnittene, der Kastrat‘ erinnert wird.“
Hinweis zur Taufdebatte
Manche nehmen diese Stelle, um die Gläubigentaufe als Norm aus der Bibel zu beweisen. Man könne nur getauft werden, wenn man ausreichend unterwiesen wurde und seinen Glauben persönlich bekennen kann. Darüber kann man mit Gründen diskutieren. Aber nicht mithilfe dieser Bibelstelle, denn sie hat die Frage Erwachsenen- oder Säuglingstaufe nicht im Blick. Damals gab es noch so wenige Christen, dass praktisch jeder, der Christ wurde, nicht aus einem christlichen Elternhaus kam. Es hat diese Geschichte nicht einmal interessiert, auf was für ein Glaubensbekenntnis der Täufling getauft wurde. Erst in der Überlieferung kam ein Vers hinzu, der auch in der Luther-Bibel als Anmerkung mit abgedruckt ist: „Vers 37 findet sich nur in einigen Handschriften: »Philippus aber sprach: Wenn du von ganzem Herzen glaubst, so kann es geschehen. Er aber antwortete und sprach: Ich glaube, daß Jesus Christus Gottes Sohn ist.«“